Rechtsprechungshinweise Zwangsvollstreckung

  • Durch die Vorlage eines vollstreckbaren Auszugs aus der Insolvenztabelle kann der Gläubiger den Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO führen, wenn sich daraus ergibt, dass eine solche Forderung zur Tabelle festgestellt und vom Schuldner nicht bestritten worden ist.

    BGH, Beschluss vom 4. September 2019 - VII ZB 91/17 -

    Vorinstanzen:
    AG Mayen, Entscheidung vom 04.09.2017 - 7b M 756/17 -
    LG Koblenz, Entscheidung vom 06.11.2017 - 2 T 723/17 -

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  • Die Entstehung einer Steuerschuld, welche der Schuldner begleichen möchte, ist in der Regel kein ausreichender Grund für die Erhöhung des unpfändbaren Betrages.

    BGH, Beschluss vom 19. September 2019 - IX ZB 2/18 -

    Vorinstanzen:
    AG Paderborn, Entscheidung vom 20.06.2017 - 2 IN 294/12 -
    LG Paderborn, Entscheidung vom 07.12.2017 - 5 T 218/17 -

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  • BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2019 - I ZB 60/18

    a) Ein nicht prozessfähiger Schuldner kann bei der Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 51 Abs. 3 ZPO auch durch einen Vorsorgebevollmächtigten vertreten werden.
    b) Ein Vorsorgebevollmächtigter ist anders als ein gerichtlich bestellter Betreuer nicht verpflichtet, für einen nicht prozessfähigen Schuldner die Vermögensauskunft und die eidesstattliche Versicherung abzugeben.

  • BGH, Beschluss vom 11. März 2020 - VII ZB 38/19

    Durch die Vorlage eines vollstreckbaren Auszugs aus der Insolvenztabelle kann der Gläubiger den Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO führen, wenn sich daraus ergibt, dass eine solche Forderung zur Tabelle festgestellt und vom Schuldner nicht bestritten worden ist (Anschluss an BGH, Beschluss vom 4. September2019 - VII ZB 91/17, NJW 2019, 3237).

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  • Pfändungsfreigrenze bei Unterhaltsansprüchen – Berücksichtigung von Alg II-Leistungen

    ZPO §§ 850 d, 850 e Nr. 2 a S. 1; SGB II § 42 IV 1

    Arbeitslosengeld II-Leistungen, die der Schuldner erhält, sind bei einer erweitertenPfändung (§ 850 d ZPO) von Arbeitseinkommen unbeschadet des sich aus § 42 IV 1 SGB II ergebenden Pfändungsschutzes im Sinne einer Minderung des Pfändungsfreibetrags gem. § 850 d I 2 ZPO zu berücksichtigen, sofern und soweit bei einer derartigen Berücksichtigung das sozialhilferechtliche Existenzminimum des Schuldners gesichert bleibt.

    BGH, Beschluss vom 15.1.2020 – VII ZB 5/19

  • Die wirksame Vollziehung einer Unterlassungsverfügung, die bereits mit einer Ordnungsmittelandrohung versehen ist, erfordert, dass der Schuldner Umfang und Inhalt des Verbotes zweifelsfrei ermitteln kann. Eine ohne Begründung versehene Beschlussverfügung, die auf Anlagen Bezug nimmt, wird daher nur dann wirksam vollzogen, wenn dem Schuldner neben dem Beschluss selbst auch die Anlagen zugestellt werden, die Aufschluss über Inhalt und Reichweite des Verbots geben.
    OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.04.2020, 6 W 34/20

  • 1) Die sofortige Beschwerde ist nur gegen durch Beschluss ergangene Entscheidungen des Rechtspflegers, nicht aber gegen verfahrensleitende Verfügungen zulässig (§§ 11 Abs. 1 RpflG, 764 Abs. 3 und 793 ZPO).

    2)Einem Antrag auf Feststellung, dass das Verlangen nach Vorlage einer Originalvollmacht rechtswidrig sei und den Gläubiger in seinen Rechten verletze, fehlt die Rechtsgrundlage.

  • Mit Eingang der "Corona-Soforthilfe" auf einem Konto wird sie zu Kontoguthaben. Die Freigabe der auf dem Konto eingegangenen "Corona-Soforthilfe" ist eine teilweise Aufhebung der Pfändung durch das zuständige Vollstreckungsorgan. Zur Sicherung etwaiger entgegenstehender Rechte des Gläubigers ist es durchweg geboten, die Wirksamkeit eines Freigabebeschlusses von seiner Rechtskraft abhängig zu machen.

  • Der Gl.-V. hat statt eines angeforderten beglaubigten HR-Auszuges lediglich einen Ausdruck von Veröffentlichungen aus dem HR, welche ausdrücklich ohne Gewähr bezeichnet wurden, als Belege für eine Namensänderung vorgelegt. Diese wurden wiederholt von ihm als "Handelsregisterauszüge" bezeichnet. Auch in II. Instanz war er damit unterlegen, der Antrag auf Erlass eines PfüB wurde kostenpflichtig abgelehnt. Eine zweifelsfreie Identifizierung ist damit nicht möglich (Beschluss vom 15.05.2020).

    ...bin wieder da!

    2 Mal editiert, zuletzt von Atlan (5. Juni 2020 um 16:34)

  • Der Anspruch des sich in einer Pflegeeinrichtung befindlichen Schuldners gegen den Träger der Pflegeeinrichtung auf Auszahlung des gegenwärtig auf einem "Taschengeldkonto" verwalteten Guthabens sowie die künftigen Ansprüche des Schuldners gegen den Träger der Pflegeeinrichtung auf Auszahlung der jeweils monatlich auf dem "Taschengeldkonto" eingehenden Geldbeträge sind gemäß § 851 Abs. 1 ZPO, § 399 1. Fall BGB jeweils bis zu der Höhe unpfändbar, die in § 27b Abs. 3 SGB XII für den angemessenen Barbetrag geregelt ist. Diese Vorschriften stehen einer Pfändbarkeit indes grundsätzlich nicht entgegen, soweit das jeweils vorhandene Guthaben den sich aus § 27b Abs. 3 SGB XII für einen Monat anzusetzenden Betrag übersteigt.

    BGH, Beschluss vom 30. April 2020 - VII ZB 82/17 -

    Vorinstanzen:
    AG Recklinghausen, Entscheidung vom 04.07.2017 - 39 M 1581/17 -
    LG Bochum, Entscheidung vom 28.09.2017 - I-7 T 240/17 -

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  • ZPO § 91, § 567 Abs. 2, § 574 Abs. 3 Satz 2, § 788 Abs. 1 Satz 1, § 802c, § 802l

    a) Die Ablehnung des Gerichtsvollziehers, Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 Abs. 1 ZPO mitzuvollstrecken, stellt eine Entscheidung über Kosten im Sinne des § 567 Abs. 2 ZPO dar.
    b) Die Kosten des gemeinsam mit dem Antrag auf Einholung der Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO gestellten Antrags auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO sind keine notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 Abs. 1 Satz 1, § 91 ZPO.

    BGH, Beschluss vom 5. März 2020 - I ZB 50/19 - LG Frankfurt am Main AG Frankfurt am Main

  • a) Im Verfahren der sofortigen Beschwerde gemäß §§ 567 ff. ZPO ist der vollbesetzte Spruchkörper außer in Fällen, in denen die Zuständigkeit des Einzelrichters zweifelhaft ist, nicht befugt, selbst über die Übertragung eines in die originäre Zuständigkeit des Einzelrichters fallenden Beschwerdeverfahrens zu entscheiden (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 16. September 2003 X ARZ 175/03, BGHZ 156, 147, 152 [juris Rn. 15]).

    b) Bei einer Räumungsvollstreckung müssen die Gläubiger eine Rechtsnachfolgeklausel gemäß § 750 Abs. 2, § 727 ZPO nur dann erwirken, wenn sich aus den Gesamtumständen klar und eindeutig ergibt, dass die Rechtsnachfolger des Schuldners tatsächlichen (Mit-)Besitz an den Räumen haben.

    c) Die Bestimmung des § 563a Abs. 1 BGB setzt voraus, dass zum Zeitpunkt des Todes eines Mieters ein gemeinsames Mietverhältnis im Sinne des § 563 BGB bestanden hat.

    d) "Besitz" im Sinne des § 885 ZPO meint den Besitz in Form des "Gewahrsams" gemäß § 886 ZPO, der seinerseits dem unmittelbaren Besitz nach § 854 Abs. 1 BGB entspricht.

    e) Der nicht tatsächlich ausgeübte, das heißt fiktive Erbenbesitz nach § 857 BGB begründet jedenfalls soweit und solange Gewahrsam eines Dritten besteht keinen Gewahrsam im Sinne einer tatsächlichen, nach außen erkennbaren Sachherrschaft.

    f) Für die Räumung gemäß § 885 ZPO genügt ein gegen einen von mehreren Mitmietern erwirkter Räumungstitel.

    g) Das Wegschaffen von Gegenständen nach § 885 Abs. 2 und 3 ZPO, die früher im (Mit-)Eigentum des Erblassers gestanden haben, stellt keine Vollstreckung in den Nachlass dar.

    BGH, Beschluss vom 30. April 2020 - I ZB 61/19 -

    Vorinstanzen:
    AG Alzey, Entscheidung vom 27.09.2018 - 8 M 1581/18 -
    LG Mainz, Entscheidung vom 11.03.2019 - 3 T 99/18 -

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  • BFH VII. Senat, Beschluss vom 09.07.2020, VII S 23/20 (AdV), vorgehend FG Münster, 08. Juni 2020, Az: 11 V 1541/20 AO

    Leistsätze:

    1. Bei der Corona-Soforthilfe handelt es sich aufgrund ihrer Zweckbindung um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. §; 399 Alternative 1 BGB regelmäßig nicht pfändbare Forderung.

    2. Eine Beschwerde gegen die Ablehnung der AdV durch das FG ist nicht statthaft, weil unmittelbar beim BFH ein Antrag auf AdV gestellt werden kann.

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  • AG Passau, Beschluss vom 07.05.2020 - 4 M 1551/20

    Die Corona-Soforthilfe ist eine zweckgebundene Leistung und damit unpfändbar - auch nach Eingang auf dem P-Konto. Die Zweckbindung muss sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ableiten, sondern kann sich auch aus der Natur des Rechtsverhältnisses ergeben. Unter diese Zweckbindung fallen auch die "Corona-Soforthilfen" des Bundes und der Länder.

  • BGH, Beschluss vom 2. Juli 2020 - VII ZA 3/19, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…711&Blank=1.pdf

    Die Überweisung einer gepfändeten Forderung zur Einziehung setzt als Hoheitsakt die öffentlich-rechtliche Beschlagnahme des Pfandgegenstandes (Verstrickung) voraus. Deshalb gehört eine wirksame Pfändung zum Tatbestand der Überweisung. Wirksam ist eine Pfändung, wenn sie nicht nichtig ist, das heißt unter einem besonders schweren und bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundigen Fehler leidet.

    Allein in der Nichtbeachtung von Pfändungsschutzvorschriften liegt kein besonders schwerer und offenkundiger Fehler der Pfändung einer Forderung (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - VII ZB 16/08, NJW-RR 2009, 211).

  • a) Eine einstweilige Verfügung, mit der dem Schuldner eines Besichtigungsanspruchs im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens aufgegeben wird, die Inaugenscheinnahme durch einen Sachverständigen und Eingriffe in die Substanz der untersuchten Sache zu dulden und zudem dem Sachverständigen sowie anderen Personen Zutritt zu seinen Geschäftsräumen zu gewähren, stellt ihrem Schwerpunkt nach eine Duldungsverfügung dar, die nach § 890 ZPO zu vollstrecken ist.

    b) Die Kosten der Hinzuziehung eines Gerichtsvollziehers zum Begutachtungstermin sind regelmäßig notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO) einer solchen Duldungsverfügung.

    c) Kosten, die durch die Teilnahme von anwaltlichen Vertretern des Gläubigers am Begutachtungstermin entstehen, sind keine Kosten der Zwangsvollstreckung einer solchen Duldungsverfügung. Sie sind als Kosten des Beweisverfahrens im Wege eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs oder im Rahmen der Kostenerstattung des nachfolgenden Hauptsacheprozesses geltend zu machen.

    BGH, Beschluss vom 9. Juli 2020 - I ZB 79/19 -

    Vorinstanzen:
    AG Ahrensburg, Entscheidung vom 25.01.2017 - 62 M 1407/16 -
    LG Lübeck, Entscheidung vom 18.07.2019 - 7 T 126/17 -

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  • Inkassodienstleister können bei Eigenvertretung keine Inkassokosten beanspruchen.

    Aus den Gründen:

    Die Gläubigerin kann keine Vertretungsgebühr vom Schuldner verlangen, wenn sie eine für sie selbst titulierte Forderung im eigenen Namen beitreibt.

    Gem. § 788 Abs. 1 ZPO sind notwendige Kosten von Beitreibungsmaßnahmen eines Gläubigers vom Schuldner zu tragen. Hierunter fallen auch die notwendigen Kosten, die durch die Beauftragung einer registrierten Person, die Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet der Inkassodienstleistungen erbringt, entstehen, §§ 4 Abs. 4 RDGEG, 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG. Rechtsdienstleistungen sind gem. § 2 Abs. 1RDG Tätigkeiten in konkret fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordern. Gem. § 2 Abs. 2RDG liegt darüber hinaus eine Rechtsdienstleistung vor bei der Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistungen). Die Geltendmachung einer für ein Inkassounternehmen titulierten Forderung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung stellt daher keine Inkassodienstleistung und somit auch keine Rechtsdienstleistung i.S.d. § 10 RDG dar. Der Schuldner hat daher keine Vertretungsgebühr des Inkassounternehmens zu tragen, wenn dieses eine für sich selbst titulierte Forderung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geltend macht.

    Diese Rechtsauffassung hat das Landgericht Hannover mit identischer Begründung im Beschluss vom 18.11.2020, -55 T 74/20- erneut bestätigt.

    Einmal editiert, zuletzt von Der Vollstrecker (1. Dezember 2020 um 12:22)

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