Rechtsprechungshinweise Nachlass

  • Nach dem gut funktionierenden Vorbild im Subforum Insolvenz hier wollen wir hiermit einen Thread für aus Eurer Sicht interessante Entscheidungen rund um das Sachgebiet Nachlass anbieten.

    Der Thread ist für alle User offen und wir wünschen uns ausdrücklich, dass Ihr hier Beiträge einstellt.

    Die Beiträge sollen das Gericht, das Entscheidungsdatum, das Aktenzeichen sowie einen (oder ggf. mehrere) Leitsatz/Leitsätze enthalten, wobei letzterer auch selbst verfasst sein kann.

    Etwaige Fundstellen sind ebenfalls willkommen.

    Ebenfalls nach dem Vorbild im Bereich Insolvenz wäre es sinnvoll, wenn dieser Thread hier wirklich nur für die reinen Hinweise auf die Entscheidungen genutzt wird und für Anmerkungen, Diskussionen usw. ggf. ein neuer Thread eröffnet wird.
    Dies dürfte der Übersicht im Rechtsprechungsthread förderlich sein und ein Wiederfinden bestimmter Entscheidungen erleichtern.

    Das Forenteam

    Bitte enthaltet euch in diesem Thread jeglicher Kommentierungen / Diskussionen / Fragen und postet diese bitte anderswo (ggf. eröffnet einen neuen Thread)!

    Hier sollen ausschließlich die Entscheidungen bekannt gemacht werden !

    Jegliche Kommentare werden daher unangekündigt gelöscht.

    the bishop
    Mod.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • OLG München, Beschluss vom 14.06.2010, Az. 31 Wx 151/09, Rpfleger 2010, 511:

    Eintritt der gesetzlichen Erbfolge, wenn der Erblasser nur über einen geringen Teil seines Nachlasses verfügt und eine Erbeinsetzung durch spätere gesonderte Verfügung beabsichtigt hat, zu der es dann aber nicht mehr gekommen ist. Die unterlassene letztwillige Verfügung kann nicht durch Auslegung ersetzt werden.

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    Die Entscheidung ist jetzt auch in FamRZ 2010, 1941 (m. zust. Anm. Reimann) veröffentlicht.

  • OLG Nürnberg, Urteil vom 30.09.2009, Az. 14 U 2056/08, ZEV 2010, 411 (zur "einseitigen" Wechselbezüglichkeit):

    1. Setzen Eheleute in einer handschriftlichen "Gemeinsamen Erklärung" einen Verwandten (Neffen) der Ehefrau zum Alleinerben ein, handelt es sich insoweit um ein gemeinschaftliches Testament.

    2. Setzt der Ehemann auf einer von der "Gemeinsamen Erklärung" gemäß Leitsatz Nr.1 getrennten, aber am selben Tag errichteten Urkunde seine Ehefrau handschriftlich zur Alleinerbin "ohne jegliche Einschränkung" ein, und setzt auch die Ehefrau auf demselben Schriftbogen, aber in einer gesonderten handschriftlichen Erklärung ihren Ehemann zum Alleinerben "ohne jegliche Einschränkung" ein, so ist hierin ebenfalls ein gemeinschaftliches Testament zu sehen.

    3. Eine Bindung der überlebenden Ehefrau an die "Gemeinsame Erklärung" besteht nicht. Hierbei kann es dahinstehen, ob es sich bei der Gesamtheit der unter Leitsatz Nr.1 und Leitsatz Nr.2 genannten letztwilligen Verfügungen der Eheleute um ein einheitliches gemeinschaftliches Testament mit Schlusserbeneinsetzung handelt; jedenfalls liegt keine Wechselbezüglichkeit der Erbeinsetzung der Ehefrau durch ihren Ehemann zur Schlusserbeneinsetzung des Neffen der Ehefrau durch diese vor. Inhalt und Form der Erklärungen lassen nämlich die Feststellung nicht zu, dass der Ehemann seine Ehefrau nur deshalb zur Alleinerbin bestimmt hat, weil diese ihren Neffen als Schlusserben eingesetzt hat.

    4. Zur Ermittlung des hypothetischen Erblasserwillens im Wege ergänzender Testamentsauslegung, wenn sich der Schlusserbe gegenüber der Ehefrau des erstversterbenden Ehemannes hinsichtlich eines in den Nachlass fallenden Unternehmens eine Stellung anmaßt, die ihm rechtlich nicht zusteht.

  • OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.11.2009, Az. 8 W 427/09, ZEV 2010, 471:

    In Nachlasssachen ist bei der Anwendung der Übergangsvorschrift des Art.111 Abs.1 S.1 FGG-RG zu unterscheiden, ob es sich um eine Verrichtung des Nachlassgerichts von Amts wegen (z.B. Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht nach § 2200 BGB) oder um ein ausschließliches Antragsverfahren (z.B. Erbscheinserteilungsverfahren nach § 2353 BGB) handelt. Ein Amtsverfahren wird i.S. des Art.111 Abs.1 S.1 FGG-RG eingeleitet durch den Todesfall, ein Antragsverfahren durch den Eingang des Antrags beim Nachlassgericht.

  • OLG Koblenz, Beschluss vom 14.06.2010, Az. 2 U 831/09, ZEV 2010, 473 m. Anm. Keim:

    1. Setzen sich im Rahmen eines Berliner Testaments die Ehegatten wechselseitig zu Erben ein, so ist nach dem Tod des Letztversterbenden im Rahmen der Berechnung eines Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsanspruchs in der Regel von zwei getrennten Erbfällen und nicht nur von einem Erbfall auszugehen, auch wenn die Erblasser bei Abfassung des gemeinschaftlichen Testaments nur einen begünstigenden Erbfall bedacht haben (in Anknüpfung an BGH v. 13.07.1983, IVa ZR 15/82, BGHZ 88, 102, NJW 1983, 2875; v. 22.09.1982, IVa ZR 26/81, NJW 1983, 277).

    2. Für einen stillschweigenden Pflichtteilsverzicht bedarf es unjter Berücksichtigung einer ergänzenden Testamentsauslegung bzw. der Andeutungstheorie gesicherter Anhaltspunkte (in Anknüpfung an BGH v. 09.03.1977, IV ZR 114/75, BGHZ 22, 364 = NJW 1977, 390; OLG Düsseldorf v. 23.07.1999, 7 U 236/98, NJWE-FER 1999, 328 = ZEV 2000, 32 [LS]; OLG Hamm v. 04.04.1995, 10 U 90/94, NJW-RR 1996, 906; BayObLG v. 10.02.1981, 1Z BR 125/80, MDR 1981, 673).

  • OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.04.2010, Az. 4 W 37/10, ZEV 2010, 476:

    1. Eine Mitteilung des Nachlassgerichts, den Inhalt eines Erbvertrags den eingesetzten Schlusserben bekannt zu machen, ist als Endentscheidung i.S. der §§ 58, 38 FamFG zu qualifizieren und deshalb anfechtbar.

    2. Im Rahmen der Beurteilung, wer als sonstiger Berechtigter i.S. des § 348 FamFG zu beteiligen ist, ist auf den Zweck der Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen abzustellen.

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    Die Entscheidung ist jetzt auch in Rpfleger 2010, 593 veröffentlicht.

  • BGH, Beschluss vom 10.06.2010, Az. Xa ZR 110/09, ZEV 2010, 478:

    1. ... (erbrechtlich ohne Belang; betrifft die Nichtzulassungsbeschwerde).

    2. Hat ein Ehegatte, der zusammen mit dem anderen, später verstorbenen Ehegatten ein Bankkonto eröffnet hatte, vor dem Tod des Erstverstorbenen Einzelverfügungsbefugnis über das Konto, verliert er diese Verfügungsbefugnis nicht dadurch, dass er als Miterbe Rechtsnachfolger des anderen Kontoinhabers geworden ist.

  • LG Detmold, Beschluss vom 05.02.2010, Az. 3 T 273/09, Rpfleger 2010, 449 m. abl. Anm. Lappe:

    Der Grundstückswert der Testamentseröffnung und Erbscheinserteilung bemisst sich nicht nach dem späteren Verkaufspreis.

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    Die Entscheidung erscheint bedenklich (hierzu die abl. Anm. von Lappe). Es wurde aufgrund der üblichen Berechnungsmethoden ein Gebührenwert von 201.543 € angenommen, obwohl der Grundbesitz nur wenig später für einen Kaufpreis von lediglich 175.000 € veräußert wurde.

  • BGH, Urteil vom 28.04.2010, Az. IV ZR 73/08, FamRZ 2010, 1071 m. Anm. Walker FamRZ 2010, 1248:

    1. Wendet der Erblasser die Todesfallleistung aus einem Lebenversicherungsvertrag einem Dritten über ein widerrufliches Bezugsrecht schenkungsweise zu, so berechnet sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 Abs.1 BGB weder nach der Versicherungsleistung noch nach der Summe der vom Erblasser gezahlten Prämien (Aufgabe von BGHZ 7, 134; Senatsurteil vom 04.02.1976 - IV ZR 156/73 -, FamRZ 1976, 616, unter 2; vgl. auch RGZ 128, 187).

    2. Die Pflichtteilsergänzung richtet sich vielmehr allein nach dem Wert, den der Erblasser aus den Rechten seiner Lebensversicherung in der letzten - juristischen - Sekunde seines Lebens nach objektiven Kriterien für sein Vermögen hätte umsetzten können. In aller Regel ist dabei auf den Rückkaufwert abzustellen. Je nach Lage des Einzelfalls kann gegebenenfalls auch ein - objektiv belegter - höherer Veräußerungswert heranzuziehen sein.

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    Zu dieser Entscheidung vgl. auch https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post600467

  • AG Hameln, Beschluss vom 18.01.2010, Az. 40 XVII P 54, FamRZ 2010, 1272:

    Einem Betreuten ist in einem vom Betreuer eingeleiteten Erbscheinsverfahren noch kein Ergänzungsbetreuer zu bestellen, nur weil der Betreute neben dem Betreuer als gesetzlicher Erbe in Betracht kommt.

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    Der Betreuer war zum Alleinerben eingesetzt. Das AG entschied im Betreuungsverfahren, dass für die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers kein Anlass bestehe, da keinerlei Bedenken gegen die Gültigkeit des Testaments ersichtlich seien.

  • OLG Dresden, Beschluss vom 22.02.2010, Az. 24 WF 147/10, FamRZ 2010, 1269:

    Jeder Antrag eines Vormundes auf Festsetzung einer Vergütung ist als selbstständiges Verfahren im Sinne von Art.111 Abs.1 und 2 FGG-RG zu behandeln. Maßgebend für die Rechtsanwendung ist der Eingang des Festsetzungsantrags bei Gericht.

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    Das gilt natürlich auch für Nachlasspfleger.

    Außerdem äußert das Gericht Zweifel daran, ob die VormG zum 01.09.2010 als aufgelöst zu betrachten sind. Es zitiert insoweit Autoren, welche für die Auflösung der VormG zunächst den Abschluss aller Altfälle für erforderlich halten (Zöller/Geimer, Einl. FamFG Rn.50; Musielak/Borth Einl. Rn.101).

  • OLG Oldenburg, Urteil vom 10.09.2009, Az. 1 U 36/09, FamRZ 2010, 1277:

    1. Wenn die Personen, die als Erben in Betracht kommen, im Hinblick auf eine unklare oder unklar erscheinende Erbrechtslage in einem notariellen Vertrag vereinbaren, dass einer von ihnen Hoferbe sein soll, so ist zwar eine darin liegende, von der tatsächlichen Hoferbrechtsfolge abweichende Hoferbenbestimmung nicht wirksam. Aus einer solchen Vereinbarung, die darauf gerichtet ist, dem begünstigten Beteiligten unabhängig von der tatsächlichen Erbrechtslage den zur Erbschaft gehörenden Nachlass zukommen zu lassen, wird aber eine schuldrechtliche Verpflichtung herzuleiten sein, ggf. durch Rechtsgeschäft unter Lebenden die bei entsprechender Erbenstellung bestehende Vermögenslage herbeizuführen, dem begünstigten Beteiligten also den Nachlass bzw. bei einem Hof das Hofvermögen zu übertragen und damit das von den Beteiligten bei Vertragsschluss übereinstimmend gewollte Ergebnis herbeizuführen.

    2. Eine solche Vereinbarung mit Vergleichscharakter kann regelmäßig nicht mit Erfolg wegen Irrtums angefochten werden und ist grundsätzlich auch einer Aufhebung oder Rückabwicklung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht zugänglich, wenn sich später eine gerichtliche Klärung der bei Vertragsschluss unklaren Erbrechtslage ergibt.

  • LG Göttingen, Beschluss vom 26.10.2009, Az. 10 T 86/09, FamRZ 2010, 1370 = ZEV 2010, 99 (Leitsatz anhand der Entscheidungsgründe ergänzt):


    Pflichtteilsansprüche, die erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens anerkannt oder rechtshängig werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Eine Nachtragsverteilung kann daher insoweit nicht angeordnet werden. Die Obliegenheiten nach § 295 Abs.1 Nr.2 InsO bleiben hiervon unberührt.

  • LG Aschaffenburg, Beschluss vom 12.08.2009, Az. 4 T 113/09, FamRZ 2010, 1373 = ZEV 2009, 577 m. Anm. Böttcher):

    1. Das Grundbuchamt hat die Erbrechtslage anhand der vorgelegten öffentlichen Urkunden selbst festzustellen; dabei hat es auch schwierige Rechtsfragen, etwa die Wirksamkeit einer Erbausschlagung, selbständig zu beurteilen.

    2. Die Vorlage eines Erbscheins darf das Grundbuchamt nur verlangen, wenn konkrete Zweifel verbleiben, die nur durch weitere tatsächliche Ermittlungen behoben werden können.

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