Rechtsprechungshinweise Betreuung

  • Keine Rechtsgrundlage für betreuungsrechtliche Zwangsbehandlung


    BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4

    Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug (BVerfG FamRZ 2011, 1128 Rn. 72 und FamRZ 2011, 1927 Rn. 38) fehlt es gegenwärtig an einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden gesetzlichen Grundlage für eine betreuungsrechtliche Zwangsbehandlung (Aufgabe der Senatsrechtsprechung Senatsbeschlüsse BGHZ 166, 141 = FamRZ 2006, 615; vom 23. Januar 2008 XII ZB 185/07 - FamRZ 2008, 866 und vom 22. September 2010 XII ZB 135/10 - FamRZ 2010, 1976).

    Deshalb darf der Betreuer derzeit auch im Rahmen einer geschlossenen Unterbringung keine Zwangsbehandlung veranlassen.

    BGH, Beschluss vom 20. Juni 2012 - XII ZB 99/12

  • 1. Der anwaltliche Verfahrenspfleger kann gemäß § 1835 III BGB eine Vergütung nach dem RVG beanspruchen, soweit er im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu erbringen hat, für die ein Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde (im Anschluss an Senatsbeschluss v. 17.11.2010 - XII ZB 244/10 -, FamRZ 2011, 203 Rz. 13, m.w.N.).


    2. Dieser Aufwendungsersatzanspruch erlischt gemäß § 1835 I S. 3 BGB, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung gerichtlich geltend gemacht wird.


    BGH, Beschluss v. 27.6.2012 - XII ZB 685/11

  • LG Hamburg Beschluss vom 30.06.2011 (301 T 559/10), zu finden bei juris

    1. Die Weisung des Rechtspflegers, zukünftig die Daten der Besuche bei dem Betroffenen zu erfassen und diese in den Bericht mit aufzunehmen, erweist sich als rechtmäßig.
    2. § 1840 gilt auch für die Berichte des Betreuers. Danach hat dessen Bericht auch Angaben zu den persönlichen Kontakten des Betreuer zu dem Betreuten zu enthalten
    3. Die Weisung des Rechtspflegers, der Betreuer möge ggf. erläutern, warum weniger als ein Besuch pro Monat bei dem Betroffenen stattgefunden hat, findet jedoch keine Stütze im Gesetz.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Steuerhinterziehung: Ein Betreuer muss sich auch um die Steuerklärungen aus Veranlagungszeiträumen vor seiner Bestellung kümmern.

    FG Neustadt, Urteil vom 18.07.2012, 5 K 1348/09

    http://praxis-freiberufler-beratung.blogspot.de/2012/09/steuer…reuer-muss.html

  • BayObLG BtPrax 2002, 262
    Besitzt der Betroffene Vermögen, das die Schongrenze übersteigt, ist er auch dann nicht mittellos, wenn diesem Vermögen Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialhilfeträger gegenüberstehen, die bisher nicht durch Leistungsbescheid oder Überleitungsanzeige konkretisiert worden sind und der Sozialhilfeträger seine Leistungen ohne Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse des Betroffenen erbracht hat.


    OLG Stuttgart, NJW-RR 2007
    Rückforderungsansprüche des Trägers der Sozialhilfe sind gegenüber dem Regressanspruch gem. § 1836e 1 BGB nicht vorrangig. Das haftende Aktivvermögen wird nicht bereits durch das Bestehen und die Titulierung eines Anspruchs geschmälert, sondern erst mit dessen Durchsetzung.


    Landgericht Koblenz, BeckRS 2012, 02638
    Rückforderungsansprüche des Trägers der Sozialhilfe sind gegenüber dem Regressanspruch gem. § 1836e I S. 1 BGB nicht vorrangig. Das haftende Aktivvermögen wird nicht bereits durch das Bestehen und die Titulierung eines Anspruchs geschmälert, sondern erst mit dessen Durchsetzung.

    Hierher verschoben.
    Mel
    (Mod.)

  • FamFG §§ 26, 39

    a) Die nach § 39 FamFG zu erteilende Rechtsbehelfsbelehrung muss auch über einen bestehenden Anwaltszwang informieren (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 13. Juni 2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ 2012, 1287 und vom 23. Juni 2010 - XII ZB 82/10 - FamRZ 2010, 1425).

    b) Das Gericht ist verpflichtet, sich nach einer kritischen Würdigung des Sachverständigengutachtens ein eigenes Bild von der Richtigkeit der durch den Sachverständigen gezogenen Schlüsse zum Vorliegen einer psychischen Erkrankung oder geistig-seelischen Behinderung des Betroffenen und zum Bestehen eines objektiven Betreuungsbedarfes zu machen; die pauschale Bezugnahme auf den Inhalt des Sachverständigengutachtens lässt eine solche Würdigung regelmäßig vermissen.

    BGH, Beschluss vom 22. August 2012 - XII ZB 141/12

  • OLG Saarbrücken Rpfleger 2011, 607:

    1. Zur Hemmung der Ausschlagungsfrist bei nachgesuchter gerichtlicher Genehmigung der Erbausschlagung eines Betreuten (oder Kindes).

    2. Der Wirkungskreis "Vermögensverwaltung" ist für die Ausschlagung einer Erbschaft durch den Betreuer ausreichend.

    Gerade letzteres wurde im Forum schon wiederholt diskutiert.

  • OLG Saarbrücken Rpfleger 2011, 607: 1. Zur Hemmung der Ausschlagungsfrist bei nachgesuchter gerichtlicher Genehmigung der Erbausschlagung eines Betreuten (oder Kindes). 2. Der Wirkungskreis "Vermögensverwaltung" ist für die Ausschlagung einer Erbschaft durch den Betreuer ausreichend. Gerade letzteres wurde im Forum schon wiederholt diskutiert.


    Könnte bitte das Aktenzeichen noch ergänzt werden, damit die Verlinkung funktioniert?


    Der Rechtspfleger liegt hier nicht vor.

  • Mache ich mal, ich habe das Heft zufällig hier:

    SaarOLG, B. vom 17.02.2011, 5 W 245/10-91

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • BGH XII ZB 27/12

    Leitsatz
    Eine Betreuerbestellung ist dem Betreuer bei Aufgabe des Beschlusses zur Post mit dessen Zugang bekannt gegeben. Die Vermutung der Bekanntgabe nach § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG schließt einen früheren Zugang nicht aus.

    Aus den Gründen:
    Aus der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG folgt nicht, dass die Bekanntgabe bei Aufgabe zur Post erst drei Tage nach der Aufgabe erfolgt. Durch die Regelung sollte nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum FGG-Reformgesetz dem Bedürfnis nach einem möglichst zuverlässigen Weg der Übermittlung sowie einer möglichst effizienten und unbürokratischen Bekanntgabemöglichkeit Rechnung getragen werden (BT-Drucks. 16/6308 S.182). Die Regelung zielt darauf ab, die Bekanntgabe auch dann sicherzustellen, wenn der Zugang der Postsendung nicht nachweisbar ist ...
    Davon ist der vorliegende Fall, dass der Empfänger selbst einen früheren Zugang einräumt und glaubhaft macht, aber nicht erfasst. Geht der Beschluss über die Bestellung bereits früher zu, so wird die Betreuung damit wirksam und beginnen insbesondere die Pflichten des Betreuers bereits zum Zeitpunkt des Zugangs.

  • BGH XII ZB 319/11

    Zu den die Betreuervergütung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG erhöhenden besonderen, für die Betreuung nutzbaren Kenntnissen,
    aber auch zum Vertrauensschutz.

    Aus den Gründen:
    Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war das Betreuungsgericht auch nicht nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes verpflichtet, an den in früheren Festsetzungsbeschlüssen der Beteiligten zugebilligten Stundensatz von 44 € für die Zukunft festzuhalten. Es musste vielmehr auf den neu gestellten Vergütungsfestsetzungsantrag erneut das Vorliegen der Voraussetzungen für die Höhe der Vergütung prüfen.
    Nachdem es dabei abweichend von seiner früheren Wertung zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Beteiligte die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Stundensatzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG nicht erfüllt, war es seine Aufgabe, diese gewonnene bessere Erkenntnis umzusetzen (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Februar 2012 - XII ZB 231/11 - juris Rn. 14 ff.). Die Beteiligte konnte deshalb nicht davon ausgehen, dass ihr der einmal vergütete Stundensatz auch in Zukunft wieder zuerkannt wird. Sie musste auch schon früher stets damit rechnen, dass der vom Betreuungsgericht zugebilligte Stundensatz bei einer Überprüfung durch das Beschwerdegericht herabgesetzt wird.

  • BGB §§ 1835 Abs. 3, 1906; FamFG §§ 277, 312, 317, 318; RVG § 15 Abs. 2 Satz 1

    Hat das Betreuungsgericht den anwaltlichen Verfahrenspfleger in einem Verfahren über die Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 bis 3 BGB einerseits und einer freiheitsentziehenden Maßnahme nach § 1906 Abs. 4 BGB andererseits bestellt, kann er beide Tätigkeiten jeweils nach Nr. 6300 VV RVG abrechnen; es handelt sich insoweit nicht um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG.

    BGH, Beschluss vom 12. September 2012 - XII ZB 543/11

  • Genehmigung einer durch den Betreuer vorgenommenen schenkweisen Auszahlung von 80.000,00 € an die Söhne der Betroffenen als Anstandsschenkung

    LG Kassel, B. v. 12.10.2012, 3 T 349/12,
    zu finden bei juris

    Aus den Gründen:

    29Es entspricht den durchschnittlichen Moralvorstellungen, dass in einer intakten Familie Eltern ihren Kindern finanziell beistehen, wenn diese unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten sind und die Eltern diese finanzielle Notlage ohne drohende Gefährdung des eigenen Lebensstandards beheben können.
    30Die finanzielle Lage der inzwischen 92-jährigen Beschwerdeführerin ist nach Maßgabe des Vorhersehbaren solange sie lebt hinreichend abgesichert. Nach einem Vollzug der Schenkung verbleiben der Beschwerdeführerin neben ihrem für sich schon ausreichendem Einkommen noch Vermögensbeträge in Höhe von ca. 80.000,00 €.
    31Schließlich ist – wie bereits ausgeführt – zu berücksichtigen, dass die Söhne der Beschwerdeführerin nach dem glaubhaften Vortrag des Betreuers zugunsten der Beschwerdeführerin auf die Geltendmachung des Pflichtteils im Jahre 2000 verzichtet haben.

  • LG Kassel, 3 T 420/12

    Gemäß § 90 Abs. 2 Ziff. 8 SGB XII zählt zum Schonvermögen ein angemessenes Hausgrundstück, das vom Betroffenen selbst oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach dem Tode des Betroffenen von seinen Angehörigen bewohnt werden soll.
    Auch dann, wenn allein die letztgenannte Voraussetzung nicht erfüllt ist, gilt der Betroffene als vermögend.
    Zwar kann eine Veräußerung des Hauses zum Zwecke der Zahlung der Betreuervergütung nicht verlangt werden. Eine Verwertung des Vermögens in Form einer dinglichen Belastung ist dem Betroffenen indes zumutbar.
    Dies hat zur Folge, dass dem Betreuer eine Vergütung für vermögende Betreute zu bewilligen ist, die regelmäßig zunächst in Vorleistung aus der Staatskasse zu zahlen sein und ein Regress anzuordnen sein wird.

  • FamFG § 68 Abs. 3 Satz 2, § 278, § 280, § 283

    a) In einem Betreuungsverfahren darf der Betroffene gegen seinen Willen in seiner Wohnung weder angehört noch begutachtet werden.

    b) Wirkt der Betroffene an einer erforderlichen Anhörung bzw. Begutachtung nicht mit, so kann das Gericht seine Vorführung anordnen.

    BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2012 - XII ZB 181/12

  • Der Verfahrenspfleger kann für den Betreuten nicht die Einrede der Verjährung erheben.

    BGH, Beschl. v. 22. 8. 2012 – XII ZB 474/11 (LG Duisburg)

    NJW 2012, 3509

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • BGH, B.v. 24.10.2012, XII ZB 404/12

    FamFG §§ 62, 303
    Im Verfahren der Beschwerde gegen eine Betreuungsanordnung kann nach dem Tod des Betroffenen von den gemäß § 303 FamFG beschwerdeberechtigten Angehörigen oder Vertrauenspersonen kein Feststellungsantrag nach § 62 FamFG gestellt werden (Abgrenzung zu BGH Beschluss vom 6. Oktober 2011 V ZB 314/10 - FamRZ 2012, 212).

    Aus den Gründen:
    Durch den Umstand, dass zu ihren Lebzeiten eine rechtliche Betreuung angeordnet worden ist, wird die verstorbene Betroffene weder in ihrem allgemeinen Achtungsanspruch herabgesetzt noch erniedrigt. Ein besonderes Bedürfnis zur Geltendmachung eines postmortalen Rehabilitationsinteresses, wie es der Bundesgerichtshof ausnahmsweise für den Fall der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer durch den Tod des Betroffenen erledigten Abschiebehaftanordnung angenommen hat (vgl. BGH Beschluss vom 6. Oktober 2011 - V ZB 314/10 - FamRZ 2012, 211 Rn. 14), besteht daher in Betreuungsverfahren nicht.

  • FamFG §§ 68 Abs. 3 Satz 2, 278 Abs. 1; BGB § 1897 Abs. 4 Satz 2

    a) Das Beschwerdegericht darf in einem Betreuungsverfahren dann nicht gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der persönlichen Anhörung absehen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Betroffene nicht mehr an seinem bei der erstinstanzlichen Anhörung geäußerten Wunsch, eine bestimmte Person zum Betreuer zu bestellen, festhält und die Bestellung eines Berufsbetreuers vorzieht.

    b) Erklärt der Betroffene, dass eine bestimmte Person nicht zum Betreuer bestellt werden soll, ist dieser Wille bei der Auswahl des Betreuers zu berücksichtigen.

    BGH, Beschluss vom 21. November 2012 - XII ZB 384/12

  • Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG für Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher Betreuer nach § 1835a BGB


    Leitsätze

    1. Betreuer üben eine sonstige vermögensverwaltende Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus (Anschluss an BFH-Urteile vom 15. Juni 2010 VIII R 10/09, BFHE 230, 47, BStBl II 2010, 906; VIII R 14/09, BFHE 230, 54, BStBl II 2010, 909).


    2. Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher Betreuer nach § 1835a BGB sind nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG steuerfrei.

    BFH, Urteil vom 17.10.2012, VIII R 57/09

  • FG Baden-Württemberg Beschluß vom 20.11.2012, 2 K 967/12

    Akteneinsichtsrecht des Betreuers vor Übernahme des Verfahrens Versendung von Akten zur Gewährung von Akteneinsicht

    Tenor:

    Der Betreuerin des Klägers, Frau Rechtsanwältin A, wird Akteneinsicht in die Gerichtsakten und in die dem Gericht vorgelegten Verwaltungsakten gewährt (§ 78 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

    Um Durchführung der Akteneinsicht wird das Amtsgericht X im Wege der Amtshilfe (§ 13 FGO) ersucht.

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