Rechtsprechungshinweise Zwangsvollstreckung

  • AG Hannover, Beschluss vom 21.08.20178 ,-711 M 115341/18-

    Aus den Gründen:

    Trotz der gerichtlichenZwischenverfügung vom 08.03.2018 wurde die Vollmacht von derInkassobevollmächtigten der Gläubigerin lediglich in einfacher Fotokopie zurAkte gereicht.

    Bei der Vertretung durchNichtanwälte, wozu auch das hier die Gläubigerin vertretende Inkassounternehmenzählt, ist das Vollstreckungsgericht nach § 88 Abs. 2 ZPO gehalten, dieordnungsgemäße Bevollmächtigung der Inkassobevollmächtigten der Gläubigerin zuüberprüfen. Diese Prüfung wäre wegen der Bedeutung der ordnungsgemäßenVertretung selbst bei entsprechender Erklärung des Gegners, der zuvor gemäß § 834ZPO im vorliegenden Fall aber nicht anzuhören ist, unverzichtbar (so auch BeckOKZPO/Piekenbrock 29. Edition § 88 Rn. 9).

    In Hinlick auf § 80 ZPO muss das Vollstreckungsgerichtdaher im Forderungspfändungsverfahren stets von Amts wegen die Vorlage einerVollmachtsurkunde verlangen, weil es die Überzeugung vom Bestand der Vollmachtauf andere Weise nicht ordnungsgemäß gewinnen und für das weitere Verfahrenaktenkundig machen kann (vgl. aaO Rn. 10; AG Hannover NJW 2010, 3313).

    Der Nachweis der ordnungsgemäßenBevollmächtigung hat im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit durch dieVorlage einer Originalurkunde, ersatzweise einer öffentlichen Beglaubigung zuerfolgen. Eine einfache Fotokopie der Vollmacht -wie im vorliegenden Fall- istnicht ausreichend (BGH NJW 2007, 772; BVerwG NVwZ 2011, 947; BGH NJW-RR 2002,933).

    In den Fällen des § 829a ZPO und/oder des §130a ZPO könnte die Vollmacht selbstverständlich auch als Datei mit elektronischerSignatur des Vollmachtgebers nach den §§ 126 Abs. 3 und 126a BGB übermitteltwerden (BeckOK ZPO/Piekenbrock 29. Edition § 80 Rn. 13; Saenger/Bendtsen ZPO 7.Aufl. § 80 Rn. 10; Musielak/Voit/Weth ZPO 15. Aufl. § 80 Rn. 14;Zöller/Althammer ZPO 32. Aufl. § 80 Rn. 8).

    Dieser Nachweisordnungsgemäßer Bevollmächtigung ist stets auch dann erforderlich, wenn ein Inkassounternehmenin einem Vollstreckungsbescheid als Verfahrensbevollmächtigte aufgeführt ist. Denn Vollstreckungsbescheidekönnen gemäß § 703 ZPO, der im Vollstreckungsverfahren gerade nicht analoganzuwenden ist, ohne diesen Nachweis erwirkt werden können (Bank JurBüro 1980,1620, AG Hannover, Beschluss vom 09.03.2012 -705 M 55127/12-veröffentlicht in juris; Musielak/Voit ZPO 15. Aufl. § 703 Rn. 3; MüKo/SchülerZPO 5. Aufl. § 703 Rn. 7; BeckOK ZPO/Dörndorfer 29. Edition § 703 Rn. 2).

    Es war daher -wie geschehen- mitder Kostenfolge des § 91 ZPO zu entscheiden.

  • a)
    Der unpfändbare notwendige Unterhalt des Schuldners im Sinne des § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO entspricht grundsätzlich dem notwendigen Lebensunterhalt im Sinne des 3. und 11. Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - VII ZB 111/09, NJW-RR 2011, 706).

    b)
    Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten konkret zu ermitteln. Dabei ist vorrangig das ortsübliche Mietpreisniveau, wie es sich aus einem qualifizierten Mietspiegel (§ 558d BGB), einem Mietspiegel (§ 558c BGB) oder unmittelbar aus einer Mietdatenbank (§ 558e BGB) ableiten lässt, heranzuziehen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 23. Juli 2009 - VII ZB 105/08, FamRZ 2009, 1747).

    In Fällen, in denen der Schuldner mit anderen Personen in einer Wohnung zusammenlebt und die von ihm aufgewendeten Kosten für Unterkunft und Heizung nicht nur seinen eigenen Wohnbedarf, sondern zugleich den Wohnbedarf dieser Personen decken, ist die Höhe des angemessenen Bedarfs des Schuldners für Unterkunft und Heizung fiktiv nach den Kosten zu ermitteln, die der Schuldner nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zur Deckung seines eigenen Wohnbedarfs aufwenden müsste.

    c)
    Das sozialrechtliche Kopfteilprinzip (BSG, NZM 2014, 681) ist im formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren im Rahmen des § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht anzuwenden.

    BGH, Beschluss vom 5. Juli 2018 - VII ZB 40/17 -

    Vorinstanzen:
    AG Eckernförde, Entscheidung vom 24.01.2017 - 10 M 1255/16 -
    LG Kiel, Entscheidung vom 28.04.2017 - 13 T 13/17 -

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  • LS
    1. Die Aufhebung eines gem. § 802g ZPO erlassenen HB kommt nicht bereits bei der Erbringung von Teilleistungen, sondern allenfalls bei der Bewirkung der vollständigen nach dem Vollstreckungstitel geschuldeten Leistung einschließlich der Kosten nach § 788 ZPO in Betracht.

    2. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger seinen Vollstreckungsauftrag auf einen Teilbetrag der titulierten Forderung beschränkt hat und der Schuldner diesen Teilbetrag zur Abwendung der konkreten Vollstreckungsmaßnahme bezahlt.

    BGH, Beschl. v. 29.03.2018 - I ZB 54/17

    openJur 2018, 201 = juris

  • 1.
    Der Gläubiger ist nur vom Formularzwang gemäß §§ 1, 5 GVFV entbunden, soweit das Formular unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2015 - VII ZB 22/15 Rn. 12, NJW 2016, 81; Beschluss vom 13. Februar 2014 ­ VII ZB 39/13 Rn. 36, BGHZ 200, 145).

    2.
    Für (sonstige) Hinweise, die die beabsichtigte Zwangsvollstreckung betreffen, ist das Modul P 8 des Formulars vorgesehen. Nicht titulierte Forderungen und Hinweise auf nicht titulierte Forderungen betreffen nicht die Zwangsvollstreckung und dürfen deshalb nicht in das Formular aufgenommen werden.

    BGH, Beschluss vom 26. September 2018 - VII ZB 56/16

  • AG Hannover, Beschluss vom 21.11.2018, -703 M 36237/18-

    wird derVollstreckungsschutzantrag der Schuldner vom 15.11.2018 als unzulässigverworfen und zurückgewiesen.

    Die Kosten dieses Verfahrenstragen die Schuldner als Gesamtschuldner nach einem Wert von 9.613,08 €.

    Gründe:

    Der Antrag vom 15.11.2018 richtetsich gegen den für heute, den 21.11.2018um 8.30 h, anberaumten Räumungstermin.
    Der Antrag, der alsVollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO auszulegen ist, ging erst heute um7:10 beim der zuständigen Geschäftsstelle des Vollstreckungsgerichts ein, sodass leider nicht schneller entschieden werden konnte.

    Der Antrag ist zwingend ohneweitere Prüfung des Vorbringens der Schuldner als unzulässig im Sinne des §765a Abs. 3 ZPO zu verwerfen und zurückzuweisen, da er verspätet gestellt wurde(vgl. auch LG Hannover Beschluss vom 05. 03. 2007 –8 T 5/07- und Beschluss vom28. 02. 2007 –8 T 4/07-). Da die Anwendung des § 765a Abs. 3 ZPO zwingend ist,kommt dem Vollstreckungsgericht insoweit also auch grundsätzlich keine„Ermessensentscheidung“ zu.Es ist bei objektiverBetrachtungsweise nämlich auch weiterhin nicht ersichtlich, dass die Gründe,auf die sich die Schuldner hier berufen, innerhalb der Frist entstanden sindoder aber dass die Schuldner ohne eigenes Verschulden die Frist versäumt hat,auf (angebliche) Unkenntnis kann sich dabei nicht berufen werden.  Etwas anderes rechtfertigenauch nicht die von den Schuldnern geltend gemachten Erkrankungen. DasVollstreckungsgericht folgt insoweit der zutreffenden Ansicht von Dr. BernhardUlrici (vgl. BeckOK ZPO/Ulrici 30. Edition Stand 15.09.2018 § 765a Rn. 6.3), wonach es selbst bei lebensbedrohendenErkrankungen der Schuldner abzulehnen ist, den Schuldnern bei selbstverschuldeten Fristversäumnis trotz des § 765a Abs. 3 ZPO Vollstreckungsschutzzu gewähren. Vielmehr fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage, den Schuldnerndann Vollstreckungsschutz zu gewähren. Der Staat hat nach richtiger Ansicht inderartigen Fällen den von Verfassungs wegen gebotenen Schutz mit denInstrumenten des öffentlichen Rechts (Sozial- und Gefahrenabwehrrecht, zBEinweisungsverfügung) zu gewährleisten (vgl. auch BGH NJW-RR 2016, 583 Rn. 17:Verweis auf den Sozialstaat).
     Die Nebenentscheidungen folgenaus § 788 Abs. 1 ZPO und § 25 Abs. 1 Nr. 2 RVG i.V.m. § 41 Abs. 2 Satz 1, 2 GKG(Jahreswert ausgehend von einer Monatsmiete von 801,09 €).


    .

  • Der Antrag auf Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses muss den Gegenstand der geltend gemachten Kostenpositionen in hinreichend bestimmter Form bezeichnen. Erforderlich sind eine genaue Bezeichnung des zugrunde liegenden Rechtsstreits oder Vollstreckungstitels sowie die nachvollziehbare Angabe von Grund und Höhe der einzelnen Positionen. Wird die Festsetzung von Rechtsanwaltskosten begehrt, so muss die nach § 10 Abs. 2 RVG vorzunehmende Kostenberechnung aus sich heraus verständlich sein; die Bezugnahme auf Vollstreckungsunterlagen genügt hierfür nicht.

    BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - I ZB 16/18 -

    Vorinstanzen:
    AG Passau, Entscheidung vom 05.02.2018 - 4 M 357/18 -
    LG Passau, Entscheidung vom 19.02.2018 - 2 T 36/18 -

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  • a) Der Antrag des Gläubigers auf Einholung von Drittauskünften gemäß § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 802l ZPO ist eine besondere Angelegenheit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG, für die dem Rechtsanwalt eine 0,3Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 VV RVG zusteht.

    b) Die Vorschrift des § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG ist auf Verfahren zur Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO nicht analog anwendbar.

    BGH, Beschluss vom 20. September 2018 - I ZB 120/17 -

    Vorinstanzen:
    AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 16.05.2017 - 33 M 4319/17 -
    LG Berlin, Entscheidung vom 18.09.2017 - 51 T 401/17 -

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  • Nachzahlungsbeträge der Deutschen Rentenversicherung



    für zurückliegende Zeiträume, die über das besonders geschützte

    Existenzminimum hinausgehen, sind bei der Bemessung des pfändungsfreien Betrages gem. § 850k Abs. 4ZPO
    nicht den Leistungszeiträumen zuzurechnen, für die sie
    gezahlt werden, sondern unterliegen der Pfändung (Abgrenzung BGH, Beschl. v. 24. 1. 2018 – VII ZB 21/17)

    Beschluss des LG Lüneburg vom 4. 9. 2018 – 5 T 81/18


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  • BGH, Beschluss vom 2. Mai 2019 - IX ZB 67/18

    Ist ein Kostenfestsetzungsbeschluss erwirkt worden und erfolgt danach die Anzeige der Masseunzulänglichkeit, ist jedenfalls ein Beschluss, auf dem im Wege der Zwangsvollstreckung noch kein Sicherungsrecht erwirkt wurde, auf eine sofortige Beschwerde aufzuheben.

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  • LG Hannover, Beschluss vom 13.05.2019 -55 T 2/19-

    Das Verwaltungsgericht ist gemäß § 167 Abs. 1 Satz 2 VwGO das sachlich zuständige Vollstreckungsgericht, wenn Grundlage der Forderungspfändung ein Vergütungsfestsetzungsbeschluss nach § 11 RVG des Verwaltungsgerichts ist. Es kann daher vom Amtsgericht als Vollstreckungsgericht im Wege der Rechtswegeentscheidung an das Verwaltungsgericht abgegeben werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Der Vollstrecker (13. Juni 2019 um 15:30) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • ZPO § 835 Abs. 1, § 857 Abs. 5, § 859 Abs. 2; BGB § 2033 Abs. 1 S. 1, § 2042

    Die Pfändung und Überweisung des Anteils eines Miterben am Nachlass berechtigt
    den Vollstreckungsgläubiger nicht dazu, den Erbanteil freihändig zu veräußern.
    Hierzu bedarf es vielmehr eines gesonderten Beschlusses des
    Vollstreckungsgerichts.

    BGH, Beschluss vom 7.2.2019 – V ZB 89/18


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  • Der urkundliche Nachweis der Rechtsnachfolge aufgrund Abtretung bei der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung für den Rechtsnachfolger gemäß § 727 Abs. 1 ZPO erfordert nicht notwendig die Vorlage einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde, die die Abtretung selbst enthält. Es kann als Nachweis ausreichen, wenn eine öffentlich beglaubigte Abtretungsbestätigung seitens des Zedenten und des Zessionars vorgelegt wird, in der hinreichend konkret auf die zuvor erfolgte Abtretung Bezug genommen und diese bestätigt wird.
    BGH, Beschluss vom 22. Mai 2019 - VII ZB 87/17 LINK: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…524&Blank=1.pdf

  • Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Drittschuldnerprozesses

    ZPO § 788 Abs. 1, § 840 Abs. 1

    Die Festsetzungsfähigkeit der durch den Drittschuldnerprozess angefallenen Kosten erfordert keinen Nachweis des Gläubigers über einen erfolglosen Vollstreckungsversuch gegenüber dem Drittschuldner (Klarstellung zu BGH, Beschl. v. 14.1.2010 – VII ZB 79/09, NJW 2010, 1674; Beschl. v. 20.12.2005 – VII ZB 57/05, NJW 2006, 1141).

     BGH, Beschluss vom 3.4.2019 – VII ZB 58/18

  • BGH, Beschluss vom 4. Juli 2019 - I ZB 71/18

    ZPO § 753 Abs. 1 und 3 Satz 1, § 755; GVFV § 1
    Die Aufenthaltsermittlung gemäß Modul L der Anlage zur Gerichtsvollzieherformular-Verordnungstellt keine selbständige Maßnahme der Zwangsvollstreckung,sondern lediglich eine den Gerichtsvollzieher bei den ihm zugewiesenenVollstreckungsmaßnahmen unterstützende Hilfsbefugnis dar (im Anschluss anBGH, Beschluss vom 21. Juni 2017 - VII ZB 5/14, NJW-RR 2017, 960 Rn. 7mwN). Nach ihrer Vornahme endet der dem Gerichtsvollzieher erteilte Vollstreckungsauftragdaher nicht schon durch die Rückgabe der Vollstreckungsunterlagenan den Gläubiger.

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