Wie eröffnet Ihr gemeinschaftliche Testamente?

  • Mir fällt immer wieder auf, dass die meisten Gerichte das Testament nach dem Erstverstorbenen vollständig eröffnen. Zumindest ergibt sich nichts aus dem Eröffnungsprotokoll oder dem Eröffnungsstempel, dass auszugsweise eröffnet wurde (gilt natürlich nur für Testamente, bei denen sich die Anordnungen trennen lassen).
    Gerade habe ich in einer Akte einen Beschwerdbrief des überlebenden Ehegatten erhalten, dass ich vollständig eröffnet habe. In diesem Fall war die Regelung aber so, dass ich der Meinung war, das Testament muss insgesamt eröffnet werden. Er bezieht sich auf § 349 FamFG.

    Wir eröffnen auch grundsätzlich nur auszugsweise nach dem erstversterbenden Ehegatten, deshalb interessiert es mich, ob unsere Abteilung etwas verpaßt hat, da ich es wie gesagt von anderen Gerichten anders kenne.

  • Wenn das Testament so formuliert ist, dass es immer der Wille beider ist, dann musst du alles eröffnen:
    "Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben sind.
    Erben des Überlebenden von uns sind unsere geimeinsamen Kinder X, Y und Z zu gleichen Anteilen."
    Da kannst du nicht trennen, dass der Erstverstorbene eine alleinige Verfügung gemacht hat.

    Wenn da aber steht:
    "Ich, der Ehemann, setze meine Ehefrau als Alleinerbin ein.
    Ich, der Ehemann setze, wenn ich der überlebende Ehegatte bin, unsere Kinder X, Y und Z ein.

    Ich, die Ehefrau, setze meinen Ehemann als Alleinerben ein.
    Ich, die Ehefrau, setze, wenn ich der überlebende Ehegatte bin, den Tierschutzverein ein."

    Dann eröffnest du nur die Erbeinsetzungen der Ehefrau und nicht die des Ehemannes. Aber man muss die Erklärungen richtig trennen können. Wenn von "uns" und "wir" geschrieben wird, kannst du es nicht trennen. Die Erklärungen des Erstverstorbenen müssen vollständig eröffnet werden. Und wenn das Testament so formuliert ist, wie ganz oben beschrieben, dann sind es eben die Erklärungen des Erstverstorbenen und in dem Fall "zufälligerweise" auch die des überlebenden Ehegatten.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Machen wir hier ebenso, eröffnet werden die Verfügungen des Erblassers, unabhängig davon ob dadurch (auch) Verfügungen des Überlebenden eröffnet werden müssen, weil diese zu einer Formulierung zusammengezogen worden sind. Trennbare Verfügungen des anderen Ehegatten klammere ich aus.

  • Machen wir hier ebenso, eröffnet werden die Verfügungen des Erblassers, unabhängig davon ob dadurch (auch) Verfügungen des Überlebenden eröffnet werden müssen, weil diese zu einer Formulierung zusammengezogen worden sind. Trennbare Verfügungen des anderen Ehegatten klammere ich aus.



    :daumenrau Ja, so hätte man es auch kürzer und treffender formulieren können. :oops:

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Zitat

    gilt natürlich nur für Testamente, bei denen sich die Anordnungen trennen lassen

    Die sind jedoch sehr selten. In den meisten Fällen gibt es "Wir"-Verfügungen. PuCo beschrieb das in seinen Beispielen recht anschaulich.

  • Hallo,

    ich habe ein gemeinschaftliches Testament der Eheleute, aber in 2 verschiedenen Schriftstücken errichtet. Ich habe aber sicherlich dennoch beide Schriftstücke zu eröffnen?!

  • Sicher, dass es sich um ein wirksames bzw. echtes gemeinschaftliches Testament handelt? Da werden bei zwei Urkunden gerne Fehler gemacht. Vgl. "Für ein gemeinschaftliches Testament ist es nicht ausreichend, dass Ehegatten in getrennten Urkunden am selben Tag und Ort im Wesentlichen inhaltsgleiche Verfügungen getroffen haben." (OLG München 23.7.08, 31 Wx 34/08).

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Laut Verfügung meiner Nachlassrichterin ist das so =)

    Der Inhalt ist deckungsgleich und mit dem Zusatz "Im Einverständnis mit meiner Ehefrau/Ehemann".

  • ...gerade dieser Zusatz läßt meines Erachtens darauf schließen, dass es eben kein gemeinschaftliches Testament ist...

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  • Wenn dir nur das Testament des Erstversterbenden vorgelegt worden wäre, hättest du dann daraus geschlossen, dass es ein weiteres Testament gibt bzw. es sich um ein gemeinschaftliches Testament mit Testierwillen von beiden Ehegatten handelt? Wohl eher nicht. Siehst du es als Einzelverfügung, musst du auch nur diese Verfügung eröffnen. Siehst du es als gem. Test., wären beide Vfg. zu eröffnen.

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  • Die Ehegatten haben jeweils verfügt, dass der Ehepartner und das gemeinsame Kind jeweils Erben zu 1/2 sind. Beim Ableben beider soll das Kind alleiniger Erbe sein, was bei einem Einzeltest zu tlw. Vor- und Nacherbschaft führen würde. Und das ist erfahrungsgemäß so gut wie nie von den Beteiligten gewollt.

  • Betrachtet man es als 2 Einzeltestamente, ist auch nur eines zu eröffnen. Betrachtet man es als gemeinschaftliches Testament, so könnte man in der Tat so verfahren (§ 349 Abs. 1 FamFG). Tendenziell würde ich schon von - zwar untereinander abgesprochenen - Einzeltestamenten sprechen. Es lässt sich ja auch nichts entnehmen, dass auf eine beabsichtigte Bindungswirkung schließen ließe. Den Willen kann man auch etwas aus der genauen Formulierung entnehmen ("mein", "ich" statt "unser", "wir") ....
    Hier hat man in der Tat die Qual der Wahl zwischen gemeinsamen Testament mit Bindungswirkung oder 2 Einzeltestamenten, sodann mit Vor- und Nacherbfolge, denn beide wollten wohl, dass das Kind "am Ende" alles bekommen soll (egal nun ob "Schlusserbe" oder "Nacherbe"), wobei man ein Kind als "Nacherben" in der Regel dann einsetzt, wenn der überlebende Ehegatte erst einmal alleiniger Vorerbe wird. Hier werden überlebender Ehegatte und Kind aber jeweils schon zu 1/2 eingesetzt, was darauf schließen lässt, dass das dann wohl wenigstens als Vollerbe der Fall sein soll. Ansonsten entspricht es ja auch der gesetzlichen Erbfolge. Insoweit glaube ich, dass eine Vorerbschaft nicht gewollt ist, vielmehr in erster Linie sichergestellt werden sollte, dass das Kind nach dem Tode beider (Schluss-)Erbe sein soll, was sich aber nur über ein gemeinschaftliches Testament realisieren lässt. Aber letztlich kommt es eben auf den vermuteten Erblasserwillen an.
    Notfalls muss man sich mal Erkärungen vom überlebenden Ehegatten einholen, bevor man das Kind einbezieht.

  • ich glaube noch immer nicht, dass die beiden Testamente als gemeinschaftliches Testament angesehen werden können. vgl. OLG Zweibrücken, 17.07.2002 - 3 W 82/02

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  • TL, die Frage ist, ob man das bei der Eröffnung vielleicht auch weniger streng handhaben müsste. Sonst wird ja auch jeder noch so abwegige handschriftliche Zettel eröffnet, wo nur irgendwas vom Erbe drin steht. Wenn alles eröffnet wird, sind die Beteiligten schon einmal für die mögliche Bindungswirkung sensibilisiert und können sich überlegen, was sie machen.

  • Es wird nur dann ein Testament eröffnet, wenn der Betreffende verstorben ist oder es sich um ein gemeinschaftliches Testament handelt. Ist es ein Einzeltestament des überlebenden Ehegatten, wird es eben nicht eröffnet.

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