Rechtsprechungshinweise Mahnverfahren

  • Nach dem gut funktionierenden Vorbild im Subforum Insolvenz hier wollen wir hiermit einen Thread für aus Eurer Sicht interessante Entscheidungen rund um das Sachgebiet Mahnverfahren anbieten.

    Der Thread ist für alle User offen und wir wünschen uns ausdrücklich, dass Ihr hier Beiträge einstellt.

    Die Beiträge sollen das Gericht, das Entscheidungsdatum, das Aktenzeichen sowie einen (oder ggf. mehrere) Leitsatz/Leitsätze enthalten, wobei letzterer auch selbst verfasst sein kann.

    Etwaige Fundstellen sind ebenfalls willkommen.

    Ebenfalls nach dem Vorbild im Bereich Insolvenz wäre es sinnvoll, wenn dieser Thread hier wirklich nur für die reinen Hinweise auf die Entscheidungen genutzt wird und für Anmerkungen, Diskussionen usw. ggf. ein neuer Thread eröffnet wird.
    Dies dürfte der Übersicht im Rechtsprechungsthread förderlich sein und ein Wiederfinden bestimmter Entscheidungen erleichtern.

    Das Forenteam

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • a) Den in § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aufgestellten Anforderungen an eine Individualisierung des im Mahnbescheid bezeichneten Anspruchs kann unter bestimmten Umständen auch dann genügt sein, wenn zwar eine im Mahnbescheid in Bezug ge-nommene Anlage weder diesem beigefügt noch dem Schuldner zuvor zugänglich gemacht worden ist, jedoch die übrigen Angaben im Mahnbescheid eine Kennzeichnung des Anspruchs ermöglichen (im Anschluss an BGH, Urteile vom 28. Oktober 1993 - IX ZR 21/93, NJW 1994, 323, vom 30. November 1999 - VI ZR 207/98, NJW 2000, 1420, und vom 6. Dezember 2001 - VII ZR 183/00, NJW 2002, 520).
    b) Das Erfordernis, einen angegebenen Gesamtbetrag bereits im Mahnbescheid hinreichend aufzuschlüsseln, besteht nur dann, wenn eine Mehrzahl von Einzelforderungen geltend gemacht wird. Anders liegt es, wenn Gegenstand des Mahnbescheids eine einheitliche Schadensersatzforderung ist, die sich aus mehreren un-selbständigen Rechnungsposten zusammensetzt.

    BGH, Urteil vom 17. November 2010 - VIII ZR 211/09 - LG Münster

  • BGH, Beschl. v. 7. Oktober 2004 - I ZB 20/04:
    "Zuständigkeit nach Rücknahme des Mahnantrags

    ZPO § 269 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4, § 696 Abs. 1
    Nimmt der Antragsteller den Mahnantrag zurück, ist für eine Kostenentscheidung
    nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO nicht das Mahngericht zuständig, sondern
    das für die Durchführung des streitigen Verfahrens zuständige Gericht. An dieses
    ist auch nach Rücknahme des Mahnantrags auf Antrag einer Partei das


    Verfahren vom Mahngericht zur Entscheidung über die Kosten abzugeben."
    link: hier

  • BGH, Beschluß vom 28. Oktober 2004 - III ZB 43/04:
    "Im Mahnverfahren ist § 269 Abs. 3 ZPO grundsätzlich entsprechend anwendbar.

    Macht der Antragsteller allerdings geltend, daß der Anlaß zur Einreichung des
    Mahnantrags vor Rechtshängigkeit entfallen sei und daß er deswegen den Mahnantrag zurückgenommen habe (§ 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO), so hat über die Kosten des Mahnverfahrens nach Abgabe das für das streitige Verfahren zuständige Gericht zu entscheiden."


    link: hier
    :alarm Unbedingt darauf achten, warum der MBA zurückgenommen wird.
    Nur bei Rücknahme z. B. wegen Zahlung vor MBA (maßgeblich ist das Datum des Eingangs bei Gericht) ist das fiktive Streitgericht zuständig.

    Bei einem Rücknahmegrund, der nach MBA eingetreten ist, ist das Mahngericht zuständig, z. B. Zahlung nach Eingang MBA bei dem Mahngericht.


  • BGH, Beschl. v. 13. Juni 2006 - X ARZ 85/06:

    "Ist der Rechtsstreit aufgrund Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid an das Prozessgericht abgegeben worden, ist für die Erteilung einer zweiten voll-streckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids das Prozessgericht als Gericht des ersten Rechtszuges zuständig."
    link
    ...sonst das Mahngericht, weil sich die Urschrift noch dort befindet. Nur bei Abgabe an das Streitgericht wird die Urschrift auch dorthin geschickt und dann muss dort, wo sich die Urschrift befindet auch die Zweite erteilt werden. (kleine Eselsbrücke: wo Urschrift, da zuständig)
    Bei maschinellen Verfahrensausdrucken kann man versuchen, vom ZEMA einen DINA3-Ausdruck zu bekommen oder gleich den Aktenausdruck nehmen und die VB-Seiten kopieren (beginnt üblicherweise auf der zweiten Seite und endet vor dem Verfahrensablauf, steht dann auch sinngemäß drunter "hier endet der VB")

  • Die Erklärung unrichtiger Tatsachen in einem Mahnantrag mit dem Willen, den Rechtspfleger zum Erlass eines Mahnbescheides gegen den Antragsgegner zu veranlassen, obwohl dem Antragsteller die Nichtexistenz der geltend gemachten Forderung bewusst ist, erfüllt den Tatbestand des versuchten Betrugs.

    OLG Celle, Beschl. v. 01.11.2011 - 31 Ss 29/11

    http://blog.strafrecht-online.de/2011/11/auch-f…escheidsantrag/

  • BGB §§ 204, 242 Cb; ZPO §§ 690, 691

    Die Berufung auf eine durch Erlass eines Mahnbescheids eingetretene Verjährungshemmung kann im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Mahnbescheidsantrag die bewusst wahrheitswidrige Erklärung enthält, dass die Gegenleistung bereits erbracht sei.

    BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 157/11

  • Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass sie einer mitgliedstaatlichen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach ein mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids befasstes Gericht, sofern der Verbraucher keinen Widerspruch erhebt, weder a limine noch in irgendeiner anderen Phase des Verfahrens von Amts wegen prüfen darf, ob eine Verzugszinsklausel in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher missbräuchlich ist, obwohl es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt.

    EuGH, Urteil vom 14.06.2012 - C-618/10

    NJW 2012, 2257

  • BGB § 204 Abs. 1 Nr. 3; ZPO § 690 Abs. 1 Nr. 3

    a) Wird ein einheitlicher Anspruch geltend gemacht, der sich aus mehreren Rechnungsposten zusammensetzt, hemmt die Zustellung eines Mahnbescheides die Verjährung, auch wenn die Rechnungsposten im Mahnbescheid nicht aufgeschlüsselt werden. Die entsprechend notwendige Substantiierung kann im Laufe des Rechtsstreits beim Übergang in das streitige Verfahren nachgeholt werden (im Anschluss an BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 VII ZR 183/00, BauR 2002, 469, 470 = NZBau 2002, 155).

    b) (...)

    BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 155/11

  • StGB § 263a Abs. 1

    Die Beantragung eines Mahn- und eines Vollstreckungsbescheides im automatisierten Mahnverfahren auf der Grundlage einer fingierten, tatsächlich nicht bestehenden Forderung stellt eine Verwendung unrichtiger Daten im Sinne des § 263a Abs. 1, 2. Var. StGB dar.

    BGH, Beschluss vom 19. November 2013 – 4 StR 292/13

  • Auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheids kann sich nicht berufen, wer im Mahnverfahren bewusst falsche Angaben macht.

    BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 – XI ZR 536/14

    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…9&pos=0&anz=106

  • Zur Verjährungshemmung durch einen Mahnbescheid

    BGH, Urteil vom 13.10.2015 – II ZR 281/14

    Aus Rn. 16

    Mangelt es dem Mahnantrag und dem Mahnbescheid an der nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO notwendigen Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs, das heißt an der Bezeichnung des Anspruchs unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung, tritt keine Hemmung der Verjährung durch den antragsgemäß erlassenen Mahnbescheid ein. Die Individualisierung kann dann auch nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist mit Rückwirkung verjährungshemmend nachgeholt werden (...).


    http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/ver…escheid-3102278

  • Eine vorformulierte "Inkassovollmacht" des Inhalts, dass das Inkassobüro berechtigt sei ,Rechtsanwälte mit dem Betreiben gerichtlicher Verfahren zu beauftragen, enthält nicht die Vollmacht für das Inkassobüro, selbst im namen des Gläubigers ein Mahnverfahren einzuleiten. Die Kosten eines gleichwohl vom Inkassobüro selbst eingeleiteten Verfahrens sind dem Inkassobüro aufzuerlegen, wenn nicht der Mangel der Vollmacht geheilt wird oder die Beantragung des Mahnbescheides dem Gläubiger zurechenbar ist. Dafür genügt nicht, dass er das Inkassobüro überhaupt mit der Betreibung der Forderung beauftragt hat.

    LG Itzehoe, 14.12.15, 7 O 198/15

    http://www.ferner-alsdorf.de/rechtsanwalt/z…scheides/21948/

  • Soll ein durch Widersprüche zweier Antragsgegner im Mahnverfahren getrenntes Verfahren durch eine Gerichtsstandbestimmung (erneut) zusammengeführt werden, muss der Antrag auf Gerichtsstandbestimmung unverzüglich gestellt werden, damit die getrennten Verfahren sobald wie möglich zusammengeführt werden können. Ein solcher zeitlicher Zusammenhang kann fehlen, wenn der Antragsteller beide Klagen nach der Abgabe vom Mahngericht an die Streitgerichte zunächst begründet, ohne auf die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts hinzuwirken. Das zeitnahe Stellen eines unbegründeten Verweisungsantrages genügt insoweit nicht.

    Oberlandesgericht Hamm, 5.12.16, 32 SA 65/16

  • Für die zur Hemmung der Verjährung durch Mahnbescheid erforderliche Individualisierung der darin geltend gemachten Ansprüche genügt es, wenn der Schuldner selbst – etwa anhand einer im Mahnbescheid genannten und ihm bekannten Forderungsaufstellung – erkennen kann, um welche Forderungen es geht (Bestätigung von BGH, Urteile vom 25. März 2015 – VIII ZR 243/13, NJW 2015, 3228 Rn. 63 f., insoweit in BGHZ 204, 325 nicht abgedruckt; vom 17. November 2010 – VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rn. 9).

    (...)

    BGH, Beschluss vom 25.04.2017 – VIII ZR 217/16

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