Ersatz von Aufwendungen §1835 BGB

  • Da schlägts dem Fass den Boden aus. :eek:
    Also ich habe ja schon Einiges gesehen, aber soviel Unverschähmtheit das ist ja schon unverschähmt.

    Meine Betreute, 76 Jahre, mittellos, Heimbewohnerin wird von Ihrer Tochter betreut. Die Betreuerin hat nunmehr den jährlichen Bericht eingereicht und Aufwendungsersatz beantragt. Dazu legt sie ein Fahrenbuch vor. Aus dem Fahrtenbuch ergibt sich, dass sie die Betreute täglich von ihrem Wohnort aus im Krankenhaus besucht hat. (14 Tage x 36 km), dann die Betreute 9 mal in der Reha besucht hat (9 x 420 km), die Betreute weiterhin 2x wöchentlich im Heim besucht und zusätzlich die Betreute 1 x wöchentlich zu sich nach Hause aus dem Heim abgeholt und zurückgebracht hat. Macht jedenfalls alles summa summarum 6291 gefahrene Kilometer im Abrechnungszeitraum und somit einen Erstattungsbetrag in Höhe von 1.887,30 Euro, den sie gegen die Staatskasse festgesetzt haben möchte. Die Betreute hat noch 5 andere Kinder, von denen sich aber scheinbar nur die eine Tochter so intensiv um ihre Mutti kümmert. Was meint ihr denn, welcher Erstattungsbetrag angemessen ist?

  • Es sind nur Aufwendungen zu erstatten, die dem Betreuer in Ausübung seines Amtes entstehen. Da es sich um "rechtliche" Betreuung, nicht um tatsächliche Betreuung handelt, können Fahrtkosten nur in dem Umfang erstattet werden, soweit sie zur Wahrnehmung der Belange der Betreuten erforderlich sind. Besuche, bei denen die persönliche Zuwendung wegen der familiären Bindung im Vordergrund steht, fallen nicht darunter. Je nach Lage des Einzelfalles erstatte ich die Kosten für einen Besuch 14- täglich bis monatlich. Aufwendungen für die Verbringung und Rückführung der Betreuten in den eigenen Haushalt der Betreuerin sind keinesfalls erstattungsfähig.

  • Das Problem ist nicht, wie oft die Tochter ihre Mutter besucht (das steht ihr völlig frei), sondern wie oft sie die Betroffene in ihrer Eigenschaft als Betreuerin besucht. Im Hinblick auf den Aufwendungsersatz ist also zu unterscheiden, ob es sich um erforderliche Betreuerbesuche oder um familiär veranlasste Tochterbesuche handelt.

    Im vorliegenden Fall wird nichts übrig bleiben, als mit der Betreuerin einen Kompromiss auszuhandeln. Ohne nähere Kenntnis des Sachverhalts würde ich über den Daumen gepeilt folgende Aufwendungen für erstattungsfähig halten:

    4 Krankenhausfahrten (2 pro Woche), 3 Reha-Besuche (1 pro Woche), 1 Heimbesuch wöchentlich und das zu sich nach Hause nehmen voll.

    Nur so als Richtschnur.

    Die "unverschämte Unverschämtheit" dürfte sich also doch etwas relativieren.

  • Ich hatte mal einen ähnliche Fall. Da war die Schwester meines Betreuten die Betreuerin. Die wohnen ziemlich weit entfernt und fahren ihn regelmäßig besuchen. War allerdings kein akuter Krankenhausaufenthalt dabei.
    Nach langem Hin und Her (unter Einbeziehung des Bezirksrevisoren - geht natürlich alles aus der Staatskasse) habe ich mich dazu durchgerungen 2 Besuche monatlich zu geben. Zusätzlich noch wichtige Termine, die sich nicht zusammenlegen ließen. Gestrichen hatte ich beispielsweise, wenn sie am Tag nach ihrem Besuch beim Betreuten einen Termin im gleichen Ort bei der Bank hatte. Da hab ich behauptet, dass sie das auch gemeinsam hätte erledigen können.
    Hier würde ich wahrscheinlich auch 2 Besuche die Woche im Krankenhaus geben. Allerdings würde ich mich schon damit schwer tun, die Wochenendbesuche bei der Betreuerin zu Hause zu geben. Ist das nicht eher ein familiärer Besuch?

  • Die Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen für die Mitnahme in den eigenen Haushalt der Betreuerin ist sicher grenzwertig. Man kann einerseits der Meinung sein, dass dies einen rein familiären Hintergrund hat. Andererseits kann man aber auch die Auffassung vertreten, dass es dem Wohl der Betreuten dient, wenn sie regelmäßig in ihr gewohntes familiäres Umfeld zurückkehren kann (insbesondere, wenn sie früher selbst im Anwesen der Tochter gelebt hat).

    Es lassen sich in dieser Hinsicht sicher keine festen Regeln aufstellen. Ich war in dieser Hinsicht immer eher großzügig.

  • Vielleicht sollte ich um allem Ärger aus dem Weg zu gehen, die Akte der Bezirksrevisorin vorlegen, m.d.B. um Stellungnahme, welche Fahrten aus der Staatskasse als erstattungsfähig angesehen werden.

  • Kannst Du machen.

    Ich würde die Aktenvorlage an den Revisor aber gleich mit einem eigenen Vorschlag verbinden, wie Du zu verfahren gedenkst. Dann tun sich alle Beteiligten leichter, weil der Revisor bereits eine vorgegebene Richtschnur für seine erbetene Stellungnahme hat.

  • Ich würde mittlerweile auch einen eigenen Vorschlag an den Bez.revisor mitschicken. Ich hatte doch damals einige Probleme, die Stellungnahme zu verstehen :oops: . Man kann auch nicht immer alles nachvollziehen. Aber Du bist dann auf jeden Fall auf der sicheren Seite.

  • Ja, so werde ich das auch machen. Da die Betreuerin Ihren Aufwedungsersatzantrag eh nicht unterschrieben hat, werde ich sie dazu noch auffordern müssen. Gleichzeitig werde ich ihr mitteilen, dass die beantragte Festsetzung so nicht läuft, nur bin ich grad unsicher, was klüger ist, ihr einen Festsetzungsvorschlag zu unterbreiten oder Sie zur Stellungnahme auffordern, welche Fahrten sie im Rahmen der rechtlichen Betreuung unternommen hat. Oder aber ich schreibe gar nix weiter dazu, nicht das ich der Bezirksrevisorin noch vorgreife, sondern nur soviel, dass ihr Antrag durch die Bezirksrevisorin geprüft wird und sie sodann Festsetzungsbeschluss erhalten wird. Einen vorbereiteten Vorschlag für die Bezirksrevisorin kann ich ja trotzdem machen. :gruebel:

  • Unser Bezirksrevisor verlangt hier immer eine Vergleichsberechnung mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wenn die Betreuer weiter weg wohnen, sind die Kosten öffentliche Verkehrsmittel (incl. Bahncard) meist günstiger als die Kilometerpauschale zu erstatten.

  • Ich würde der Betreuerin auch nur mitteilen, dass die Sache noch durch den Bezirksrevisor zu prüfen ist. Keinen Vorschlag machen (an die Betreuerin). Kann man hinterher immer noch.

  • @Jana06
    Also eine Vergleichberechnung bereite ich hier definitiv nicht vor. Das kann die Bezirksrevisorin schön selber machen, wenn sie das für nötig hält. Außerdem habe ich gar nicht die entsprechende Software dazu auf meinem Rechner und müsste mir die Daten irgendwo zusammensammeln.

    @Angel
    :zustimm:

  • Ich würde es genauso machen:

    Erst den Revisor anhören und dessen Stellungnahme dann der Betreuerin übermitteln m.d.B. um Mitteilung, ob sie mit der Festsetzung in dem vom Revisor festgelegten Rahmen einverstanden ist.

    Falls ja, ist die Sache vom Tisch.

  • Bevor ich die Akte dem Bezirksrevisor vorlegen würde, würde ich die Betreuerin auffordern, mitzuteilen, welche Fahrten aus ihrer Sicht der Wahrnehmung der rechtlichen Betreuung gedient haben und ihr gleichzeitig mitteilen, dass die Fahrtkosten für reine "Tochter"besuche nicht erstattungsfähig sind. Vielleicht kommt dann ja gleich ein brauchbarer Antrag raus.

    Bezirksrevisoren neigen manchmal dazu, die Akte zurückzugeben mit der Bitte, dies und das bei den Beteiligten noch zu erfragen. Dem könnte man damit entgehen. Wenn kein neuer Antrag vorgelegt wird, dann mit einem eigenen Vorschlag an den Bezirksrevisor.

  • #14 liegt goldrichtig. Die Plausibilität der Auslage muss dargelegt sein. Kosten des Sozialkontaktes sind nicht erstattungsfähig. Als Betreuungsbesuche werden von mir à la LG Leipzig (Beschluss vom 27.09.1999 - 12 T 3557/99 (FamRZ 2000, 1048) in der Regel zwei Besuche als erforderlich, aber auch als ausreichend angesehen.

  • Hatte mal einen ähnlichen Fall. Da hat die Nichte der Betreuten jede Minute mit einem Stundensatz x in rechnung gestellt, in der sie gewaschen, gebügelt oder in der Wohnung auf den HAusbesuch des Arztes gewartet hat. Da kamen damals auch Unsummen zusammen. Ich habe sie dann eingeladen und ihr erklärt, dass das so nicht geht. Man geht ja mal (jedenfalls theoretisch) davon aus, dass sie so oder so ihre Mutter besuchen würde. Stell sich doch mal einer das Geschrei vor, wenn die anderen Geschwister spitz kriegen würden, dass eine Schwester sich jeden Weg bezahlen läßt. Die rennen einem die Bude ein.

    Ich würde der Betreuerin einen netten Brief schreiben und ihr darlegen, was aufgrund gesetzlicher Grundlage erstattungsfähig ist. Normal wird sie ja schon bei Übernahme der Betreuung belehrt, was erstattungsfähig ist.
    Gleichzeitig würde ich die Stellungnahme des Bezirksrevisors anfordern.

  • Das Landgericht Berlin hat in derartigen Fällen entschieden, dass im Rahmen einer "rechtlichen" Betreuung grundsätzlich nur ein Besuch im Monat erstattungsfähig ist. Weitere Besuche müssen hinsichtlich ihrer Notwendigkeit begründet werden. In der Regel hat der Hinweis an die Betreuer auf die "rechtliche" Betreuung funktioniert, auch wenn die meisten ehrenamtlichen Betreuer mit der Definition so ihre Probleme hatten und haben.

  • Möchte den Fall mal noch ein wenig abwandeln. Was ist, wenn der Betreuer verstirbt und den Auslagenersatzantrag noch nicht gestellt hat? Angenommen dieser Antrag liegt schon fertig zu Hause auf dem Schreibtisch ist aber vom verstorbenen Betreuer nicht mehr unterschrieben worden. Können denn dann die Erben des verstorbenen Betreuers diesen Antrag stellen und die Auszahlung aus der Staatskasse verlangen, oder ist dieser Anspruch nicht vererblich? Wenn Erben den Antrag stellen können, müssen dann alle den Antrag unterschreiben oder genügt es wenn das einer tut?

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!