....es wird immer doller (Einstellung nach § 775 Nr. 4 ZPO)...

  • Ein Kollege hat folgenden Antrag eines Gläubigervertreters(!) auf dem Tisch:
    Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 775 Nr. 4 ZPO bzgl. eines Konto-Pfüb, weil mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen wurde und die Drittschuldnerin/Bank eine Ruhendstellung nicht (mehr) akzeptiert.
    Es wird also immer verrückter. Erst pfänden wir auf seinen (Gläubiger) Antrag, dann sollen wir die Vollstreckung auf seinen Antrag einstellen. Geht´s noch?
    (Mal ganz abgesehen davon, dass eine Einstellung nix bringt, da sie nur verhindert, dass pfändbare Beträge abgeführt werden).

  • Und wo liegt jetzt dein Lösungsvorschlag für das Dilemma das Gläubigers? Der hat nämlich das Problem, dass er den Pfändungsrang verliert, wenn er jetzt verzichtet. Wenn der Schuldner seinen Ratenzahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, fängt der Gläubiger von vorn an.

    Es ist leicht, dem Gläubiger hier einen Vorwurf zu machen, aber keinen Vorschlag zu unterbreiten, was er denn richtigerweise tun sollte.

  • Da kann einem auch nichts einfallen, wenn sich die Banken mittlerweile zunehmend derartig bockig stellen, was Ruhendstellung von Kontopfändungen angeht. Schuld für diese Misere tragen, ich muss es halt leider so feststellen, die Banken. Dabei wäre das Problem per Software völlig problemlos zu lösen: Es gibt ein zusätzliches Feld "Ruhend" und wenn bzw. solange dieses mit einem "ja" hinterlegt ist, kann der Schuldner unbeschränkt verfügen, so als ob das Konto nicht gepfändet wäre, ohne dass der Gläubiger seinen Rang verliert. Völlig problemlos alles, und dennoch bocken die Banken.

    Sie aktzeptieren halt nur eine Aufhebung der Pfändung oder ein vollständiges Bestehenbleiben, dazwischen nichts, und das völlig egal, ob die Ruhendstellung auf Grund einer Erklärung des Gläubigers erfolgt oder etwa das Gericht eine entsprechende Entscheidung mit diesem Wortlaut verfassen würde. Daran kann das Gericht halt auch nichts ändern.

    Die Variante nach § 775 (Einstellung) bringt natürlich, wie schon festgestellt, gar nichts, weil mit einer solchen Entscheidung auch keine Auszahlung an den Schuldner möglich ist.

    Es gibt ganz einfach keine Lösung bezüglich des "Ruhens" der Pfändung, wenn sich die Banken - überhaupt nicht nachvollziehbar (denn ein Mehraufwand wäre es ja praktisch bei entsprechender Software überhaupt nicht) - so quer stellen.

    Einige Banken halten die Ruhendstellung für unzulässig etc, bzw. akzeptieren das nicht. Die Möglichkeit nach § 775 Nr. 4 ZPO zu verfahren besteht, das Pfandrecht bleibt bestehen und Forsetzungsmöglichkeit für den Gläubiger besteht. M.E. spricht nichts gegen § 775 Nr. 4 ZPO



    Natürlich spricht zwar nichts dagegen, nur hat der Schuldner überhaupt nichts davon, weil er weiter kein Geld bekommen wird. Und nur darauf kommt es ihm an.

  • Die Banken berufen sich auch nur auf´s Gesetz, in welchem derartige (aufwändige) Kulanzhandlungen nicht vorgesehen sind. Ich kann die Banken durchaus verstehen: Da drückt man so nebenbei sowas zeitintensives wie das P-Konto auf´s Auge.

    Dann wird halt woanders mit der Kulanz gespart. Ein Vorwurf ist da fehl am Platze, auch Banken müssen wirtschaftlich denken und handeln. Und immer alles aus Nettigkeit zu machen, ist halt nicht wirtschaftlich, sondern ehrenamtlich und sozial.

  • Die Banken berufen sich auch nur auf´s Gesetz, in welchem derartige (aufwändige) Kulanzhandlungen nicht vorgesehen sind. Ich kann die Banken durchaus verstehen: Da drückt man so nebenbei sowas zeitintensives wie das P-Konto auf´s Auge.

    Dann wird halt woanders mit der Kulanz gespart. Ein Vorwurf ist da fehl am Platze, auch Banken müssen wirtschaftlich denken und handeln. Und immer alles aus Nettigkeit zu machen, ist halt nicht wirtschaftlich, sondern ehrenamtlich und sozial.



    Nun aber mal realistisch: Ein Kreuz in ein Datenbankfeld "Ruhend" setzen, welches die Software dann automatisch auswertet: Das soll "derartig aufwändig" sein, Entschuldigiung, darüber muss ich schon ein wenig lachen. Da ist alles andere viel aufwändiger, wenn nämlich die Schuldner an den Bankschaltern irgendwelche Unterlagen zur Sichtung vorlegen müssen etc.
    Also bitte mal die Kirche im Dorf lassen, das ist reine Bockigkeit der Banken, der man keinerlei Verständnis entgegen bringen kann. Was ist denn die Folge ihrer Bockigkeit: Nehmen wir mal an, um aus dem Dilemma herauszukommen, gäbe es die Möglichkeit einer gerichtlichen Entscheidung - dann hätte man Schuldner und Gericht nur unnötige Mehrarbeit gebracht, selber aber gar nichts eingespart, da man dann statt des bisherigen Schreibens der Gläubiger hinsichtlich Ruhendstellung die Gerichtsentscheidung lesen und irgendwie verarbeiten müsste. :eek:

  • Ruhendstellungen sind für die Bank nicht immer nur mit einem einfachen Häkchen in der Software verbunden. Wenn eine neue Pfändung reinkommt, muss geprüft werden, ob schon eine andere vorliegt, das Häkchen muss wieder raus, die Pfändung lebt - aus Sicherheitsgründen für die Bank - wieder auf.

    Auch eine Bank hat Haftungsrechte zu beachten. Du machst auch nicht einfach so ein Häkchen irgendwo aus Kulanzgründen in deine Software, sondern schaust, ob das rechtlich korrekt ist.

    Wenn es eine gerichtliche Entscheidungsmöglichkeit gäbe, würden die Banken das hinnehmen und akzeptieren. Dann wären sie haftungsrechtlich auch abgesichert. So tragen sie das volle Risiko.

  • Im Falle einer Pfändungsaufhebung durch das Vollstreckungsgericht wg. einer Ratenzahlungsvereinbarung könnte es ggf. zu Amtshaftungsansprüchen kommen. Da besteht ggf. Handlungsbedarf beim Gesetzgeber:gruebel:


  • Nun aber mal realistisch: Ein Kreuz in ein Datenbankfeld "Ruhend" setzen, welches die Software dann automatisch auswertet: Das soll "derartig aufwändig" sein, ..



    Es hat die Banken im Übrigen schon Geld gekostet, dieses Kunlanz-Datenfeld im Programm installieren zu lassen. Das hätte es gar nicht geben müssen. Nun wollen sie es halt nicht mehr. Müssen sie auch nicht. Vielleicht lassen sie sich die Software-Aktualisierung demnächst etwas kosten, um das Feld wieder loszuwerden. Dann geht´s auch aus Kulanzgründen nicht mehr.

  • Mit einem "Haken versehen" war natürlich so gemeint, dass dies pro Gläubiger/Pfändung so erfolgt. Und das kann ein Computer problemlos auswerten.

    Beispiel:
    Gläubiger A: Häkchen gesetzt
    Danach kommt Gläubiger B: noch kein Häkchen

    Dann gibt es eben nichts an den Schuldner, nur wenn zu allen Gläubigern das Feld mit einem Häkchen belegt ist.
    Jedenfalls muss es problemlos möglich sein, auszuzahlen, wenn zu allen Gläubigern ein Häkchen vorhanden ist (das streben die Schuldner dann ja auch meist an).

    Es gibt wesentlich schwierigeres, als dieses so hochdiskutierte Problem zu klären.
    Naja, kann mir ja auch egal sind, wir als Vollstreckungsgericht können damit ja auch nicht noch zusätzlich belastet werden, da es nunmal keine gesetzliche Möglichkeit für eine Ruhendstellung gibt. Sollen doch die Schuldner ein P-Konto einrichten, dann können sie wenigstens schon mal ohne großen Aufwand über 985 € und Kindergeld verfügen, da ist den meisten bei mir schon geholfen. Oder sie heben eben alles ab, wenn sie ein normales Konto haben und nur Sozialleistungen empfangen. Bestimmte Unannehmlichkeiten, die durch das trotzdem noch gepfändete Konto entstehen, müssen sie eben hinnehmen, ist halt ihr Problem.
    Ich würde es jedenfalls als einfacher empfinden (auch für die Bank), mit einem Konto, wo die Pfändungen ruhend gestellt wurden, umzugehen, als diese gesamten Überwachungen, gerichtlichen Entscheidungen, Nachweise des Schuldners usw. in Kauf zu nehmen - ist für meine Begriffe viel aufwändiger, insbesondere mit viel mehr Personalaufwand verbunden. Manchmal schlägt eben Bockigkeit ins Gegenteil um, schon mancher ist in die eigene Grube gefallen, die er selbst gegraben hat.

    Die Banken mögen sich doch beim Gesetzgeber beschweren, der das Gesetz nicht nur an einzelnen Stellen, sondern grundlegend überarbeiten sollte.


  • Die Banken mögen sich doch beim Gesetzgeber beschweren, der das Gesetz nicht nur an einzelnen Stellen, sondern grundlegend überarbeiten sollte.



    Weshalb sollten sich die Banken beschweren? Sie machen die Ruhendstellung einfach nicht mehr und schon liegt das Problem beim Gläubiger und beim Schuldner, die sich gern einigen würden, aber nicht können. Weil der eine ggfls. seinen Rang verliert, der andere aber nicht an sein Konto kommt.

  • Das stimmt allerdings: Das Hauptproblem liegt nunmehr bei Schuldner und Gläubiger. Der Schuldner bekommt sein Konto nicht frei. Der Gläubiger wird in Zukunft deutlich weniger Ratenzahlungsvereinbarungen abschließen, weil es keine Motivation für den Schuldner mehr dafür gibt. Bisher hat er ja häufig sich zu Ratenzahlungen verpflichtet, selbst wenn er nur unpfändbares Einkommen hatte. Dies wird nun - bis auf Einzelfälle - mangels Motivation der Vergangenheit angehören. Vielleicht können ja die Gläubiger, die ja auch ihre "Vertreter" in den Gesetzgebungskremien sitzen haben, eine Änderung auf den Weg bringen. Ich persönlich bin jedenfalls weder Gläubiger noch Schuldner.

    @ Andy.K: Geht doch nicht. Du weißt doch, was ein CR kostet. Dazu ein geändertes Rollen- und Berechtigungskonzept. :D



    Du weißt ja tatsächlich wovon du sprichst. Wohl dem, der noch über eigene EDV-Fachleute verfügt, der braucht nicht jede Kleinigkeit zu Wahnsinnspreisen von externen Firmen besorgen lassen. Leider haben das die meisten Landesverwaltungen - mit einer großen Ausnahme (Bayern: einzigstens BL, wo man selbst "Verwaltungsinformatiker" ausbildet und dann auch zu besseren Bedingungen übernimmt) - noch nicht begriffen.

  • Sicherlich ist eine Ruhendstellung eine schöne Sache, und wenn es sich mit einem Häkchen lösen lässt, gut so. Leider ist eine Ruhendstellung und ein P-Konto jedoch überhaupt keine gute Kombination.

    Die Erfahrung zeigt, dass die wenigsten Ruhendstellungen über die gesamte Laufzeit bestehen bleiben. Mal kommt eine neue Pfändung, mal wird eine Rate nicht gezahlt. Folge: Der Drittschuldner muss die Pfändung wieder beachten und die meisten Schuldner (abhängig von Zeitpunkt des Zahlungseinganges und vom Wiederaufleben der Pfändung) hat das inzwischen von allen "geliebte" Monatsanfangsproblem.

  • Soweit ich weiss, handelt es sich in unserem Fall gar nicht um ein P-Konto.
    Interessant an unserem Fall ist, dass der Gläubiger den Antrag stellt.
    Unseres Erachtens ist der gar nicht antragsberechtigt (Rechtsschutzbedürfnis?) oder?

  • Das Problem scheint für die Banken auch zu sein, dass viele Ruhendstellungen mit Auflagen verbunden sind, die dann zu Haftungsrisiken führen (Zahlung an den falschen Gläubiger durch Rangveränderungen, insbesondere bei Mehrfachpfändungen etc.). Diesen Überwachungsaufwand wollen die Banken nicht haben. Kann man auch verstehen. Uns geht´s doch allen ähnlich: was wir nicht machen müssen, machen wir nicht, es sei denn es wird bezahlt (oder gesetzlich erzwungen).
    Das LG Leipzig. Urt. v. 10.3.2010 – 08 O 2211/09, BKR 2010, 216 ff hat im Übrigen aktuell klar gestellt, dass Banken die Aussetzung nicht akzepieren müssen. Anders ist es aber wohl im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung ( § 258 AO).

  • Sicherlich ist eine Ruhendstellung eine schöne Sache, und wenn es sich mit einem Häkchen lösen lässt, gut so. Leider ist eine Ruhendstellung und ein P-Konto jedoch überhaupt keine gute Kombination.



    Die Erfahrung zeigt, dass die wenigsten Ruhendstellungen über die gesamte Laufzeit bestehen bleiben. Mal kommt eine neue Pfändung, mal wird eine Rate nicht gezahlt. Folge: Der Drittschuldner muss die Pfändung wieder beachten und die meisten Schuldner (abhängig von Zeitpunkt des Zahlungseinganges und vom Wiederaufleben der Pfändung) hat das inzwischen von allen "geliebte" Monatsanfangsproblem.


    Interessant, dass die Banker hier die Möglichkeit der Ruhendstellung wegen des Arbeitsaufwandes ablehnen.

    Was macht ihr denn, wenn ich die Pfändung für einen Zeitraum von 12 Monaten nach § 833a ZPO aufhebe? Die Wirkung ist die gleiche. Auf Antrag eines Neugläubigers, hat sich das gleichfalls erledigt. Missachtet ihr dass dann auch gleich?

  • Zitat

    Was macht ihr denn, wenn ich die Pfändung für einen Zeitraum von 12 Monaten nach § 833a ZPO aufhebe?

    Deswegen ja:

    Zitat

    ...es sei denn es wird bezahlt (oder gesetzlich erzwungen).

    Der Unterschied ist aber eben, dass nach § 833 a ZPO auflagenfrei entweder aufgehoben oder befristet für unpfändbar erklärt wird.

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