§ 850 d ZPO

  • bitte mal die "alten Hasen" unter den Rechtspflegern:

    ich vollstrecke rückständigen Unterhalt für minderjähriges Kind; der Saubär von Vater hat noch nie einen Cent freiwillig gezahlt. Titel ist Versäumnisurteil aus Oktober 2003.
    Ich habe also so wunderbar das Arbeisteinkommen (bis auf den Betrag von 750,00 €) gepfübt, da legt er Erinnerung ein. Davon kann er ja nicht leben, der Saubär.
    Welchen Bedarf macht er geltend? Logisch, er ist ein Mann, also ein kreditfinanziertes Auto; Rate mtl 230,00 €.

    Im Unterhaltsrecht ist diese Anschaffung völlig irrelevant und hat keinen Einfluss auf den Unterhalt.Kindesunterhalt geht vor Schuldendienst; wir machen hier nur den Mindestatz geltend, also das absolute Minimum.

    In der ZV scheint der Rechtspfleger die Raten aber berücksichtigen zu wollen, was natürlich wenig Sinn macht - dann könnten wir die Rate ja auch im Unterhaltsprozess berücksichtigen. Das widerspricht sich- aber ich finde nix dazu.
    Das Auto ist erst 5 Monate nach der Zustellung des Titels angeschafft worden (hilft mir das nicht wenigstens? ) Natrülich hatte der Saubär in diesen 5 Monaten nicht daran gedacht, den Unterhalt zu zahlen, hat auch keinen Cent bezahlt(wofür gibt es schließlich Steuermittel aus der U-Kasse?) und statt dessen hat er sich ne`Karre finanziert. Anschaffungspreis 10.000,00 € bei einem Gehalt von ca. 1.400,00 €; man gönnt sich ja sonst nix.

    Hat jemand Vorschläge?


  • Hat jemand Vorschläge?



    Selbst Erinnerung einlegen falls der Erinnerung des Schuldners entsprochen wird? Ich verstehe den Unmut. Ich würde allerdings den Rpfl. nicht verstehen, der der Erinnerung des Schuldner tatsächlich stattgibt....

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Hier vielleicht ein Anfang (auch wenn ich kein "alter Hase" bin):
    Erhöhung des pfändungsfreien Betrages erreicht der Schuldner nur über § 850 f. Dazu muss er einiges nachweisen, unter anderem meiner Meinung nach auch, inwieweit er auf das Auto angewiesen ist, um seiner Erwerbstätigkeit nachzukommen. Nächster Ansatz wäre vielleicht die Prüfung inwieweit der bestimmte Typ des Autowagens angemessen ist und ob man dem Schuldner zumuten könnte, das Auto zu verkaufen und sich z.B. ein günstigeres anzuschaffen - vorausgesetzt er ist im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit auf ein Auto angewiesen.
    Allerdings möcht ich gleich hinzufügen, dass ich auch bisher immer die Raten zur Finanzierung des Autos berücksichtigt habe, wenn der Schuldner auf ein Auto angewiesen war. Ob bei der Festsetzung des Unterhalts die Ratenzahlung berücksichtigt wurde oder nicht, ist nicht weiter relevant, da vollstreckungsrechtlich andere Maßstäbe zu setzen sind.

  • Erhöhung des pfändungsfreien Betrages erreicht der Schuldner nur über § 850 f.



    Das ist so nicht ganz richtig. Es kann sowohl die Erinnerung als auch ein Antrag nach § 850 f ZPO maßgeblich sein. Eine Unterscheidung hierzu trifft mehr schlecht als recht der gute Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl., RN 1125:
    Wenn der Schuldner geltend macht, daß der Selbstbehalt nach den Umständen seines Einzelfalles unrichtig festgesetzt worden ist, dann ist die Erinnerung statthaft.
    Wenn er aber geltend macht, daß er infolge seiner besonderen Verhältnisse von dem pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens noch etwas benötigt, dann findet § 850 f ZPO Anwendung.

    :gruebel: Das versteh wer will.....

    Ich würd dem Schuldner jedenfalls nur einen Grundselbstbehalt von 345,00 € zusprechen. Hinzu kommt ein Erwerbstätigenfreibetrag von 25-50 %, hier kann man m.E. berücksichtigen, ob der Schu. Aufwendungen hat, um in die Arbeit zu gelangen. Dazu kommt noch die Miete. (vgl. hierzu den Onkel Kurt, Forderungspfändung, 14. Aufl., RN 1128 und 1094)
    Im Übrigen ist nichts zu berücksichtigen, schon gar nicht andere Gläubiger, welche nicht zu Lasten des Unterhaltsberechtigten bevorzugt werden dürfen. Mit dieser Begründung ist auch die Kreditrate abzulehnen.

  • Auf die Idee der Erinnerung wär ich bei dem Sachverhalt nicht wirklich gekommen, weil doch eigentlich eine Erhöhung gewollt ist, oder?
    Selbst wenn man der Erinnerung abhelfen würde, würde man im Ergebnis doch eine Berechnung im Rahmen von 850 f vornehmen, oder etwa nicht?

    Im übrigen find ich deine Linie ziemlich hart (aber durchaus gerecht), nur leider wird diese Linie zumindest beim hiesigen Landgericht nicht gefahren (Auto wird berücksichtigt, weil Schuldner sonst nicht zur Arbeit kommt; Arbeit dann verliert usw.). Zur Anrechnung von Kreditraten für einen notwendigen Autowagen gibt es auch irgendwo Rechtsprechung (aber wo?).

    Vielleicht sollte man es im besagten Fall auf eine Entscheidung des Landgerichts ankommen lassen...

  • Eigentlich ne gute Frage, was für ein Verfahren vom schuldner betrieben wird. Der Beschluss (§850d ZPO) belässt ihm Arbeitseinkommen in Höhe von 750,00 €. Er beantragt mit der Überschrift "Erinnerung gem. § 666 ZPO" (nein, kein Tippfehler meinerseits), dass ihm 890,00 € zu belassen sind.

    Mal ne ganz dumme Frage:spielen wir in einem solchen "ZV-Verfahren" eigentlich nach ZPO; mit Darlegungs- und Beweislast wie im richtigen Leben? Im Zweifel benötigt ja jeder sein Fahrzeug, das kann eigentlich kein Argument sein. Was muss der Schuldner denn vortragen zum stichwort "zwingend auf das Fahrzeug angewiesen" ?
    :oops:

  • Was muss der Schuldner denn vortragen zum stichwort "zwingend auf das Fahrzeug angewiesen" ?
    :oops:

    Er muss darlegen, dass er das Fahrzeug benötigt um seiner Arbeitstätigkeit nachgehen zu können. Wenn er z.B. seine Arbeitsstelle mit öffentlichen Verkehrsmitteln in angemessener Zeit erreichen könnte, wäre ein Auto nicht notwendig. In dem Fall könnten dann aber natürlich die Kosten für eine Monatskarte geltend gemacht werden.

  • Hat mal jemand über § 170 StGB nachgedacht. Ich habe einige Schuldner, die nach (auch ggf. nur der Drohung mit) einem Strafverfahren vorbildlich ihren Unterhalt zahlen.

    Die 230,- EUR wird man nicht unbedingt als Anhalt nehmen können. In dem unpfändbaren Betrag sind ja ggf. bereits entsprechende Beträge enthalten (bei uns wären das 70,- EUR für berufsbezogene Aufwendungen).

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • M.E. ist die Abgrenzung § 766 zu § 850 f ZPO da gegeben, wo der Schuldner geltend macht, dass der ihm zu verbleibende Selbstbehalt des § 850 d ZPO bereits bei Pfüb-Erlass zu niedrig angesetzt wurde. Nach § 850 d ZPO und der REchtsprechung des BGH soll sich der Selbstbehalt des Schuldners ja nach dem Sozialhilferechtlichen Bedarf richten.
    Wäre also zu prüfen, ob die Kreditraten auch beim Bedarf nach SGB II berücksichtigungsfähig wären - wahrscheinlich nicht.
    In solchen Fällen nehme ich immer unseren Sozialhilferechner zur Hand. Dabei würde ich nur dann pauschalisierte Fahrtkosten in den Bedarf aufnehmen, wenn der Schuldner konkret glaubhaft macht, dass er den PKW für seine Fahrten zur Arbeit braucht - ansonsten - reiner Luxus und leider verloren!!!
    § 850 f ZPO zieht m.E. wenn sich im laufenden Pfändungsverfahren Tatsachen ergeben, die für eine Änderung des pfandfreien Betrages sprechen. Im Unterschied zu § 766 ZPO ist bei der Prüfung des § 850 f ZPO aber eine Interessenabwägung vorzunehmen. Und wie meine Prüfung aussieht, wenn ich das Interesse des Kindes am Unterhalt gegen das Interesse des Schuldners an seiner Kutsche abwäge, brauche ich ja wohl nicht zu sagen:teufel: !!!!!

  • Nach § 850 d ZPO und der REchtsprechung des BGH soll sich der Selbstbehalt des Schuldners ja nach dem Sozialhilferechtlichen Bedarf richten.
    Wäre also zu prüfen, ob die Kreditraten auch beim Bedarf nach SGB II berücksichtigungsfähig wären - wahrscheinlich nicht.



    Sehe ich auch so...

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • @ Babs:
    Nach deiner Argumentation würde ich im vorliegenden Fall die Erinnerung nicht für den Schuldner gelten lassen, sondern eher für den Gläubiger, weil der Betrag im Pfüb zu hoch und nicht zu niedrig angesetzt wurde.
    Zumindest lässt sich für mich nicht erkennen, worauf sich der Betrag von pauschal 750,00 EUR gründet!?

    Im Rahmen von § 766 prüf ich, ob alle Voraussetzungen für die Vollstreckung vorlagen usw., da würd ich - wenn denn alles richtig gelaufen ist - einer Erinnerung nicht abhelfen und den Antrag eher als einen solchen nach 850 f auslegen und ebenfalls den sozialhilferechtlichen Bedarf errechnen, zuzüglich Erwerbstätigkeitsbonus usw.
    Es ist schließlich auch keinem damit gedient, wenn der Schuldner seinen Job verliert und sich dann wieder kein pfändbarer Betrag mehr ergibt.

    Bezüglich der Fahrtkosten und der Notwendigkeit eines Autos find ich die Argumentation von Juergen gut. Soweit die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln möglich ist, kann man den Schuldner wohl darauf verweisen.

    Der Hinweis von Tommy auf § 170 StGB ist bestimmt auch von einigem Erfolg gekrönt!!!

  • Ein Mehrbedarf für Erwerbstätige ist im aktuellen Recht bei der Berechnung des sog. Sozialhilfebedarfs nicht vorgesehen. Allerdings halte ich so 10-20 % des Grundbedarfs (345) für angemessen, um einen Anreiz zum Arbeiten zu geben. Benötigt der Sch dsa Auto zur Berufsausübung, könnte man den Zuschlag auch noch etwas anheben. Aber schon mal gar nicht auf die Tabellenbeträge nach 850c. Und wenn der Sch meint, die Arbeit einstellen zu müssen, kann man mit einem Hinweis auf das Strafrecht den Sch schon mal motivieren. Warum soll ein Unterhaltsberechtigter zu Gunsten des Sch auf den ihm zustehenden Unterhalt verzichten?

  • Bitte mal um eine konkrete Einschätzung, wann der schu auf das Fahrzeug "angeweisen" ist - würde die Rechtspfleger eine Analogie aus den Vorschriften des Arbeitslosengeldrechtes überzeugen? In diesem Zusammenhang ist einem Arbeitslosen die Aufnahme einer beschäftigung zumutbar, wenn er für die Fahrt zur Arbeit 2 Stunden (einfache Fahrtzeit! also vier Stunden täglich) benötigt.

  • Wenn die Arbeitsstelle nicht preiswerter und in angemessener Zeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß mit dem Fahrrad usw. zu erreichen ist.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Als Stadtmensch ist es natürlich einfacher dem Sch vorzuschreiben, den ÖPNV zu nutzen. Wenn der Sch das Auto nicht unmittelbar zur Berufsausübung benötigt, muss er es als Privatvergnügen aus seinem Grunsbedarf finanzieren. Schliesslich geht es auch um den lebensnotwendigen Bedarf des Unterhaltsgläubigers.

  • ich würde sofort zweigleisig fahren
    1. Unterhaltspflichtverletzung (er wehrt sich ja auch jetzt noch gegen seine Zahlungspflicht...)- ich weiß auch, dass das in erster Linie kein Geld einbringt, bei ganz harten Brocken, mach ich das aber bislang immer erfolgreich.
    2. zu Fuß laufen lassen, Fahrrad und wenn er wirklich ein Auto (als Vertreter oder so) benötigt, bekommt er mein altes (im Zweifel als Austausch)

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