Grundbuchunrichtigkeit bei unklarer Erbfolge

  • Ich habe aufgrund eines öffentlichen - letzten - Testamentes eine Grundbuchberichtigung vorgenommen.

    Etwa ein Jahr später stellen Erben aufgrund eines vorhergehenden privatschriftlichen Testamentes einen Erbscheinsantrag unter Berufung auf die Unwirksamkeit des notariellen Testamentes infolge Testierunfähigkeit.

    Der Richter hat im ersten Anhörungstermin eine Nachlasspflegschaft angeordnet.
    Was macht ein guter Grundbuchrechtspfleger: ein Amtswiderspruch scheidet aus, weil die Eintragung nicht unter Missachtung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen worden ist.
    Bisher liegt mir als Grundbuchamt lediglich die Abschrift des Erbscheinsantrages und die Pflegerbestellung - "als Sperre -"vor.
    Hab ich als Nachlassgericht auf Eintragung eines Widerspruchs nach § 899 BGB hinzuwirken?
    Ich hoffe, man versteht auch das.

  • Du meinst, ob Du an den Nachlasspfleger herantreten sollst, damit dieser entsprechend tätig wird?

    Ich würde sagen ja, denn die Sache ist nicht ungefährlich.

    Wenn ich Dich recht verstehe, bist Du Nachlassgericht und Grundbuchamt "in einer Person", sodass bei einem entsprechenden „unübersehbaren“ angetackerten Vermerk in der Grundakte und deren "Bunkerung" bei Dir im Zimmer eigentlich nicht viel passieren kann, zumindest dann, wenn man aufgrund der genannten Ereignisse -insbesondere der Anordnung der Nachlasspflegschaft- die Vermutung des § 891 Abs.1 BGB für erschüttert hält und aus diesem Grund zu etwaigen Verfügungen der Bucheigentümer ohnehin eine Genehmigung des Nachlasspflegers verlangt, wodurch der erwerbende Beteiligte bösgläubig würde. Andererseits muss der gute Glaube in den Fällen des § 892 Abs.2 BGB (soweit er durch Kenntnis und nicht durch Eintragung eines Widerspruchs zerstört würde) nur im Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen, sodass ein gutgläubiger Erwerb stattfände, wenn es -gleich aus welchen Gründen- doch zu einer Eintragung des Erwerbers kommen sollte. Diese Rechtslage ist aus naheliegenden Gründen nicht ungefährlich.

    Nach meiner Ansicht muss der Nachlasspfleger deshalb an die Bucheigentümer herantreten und binnen kürzester Frist eine der Form des § 29 GBO entsprechende Bewilligung eines Widerspruchs nach § 899 BGB einfordern (Berechtigte: die unbekannten Erben des Erblassers X). Wenn sich die Bucheigentümer weigern, muss der Nachlasspfleger ins Kalkül ziehen, den Erlass einer diesbezüglichen einstweiligen Verfügung zu erwirken. Nach § 49 FamFG kann das Nachlassgericht im Gegensatz zur früheren Rechtslage aber nunmehr auch selbst einstweilige Anordnungen erlassen. So ist es etwa im Erbscheinseinziehungsverfahren zulässig, dem Erbscheinserben bis zur Entscheidung über die Einziehung die Verfügung über Nachlassgegenstände zu verbieten (MüKo/Mayer § 2361 Rn.44; Kroiß/Seiler § 6 Rn.78; Zimmermann ZEV 2009, 53, 57/58), wobei ein solches Verfügungsverbot dann konsequenterweise auch im Grundbuch eintragungsfähig sein muss, wenn es seinen Zweck, nämlich die Verhinderung eines gutgläubigen Erwerbs, erreichen soll. Ich sehe im Hinblick auf die in § 49 Abs.1 FamFG geregelten Voraussetzungen keinen Grund, weshalb eine solche einstweilige Anordnung nicht auch zulässig sein soll, wenn es nicht um die Einziehung eines erteilten Erbscheins, sondern -wie hier- in anderer Hinsicht um einen bestehenden Streit über die eingetretene Erbfolge im Rahmen eines beim Nachlassgericht anhängigen Verfahrens geht. Der Nachlasspfleger könnte somit alternativ zum einstweiligen Verfügungsverfahren daran denken, eine solche einstweilige Anordnung zu beantragen, wenn sich die Bucheigentümer weigern, kurzfristig die Eintragung eines Widerspruchs zu bewilligen. Dies setzt aber natürlich voraus, dass sich der betreffende Nachlassrichter der nunmehrigen Möglichkeiten des FamFG auch bewusst ist und sich insoweit auch auf rechtlichem Neuland bewegen will. Ist dies nicht der Fall, könnte eine einstweilige Verfügung beim Prozessgericht evtl. sogar rascher erreicht werden.

    Die Eintragung eines Widerspruchs aufgrund einer auf diese Eintragung gerichteten einstweiligen Anordnung i.S. des § 49 FamFG erscheint allerdings nicht möglich, weil § 899 Abs.2 BGB nicht geändert wurde und deshalb dort nach wie vor nur die Bewilligung oder die einstweilige Verfügung des Prozessgerichts als alternative Eintragungsgrundlage für einen Widerspruch genannt sind. Ob dies angesichts der Einführung einstweiliger Anordnungen im Anwendungsbereich des FamFG wirklich sinnvoll ist, dürfte zu bezweifeln sein. Aber wahrscheinlich handelt es sich dabei um eine der vielen Fragen, an die der Gesetzgeber trotz etwa zehnjähriger Bedenkzeit nicht gedacht hat. Angesichts dieser eigenen und im Forum schon an anderer Stelle kritisierten vielfältigen Versäumnisse ist es schon eine Frechheit, das frühere FGG als "ein lückenhaftes Rahmengesetz aus dem 19. Jahrhundert" zu bezeichnen (BT-Drucks. 16/6308, S.1). Der Gesetzgeber könnte sich glücklich preisen, wenn er auch nur annähernd in der Lage wäre, Gesetze zustande zu bringen, wie dies seinerzeit üblich und die Regel -statt die seltene Ausnahme- war.

  • zu #1:
    Dann müsstest Du bei jedem eingezogenen Erbschein auf die Eintragung eines Widerspruchs hinwirken. Ist das so? Kann ich mir nicht vorstellen. Weder das Nachlass- noch das Grundbuchgericht haben Fehler gemacht.
    (Benachrichtigen würde ich das GBA, Bauchgefühl, nicht begründbar.)

  • E.
    nein , das tu ich ebenso nicht.
    Hier ist es nach m. A. Sache der Parteien, sich um ihre Angelegenheiten zu kümmern- hab ich doch gestern bei meinem Recherchen in den unendlichen Datenbanken sogar eine Entscheidung des OLG Celle 4 W 24/07 vom 12.02.2007 gefunden, wonach keine Grundbuchunrichtigkeit im Sinne des § 82 GBO gegeben ist, wenn die durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig gewordene Eigentümereintragung( Erbfall) nachträglich im Grundbuchverfahren unter Vorlage eines unrichtigen Erbscheins geändert worden ist.
    Indes möcht ich mir als Oberwächter im Nachlassverfahren auch als Nichthaftungsfanantiker bei Prüfungsakten zugegebenermaßen ungern von meinen motivierten Kollegen eins auf die Mütze hauen lassen.
    Vielleicht hätte die Frage besser ins Nachlassgebiet gesollt.
    Cromwell :der Hinweis auf § 49 FamFG ist erstmal genial, ich werde das Problem zuerst mit dem Nachlasspfleger durchsprechen.
    Danke.

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