Rechtsprechungshinweise Kosten

  • Wird die in einem erstinstanzlichen Urteil getroffene Kostengrundentscheidung durch eine im zweiten Rechtszug im Wege des Prozessvergleichs getroffene Kostenregelung ersetzt, kann, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, eine Verzinsung zu erstattender Kosten nach § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO erst von einem Antragszeitpunkt nach dem Vergleichsschluss verlangt werden; maßgeblich ist das Eingangsdatum des auf den Prozessvergleich bezogenen Kostenfestsetzungsantrags (Abgrenzung von BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - X ZB 2/15, NJW 2016, 165).

    BGH, Beschluss vom 4. November 2020 - VII ZB 37/18 -

    Vorinstanzen:
    OLG Nürnberg, LG Weiden i. d. OPf.

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  • a) Der in einer Betreuungssache zum Verfahrenspfleger bestellte Rechtsanwalt kann gemäß § 1835 Abs. 3 BGB eine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beanspruchen, soweit er im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu erbringen hat, für die ein juristischer Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 23. Juli 2014 XII ZB 111/14 FamRZ 2014, 1629).

    b) Dem Aufwendungsersatzanspruch des anwaltlichen Verfahrenspflegers eines mittellosen Betreuten sind im Rahmen der Abrechnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz die Wertgebühren nach § 49 RVG zugrunde zu legen (Fortführung von Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 XII ZB 57/13 FamRZ 2014, 472).

    BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2020 - XII ZB 410/20 -

    Vorstinstanzen:
    LG Münster
    AG Borken

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  • [FONT=&amp] Die TG für einen sog. geplatzten Termin nach Vorbem. 4 III 2 VV RVG entsteht nur, wenn der Rechtsanwalt körperlich im Gerichtsgebäude mit dem Ziel der Teilnahme an dem Termin erscheint. Der bloße Antritt der Anreise reichtnicht. Das hat jetzt noch einmal das OLG Naumburg bekräftigt (Beschl. v. 12.08.2020 - 1 Ws [s] 154/20). [/FONT]

  • Das LG Oldenburg (Einzelrichter) hat im Erinnerungsverfahren am 03.03.2021 entschieden, dass der „am weitest entfernt gelegene Ort innerhalb des Gerichtsbezirks“ nur ein Ort sein kann, an dem auch tatsächlich ein Rechtsanwalt niedergelassen sein könnte. Denn Maßstab der Kostenerstattung ist nicht die maximal denkbare Fahrtstrecke innerhalb des Gerichtsbezirks, sondern die maximal entstehenden Fahrtkosten bei Beauftragung eines im Bezirk niedergelassenen Rechtsanwalts. Daher kann die maximale Entfernung keinesfalls anhand von „Orten“ bestimmt werden, an denen kein Rechtsanwalt niedergelassen sein kann, wie etwa auf einer Straße in der offenen Landschaft (so die im Nichtabhilfebeschluss genannten Koordinaten in der dem Kostenfestsetzungsantrag zu Grunde gelegten „Fachinfo-Tabelle Gerichtsbezirke 2020“) oder auf dem Fahrstreifen einer Bundesautobahn (so ausweislich der Ausführungen im angefochtenen Beschluss die Koordinaten der entsprechenden Tabelle 2021).

    LG Oldenburg, Beschluss vom 03.03.2021, 16 O 99/16 (unveröffentlicht)

    In dem Nichtabhilfebeschluss ist in Bezug auf die „Fachinfo-Tabelle Gerichtsbezirke 2021“ folgendes ausgeführt:

    Betrachtet man sich die weitere Entwicklung der Fachinfo-Tabelle Gerichtsbezirke, welche lediglich eine Handhabung und Arbeitserleichterung für Rechtsanwälte ohne irgendeinen Rechtscharakter darstellt, so kommt man nicht umhin festzustellen, dass mit allen Mitteln versucht wird die Entfernungen zu vergrößern.

    Soweit nunmehr in der Fachinfo-Tabelle Gerichtsbezirke 2021 (herausgegeben von Norbert Schneider, ffi Verlag, 2021) sowie auf der Homepage des ffi Verlags unter dem Link: https://www.gerichtsbezirke.de/ die einfache Entfernung mit 106 km angegeben wird, ist diese Angabe völlig realitätsfremd. Dies ergibt sich zweifelsfrei, wenn man sich vor Augen führt, von welchem Punkt aus die Berechnung hier startet. Die Startkoordinate (52.49533121436974, 8.076419774926231 nach Google Maps) befindet sich direkt auf der Fahrbahn der BAB 1 in Fahrtrichtung Osnabrück unmittelbar nach der Auffahrt der AS Nr. 67 „Neuenkirchen-Vörden“.

    Da nunmehr aber auch bei der einfachen Entfernung für den Gerichtsbezirk des Oberlandesgerichts Oldenburg der Startpunkt (52.30373599166091, 7.251738392212933 nach Google Maps) in ähnlicher Weise auf der vorgenannten Homepage des ffi Verlags angegeben ist, dürfte es sich wohl um Absicht und nicht nur um ein Redaktionsversehen handeln.

    "Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe." - Pippi Langstrumpf

  • Wenn man sich die Mühe macht, die entsprechende Homepage aufzurufen, kann anhand des Textes auf der Startseite https://www.gerichtsbezirke.de/ leicht feststellen, dass eine Berechnung der einfachen Entfernung vom äußersten Rand einer Gemeinde erfolgt:

    Zitat

    Ermittlung der Reisekosten: Seit 2020 berechnen wir die Distanz zwischen Gericht und der entferntesten Stelle am Rand des Ortes im jeweiligen Gerichtsbezirk ermitteln, statt zur Ortsmitte wie bisher. Hiermit werden die Entfernungen bis in die „letzten Winkel“ der Gerichtsbezirke berechnet, was eine noch genauere Reisekostenabrechnung ermöglicht.


    Unabhängig davon halte ich es für vollkommen unpraktikabel im Massengeschäft der Kostenfestsetzung auch noch ermitteln zu sollen, in welcher Gemeinde am Rand des Gerichtsbezirks es einen Rechtsanwalt gibt oder nicht.
    Soll dieser dann eventuell auch noch die geeignete Fachanwaltsausbildung für die Materie besitzen oder ist das vollkommen egal? :gruebel:


  • Unabhängig davon halte ich es für vollkommen unpraktikabel im Massengeschäft der Kostenfestsetzung auch noch ermitteln zu sollen, in welcher Gemeinde am Rand des Gerichtsbezirks es einen Rechtsanwalt gibt oder nicht.
    Soll dieser dann eventuell auch noch die geeignete Fachanwaltsausbildung für die Materie besitzen oder ist das vollkommen egal? :gruebel:

    Es geht doch nicht darum, ob dort ein Anwalt ansässig ist, sondern darum, ob die Anreise eines RA von dort überhaupt denkbar ist:

    Daher kann die maximale Entfernung keinesfalls anhand von „Orten“ bestimmt werden, an denen kein Rechtsanwalt niedergelassen sein kann, wie etwa auf einer Straße in der offenen Landschaft

    Es soll also nur nicht von einem Punkt irgendwo in der Wildnis gerechnet werden. Diese Feststellung der größtmöglichen realistischen Entfernung muss jeder für seinen Bezirk nur einmal treffen.

  • Ich glaube, wir sollten im Hinweisthread nicht diskutteren.

    Und das will ich auch nicht: Es geht doch letztendlich nur um ein paar km....


  • Unabhängig davon halte ich es für vollkommen unpraktikabel im Massengeschäft der Kostenfestsetzung auch noch ermitteln zu sollen, in welcher Gemeinde am Rand des Gerichtsbezirks es einen Rechtsanwalt gibt oder nicht.
    Soll dieser dann eventuell auch noch die geeignete Fachanwaltsausbildung für die Materie besitzen oder ist das vollkommen egal? :gruebel:

    Es geht doch nicht darum, ob dort ein Anwalt ansässig ist, sondern darum, ob die Anreise eines RA von dort überhaupt denkbar ist:

    Daher kann die maximale Entfernung keinesfalls anhand von „Orten“ bestimmt werden, an denen kein Rechtsanwalt niedergelassen sein kann, wie etwa auf einer Straße in der offenen Landschaft

    ....

    Die Meinungen gehen offenbar auseinander, wie die BGH-Entscheidung von 2018 zu verstehen ist: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1172954

  • Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung von Handwerkern zwecks Vor- und Nachbereitung von Ortsterminen mit dem gerichtlichen Sachverständigen entstanden sind, sind außergerichtliche Kosten der Partei. Sie sind daher, sofern nichts anderes vereinbart wird, bei einer durch Prozessvergleich vereinbarten Kostenaufhebung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu erstatten.

    BGH, Beschluss vom 24. Februar 2021 - VII ZB 55/18 -
    (Vorinstanzen: OLG Hamm, LG Bielefeld)

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  • §§ 70 Abs. 4, 277, 318 FamFG

    a) Die Entscheidung über Vergütung und Aufwendungsersatz eines Verfahrenspflegers stellt eine selbständig anfechtbare Nebenentscheidung dar, bei der der Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde nicht entgegensteht, dass es sich bei der Hauptsache um ein Eilverfahren im Sinne des § 70 Abs. 4 FamFG handelt (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 20. Mai 2020 XII ZB 538/19 juris und vom 25. Januar 2017 XII ZB 447/16 FamRZ 2017, 643).

    b) Die Zubilligung eines festen Geldbetrags an den Verfahrenspfleger schließt dessen Ansprüche auf Vergütung und Aufwendungsersatz, die sich aus seiner Tätigkeit in einer nachfolgenden Instanz ergeben, nicht aus.

    BGH, Beschluss vom 24. Februar 2021 - XII ZB 485/20 -
    (Vorinstanzen: LG Kassel, AG Kassel)

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  • Der auftragsgemäße Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments ist auch dann keine die Geschäftsgebühr auslösende Tätigkeit, wenn wechselbezügliche Verfügungen der Auftraggeber vorgesehen sind.

    BGH, Urteil vom 15. April 2021 - IX ZR 143/20 -
    [Vorinstanzen: LG Neubrandenburg, AG Waren (Müritz)]

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  • Die Kosten der anwaltlichen Vertretung in einem nach § 15a EGZPO obligatorischen Güteverfahren sind keine erstattungsfähigen (Vorbereitungs-)Kosten des späteren Rechtsstreits.

    BGH, Beschluss vom 24. Juni 2021 - V ZB 22/20 -
    (Vorinstanzen: LG Frankfurt (Oder), AG Bernau bei Berlin)

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  • a) Zur Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines nicht am Prozessort und auch nicht am Sitz der Partei ansässigen Prozessbevollmächtigten.

    b) War die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten einer Partei im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO notwendig, können die zu erstattenden Kosten bei der Vertretung der Partei vor dem Gericht an ihrem Sitz nicht auf die fiktiven (Reise-)Kosten eines Anwalts begrenzt werden, dessen Kanzleisitz an dem von dem Gericht am weitesten entfernten Ort innerhalb des Gerichtsbezirkes liegt. Die Vorschrift des § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO verlangt im Falle der notwendigen Einschaltung eines auswärtigen Anwalts regelmäßig keine zusätzliche Prüfung, ob im konkreten Einzelfall auch die Wahrnehmung des Verhandlungstermins gerade durch diesen Rechtsanwalt unbedingt erforderlich war oder auch durch einen im Gerichtsbezirk ansässigen Anwalt hätte erfolgen können (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2011 - VIII ZB 93/10, NJW-RR 2012, 695 Rn.16).

    BGH, Beschluss vom 14. September 2021 - VIII ZB 85/20 -
    (Vorinstanzen: OLG München, LG München I)

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  • Ist eine Beschlussanfechtungsklage vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängig geworden, bemisst sich der Streitwert analog § 48 Abs. 5 WEG auch für nach diesem Zeitpunkt eingelegte Rechtsmittel nach § 49a GKG aF und nicht nach § 49 GKG. Die (allgemeine) Übergangsvorschrift des § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG ist insoweit nicht anwendbar.

    BGH, Beschluss vom 30. September 2021 - V ZR 258/20 -

    (Vorinstanzen: LG Köln, AG Bergisch Gladbach)

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  • Zur Auslegung eines Prozessvergleichs im Kostenfestsetzungsverfahren über die "Kosten des Rechtsstreits" bei bereits vorliegender rechtskräftiger Entscheidung über die Kosten eines vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens.

    BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2021 - VII ZB 7/21 -
    (Vorinstanzen: OLG München, LG Kempten)

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  • In Abgrenzung zu #455:

    In einem Verfahren über ein Rechtsmittel, das in einem wohnungseigentumsrechtlichen Übergangsfall nach dem 30. November 2020 eingelegt worden ist und einen auf das gemeinschaftliche Eigentum bezogenen Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch betrifft, bestimmt sich der Streitwert gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG nicht mehr nach § 49a GKG aF, sondern nach den Wertvorschriften der Zivilprozessordnung (Abgrenzung zu Senat, Beschluss vom 30. September 2021 - V ZR 258/20, WuM 2021, 701 Rn. 19).

    BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2021 - V ZR 112/21 -
    (Vorinstanzen: LG Aurich, AG Emden)

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  • EuGH, C-531/20

    Die Art. 3 und 14 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung oder einer Auslegung dieser Regelung entgegenstehen, die es dem mit einem unter diese Richtlinie fallenden Verfahren befassten Gericht nicht erlaubt, bei der Beurteilung, ob die der obsiegenden Partei entstandenen Prozesskosten zumutbar und angemessen sind, in jedem ihm vorgelegten Fall dessen spezifischen Merkmale gebührend zu berücksichtigen.

    --> § 140 Abs. 4 MarkenG ist nicht mit Unionsrecht (s.o.) vereinbar; bei den Kosten eines Patentanwalts in Kennzeichenstreitsachen muss eine Notwendigkeitsprüfung erfolgen.

    Die Entscheidung kann unter https://curia.europa.eu/juris/liste.js…LL&num=C-531/20 abgerufen werden.

    Instanzen:
    BGH, I ZB 59/19 (laufende Rechtsbeschwerde)
    OLG Karlsruhe
    LG Mannheim

  • Vertritt der Rechtsanwalt den Gläubiger in einem Zwangsversteigerungsverfahren über mehrere Bruchteile eines Grundstücks wegen einer Forderung, für die die Miteigentümer als Gesamtschuldner haften, dann handelt es sich um eine Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 RVG und erhält der Anwalt für das Verfahren nur eine 0,4-Gebühr nach Nr. 3311 Ziff. 1 VV RVG.

    BGH, Beschluss vom 22. September 2022 - V ZB 2/20 -
    (Vorinstanzen: LG Tübingen, AG Reutlingen)

    Anmerkung:
    Der mehrfache Anfall der Verfahrensgebühr ist damit allerdings nicht grds. ausgeschlossen (s. am Ende von Rn. 16: "Sieht das Gericht im Einzelfall - anders als hier - von einer Verbindung ab oder hebt es eine solche wieder auf, besteht umgekehrt allerdings keine Veranlassung (mehr), dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit anzunehmen, wenn das Gericht in Kenntnis der Voraussetzungen des § 18 ZVG gleichwohl getrennte Verfahren führt.").

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    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Ich zitiere mich zur Heilung des rechtl. Gehörs im KFV mal eben selbst:

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

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