Zuständigkeit für Anordnung Pflegschaft

  • Bin neu in der Vormundschaft und bitte um Hilfe, weil Beschwerde wegen sachlicher Unzuständigkeit vorliegt:

    Das Vormundschaftsgericht hat auf Antrag eine Ergänzungspflegschaft für ein minderjähriges Kind angeordnet und das Jugendamt als Ergänzungspfleger für den Aufgabenkreis "Vertretung des Minderjährigen im Unterhaltsverfahren gegen die alleinsorgeberechtigte Mutter" bestellt. Beim Familiengericht ist noch kein Verfahren wegen des Unterhaltes anhängig. Hiergegen wird durch die Mutter (anwaltlich vertreten) Beschwerde wegen sachlicher Unzuständigkeit eingelegt.

    Bestimmt § 1697 BGB ausschließlich die Zuständigkeit des Familiengerichtes unter der Voraussetzung, dass bereits ein Verfahren anhängig sein muss? Muss ich also als Vormundschaftsrechtspfleger der Beschwerde abhelfen?:gruebel: Danke für Eure Hilfe!

  • Nach Auffassung des OLG Dresden ist für die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft nunmehr ausschließlich das FamG zuständig (Rpfleger 2000, 497 = FamRZ 2001, 715). Diese Entscheidung ist allerdings zu einer Zeit ergangen, als die Vertreter dieser Rechtsauffassung noch die Mehrheit der Stimmen in Rechtsprechung und Literatur für sich beanspruchen konnten. Das hat sich jedoch mittlerweile geändert.

    Für die Zuständigkeit des VormG:

    OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 568; OLG Karlsruhe, FamRZ 2001, 41; OLG Karlsruhe, FamRZ 2006, 1141; OLG Stuttgart, FamRZ 2001, 364 = Rpfleger 2001, 129 unter Aufgabe von OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 1601; OLG Stuttgart, Rpfleger 2003, 501; KG, FamRZ 2001, 719; OLG Koblenz, OLGR 2001, 16; OLG Thüringen, FamRZ 2003, 1311; Klüsener, Rpfleger 1998, 221, 230; Kraiß, BWNotZ 1999, 50; Bienwald, FamRZ 1999, 1692; Coester, FamRZ 2000, 439; Zorn, FamRZ 2000, 719, 720; Niepmann, MDR 2000, 613, 619; Bestelmeyer, FamRZ 2000, 1068; ders., FamRZ 2001, 718; ders., Rpfleger 2004, 162; Schröder/Bergschneider/Weisbrodt, FamVermR, Rz. 8.441, 8.442; Schreiben des BMJ vom 15.12.1998, Gz. 3473/6 - II 121637/98.

    Für die Zuständigkeit des FamG:

    OLG Zweibrücken, FamRZ 2000, 243 = Rpfleger 1999, 489; BayObLG, FamRZ 2000, 1111 = Rpfleger 2000, 268; BayObLG, NJW-RR 2000, 959 = FamRZ 2000, 568 = Rpfleger 2000, 158; BayObLG, FamRZ 2001, 716; OLG Dresden, FamRZ 2001, 715 = Rpfleger 2000, 497; OLG Hamm, NJW-RR 2001, 437 = FamRZ 2001, 717; OLG Schleswig Rpfleger 2006, 541; MünchKomm/Schwab, BGB, 4. Aufl., § 1909 Rdnr. 62; Wesche, Rpfleger 2000, 145.

    Unentschieden:

    OLG Hamburg, FamRZ 2001, 719; OLG Naumburg, FamRZ 2003, 1406.

    Es gibt also zwei Möglichkeiten:

    Entweder dem eigenen OLG folgen oder die Sache nochmals vorlegen, damit das OLG Dresden seine (m.E. unzutreffende) Rechtsauffassung nochmals überprüft. Wie die vorstehenden Fundstellen zeigen, hat das OLG Stuttgart seine Rechtsprechung bereits zugunsten der Zuständigkeit des VormG geändert.

  • Liebe/r juris2112,

    eine Antwort mit diesen Rechtssprechungen binnen 26 Minuten ist irre. Nochmals vielen, vielen Dank und meine Hochachtung! Das OLG Dresden bekommt nun Arbeit. Bin gespannt auf die Entscheidung, aber noch interessierter, welcher Kopf sich hinter juris2112 verbirgt. Also, tolle Leistung. Sie haben heute jemanden verblüfft und glücklich gemacht.

  • @juris2112:

    Ich möchte ja die Diskussion nicht nochmals aufbringen (hatten wir ja schon), aber es haben sich 4 OLGs für die Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts, 4 OLGs für die Zuständigkeit des Familiengerichts ausgesprochen. 2 OLGs sind unentschieden. Also wo ist denn nun die herrschende Meinung in der Rechtsprechung??
    :D

  • 5 OLG's für VormG, 5 OLG's für FamG, 2 OLG's unentschieden, also in der Rechtsprechung insgesamt absoluter "Gleichstand", wenn man so fair ist, und das "untergegangene" BayObLG bei den Befürwortern der Zuständigkeit des FamG nicht in Abzug bringt.

    Ich habe nicht behauptet, dass es eine hM in der Rechtsprechung gäbe, sondern nur darauf hingewiesen, dass die früher in der Mehrzahl befindlichen Befürworter der Zuständigkeit des FamG mittlerweile ihre Mehrheit verloren haben.

    Die hM für die Zuständigkeit des VormG ergibt sich aus den weit überwiegenden diesbezüglichen Stellungnahmen des Schrifttums.

    Herrlitz:

    Zunächst ist aber wohl das LG Leipzig dran, denn es handelt sich ja um eine Beschwerde gegen die Entscheidung des VormG. Wenn das LG der Beschwerde stattgibt, ist die Sache gelaufen. Aber vielleicht kann man ja seine Beziehungen spielen lassen und beim Berichterstatter anregen, dass man gerne eine neue Entscheidung des OLG hätte?

    Solange der Beschwerde nicht stattgeben ist, kann der bestellte Pfleger wirksam handeln (§ 32 FGG). Denn es liegt kein Fall der sachlichen, sondern der funktionellen Unzuständigkeit vor (Keidel/Kuntze/Zimmermann § 7 RdNr.26 b).

  • Juris: ich zähle immernoch 4:4
    Vormundschaftsgerichtszuständigkeit: Karlsruhe, Stuttgart, Koblenz, OLG Thüringen
    Familiengerichtszuständigkeit: Zweibrücken, Dresden, Hamm, BayObLG

    :gruebel:

  • Ja sag mal, standen die vorhin schon in Deinem Beitrag #4 und habe ich sie tatsächlich überlesen oder wurden sie nachgetragen (aber das würde man ja sehen und DU würdest das sicherlich nicht machen!!). Aber trotzdem bin ich mir sicher vorhin nur jeweils 4 Gerichte gezählt zu haben (da hatte ich auch noch nichts gegessen....)

  • Das KG (pro VormG) war schon immer in der Aufstellung enthalten. Man kann es aber leicht übersehen - nur zwei Buchstaben. :D

    Auch das OLG Schleswig (neu pro FamG) war im vorliegenden Thread von Anfang an in der Aufstellung enthalten (habe selbst durchgezählt!).

    Aber immerhin können wir beide zumindest bis drei zählen. :wechlach:

  • :what:

    Also sowas und ich hatte Mathe-Leistungskurs. :oops: Aber da hilft nur Augen auf. Aber immerhin hat das Ergebnis gestimmt.... UNENTSCHIEDEN!!!

    P.s. die Schrift ist so klein, weil ich grad aweng kleinlaut bin und mich furchtbar schäme!!!

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