Ratenzahlungsanordnung und mehrere Verfahren

  • Wieso überhaupt diese komplizierten Überlegungen?
    Wenn die Verfahren bei verschiedenen Gerichten laufen, kann man das doch auch nicht.

    Einfach das erste nach den Angaben festsetzen. Dann das zweite unter Anrechnung der ersten Rate usw.
    Welches das erste ist, ist Zufall...

    Ich entscheide als Gericht doch immer nur im jeweiligen Einzelfall. Wenn es dem Beteiligten nicht passt, muss er RM einlegen

  • Warum überhaupt eigene Überlegungen, wenn es doch Schema F und Rechtsprechung gibt? Schließlich gibt es ja Rechtsmittel. Seltsames Berufsverständnis!

    Die Rechtsprechung zur Anrechnung der PKH-Raten bei gleichzeitiger Bewilligung ist insgesamt recht übersichtlich.

    "Im Wege der Prozeßkostenhilfe in einem anderen Verfahren auferlegte Raten können bei der Ermittlung des für den Lebensunterhalt verfügbaren Einkommens nach § 115 I 3 Halbs. 2 ZPO abgesetzt werden." BGH, Beschluß vom 15.11.1989, IV b ZR 70/89.

    Das heißt dann aber auch: Nicht nur die Raten von A und B können in C abgesetzt werden, sondern auch die von B und C in A!

    Es ist schlicht nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Anrechnung der Raten von B und C bei A unterbleiben soll. Es wäre widersprüchlich die Raten bei A nicht anzurechnen, aber bei B und C. Bei B wird das ganz deutlich: Warum werden die Raten von A angerechnet, aber die von C nicht?

    Das Brandenburgisches Oberlandesgericht bezieht sich im Beschluss vom 09. Dezember 2014, 13 WF 285/14, zwar auf die Anrechnung von Raten aus frühreren Verfahren und will die Berücksichtigung der Raten durch eine gedachte zeitliche Reihung der Verfahren erreichen (bzw. durch zeitliche Staffelung der Ratenzahlungen). Eine Begründung für diese Verfahrensweise ist aber nicht ersichtlich, auch nicht in den Bezug genommenen Kommentaren.

    Im Stufenverfahren führt die Nichtanrechnung der Raten von C auf B und von C und B auf A dort jeweils zu einem überhöhten einzusetzenden Einkommen und damit zu überhöhten Ratenzahlungen. Die Summe der Raten kann dann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit tatsächlich übersteigen. Es ist m.E. daher im Widerspruch zu § 115 ZPO und nicht anwendbar.

    Soweit die Festsetzung der anzurechnenden PKH-Raten bereits (durch andere Gerichte) erfolgt ist, werden die festgesetzten Raten als besondere Belastung berücksichtigt. Soweit die Partei die Anrechnung der PKH-Rate aus dem hiesigen Verfahren möchte, kann sie dies als Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse bei den jeweiligen festsetzenden Gerichten beantragen. Soweit diese die Rate ändern und es zu einer wesentlichen Verbesserung der Einkommensverhältnisse kommt müsste die Partei dies dann mitteilen.

    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

  • "Mein" OLG (Schleswig) hat vor einiger Zeit in zwei Familiensachen so entschieden, dass zuerst in einem Verfahren die Raten gezahlt werden mussten und dann, nach vollständiger Erledigung dieser Sache, im zweiten. Dabei handelte es sich allerdings nicht um eine Beschwerdeentscheidung gegen die Ratenanordnung, sondern das OLG hatte selbst in den bei ihm in der Sache anhängigen Beschwerdeverfahren VKH mit dieser Maßgabe bewilligt. Hat hervorragend funktioniert. :)

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Hallunke: Ich finde Deine Ansicht überzeugend, kann aber leider gerade nicht nachvollziehen, wie man rechnerisch bei dem ersten Verfahren schon die Raten der anderen Verfahren berücksichtigen soll, da sich die Raten dort doch erst anhand des sinkenden einzusetzenden Einkommens ergeben.

    Wenn man es anders, nämlich nach der von Neuling zitierten Rechtsprechnung, macht und die Raten nacheinander berücksichtigt, käme ich bei 200 € einzusetzendem Einkommen auf folgende Raten:

    Verfahren A: Rate 100 € (200:2)
    Verfahren B: Rate 50 € (200 minus Rate A und dann durch 2)
    Verfahren C: Rate 25 € (200 minus Raten A und B und dann durch 2)

    Kannst Du bitte mal aufzeigen, wie Du in diesem Beispiel rechnen würdest? Danke.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Vorschlag:

    Verfahren A: Rate 100 € (200:2)
    Verfahren B: Rate 50 € (200 minus Rate A und dann durch 2)
    Verfahren C: Rate 25 € (200 minus Raten A und B und dann durch 2)

    Von hier an wird weitergerechnet. Das einzusetzende Einkommen in A ist durch die Raten in B und C reduziert. Dadurch sinkt die Rate A und in B und C steigt das einzusetzende Einkommen. Das ganze wiederholt sich mehrfach. Am Ende pendelt es sich hier auf 50,- € je Verfahren ein: 200-100(Raten in den anderen Verfahren)=100.

    Verkürzt:
    Rate in allen Verfahren=Einzusetzendes Einkommen ohne Raten : N
    N=Anzahl der Verfahren+1.

  • Wieso überhaupt diese komplizierten Überlegungen?

    :confused: Um es richtig zu machen?

    Wenn die Verfahren bei verschiedenen Gerichten laufen, kann man das doch auch nicht.

    Doch natürlich.

    Ist gar nicht so selten, dass Raten aus Verfahren anderer Gerichts(zweige) als besondere Belastung angegeben werden.

  • "Mein" OLG (Schleswig) hat vor einiger Zeit in zwei Familiensachen so entschieden, dass zuerst in einem Verfahren die Raten gezahlt werden mussten und dann, nach vollständiger Erledigung dieser Sache, im zweiten. Dabei handelte es sich allerdings nicht um eine Beschwerdeentscheidung gegen die Ratenanordnung, sondern das OLG hatte selbst in den bei ihm in der Sache anhängigen Beschwerdeverfahren VKH mit dieser Maßgabe bewilligt. Hat hervorragend funktioniert. :)

    Gibt auch Rechtsprechung, die das Hinausschieben der Fälligkeit für unzulässig hält.

    Unabhängig davon, könnten sich auch die wirtschaftlichen Verhältnisse verschlechtern. Da muss man die Rate im 2. Verfahren abändern, obwohl für dieses vielleicht noch keinerlei Zahlungen erfolgten.

  • Vorschlag:

    Verfahren A: Rate 100 € (200:2)
    Verfahren B: Rate 50 € (200 minus Rate A und dann durch 2)
    Verfahren C: Rate 25 € (200 minus Raten A und B und dann durch 2)

    Von hier an wird weitergerechnet. Das einzusetzende Einkommen in A ist durch die Raten in B und C reduziert. Dadurch sinkt die Rate A und in B und C steigt das einzusetzende Einkommen. Das ganze wiederholt sich mehrfach. Am Ende pendelt es sich hier auf 50,- € je Verfahren ein: 200-100(Raten in den anderen Verfahren)=100.

    Wiederholt sich mehrfach, heißt bitte was? :gruebel: Und wann kommst du auf 50 € je Verfahren?

    Das wäre meine Rechnung, wenn ich wechselseitig anrechnen würde:


    Verfahren A: Rate 100 € (200:2)
    Verfahren B: Rate 50 € (200 minus Rate A und dann durch 2)
    Verfahren C: Rate 25 € (200 minus Raten A und B und dann durch 2)


    weitere Rechnung

    Verfahren A: 200 einsetzbares Einkommen – Rate B – Rate C = 125 Einkommen, Rate daher 62

    Verfahren B: 200 einsetzbares Einkommen – Rate A – Rate C = 113 Einkommen, Rate daher 56

    [FONT=&quot]Verfahren C: 200 einsetzbares Einkommen – Rate A – Rate B = 82 Einkommen, Rate daher 41


    Insgesamt also Raten von 159,- € statt 175,- € bei nicht wechselseitiger Anrechnung.[/FONT]

  • Wiederholt sich mehrfach, heißt bitte was? :gruebel: Und wann kommst du auf 50 € je Verfahren?

    Die Erhöhung der Raten in B und C führt zu einer weiteren Reduzierung in A. Und damit zu einer weiteren Erhöhung in B und C. Man kann das so lange fortsetzen, bis alle Verfahren eine einheitliche Rate haben. Oder man verwendet direkt die von mir unter "Verkürzt" angegebene Formel.

  • "Mein" OLG (Schleswig) hat vor einiger Zeit in zwei Familiensachen so entschieden, dass zuerst in einem Verfahren die Raten gezahlt werden mussten und dann, nach vollständiger Erledigung dieser Sache, im zweiten. Dabei handelte es sich allerdings nicht um eine Beschwerdeentscheidung gegen die Ratenanordnung, sondern das OLG hatte selbst in den bei ihm in der Sache anhängigen Beschwerdeverfahren VKH mit dieser Maßgabe bewilligt. Hat hervorragend funktioniert. :)

    Gibt auch Rechtsprechung, die das Hinausschieben der Fälligkeit für unzulässig hält.

    Unabhängig davon, könnten sich auch die wirtschaftlichen Verhältnisse verschlechtern. Da muss man die Rate im 2. Verfahren abändern, obwohl für dieses vielleicht noch keinerlei Zahlungen erfolgten.

    Nein, das muss man gerade nicht, weil bei dieser Variante im zweiten Verfahren gar keine Raten zu zahlen sind, solange das erste Verfahren noch offen ist.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Im Prinzip müsstest Du nach dem ersten Durchgang und nach jedem weiteren Durchgang neu anfangen und durchrechnen. Das führt zu einer immer größeren Angleichung der Beträge, bis Du letztlich bei gleichen Beträgen in allen Verfahren landest. Das kannst Du natürlich abkürzen und die Rate in A berechnen und durch die Anzahl der Verfahren teilen.

    Eine Verteilung nach dem Verhältnis der Streitwerte wäre übrigens unzulässig, weil es sich hierbei um eine unzulässige Verbindung der Verfahren handeln würde.

    Die Festsetzung des Beginnes der Zahlung der Rate B im Anschluss an A umgeht die Anrechnung, so dass jeweils das volle, nicht durch Raten geminderte, Einkommen berücksichtigt wird. Ob dies zulässig ist, ist umstritten. Fischer lehnt dies in Musielak/Voit, ZPO 19.A., § 120 Rn. 3 mit Verweis auf OLG Saarbrücken, Beschluss vom 02.01.2013 - 6 WF 420/12 ab. Allerdings finde ich dies nicht ganz überzeugend, weil es
    bei der Anrechnung der PKH-Raten auf die Zahlungsverpflichtung ankommt und die Zahlungsverpflichtung bei einer zeitlichen Staffelung erst später eintritt. Die Partei hat den Anspruch, dass die Finanzierung des Prozesses ihre Leistungsfähigkeit nicht überfordert. Aber einen Anspruch, dass die Ratenzahlung so gestaltet wird, dass sich möglichst niedrige Raten ergeben, besteht m.E. nicht.

    Diese Verfahrensweise birgt aber meines Erachtens vor allem die Gefahr, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitlauf ändern und ein Neufestsellungsantrag kommt. Bei vielen Raten könnte der Fall eintreten, dass die Frist des § 120a ZPO abgelaufen ist, jedoch eine Neufesetzung zu Gunsten der Partei zu einem Wegfall der Ratenzahlung führt. Da kommst Du nie wieder an die Raten heran. Möglicherweise ist dann die Gesamterstattung bei gleichzeitiger Ratenzahlung höher. Bei wenigen Raten halte ich es aber für einen gangbaren Weg.

    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

  • Das kannst Du natürlich abkürzen und die Rate in A berechnen und durch die Anzahl der Verfahren teilen.

    Das halte ich nicht für richtig. Vorliegend wäre das Ergebnis: Einzusetzendes Einkommen: 200,- €, daher Rate i.H.v. 100,- €. Geteilt durch Anzahl der Verfahren ergibt (gerundet) eine Rate von 33,- € je Verfahren.

    Gegenprobe:
    Einzusetzendes Einkommen in jedem Verfahren: 200,- € - 66,- € = 134,- €. Das wäre eine Rate von 67,- €.

  • Das kannst Du natürlich abkürzen und die Rate in A berechnen und durch die Anzahl der Verfahren teilen.

    Das halte ich nicht für richtig. Vorliegend wäre das Ergebnis: Einzusetzendes Einkommen: 200,- €, daher Rate i.H.v. 100,- €. Geteilt durch Anzahl der Verfahren ergibt (gerundet) eine Rate von 33,- € je Verfahren.

    Gegenprobe:
    Einzusetzendes Einkommen in jedem Verfahren: 200,- € - 66,- € = 134,- €. Das wäre eine Rate von 67,- €.

    Bei Deiner Rechnung müsstest Du die Rate von B und C vom Einkommen A absetzen 200 - (67,00 + 67,00) = 66 Euro verfügbares Einkommen = 33,00 Euro Rate.
    entsprechend A und C von B 200 - (67,00 + 33,00) = 100 Euro verfügbares Einkommen = 50,00 Euro Rate
    und A und B von C 200 - (33,00 + 50,00) = 117,00 Euro verfügbares Einkommen = 58,00 Euro Rate

    womit wir wieder bei A wären wo nun 200 - (58,00 + 50,00) = 92,00 Euro = 46,00 Euro Rate
    200 - (46,00 + 58,00) = 96,00 Euro = 48,00 Euro Rate
    200 - (46,00+ 48,00) = 106,00 Euro = 53,00 Euro Rate

    ...

    Die wechselseitige Anrechnung müsste weiter fortgesetzt werden.

    Vermutlich haben wir beide nicht ganz recht:). Es sieht eher danach aus, dass der Grenzwert, sprich die Ratenhöhe, bei 50,00 Euro liegt. Das schau ich mir nochmal in Ruhe an. Allerdings ist nach meinem Verfahren (Rate A durch Gesamtzahl der Verfahren) sichergestellt, dass keine Überforderung eintritt.

    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

  • Ja, es würde sich auf je 50,- € einpendeln, was auch meiner Formel [Einzusetzendes Einkommen] : (N+1) entspricht. Zwar führt diese Berechnung zu einer Gesamtrate, die über der "einfachen" Rate liegt, aber das halte ich für selbstverständlich. Es handelt sich eben um verschiedene Forderungen, die unabhängig voneinander geltend gemacht werden und nur zufällig gemeinsam auf dem Tisch einer Person gelandet sind. Und das lässt meiner Ansicht nach kein anderes Ergebnis zu.

    Und die gesamte Zahlung liegt immer noch unter dem einzusetzenden (also frei verfügbaren) Einkommen.


  • Update:

    Ich hatte wie oben dargestellt die zu leistenden Raten für die drei Verfahren berechnet und jeweils angeordnet.

    Dagegen legte die VKH-Partei Beschwerde ein, die vom OLG zurückgewiesen wurde. Mein Rechenweg wurde als zutreffend angesehen.

    Ergo: Für vergleichbare Fälle habe ich jetzt Sicherheit, dass eine wechselseitige Anrechnung nicht vorgesehen ist.

  • Update:

    Ich hatte wie oben dargestellt die zu leistenden Raten für die drei Verfahren berechnet und jeweils angeordnet.

    Dagegen legte die VKH-Partei Beschwerde ein, die vom OLG zurückgewiesen wurde. Mein Rechenweg wurde als zutreffend angesehen.

    Ergo: Für vergleichbare Fälle habe ich jetzt Sicherheit, dass eine wechselseitige Anrechnung nicht vorgesehen ist.

    Danke für das Update! Ist die Entscheidung deines OLGs irgendwo veröffentlicht? :habenw

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • Update:

    Ich hatte wie oben dargestellt die zu leistenden Raten für die drei Verfahren berechnet und jeweils angeordnet.

    Dagegen legte die VKH-Partei Beschwerde ein, die vom OLG zurückgewiesen wurde. Mein Rechenweg wurde als zutreffend angesehen.

    Ergo: Für vergleichbare Fälle habe ich jetzt Sicherheit, dass eine wechselseitige Anrechnung nicht vorgesehen ist.

    Danke für das Update! Ist die Entscheidung deines OLGs irgendwo veröffentlicht? :habenw

    Nein.


    Übrigens Funfact:

    Gleich nach den Beschwerdeentscheidungen hat die VKH-Partei die Forderungen aus allen 3 Verfahren auf einen Schlag bezahlt.

    Da komme ich mir rückblickend schon etwas vera... vor.

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