Wiederverheiratungsklausel im Testament, Erbschein aufgrund Erbvertrag

  • Notarielles Testament; eröffnet aufgrund Erbfall vom 07.10.2008:

    Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein.
    Der überlebende ... soll frei verfügen ...
    Erbe des Überlebenden sind Kinder a+b (namentlich genannt).
    Sollte eines der Kinder das Testament anfechten oder den Pflichtteil geltend machen, erhält es ... nach beiden nur den Pflichtteil.

    Für den Fall der Wiederheirat des Überlebenden von uns bestimmen wir, dass gesetzliche Erbfolge Anwendung finden soll.


    Es kommt ein notarieller Erbscheinsantrag am 10.05.2010 (offenbar zur Grundbuchberichtigung):

    Ehefrau Alleinerbin.


    Ich habe bemängelt, dass für den Fall der Wiederverheiratung eine andere Erbeinsetzung gilt.

    Daraufhin wird mir ein Erbvertrag zwischen Ehefrau und Kindern a+b von Mai 2010 nachgereicht, worin man erläutert, warum die Mutter Alleinerbin sein soll und dass auf Geltenmachung von Pflichtteilsansprüchen verzichtet wird.

    Da jedoch m.E. auch Ersatznacherben beteiligt sein können, frage ich mich, ob ein derartiger Erbvertrag überhaupt -und auch schon nach dem ersten Erbfall- Bedeutung erlangt.

    BITTE CROMWELL, WIEDER HILFE WIE IMMER!!!! DANKE :oops:

  • Meines Erachtens ist die Ehefrau gemäß dem gemeinschaftlichen Testament auflösend bedingte Vollerbin, so dass ein Erbschein mit diesem Inhalt zu erteilen ist mit der Maßgabe, dass die Alleinerbschaft auflösend bedingt ist durch die Wiederverheiratung.

    Die Wiederverheiratungsklausel hat doch nicht schon Folgen für den Zeitpunkt des Todes des Erstversterbenden, sondern erst für den Fall der Wiederverheiratung des Überlebenden.

  • Stimme zu (solange die Ehefrau noch nicht wieder geheiratet hat) ... auflösendbedingte Alleinerbin, Bedingung: Wiederheirat.
    Die Sache mit dem Pflichtteil hat schließlich nix mit dem Erbschein zu tun.

  • Dass es sich im vorliegenden Fall um die Anordnung einer bedingten Nacherbfolge für den Fall der Wiederverheiratung handelt, steht aufgrund der vorliegenden eindeutigen testamentarischen Anordnung nicht in Zweifel. Allerdings ist die Nacherbfolge unter Zugrundelegung der derzeitigen Verwandtschaftsverhältnisse nur für einen Hälfteerbteil der Erbschaft angeordnet, weil der überlebenden Ehefrau ihr gesetzlicher Erbteil auch im Fall der Wiederverheiratung verbleiben soll (deswegen meine Frage nach dem Güterstand). Damit ist die Ehefrau für einen Hälfteerbteil Vollerbin und nur für den anderen Hälfteerbteil Vorerbin. Diese Konstruktion ist zulässig (Palandt/Edenhofer § 2100 Rn.4). Bei der Wiederverheiratungsklausel ist aber in der Regel anzunehmen, dass der Vorerbe befreit ist (Palandt/Edenhofer § 2136 Rn.8 und § 2269 Rn.18 m.w.N.; vgl. auch den Testamentsinhalt: „Der Überlebende soll frei verfügen“).

    Ob die Geltendmachung des Pflichtteils eine (im Erbschein zu vermerkende) echte auflösende Bedingung für die bedingte Nacherbfolgenanordnung (genauer: für die Nacherbenberufung eines jeden Kindes) darstellt, hängt davon ab, ob man § 2306 Abs.2 BGB auch auf den Fall der Anordnung einer lediglich bedingten Nacherbfolge für anwendbar hält. Wenn ja: bloße Rechtsbedingung wegen § 2306 Abs.1 BGB, weil der Pflichtteil ohnehin erst nach Ausschlagung der Nacherbschaft geltend gemacht werden kann. Wenn nein: echte Bedingung, weil der Pflichtteilsanspruch auch ohne vorherige Ausschlagung der Nacherbschaft besteht. Zu dieser Streitfrage vgl. ausführlich Staudinger/Haas § 2306 Rn.18 - 22a.

    Der Kreis der Nacherben erscheint fraglich. Zum einen könnte man A und B und ersatzweise jeweils deren Abkömmlinge als Nacherben ansehen (vgl. § 2069 BGB). Da aber auf die „gesetzliche Erbfolge“ abgestellt ist, ließe sich in Anlehnung an die ähnliche Regelung des § 2104 BGB auch vertreten, dass es sich hierbei um die (fiktive) gesetzliche Erbfolge im Zeitpunkt der Wiederverheiratung handelt, weil jemand, der zwar den Erbfall, aber nicht den Nacherbfall erlebt, aus naheliegenden Gründen nicht mehr „gesetzlicher Erbe“ des Erblassers werden kann. Damit hätten wir aber den Fall (insgesamt) unbekannter Nacherben i.S. des § 1913 BGB. Ich bin jedoch der Ansicht, dass hier trotz dieser Erwägungen von einer persönlichen Nacherbenberufung der Kinder (und ersatzweise der Enkel) auszugehen ist, die sich nach dem Willen des Erblassers nur aus der gesetzlichen Erbfolge im Zeitpunkt des bereits eingetretenen Erbfalls ableitet, zumal der Eintritt der „gesetzlichen Erbfolge“ auch durch die dem Stammensprinzip entsprechende Nacherbenbestimmung (A und B, ersatzweise jeweils deren Abkömmlinge) gewährleistet ist.

    Ist demnach geklärt, welchen Inhalt das vorliegende Testament hat, so stellt sich nur noch die Frage, ob sich daran nach dem Eintritt des Erbfalls noch etwas in dem Sinne ändern lässt, dass die bedingte Nacherbfolge in Wegfall kommt und die Vorerbin dadurch insgesamt zur Vollerbin wird. Am „bequemsten“ wäre insoweit ein seit 01.01.2010 auch für die Abkömmlinge wirkender Zuwendungsverzicht der Nacherben nach §§ 2352, 2349 BGB. Ein solcher Verzicht ist jedoch nicht möglich, da er mit dem Erblasser zu vereinbaren wäre und Erblasser bei angeordneter Nacherbfolge der bereits verstorbene Ehemann und nicht die überlebende Ehefrau ist. Damit verbleibt nur noch die Ausschlagung der Nacherbschaft durch alle Nacherben und Ersatznacherben oder die Übertragung der Nacherbenanwartschaftsrechte aller Nacherben und Ersatznacherben auf die Vorerbin. Beides dürfte wenig realistisch sein, weil hier auch die Ersatznacherben ins Spiel kommen, bei denen es sich nicht nur um die Kinder der Nacherben, sondern auch um Enkel der Nacherben handeln kann. Das Ganze würde noch zusätzlich verkompliziert, wenn man die Nacherben entgegen der von mir bevorzugten Auslegung insgesamt als unbekannt i.S. des § 1913 BGB ansieht (vgl. oben), weil eine Erbausschlagung oder Anwartschaftsrechtsübertragung dann nur durch einen nach § 1913 BGB zu bestellenden Pfleger samt betreuungsgerichtlicher Genehmigung erfolgen könnte, was aus naheliegenden Gründen von vorneherein ausscheidet.

    Die Beteiligten werden sich daher im Ergebnis damit trösten müssen, dass die für den Fall der Wiederverheiratung der überlebenden Ehefrau angeordnete bedingte Nacherbfolge zwar besteht, die Vorerbin aber befreit ist (Nacherben: A und B zu gleichen Anteilen, ersatzweise jeweils deren Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge).

  • Ich würde mich mal hier anhängen mit dem Problem Wiederverheiratungsklausel, 2. Erbfall:
    TES lautet:
    1. Gegegenseitige Erbeinsetzung, Schlusserben sind Sohn J und seine Ehefrau D.
    2. Ersatzerben sind die Abkömmlinge von J und D.
    3. Sollte der Überlebende wieder heiraten, so fällt der Nachlass sofort an J und D.

    Nach 1. Erbfall wurde 2001 ein ES mit Wiederverheiratungsklausel, Benennung der Nacherben und der Ersatznacherben erteilt und im Grundbuch eingetragen.

    Nach dem 2. Erbfall wurde ein Erbschein nach dem überlebenden Ehegatten für die Schlusserben J und D beantragt und erteilt.

    2. Monate später kommt der nächste Antrag auf Einziehung des ES aus 2001 und Neuerteilung in der Weise, dass die überlebende Ehefrau als alleinige unbeschränkte Vollerbin ausgewiesen wird, da sie nicht mehr geheiratet habe.
    Dieser Antrag erfolgte nach einer Zwischenverfügung des GBA, welche sagt: der ES für die Vorerbin sei unrichtig geworden und einzuziehen und ein neuer Erbschein zu erteilen, der das Erbrecht des Nacherben ausweist (Schöner/Stöber 14. Aufl. Rn 3525 a)

    Die Überschrift im Schöner/Stöber dazu lautet: 5. Nacherbenvermerk nach Eintritt der Nacherbfolge.
    Die ist aber hier nie eingetreten.
    Ich hab jetzt ein Problem damit hierzu einen neuen Erbschein zu erteilen, der Sinn erschließt sich mir nicht.
    Kann das GBA nicht nach § 84 GBO den Nacherbenvermerk löschen?
    Die Unrichtigkeit ist doch über eine Personenstandsurkunde, der Sterbeurkunde des überlebenden Ehegatten nachzuweisen. Da steht eindeutig, verwitwt und der Name des Ehemannes. Daraus und aus der ebenfalls vorliegenden Eheurkunde, ausgestellt nach dem Tod des 1. Ehegatten ist eindeutig ersichtlich, dass der überlebende Ehegatte nie wieder geheiratet hat. Einsicht in die Nachlassakten im Hause hätte genügt um das zu sehen.
    Kann das GBA den Erbschein wirklich verlangen?

  • Meines Erachtens ja. Auf den Tod des Erstversterbenden war der überlebende Ehegatte auflösend bedingter Alleinerbe (Bedingung: Wiederverheiratung). Die Nacherbfolge war aufschiebend bedingt angeordnet (Bedingung: Wiederverheiratung).

    Nunmehr (nach dem Tod des überlebenden Ehegatten) steht fest, dass die auflösende Bedingung der Alleinerbfolge (Wiederverheiratung) nicht eingetreten ist und damit auch die aufschiebende Bedingung der angeordneten Nacherfolge (Wiederverheiratung) nicht mehr eintreten kann. Aus der Sicht heute ist der erteilte Erbschein unrichtig. Es muss ein neuer Erbschein erteilt werden, wonach (aus heutiger Sicht) der überlebende Ehegatte Alleinerbe geworden ist. Der falsche Erbschein ist einzuziehen. Darauf, ob das Grundbuchamt den Nacherbenvermerk (mit oder ohne Einziehung des Erbscheins) kommt es -aus der Sicht des Nachlassgerichts- nicht an.

  • :gruebel:Hmmm
    Im Erbschein von 2001 steht wörtlich:

    Ehemann, Daten... ist beerbt worden von seiner Ehefrau, Daten...

    allein.


    Nacherbfolge ist angeordnet im Fall der Wiederheirat der Ehefrau.

    und dann kommen die Nacherben, bzw. Ersatznacherben.


    Da steht ja im Prinzip schon, dass er von seiner Frau allein beerbt wird und nur für den Fall das..., dann Klausel.


    Wenn sonst eine ES mit Klausel, beispielsweise auf den Todesfall erteilt wird steht es etwas anders. Befreite/nichtbefreite VE des am... verst. Ehemann ist seine Frau.... Nacherbfall tritt ein mit...., Nacherben sind....etc.

    Ich würde diesem kleinen, feinen Unterschied entnehmen wollen, dass der Richter in 2001 eben sagen wollte: Die Ehefrau ist die Alleinerbin, unbeschränkt und nur dann, wenn.
    Dass der NE Fall mit der Todesklausel eintritt ist ziemlich sicher, daher anders formuliert.

  • Es geht einfach darum, dass der Wegfall der im Erbschein ausgewiesenen bedingten Nacherbfolge ebenfalls nach Maßgabe des § 35 GBO nachzuweisen ist. Im Ergebnis kann dies aber dahinstehen, da der Erbschein so oder so eingezogen werden muss, denn er ist unrichtig, wenn die Nacherbfolge eingetreten ist und er ist auch unrichtig, wenn sie nicht eingetreten ist, weil der Erbschein die Ehefrau nicht als Vollerbin ausweist.

    Man kann allerdings darüber diskutieren, ob man sich mit dem nachlassgerichtlichen Einziehungsbeschluss zufrieden gibt, falls er eine entsprechende Begründung enthält. Die Rechtslage ist insoweit mit der Frage vergleichbar, ob der Wegfall einer im Erbschein erwähnten TV zwingend durch einen neuen Erbschein ohne TV-Vermerk nachzuweisen ist.


  • Man kann allerdings darüber diskutieren, ob man sich mit dem nachlassgerichtlichen Einziehungsbeschluss zufrieden gibt, falls er eine entsprechende Begründung enthält. Die Rechtslage ist insoweit mit der Frage vergleichbar, ob der Wegfall einer im Erbschein erwähnten TV zwingend durch einen neuen Erbschein ohne TV-Vermerk nachzuweisen ist.

    Das NG hat keinen Grund, im Einziehungsbeschluss Stellung zu nehmen, was jetzt eingetreten ist, insbesondere ohne Antrag auf "neuen" Erbschein zu prüfen, ob der Überlebende sich wiederverheiratet hat. Wenn man keinen neuen Erbschein für erforderlich hält, dann müssen die Erben eben eine eid. Versicherung zur Niederschrift eines Notars abgeben, dass sich der Überlebende nicht wiederverheiratet hat. Da es sich aber um ein privatschriftliches Testament handeln muss (sonst hätte man für die erste GB-Berichtigung keinen Erbschein benötigt), halte ich diesen Weg für nicht gangbar. Es ist nicht mit dem Wegfall einer TV zu vergleichen, da hier zwei Érbfälle vorliegen und für beide das Erbrecht in der Form des § 35 GBO nachgewiesen werden muss.

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