Differenztheorie nach Teilfreispruch

  • Hallo !

    Brauche mal wieder Hilfe.Sorry.

    Das Landgericht hat wie folgt entschieden:
    Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des AG vom dahingehend abgeändert, dass die verhängte Freiheitsstrafe auf 1 Jahr und 6 Monate herabgesetzt wird.
    Die Berufung der STA wird als unbegründet verworfen.
    Der Angeklagte hat die Kosten des Berufungsverfahren zu tragen mit Ausnahme der durch die Berufung der Staatsanwaltschaft entstandenen ausscheidbaren Kosten , die die Staatskasse ebenso zu tragen hat wie die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten.

    Der Rechtsanwalt beantragt nun für die Berufung folgende Wahlanwaltsgebühren:
    Nr.4124 VV RVG
    Nr.4126 VV RVG
    Fahrtkosten
    Abwesenheitsgelder
    Kopiekosten
    Mwst.

    Habe dem Antrag bereits dem Revisor vorgelegt.Er ist der Meinung, dass der Anwalt die erstattungsfähigen notwendigen Auslagen nach der Differenztheorie darlegen muss.

    Habe dies dem Anwalt mitgeteilt.Er ist der Meinung, dass die Kosten insgesamt festzusetzen sind.

    Der Revisor vertritt weiterhin die Meinung , dass eine Differenzkostenberechnung vorzulegen ist, ansonsten ist der Antrag zurückzuweisen.

    Weiß echt nicht was ich jetzt machen soll.

  • Überlege Dir erst mal welche Kosten für den Verteidiger entstanden wären wenn nur er Berufung eingelegt hätte.
    (komischer Fall wenn er seine Auslagen tragen soll, obgleich auf seine Berufung das Strafmass reduziert wurde).
    Hat der Verteidiger seine Berufung nicht auf die Höhe des Strafmass beschränkt ?

  • Aber wären , wenn nur der Anwalt Berufung eingelegt hätte, nicht auch die oben angegebenen Kosten angefallen ?

    Wenn der Anwalt keine Differenzberechnung vorlegt, ist der Antrag dann wirklich zurückzuweisen ?


    wenn nur bei Berufung des Anwalts die Gebühren und Auslagen in gleicher Höhe ohnehin angefallen wären, dann kann der Anwalt natürlich keine Differenzkosten gegenüber der Staatskasse gelten machen und der Antrag wäre in der Tat vollständig zurückzuweisen.

  • Aber wären , wenn nur der Anwalt Berufung eingelegt hätte, nicht auch die oben angegebenen Kosten angefallen ?

    Es wären dieselben Gebühren entstanden, aber ggfs. in geringerer Höhe (sind doch Rahmengebühren).

    Wenn der Anwalt keine Differenzberechnung vorlegt, ist der Antrag dann wirklich zurückzuweisen ?


    Nein, m.E. musst Du die genannte Berechnung anstellen.

  • Aber wären , wenn nur der Anwalt Berufung eingelegt hätte, nicht auch die oben angegebenen Kosten angefallen ?

    Es wären dieselben Gebühren entstanden, aber ggfs. in geringerer Höhe (sind doch Rahmengebühren).

    Wenn der Anwalt keine Differenzberechnung vorlegt, ist der Antrag dann wirklich zurückzuweisen ?


    Nein, m.E. musst Du die genannte Berechnung anstellen.


    Wie gesagt, prüfe mal den Umfang der Berufungsschrift des Verteidigers.
    Hat der Verteidiger Mittelgebühren angesetzt ?
    Zu einem Termin wäre es so oder so gekommen. Wenn der Verteidiger die Berufung nicht auf das Strafmass beschränkt hat, wäre der Termin wahrscheinlich sogar genau so lang ausgefallen. Mittelgebühren wären vvielleicht ohnehin entstanden.
    Dann kann es durchaus sein, dass es unterm Strich auch bei Anwendung der Differenztheorie gar keine von der Landeskasse zu erstattenden Auslagen gibt.

  • Wie gesagt, prüfe mal den Umfang der Berufungsschrift des Verteidigers.
    Hat der Verteidiger Mittelgebühren angesetzt ?
    Zu einem Termin wäre es so oder so gekommen. Wenn der Verteidiger die Berufung nicht auf das Strafmass beschränkt hat, wäre der Termin wahrscheinlich sogar genau so lang ausgefallen. Mittelgebühren wären vvielleicht ohnehin entstanden.
    Dann kann es durchaus sein, dass es unterm Strich auch bei Anwendung der Differenztheorie gar keine von der Landeskasse zu erstattenden Auslagen gibt.


    Ist durchaus möglich. Aber zu den Kriterien des § 14 RVG gehört auch die Bedeutung der Sache für den Mandanten. Und da macht es gem. § 331 StPO schon einen Unterschied, ob auch die StA Berufung eingelegt hat. Kommt natürlich auf die genauen Einzelheiten an, aber in der Regel wird sich die Berufung der StA durchaus auf die Gebührenhöhe auswirken.

  • Zu einem Termin wäre es so oder so gekommen. Wenn der Verteidiger die Berufung nicht auf das Strafmass beschränkt hat, wäre der Termin wahrscheinlich sogar genau so lang ausgefallen. Mittelgebühren wären vvielleicht ohnehin entstanden.
    Dann kann es durchaus sein, dass es unterm Strich auch bei Anwendung der Differenztheorie gar keine von der Landeskasse zu erstattenden Auslagen gibt.



    So seh ich das auch.
    Wenn der Verteidiger trotz Aufforderung zur Neuberechnung keinen entsprechenden Antrag einreicht, ist der ursprüngliche Antrag zurückzuweisen.
    Natürlich mit der Begründung, dass die beantragten Kosten ohnehin entstanden wären und somit keine (ausscheidbaren) Kosten vorhanden sind, die die Staatskasse zu tragen hat.


  • Wenn der Verteidiger trotz Aufforderung zur Neuberechnung keinen entsprechenden Antrag einreicht, ist der ursprüngliche Antrag zurückzuweisen.
    Natürlich mit der Begründung, dass die beantragten Kosten ohnehin entstanden wären und somit keine (ausscheidbaren) Kosten vorhanden sind, die die Staatskasse zu tragen hat.



    Was soll denn jetzt der Zurückweisungsgrund sein, dass der Verteidiger nicht neu berechnet oder dass keine Kosten ausscheidbar durch das Rechtsmittel der StA entstanden sind?
    Ersteres kann m.E. nicht zur Zurückweisung führen. Wenn der Verteidiger Ansicht ist, dass die vollen Gebühren zu erstatten sind, dann kann er bei diesem Antrag bleiben und das Gericht muss eben kürzen, im Extremfall auf null.
    Dass keine ausscheidbaren Kosten des RM der StA entstanden sind, können wir aber anhand der hier geposteten Informationen nicht festsetellen. Dazu müsste man die Akte vorliegen haben.



  • s. LG Würzburg JurBüro 1980, 1334, 1336 oder LG Berlin v. 7.10.1996 503 Qs 72/96

  • @ S.H.
    Dass kein neuer Antrag eingereicht wird, kann natürlich kein Zurückweisungsgrund sein.
    Zurückweisungsgrund wäre der, dass keine ausscheidbaren Kosten vorhanden sind.
    Das kann aber natürlich nur anhand des Akteninhalts beurteilt werden.

    Eine eigene Berechnung der fiktiven Gebühren und der entstandenen Gebühren muss der Rpfl aber m. E. nicht machen, da diese Sachen ja im Ermessen des Anwalts liegen. Es kann also nur über den vorhandenen Antrag entschieden werden.

  • @ S.H.
    Dass kein neuer Antrag eingereicht wird, kann natürlich kein Zurückweisungsgrund sein.

    Eine eigene Berechnung der fiktiven Gebühren und der entstandenen Gebühren muss der Rpfl aber m. E. nicht machen, da diese Sachen ja im Ermessen des Anwalts liegen. Es kann also nur über den vorhandenen Antrag entschieden werden.



    Das widerspricht sich doch irgendwie. Entweder ich berechne selbst oder ich weise zurück, weil ich mangels Ermessensausübung die die Differenz nicht feststellen kann.

    Im Übrigen habe ich Zweifel, ob bei der Bestimmung der fiktiven Gebühren überhaupt ein Ermessen des RA gegeben ist.

  • Warum widerspricht sich das?

    Es gibt den eingereichten Antrag des RA. Da macht er seine ganz normalen Gebühren geltend, so wie ich das in #1 verstanden habe.
    Wenn der RA keinen neuen Antrag einreicht, aus dem sich fiktive Gebühren ergeben, stell ich doch keine weitere Berechnung selbst auf, sondern sage, dass die geltend gemachten Gebühren auch entstanden wären, wenn er nur wegen der abgeurteilten Tat vertreten worden wäre - somit keine ausscheidbaren Gebühren, Festsetzung wäre Null, daher Zurückweisung...

    Warum soll der RA keinen Ermessensspielraum haben?
    Bsp:
    Angeklagt sind: 30 Taten BtmG, 1x Fahrerflucht, 1x Körperverletzung
    Verurteilung erfolgt wegen 20 x BtmG und 1x Fahrerflucht.

    Reicht der RA nur den normalen Antrag ein, ist m. E. nix ausscheidbar, wenn sich in der Akte nix besonderes ergibt oder der RA begründet.

    Reicht der RA aber die fiktiven Gebühren ein (erhöhter Umfang, Schwierigkeit der Rechtslage usw) liegt es doch in seinem Ermeesen, wie hoch er die Erhöhungen ansetzt. Diese sind dann ggf. zu begründen.
    Das kann ich als Festsetzungsrpfl doch nicht machen. Ich entscheide doch nicht, wie umfangreich oder schwierig der RA das einschätzt.
    Ich gucke doch nur, ob es angemessen oder unbillig hoch ist.
    Ebenso kann doch der RA sagen, dass die Wertigkeit der abgeurteilten Taten eher gering war und die Hauptanklagepunkte fallengelassen wurden, so dass er dann mehr rausbekommt, weil er bzgl dieser Taten unter der Mittelgebühr geblieben wäre...
    Auch diese Einschätzung kann ich als Festsetzer nicht vornehmen, sondern muss der RA selbst nach § 14 RVG bestimmen.

  • Unsere Bezirksrevisoren schreiben in entsprechenden Fällen, dass ohne Einreichung einer Berechnung nach der Differenzmethode durch den Verteidiger eine Festsetzung nicht möglich und als undurchführbar abzulehnen ist (OLG Dresden, Beschluss vom 11.03.1999, 1 Ws 1/99).

  • Es hilft alles nichts:

    Ohne die Ermessensausübung des RA (§ 14 RVG) geht es nicht.

    Er muss konkret die Gebühren bennennen, die er bei Freispruch aus der Staatskasse beanspruchen würde und gegenüber stellen die (fiktiven) Gebühren.

    Ergo, ggf. Antrag zurückweisen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!