WEG-Begründung

  • Hallo Kollegen,
    mir liegt eine Teilungserklärung nach § 8 WEG vor, bei der ich einige Fragen trotz Suchfunktion und Literatur nicht abschließend klären konnte. Vielleicht könnt ihr mir helfen:
    a) Die in der Teilungserklärung angegebene m2-Zahl stimmt hinsichtlich 2er
    Keller nicht mit dem Aufteilungsplan überein.
    b) Zur Wohnung Nr. 7 ist kein abschließbarer Zugang ersichtlich.
    c) Es fehlt eine Nordansicht.
    Kann ich die Nordansicht und eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung +
    einen neuen Aufteilungsplan verlangen?
    d) Bauliche Veränderungen an der Außenfront bedürfen der Zustimmung der
    Eigentümerversammlung oder des Verwalters. Ist das wirklich möglich, dass
    der Verwalter solche Dinge auch allein entscheidet?
    e) Bestandteil des SE sollen sein: Leitungen für Wasser, Abw. und Heizung vom
    bzw. bis zum Anschluss an die gemeinsamen Steigleitungen, hinsichtl. Strom
    von der Abzweigung ab Zähler. Auch hierzu hab ich nichts Konkretes
    gefunden.

    Vielen Dank schon mal und ein schönes (Rest) WE

  • zu a) Aufteilungsplan (AP) ist in Übereinstimmung mit der Teilungserklärung zu bringen und zu berichtigen und erneut von der Baubehörde siegeln zu lassen. Was ist mit m2-Zahl gemeint?

    zu b) AP wäre hinsichtlich des Zugangs zur Wohnung Nr. 7 zu berichtigen/ergänzen und ebenfalls von der Behörde siegeln zu lassen.

    zu c) Nachfordern.

    zu d) wohl möglich (Riecke "Fachanwaltskommentar zum WEG", 2. Auflage, §§ 10 Rn. 264, 22 Rn. 34, 38f WEG). SIEHE aber selbst noch mal nach, ob es wirklich auf Deinen Fall zutrifft.

    zu e) ist sondereigentumsfähig (Böttcher Rpfl.studienhefte 1996 S. 1ff; Müller "Praktische Fragen des Wohnungseigentums" 2. Teil, 4. Auflage Rn. 75ff [beckonline]; MüKo, 4. Auflage § 5 Rn. 10ff WEG)

    zu a) und b) und c) würde ich in einer geänderten Teilungserklärung die Änderungen in Bezug nehmen, dass diese Gegenstand der Teilung und entsprechendes zur Eintragung bewilligt und beantragt wird.

  • Ich hole das Thema mal hoch, habe hier folgende Formulierung:

    "Die Eigentümer neben- oder übereinander liegender SNR-Einheiten sind berechtigt, nach schriftlicher Zustimmung des Verwalters, durch entspr. bauliche Maßnahmen (Durchbrüche) diese SNR-Einheiten zu verbinden. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn Standsicherheit, Wärme-, Schallschutz etc gegeben, was durch Fachgutachten dem Verwalter nachzuweisen ist."

    Habe die Kommentierung zu § 22 WEG studiert, daber da leider nicht wirklich was gefunden was mir weiterhilft. Ich habe da so meine Probleme weil Deckendurchbrüche ja zwangsläufig Gemeinschaftseigentum verletzen würden. Kann das der Verwalter so einfach genehmigen?

  • Hilft Palandt/Bassenge § 22 WEG Rn. 5, 6 weiter? Ich lese daraus, dass durch Vereinbarung (= TE) die Zulässigkeit baulicher Veränderungen geregelt werden kann und dass mangels einer solchen Regelung ein Versammlungsbeschluss erzwingbar wäre, wenn die Grenzen des § 22 I WEG eingehalten sind.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Hallo zusammen,

    ich bin gestern von einer aufgeregten Wohnungseigentümerin angerufen wurden, die mir folgenden Fall schilderte. Die Teilungserklärung und die ABG habe ich natürlich gleich eingesehen.

    Vor ihrer Wohnung befindet sich ein Freisitz. Die Fläche des Freisitzes ist von 3 Seiten durch Mauern begrenzt (Hauswand und 2 Seitenwände). Die vierte Seite ist offen, denn da geht es in den Garten (Sondernutzungsrecht zu ihren Gunsten). Nach oben hin ist dieser ebenso begrenzt (Bodenplatte des darüber liegenden Balkons). Das Fundament des Freisitzes sind Platten - keine Betonplatte und dieser ist ebenerdig zum Garten.

    In der damaligen ABG ist die Abgeschlossenheit bescheinigt und der Rechtspfleger hat es auch so eingetragen.

    Ging das vor 50 Jahren (ich bin noch etwas unter der 50 und habe keine Ahnung, was damals galt)?! :confused:

    Ich habe ihr am Telefon gesagt, heute würde ich so etwas nicht als SE eintragen.

    Ich habe schon zwei Kollegen befragt:

    - einer sagt, SE ist nicht entstanden, sondern GE (hat der BGH entschieden, Fundstelle weiß er nicht)
    - der andere sagt, SE ist nicht entstanden, sondern ein SNR für diese Einheit (hat der BGH entschieden, Fundstelle
    weiß er nicht)

    Vielleicht kann mir einer der alten/älteren (hust, erfahreneren :D) Mitstreiter helfen, was nun damit ist.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Bei einem überdachten Freisitz, der als „Verlängerung der Wohnung“ dient, wird die Sondereigentumsfähigkeit mit derjenigen von Loggien verglichen (s. das Gutachten des DNotI, Erscheinungsdatum: 31.12.1998, erschienen im DNotI-Report 1998, 1-5
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…597062b6df87183
    („Etwas anderes könnte für den überdachten Freisitz gelten. Denn hinsichtlich eingezogener Loggien bejaht die h. M. eine Sondereigentumsfähigkeit. Durch die unmittelbare Verbindung mit dem Gebäude werden auch sie noch als Gebäudebestandteil angesehen, dem nur eine Außenwand fehle“)

    Daher denke ich, dass es an der Sondereigentumsfähigkeit des überdachten Freisitzes nichts zu deuteln gibt. Schließlich werden auch Erdterrassen -jedenfalls- dann, wenn sie -wie die Innenhöfe, s. dazu OLG Hamm, Beschluss vom 05.01.2016, 15 W 398/15- durch Wände und Decken abgegrenzt sind, als sondereigentumsfähig angesehen (s. Gerono im BeckOK WEG, Timme, 39. Edition, Stand: 01.11.2019, § 5 RNern. 12, 39 mwN; Ott, BWNotZ 5/2015, .130
    http://www.notare-wuerttemberg.de/downloads/bwnotz-5-2015.pdf

    Auch sieht der Entwurf des Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEModG)
    https://www.bmjv.de/SharedDocs/Ges…icationFile&v=2
    vor, die Sondereigentumsfähigkeit auf Freiflächen wie Stellplätze und Terrassen zu erweitern. Die derzeitige Praxis, sondereigentumsähnlich ausgestaltete Sondernutzungsrechte an solchen Flächen zu begründen, führe zu Rechtsunsicherheit.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Zunächst vielen Dank für eure Antworten.

    Ich denke, der von mir beschriebene Freisitz ist nicht sondereigentumsfähig, da dieser ebenerdig ist und nicht nach allen Seiten begrenzt ist. Ein Vergleich mit einer Loggia hinkt etwas. Wenn der Freisitz wie eine klassische Loggia gebaut wäre, also nicht ebenerdig, dann hätte ich damit kein Problem. Das DNotI-Gutachten befasst sich mit dieser Frage nicht und eine unmittelbare Verbindung mit dem Gebäude gibt es nicht, da das Fundament beispielsweise nur Platten besteht, einen Keller gibt es nicht. Wenn ich das DNotI-Gutachten richtig verstehe, wird sogar ein überdachter Freisitz auf dem Grundstück vor einer Garage als sondereigentumsfähig angesehen. Aufgrund der Ebenerdigkeit des Freisitzes ist der Vergleich mit einer Terrasse für mich irgendwie naheliegender.

    Die Entscheidung des OLG Hamm kenne ich, musste ich schon mal anwenden, für einen tatsächlichen Innenhof, der nach allen Seiten durch Mauern begrenzt ist.

    Den Gesetzesentwurf habe ich vor einiger Zeit zur Stellungnahme bekommen und diesen daher auch gelesen. Aber noch ist die Änderung nicht in Kraft.

    BeckOGK bezieht sich in der Randnummer 56 auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf in welcher jedoch überhaupt nicht auf die Sondereigentumsfähigkeit eines Freisitzes eingegangen wird. Die Entscheidung befasst sich mit einer anderen Problematik.

    Aber trotzdem vielen Dank!!!:daumenrau

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • BeckOGK bezieht sich in der Randnummer 56 auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf in welcher jedoch überhaupt nicht auf die Sondereigentumsfähigkeit eines Freisitzes eingegangen wird.

    Warum man gerade auf diese Entscheidung Bezug genommen hat, erschließt sich mir auch nicht. Ich nehme an, weil das OLG den Freisitz als Sondereigentum unwidersprochen hingenommen hat.

  • Ja, dieser Gedanke kam mir auch. Aber ich denke nicht jeder Freisitz ist automatisch sondereigentumsfähig, sondern es kommt vielmehr auf dessen Bauweise an. :)

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Früher war das mit der Definition einer Raumeigenschaft aber auch vager. Was hat man z.B. vor 30 Jahren noch unter "erkennbar" verstanden. Und vor 50 Jahren tappte man da vermutlich noch mehr im Dunkeln.

    OLG Köln (2. ZS), Beschluß vom 21. 4.1982 - 2 Wx 13/82

    „… Dem LG ist darin zuzustimmen, daß eine Terrasse mit Plattenbelag ohne jedwede horizontale Abgrenzung kein Raum im Sinne der §§ 5, 3 WEG ist und deshalb auch kein Sondereigentum daran begründet werden kann. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG soll Sondereigentum nur eingeräumt werden, wenn „Räume in sich abgeschlossen sind”. […] Zum Begriff des Raumes gehört die erkennbare Abgrenzung nach Länge, Breite und Höhe. Fehlt die vertikale Abgrenzung schlechthin, dann kann nicht mehr von einem Raum gesprochen werden, sondern nur noch von einer Fläche. Aus diesem Grunde werden auch im Schrifttum ebenerdige Terrassen ohne jede Höhenabgrenzung nicht als sondereigentumsfähige Räume im Sinne des WEG angesehen (vgl. Erman/Ganten, BGB, 7. Aufl. 1981, § 5 WEG, Anm. 10; Röll im Münch. Komm., § 5 WEG Anm. 5). …“

    Kammergericht, Beschluss vom 6.1.2015 - 1 W 369/14:

    „… Abgeschlossenheit erfordert deshalb – abgesehen von der Ausnahme des § 3 Abs. 2 S. 2 WEG – eine bauliche Gestaltung, nach der das jederzeitige Betreten durch Dritte nicht schon mangels körperlicher Abgrenzung nicht verhindert werden kann (zur Unschädlichkeit eines durch Gebrauchsregelung eingeräumten zeitweisen Betretensrechts vgl. BayObLG NJW-RR 1989, 142). Diese Abtrennung kann durch Wände und Decken erfolgen (vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen gemäß § 7 Abs. 4Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes vom 19.3.1974, BAnz.Nr. 58 vom 23.3.1974), bei Balkonen und Terrassen aber auch dadurch, dass sie aufgrund ihrer Lage nur durch das Sondereigentum betreten werden können, zu dem sie gehören. …“

    https://de.wikipedia.org/wiki/Freisitz

  • .....Aus diesem Grunde werden auch im Schrifttum ebenerdige Terrassen ohne jede Höhenabgrenzung ....

    Seinerzeit wurde gefragt, ob Loggien und Balkone sondereigentumsfähig sein können. Dies wurde -bis auf die Bodenplatte und das Abschlussgitter- bejaht (s. Diester, NJW 1961, 329; NJW 1961, 1329,1330; LG München I, Beschluss vom 21.02.1969, 13 T 560/68 = Rpfleger 1969, 245 mit zust. Anm. Diester u.a.). Ebenso wie Balkone und Loggien wurden nach der DIN 283 gedeckte Freisitze mit einem Viertel der Wohnfläche hinzugerechnet. Der Begriff „gedeckter Freisitz“ entstammt § 44 II. BV und wurde später als „Terrasse“ durch die Wohnflächenverordnung in die Berechnungsvorschriften eingeführt (s. Börstinghaus, Anm. zu LG Landau (Pfalz) 1. Zivilkammer, Urteil vom 21.10.2014 - 1 S 67/14, in der jurisPR-MietR 7/2015 Anm. 4). Nicht gedeckte Terrassen und Freisitze wurden gar nicht angerechnet. Freisitz ist demnach ein ebenerdiger Platz, der an die Wohnung angrenzt (BGH, Urt. v. 08.07.2009 - VIII ZR 218/08), „mit einem festen Bodenbelag versehen und zum Aufstellen von Tischen und Stühlen geeignet ist“ (s. Börstinghaus, aaO, mwN). Aus dem Umstand, dass Freisitze wie Loggien und Balkone behandelt wurden, lässt sich schließen, dass sie auch genauso als sondereigentumsfähig angesehen wurden.

    Atlantik hat oben den Freisitz so beschrieben:

    „Die Fläche des Freisitzes ist von 3 Seiten durch Mauern begrenzt (Hauswand und 2 Seitenwände). Die vierte Seite ist offen, denn da geht es in den Garten (Sondernutzungsrecht zu ihren Gunsten). Nach oben hin ist dieser ebenso begrenzt (Bodenplatte des darüber liegenden Balkons). Das Fundament des Freisitzes sind Platten - keine Betonplatte und dieser ist ebenerdig zum Garten…“

    Also ragt der Freisitz nicht über den darüberliegenden Balkon hinaus. Dann hat er aber sowohl eine vertikale (Platten), als auch eine horizontale (Bodenplatte des darüber liegenden Balkons) Begrenzung. Die Raumeigenschaft kann man sich durch die gedachten Falllinien von dem darüberliegenden Balkon aus vorstellen. Damit bestand aber auch nach dem Beschluss des OLG Köln vom 21.04.1982, 2 Wx 13/82, Sondereigentumsfähigkeit. Seit der BGH-Entscheidung zu den Luftschranken (Urteil vom 18. 7. 2008 - V ZR 97/07) kommt es für die Sondereigentumsfähigkeit auch auf die allseitige Umschließung nicht mehr an. Für jeden Dritten ist ersichtlich, wo der Sondereigentumsbereich aufhört.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Seit der BGH-Entscheidung zu den Luftschranken (Urteil vom 18. 7. 2008 - V ZR 97/07) kommt es für die Sondereigentumsfähigkeit auch auf die allseitige Umschließung nicht mehr an.

    Unter anderem wegen dieser Frage habe ich die Entscheidung des Kammergerichts ausgegraben. Im übrigen rennt man da bei mir offene Türen ein. Dass der Freisitz nicht notwendigerweise allseitig begrenzt sein muß, schreibt auch der oben von mir genannte Schultzky.

  • Ok, verstehe dich Prinz, ich habe die Bodenplatte des darüber liegenden Balkons außer Acht gelassen und damit wäre es ja eine feste Fläche und es käme auch die losen Platten des Freisitzes nicht mehr an. Alles nicht so einfach, aber dafür ist das Forum ja da. Merci.

    Aber bitte noch mal zu meiner eigentlichen Frage, was passiert mit eingetragenem Sondereigentum, das gar nicht sondereigentumsfähig ist? Entsteht da ein Sondernutzungsrecht oder bleibt es einfach Gemeinschaftseigentum oder ...?

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Wie 45. Falls die Begründung von Sondereigentum am Freisitz gescheitert sein sollte, ist eine Umdeutung in ein Sondernutzungsrecht vorzunehmen (BayObLG, Beschluss vom 01.10.1980, BReg. 2 Z 43/79; OLG Köln, Beschluss vom 05.02.1996; 2 Wx 52/95; Grziwotz in Erman BGB, Kommentar, 15. Auflage 2017, § 15 WEG RN 10; Keller in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht - Kommentar, 8. Aufl. 2019, § 3 (Objekte des Immobiliensachenrechts) RN 37 aE; Ott, BWNotZ 2015, 130, 134 mwN In Fußnote 39).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Bei einem überdachten Freisitz, der als „Verlängerung der Wohnung“ dient, wird die Sondereigentumsfähigkeit mit derjenigen von Loggien verglichen (s. das Gutachten des DNotI, ...
    Daher denke ich, dass es an der Sondereigentumsfähigkeit des überdachten Freisitzes nichts zu deuteln gibt.

    sehe ich genauso und würde es auch heute noch als SE eintragen.
    Ich frage mich nur, warum die Eigentümerin plötzlich daran zweifelt.

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