Rechtsprechungshinweise Zwangsversteigerung

  • BVerfG, B.v.1.3.2019, 2 BvR 305/19

    Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Aussetzung der Vollziehung eines Zuschlagsbeschlusses im Zwangsversteigerungsverfahren - akute Suizidgefahr des Räumungsschuldners bei endgültigem Eigentumsverlust - Folgenabwägung

  • Bei der Entscheidung über den Einstellungsantrag eines Miteigentümers im laufenden Teilungsversteigerungsverfahren ergeht, ebenso wie bei der Entscheidung über den Einstellungsantrag des Schuldners im laufenden Zwangsversteigerungsverfahren, keine Kostenentscheidung nach den §§ 91 ff. ZPO.

    BGH, Beschluss vom 10. Januar 2019 - V ZB 19/18 -

    Vorinstanzen:
    LG Nürnberg-Fürth, AG Nürnberg

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    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Zwei Entscheidungen zur Abwesenheitspflegschaft (§ 1911 BGB) in Versteigerungsverfahren:


    Die Anordnung des Verfahrens darf nicht von einer von den Gläubigern zu beantragenden Bestellung eines Abwesenheitspflegers für den Schuldner (§ 1911 BGB) abhängig gemacht werden.

    LG Koblenz, Beschluss vom 22.12.2016, 2 T 941/16

    Aus den Gründen:

    Die gemäß § 95 ZVG statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde der Gläubiger hat den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Erfolg.

    Da nach § 8 ZVG die Vorschriften der §§ 4 bis 7 ZVG (Zustellung durch Aufgabe zur Post und Bestellung eines Zustellungsvertreters, seine Aufgaben und Vergütung) auf die an den Schuldner zu bewirkende Zustellung des Beschlusses, durch welchen die Zwangsvollstreckung angeordnet oder der Beitritt eines Gläubigers zugelassen wird, keine Anwendung findet, können Anordnungs- und Beitrittsbeschluss - hier der beantragte Anordnungsbeschluss - beim unbekanntem Aufenthalt des Schuldners an ihn nur nach den Bestimmungen der §§ 185 bis 188 ZPO öffentlich zugestellt werden (Stöber, ZVG, 21. Auflage, § 8 Ziff. 2.3; Drischler, Rechtspfleger 1953, 497, 498 linke Spalte Ziffer 1.; Pöschl, NJW 1954, 136, 137 linke Spalte Ziffer 2.). Dies geschieht gemäß § 3 Nr. 1i RPflG nach Bewilligung durch den Rechtspfleger beim Vollstreckungsgericht.

    Das Amtsgericht hat die Anordnung des beantragten Zwangsversteigerungsverfahrens zu Unrecht von der von den Gläubigern zu beantragenden Bestellung eines Abwesenheitspflegers abhängig gemacht, der die Rechte des unbekannt verzogenen Schuldners wahren soll. Hierauf müssen sich die Gläubiger nicht verweisen lassen. Die Voraussetzungen des § 1911 BGB (Abwesenheitspflegschaft) sind hier nicht erfüllt. Dieser lautet:

    (1) 1 Ein abwesender Volljähriger, dessen Aufenthalt unbekannt ist, erhält für seine Vermögensangelegenheiten, soweit sie der Fürsorge bedürfen, einen Abwesenheitspfleger. 2 Ein solcher Pfleger ist ihm insbesondere auch dann zu bestellen, wenn er durch Erteilung eines Auftrags oder einer Vollmacht Fürsorge getroffen hat, aber Umstände eingetreten sind, die zum Widerruf des Auftrags oder der Vollmacht Anlass geben.
    (2) Das Gleiche gilt von einem Abwesenden, dessen Aufenthalt bekannt, der aber an der Rückkehr und der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten verhindert ist. 

    Die Abwesenheitspflegschaft setzt somit ein Fürsorgebedürfnis aus der Sicht des Abwesenden voraus. D. h. die Anordnung einer Abwesenheitspflegschaft muss zumindest auch in seinem Interesse liegen (ständige Rspr. z. B. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 01.07.1985, 3 W 130/85; OLG Köln, Beschluss vom 18.10.1995, 16 Wx 178/95; LG Potsdam, Beschluss vom 23.10.2008, 5 T 473/08). Die Bestellung eines Abwesenheitspflegers für den unbekannt verzogenen Schuldner zum Zwecke der Zustellung des Anordnunqsbeschlusses an diesen, liegt ausschließlich im Interesse der Gläubiger. Der Schuldner hat daran kein Interesse, weil durch eine an ihn zu bewirkenden Zustellung das Verfahren der Zwangsversteigerung in sein Immobiliarvermögen in Gang gesetzt wird mit, um den Verlust desselben herbeizuführen.

    Der vom Amtsgericht zitierte Beschluss des LG Braunschweig vom 16.04.2012, 4 T 768/11, verfängt in der hiesigen Sache nicht. Er befasst sich mit einer Zuschlagsversagung die deshalb erfolgte, weil das Vollstreckungsgericht keine eigenen Versuche unternommen hatte, den Aufenthaltsort des dortigen Schuldners zu ermitteln und den hohen Anforderungen an die Bestellung eines Zustellungsvertreters nach § 6 ZVG nicht entsprochen hatte, die unbekannt verzogene Schuldnerin über ihre Mutter erreichbar gewesen wäre.

    Soweit das Amtsgericht auf den Fristenlauf nach Zustellung des Anordnungsbeschlusses und die Möglichkeit der einstweiligen Einstellung des Verfahrens nach § 30b Abs. 1 ZVG verweist, sind diese bloße Folge der Zustellung und rechtfertigen die Bestellung eines Abwesenheitspflegers nicht.

    Damit ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Prüfung und Entscheidung über die Anordnung der Zwangsversteigerung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zurückzugeben, § 572 Abs. 3 ZPO.




    Die Bestellung eines Abwesenheitspflegers (§ 1911 BGB) für den unbekannt verzogenen Schuldner zum Zwecke der Zustellung des Fortsetzungsbeschlusses und der Terminsbestimmunq ist unzulässig.

    LG Koblenz, Beschluss vom 03.02.2017, 2 T 85/17


    Aus den Gründen:

    Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin, ist bereits unstatthaft.
    Nach § 95 ZVG kann eine sofortige Beschwerde gemäß § 793 ZPO nur dann eingelegt werden, wenn die Entscheidung die Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung oder Fortsetzung betrifft.

    Zwar soll durch die im Ergebnis gewollte Bestellung eines Abwesenheitspflegers der Erlass eines Fortsetzungsbeschlusses ermöglicht werden; diese im Vorfeld erlassene Entscheidung ist im Katalog des § 95 ZVG jedoch nicht mit umfasst. Sie ist auch keine anfechtbare „Zwischenverfügung“ oder „Aufklärungsverfügung“ (so Stöber in: ZVG, 21. Aufl., § 15 Rdnr. 5.2. und § 95 Rdnr. 5.1. a). Denn eine solche läge nur dann vor, wenn dies zur Behebung von Hindernissen durch den Gläubiger selbst erforderlich erscheint, so wenn der Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung Mängel oder Lücken enthält und daher durch den Gläubiger berichtigt bzw. ergänzt werden kann. Hier jedoch beabsichtigt das Versteigerungsgericht die Bestellung eines Abwesenheitspflegers durch das Betreuungsgericht, das durch das Gericht selbst - und nicht durch Antrag eines Gläubigers - angeregt werden kann (vgl. Stöber, a. a. O., § 7 Rdnr. 2.2).

    Es ist auch keine sofortige Beschwerde deshalb statthaft, weil darauf in die dem angefochtenen Beschluss beigegebene Rechtsmittelbelehrung hingewiesen worden war. Denn eine fehlerhafte Belehrung führt nicht zur Zulässigkeit eines nicht statthaften Rechtsmittels (vgl. BVerwG NVwZ 1983, 283; BGH MDR 2010, 1144).

    Zu entscheiden über die mit Schreiben vom 25.01.2017 erhobene sofortige Beschwerde hat daher nach dem Meistbegünstigungsprinzip abschließend der / die zuständige Amtsrichter(in) des Amtsgerichts (§11 Abs. 2 RPflG).

    Auch wenn über die eigentliche Bestellung des Abwesenheitspflegers letztlich das Betreuungsgericht zu entscheiden hat, wird bereits jetzt — da die Kammer auch für Beschwerden in solchen Pflegschaftsangelegenheiten zuständig ist - auf folgendes hingewiesen:

    Die Voraussetzungen des § 1911 BGB (Abwesenheitspflegschaft) dürften hier nicht erfüllt sein. Dieser lautet:

    (1) 1 Ein abwesender Volljähriger, dessen Aufenthalt unbekannt ist, erhält für seine Vermögensangelegenheiten, soweit sie der Fürsorge bedürfen, einen Abwesenheitspfleger. 2 Ein solcher Pfleger ist ihm insbesondere auch-dann zu bestellen, wenn er durch Erteilung eines Auftrags oder einer Vollmacht Fürsorge getroffen hat, aber Umstände eingetreten sind, die zum Widerruf des Auftrags oder der Vollmacht Anlass geben.
    (2) Das Gleiche gilt von einem Abwesenden, dessen Aufenthalt bekannt, der aber an der Rückkehr und der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten verhindert ist.

    Die Abwesenheitspflegschaft setzt somit ein Fürsorgebedürfnis aus der Sicht des Abwesenden voraus, D. h. die Anordnung einer Abwesenheitspflegschaft muss zumindest auch in seinem Interesse liegen (ständige Rspr. z. B. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 01.07.1985, 3 W 130/85; OLG Köln, Beschluss vom 18.10.1995, 16 Wx 178/95; LG Potsdam, Beschluss vom 23.10.2008, 5 T 473/08). Die Bestellung eines Abwesenheitspflegers für den unbekannt verzogenen Schuldner zum Zwecke der Zustellung des Fortsetzungsbeschlusses und der Terminsbestimmunq an diesen, liegt ausschließlich im Interesse der Gläubiger. Der Schuldner hat daran kein Interesse, weil durch eine an ihn zu bewirkenden Zustellung das Verfahren der Zwangsversteigerung in sein Immobiliarvermögen wiederum in Gang gesetzt wird mit, um den Verlust desselben herbeizuführen.

  • LG Bremen, Beschl. v. 22.01.2018 – 3 T 82/17.
    Zur Aufhebung der gerichtlichen Verwaltung nach § 94 ZVG
    ZfIR 2019, 323 (Heft 9/2019)

    Das ist die Entscheidung II. Instanz zu dieser BGH-Entscheidung:

    ZVG § 94

    Zahlung oder Hinterlegung im Sinne des § 94 Abs. 1 ZVG ist nur Zahlung oder Hinterlegung nach § 49 ZVG.

    BGH, Beschluss vom 18.10.2018, V ZB 40/18

    (Hinweis von wohoj, hier)



  • BVerfG, 15.05.2019, 2 BvR 2425/18

    Einstweilige Aussetzung der Vollstreckung eines Zuschlagsbeschlusses wegen Suizidgefahr - Kein Verweis auf eine Unterbringung ohne Sicherstellung, dass die zuständigen öffentlichen Stellen rechtzeitig tätig werden

    https://www.rechtslupe.de/zivilrecht/vol…dgefahr-3144895

  • Zum unmittelbaren Zahlungsanspruch gem. § 242 BGB aus der in der Teilungsversteigerung ins geringste Gebot fallenden Grundschuld nach Weiterverkauf des Grundstücks

    OLG Oldenburg, 18.02.2019 – 13 UF 107/17, BeckRS 2019, 5347

    Anm. Freifrau von Scheibler-Hülhoven in NZFam 2019, 511

  • Gebote ohne Absicht, das Bargebot zu entrichten, sind sittenwidrig. BGH, V ZR 244/17

    Amtlicher Leitsatz

    a) Wer in der Zwangsversteigerung ein Gebot in der Absicht abgibt, das Bargebot nicht zu entrichten oder zu hinterlegen, handelt sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB.

    b) Für die Absicht eines Bieters, das Bargebot nicht zu entrichten oder zu hinterlegen, spricht eine tatsächliche Vermutung, wenn er zum einen bei der Abgabe des Gebots vermögenslos ist oder bereits in anderen Zwangsversteigerungsverfahren den Zuschlag erhalten, das Bargebot aber nicht rechtzeitig bis zu dem Verteilungstermin entrichtet oder hinterlegt hat und zum anderen auch in dem in Rede stehenden Verfahren das Bargebot nicht rechtzeitig entrichtet oder hinterlegt.

    c) Begründen konkrete Tatsachen den Verdacht, dass mehrere Personen unter Verfolgung verfahrensfremder Ziele kollusiv mit demjenigen zusammengewirkt haben, der als Bieter in einem Zwangsversteigerungsverfahren den Zuschlag erhalten, das Bargebot aber bis zu dem Verteilungstermin nicht entrichtet oder hinterlegt hat, tragen sie die sekundäre Darlegungslast für die Behauptung, ein solches Zusammenwirken habe nicht vorgelegen; dies gilt auch, wenn sich das Zusammenwirken über mehrere Versteigerungen desselben Grundstücks erstreckt und auch dann, wenn in den jeweiligen Versteigerungsterminen verschiedene Bieter auftreten, die an dem gemeinsamen Vorgehen beteiligt sind.

    BGH, Versäumnisteil- und Schlussurteil vom 22. Februar 2019 - V ZR 244/17 - OLG Brandenburg LG Frankfurt (Oder)

  • BGH, Beschluss vom 16. Mai 2019 - V ZB 117/18 -

    Der Antrag der Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg - Girozentrale - nach § 21 Satz 2 des Gesetzes für den Freistaat Oldenburg, betreffend die Staatliche Kreditanstalt Oldenburg (Staatsbank) ist, soweit die Vorschrift weiter anwendbar ist, ein Vollstreckungstitel im Sinne von § 795 ZPO; einem Rechtsnachfolger der Landesbank kann daher nach § 727 ZPO eine vollstreckbare Ausfertigung des Antrags erteilt werden.

  • BGH, Urteil vom 12. April 2019 - V ZR 132/18

    a) Die Veräußerung eines mit einem Grundpfandrecht belasteten Grundstücks ohne Übertragung der aus einem Schadensereignis entstandenen Forderung aus einer Gebäudeversicherung führt in entsprechender Anwendung von § 1124 Abs. 3 BGB dazu, dass die Forderung - unter Fortbestand der durch § 1128 BGB begründeten Stellung des Grundpfandgläubigers als Pfandgläubiger - aus dem Haftungsverband des Grundpfandrechts fällt.

    b) Eine Forderung gegen den Gebäudeversicherer wird daher nicht von der Beschlagnahmewirkung des § 20 Abs. 2 ZVG erfasst und geht nicht auf den Ersteher über, wenn das Grundstück nach dem Schadensereignis veräußert und die Forderung nicht dem Vollstreckungsschuldner übertragen worden ist.

  • BGH, Beschl. v. 27.06.2019 - V ZB 27/18

    „Enthält ein vollstreckbarer Titel eine Kostengrundentscheidung zu Gunsten oder zu Lasten des Zwangsverwalters, ist der Zwangsverwalter in dem nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren ohne weiteres (aktiv oder passiv) prozessführungsbefugt, und zwar auch dann, wenn die Zwangsverwaltung vor Einleitung des Rechtsstreits, während des laufenden Prozesses oder nach Abschluss des Erkenntnisverfahrens aufgehoben worden ist.“

  • BGH, Beschl. v. 27.06.2019 - V ZB 27/18

    „Enthält ein vollstreckbarer Titel eine Kostengrundentscheidung zu Gunsten oder zu Lasten des Zwangsverwalters, ist der Zwangsverwalter in dem nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren ohne weiteres (aktiv oder passiv) prozessführungsbefugt, und zwar auch dann, wenn die Zwangsverwaltung vor Einleitung des Rechtsstreits, während des laufenden Prozesses oder nach Abschluss des Erkenntnisverfahrens aufgehoben worden ist.“

    Diese Entscheidung ist aber noch nicht veröffentlicht, oder? Auf der Seite des BGH finde ich das Verfahren noch unter "anhängige Beschwerden in Kostensachen", https://www.bundesgerichtshof.de/DE/Entscheidun…achen_node.html.

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