§ 35 Abs. 2 InsO im schriftlichen Verfahren

  • Hallo zusammen,

    bei uns (Finanzamt) treten mittlerweile häufiger die Fälle auf, in denen das schriftliche Verfahren angeordnet wird und der Verwalter direkt nach Verfahrenseröffnung den Betrieb freigibt.

    Soweit die Grenzen des § 75 InsO nicht erreicht werden um per Gläubigerversammlung die Freigabe zu kassieren, gibt es da überhaupt noch eine Möglichkeit den Schuldner daran zu hindern emsig neue Steuerschulden zu fabrizieren?

    Vollstreckung dürfte nichts bringen, da ja das bewegliche Vermögen dieser Betriebe meist unter § 811 ZPO fällt und eventuelle Gewinne entweder unter den Pfändungsgrenzen liegen oder aber an die Masse abgetreten sind. Gewerberechtlich ist § 12 GewO im Weg.

    Irgendwelche Ideen? :confused:

    Danke vorab
    Ash

  • Wenn der Betrieb offensichtlich nicht gewinnbringend läuft, ist doch die Freigabe klar angezeigt. Wenn nun das FA die Unwirksamkeit der Freigabe bewirken möchte um sich die Insolvenzmasse als Haftungsmasse zu erschließen, wäre das ein eindeutiger Fall von § 78 InsO.

    Früher haben viele Konkurs- und Insoverwalter unter Missachtung des § 811 ZPO Betriebe geschlossen, daher ist es noch verbreitete Meinung, die selbständige Tätigkeit eines Schuldners durch ein Insolvenzverfahren beeinflussen = beenden zu können. Das ist aber nicht richtig, diese Wirkung wäre nur über Gewerbeuntersagung machbar.

  • Das ist aber nicht richtig, diese Wirkung wäre nur über Gewerbeuntersagung machbar.



    Aber genau diese Lösung wird doch von § 12 GewO blockiert.

    Vorher hat die Vollstreckung nichts gebracht und mit der Insolvenz + Freigabe erkauft der Schuldner sich 6 Jahre die er weitermachen kann wie bisher. Und die Fälle häufen sich hier gerade im Bereich der Kleingastronomie.

    Ziemlich unbefriedigend das ganze. :(

  • Das Untersagungs-Problem besteht auch bei Freiberuflern.

    Hast völlig Recht: unbefriedigend. Nur eben im Rahmen der Inso nicht lösbar.

    Ergänzung: Kann man nciht die Freigabe nach § 35 InsO für den § 12 GewO als Errichtung eines neuen Gewerbes ansehen?

    2 Mal editiert, zuletzt von tube (13. August 2010 um 12:36) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • nun, das ist eine interessante Frage, ob die Freigabe im Sinne der GewO als Neugründung zu betrachten ist.
    M.E. aber interessant ist noch die Vorfrage: für den Kassationsbeschluss durch die Gläubigerversammlung bedarf es m.E. nicht eines Quorums für die Anberaumung einer Gläubigerversammlung. Das Gericht hätte bereits ein schriftliches Verfahren erst garnicht anordnen dürfen !.
    Die Fogen eines Kassationsbeschlusses sind genauso wie die eines Schließungsbeschlusses bis heute nicht wirklcih geklärt. Jedoch ist nicht alles gleich unpfändbar !. Der Schuldner hat keinen generellen Anspruch darauf, dass ihm alles zum weiterbrasseln (und zum Generieren von neuen Steuerverbindlichkeiten u.s.w.) als zur Ausübung seiner Tätigkeit nötig erscheint, überlassen bleibt.
    Ein Schließungsbeschluss (bzw. eine Kassation der Freigabe mit anschließendem Schließungsbeschluss) könnte auch gewerberechtlich ganz andere Wirkungen zeitigen !

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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