Ausnahme von § 181 - Erfüllung einer Verbindlichkeit?

  • Hallo,

    ich habe hier eine Erbengemeinschaft, bei der Mutter und mdj. Kind beteiligt sind. Mit liegt ein Erbauseinandersetzungsvertrag bzgl. sämtlicher Grundstücke der Erbengemeinschaft vor. Durch Testament ist bestimmt, welche Personen welches Grundstück bekommen soll (Teilungsanordnung). Die Mutter und das Kind wären dann jeweils zu 1/2 Miteigentümer.
    Grundsätzlich wäre ja die Mutter von der Vertretung ausgeschlossen nach § 181. Aber ich frage mich, ob ich hier eine Ausnahme habe und die Mutter trotzdem vertreten kann. Dann käme ich aber auch dazu, dass der Vertrag durch das FamG nicht zu genehmigen wäre. Und da kann ich mir nicht unbedingt vorstellen, dass man es mit einer Teilungsanordnung aushebeln kann.

    LG Grottenolm

    Don't turn your back, don't look away and don't blink! Dr. Who

  • Wenn die Mutter das Kind vertreten könnte, brauchte man keine Genehmigung, da § 1822 Nr. 2 nicht in § 1643 aufgeführt ist.
    Entsprechend Palandt "gleichgültig, ob er gerichtlich oder außergerichtlich, schuldrechtlich oder bereits dinglich erfolgt, ob die Erbengemeinschaft dadurch im ganzen oder nur bezüglich eines Nachlassgegenstandes aufgehoben wird, und unabhängig davon, og die Auseinandersetzung inhaltlich einer letztwilligen Verfügung des Erblassers entspricht oder auch der gesetzlichen Regelung (§§ 2042 II, 752 ff) folgt ....." ist hier aber wohl die Kindesmutter von der Vertretung ausgeschlossen, da sie ebenfalls in dieser Erbengemeinschaft ist. Es handelt sich nicht lediglich nur um die Erfüllung einer Verbindlichkeit, denn eine Teilungsanordnung wird nunmal nur bezüglich einzelner Gegenstände getroffen und niemals bezüglich der gesamten Erbschaft, und ggf. kommen auch Ausgleichszahlungen in Betracht. Einfacher Fall: Gibt es etwa 2 Kinder A und B und soll A das Grundstück im Wert von 200000 bekommen und B das Grundstück im Werte von 300000 und ist dem Erblasserwillen insgesamt zu entnehmen, dass beide aber gleichberechtigte Erben zu 1/2 werden sollen, ist es mit der Übertragung der Grundstücke ja noch nicht getan; zum Erbteilungsvertrag gehören dann u.U. gewisse Ausgleichszahlungen, und allein daran sieht man, dass die Mutter, die ja auch ihre eigenen Interessen vertritt, nicht das Kind vertreten kann, mag hier auch das Grundstück gemeinsam an Mutter und Kind übertragen werden. Aber neben diesem Grundstück könnten nunmal weitere Forderungen gegenüber der Erbengemeinschaft bestehen, und dann könnten durchaus Interessenkonflikte bestehen. Man darf hier keinen Unterschied zwischen Teil- und Gesamtauseinandersetzung machen. Im Endeffekt muss ja wohl die Erbengemeinschaft insgesamt auseinandergesetzt werden, und da ist für das Kind sowieso ein Ergänzungspfleger notwendig.

  • Ich bin anderer Ansicht.

    Der rechtsgeschäftliche Vollzug einer Teilungsanordnung erfolgt in Erfüllung einer Verbindlichkeit aufgrund der vom Erblasser getroffenen letztwilligen Verfügungen. Ein Vertretungsausschluss liegt somit nicht vor.

    Gleichwohl ist eine Genehmigung nach § 1821 Abs.1 Nr.1 BGB (für die Grundstücke, die der Minderjährige [mit]überträgt) bzw. nach § 1821 Abs.1 Nr.5 BGB (für die Grundstücke, die der Minderjährige [mit]erhält, da er gleichzeitig Grundstücke weggibt) erforderlich.

    Die "Erfüllung einer Verbindlichkeit" suspendiert nur den Vertretungsausschluss, nicht aber die Genehmigungstatbestände.

  • Gut, wenn man sich in einem solchen Vertrag darauf beschränkt, dass in Vollzug der Teilungsordnung die Nachlassgegenstände x y z übertragen werden und im Übrigen daraus klar hervor geht, dass damit die Erbauseinandersetzung insgesamt noch nicht vollzogen ist, kann man auch diese Ansicht gut vertreten. Da man sich aber nicht sicher sein kann, was der jeweilige Grundbuchrechtspfleger für eine Ansicht hat, der das dann eintragen soll, und sicher eine solche umfangreiche Erbschaft auch insgesamt auseinandergesetzt werden muss, hätte ich es als zweckmäßiger betrachtet, für die gesamte Erbauseinandersetzung für das Kind einen Ergänzungspfleger zu bestellen. Dann würde sich die Frage zu dieser Teilauseinandersetzung gar nicht stellen.

  • Ich muss Cromwell zustimmen.:daumenrau
    Andy.K.:
    Muss ich annehmen , dass Du auf die Ansichten eines Grundbuchrechtspflegers Rücksicht nehmen würdest ?

    Auf die Idee käme ich nur, wenn ich sowohl der Familienrechtspfleger als auch gleichzeitig der zuständige Grundbuchrechtspfleger wäre.:D

    Allerdings ist diese Kombination von Sachgebieten eher selten anzutreffen.;)

  • Ich habe einen entsprechenden Fall grade auch auf dem Tisch.

    Die minderjährige Tochter des Erblassers ist zusammen mit ihrer Tante Erbin geworden. Eine ausdrückliche Erbeinsetzung ist in dem handschriftlichen Testament nicht erfolgt sondern eine Aufteilung des gesamten Nachlasses. Daher ist eine Auslegung dahingehend erfolgt, dass beide entsprechend der Aufteilung zu je 1/2 Erbe geworden sind.

    Die Tante soll unter anderem die zum Nachlass gehörende Eigentumswohnung erhalten und diese wird ihr nunmehr auch von der Erbengemeinschaft übertragen.

    Genehmigung ist also erforderlich, Pfleger jedoch nicht.

    Jetzt frage ich mich jedoch, was ich als Familiengericht da noch groß prüfen kann. Die Tante hat ja nun mal den Anspruch und der ist zu erfüllen. Muss ich vielleicht überprüfen, ob die Minderjährige auch bereits ihren Teil vom Kuchen erhalten hat? Aber dann würde ich die Erbauseinandersetzung ja komplett überprüfen müssen und da ist eine Genehmigung eigentlich nicht erforderlich (als gesetzliche Vertreterin ist die Mutter beteiligt).

    Dazu muss ich auch sagen, dass eine Überprüfung in der vorliegenden Sache nicht so einfach wäre. Eine Auseindersetzung ist bereits in Teilen erfolgt. Es gibt Fonds und Anteile an einer GbR.

  • Du hast nichts übersehen, sondern das Nachlassgericht, weil es bei der Testamentsauslegung § 2306 Abs.1 S.1 BGB a.F. außer Acht gelassen hat. Denn wenn der Erbteil -wie hier- der Pflichtteilsquote entspricht, ist die vom Erblasser verfügte Teilungsanordnung unwirksam. Dies würde die Miterben aber natürlich nicht hindern, den Nachlass gleichwohl in der vom Erblasser verfügten Weise auseinanderzusetzen. Ob die Zuweisung der einzelnen Gegenstände an die einzelnen Miterben dann sinnvoll und hinnehmbar ist, ist der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit anheim gestellt, weil dann wegen der Unwirksamkeit der Teilungsanordnung im Rechtssinne keine Erfüllung einer Verbindlichkeit mehr vorliegt. Das heißt aber zugleich, dass dann die gesamte Erbauseinandersetzung geprüft werden muss, weil das Kind insgesamt nicht weniger als die Hälfte des Wertes des Nachlasses erhalten darf.

    Wenn "sonst alles passt", kann man die Sache also so weiterlaufen lassen, sodass sich am Ergebnis (Vertretungsausschluss nein, Genehmigungsbedürftigkeit ja) nichts ändert.

    Die Problematik des § 2306 Abs.1 S.1 BGB a.F. hätte man umgehen können, indem man die Tochter im Wege der Auslegung als Alleinerbin und die Tante lediglich als Vermächtnisnehmerin angesehen hätte (eine Auflassung der Wohnung wäre so oder so erforderlich gewesen, sei es mit der Tochter als alleinige Veräußerin sei es durch die Erbengemeinschaft als Veräußerer) oder wenn die Tochter einen Erbteil erhalten hätte, der -wenn auch nur geringfügig- über ihrer Pflichtteilsquote liegt. Denn dann wären wir bei Abs.1 S.2 und nicht bei Abs.1 S.1 des § 2306 BGB a.F. gelandet.

    Einmal editiert, zuletzt von Cromwell (24. November 2011 um 16:19) aus folgendem Grund: Bei § 2306 BGB 2 x "a.F." angefügt.

  • So jetzt habe ich kapiert, warum Cromwell eben in einem Nachlassthread den alten § 2306 BGB erwähnt hat. :cool:

    Ich begreife allerdings immer noch nicht, warum die Fragen nicht so eindeutig formuliert werden, dass man die richtige Antwort ohne Nachhaken geben kann. Das betrifft leider nicht nur diesen Thread ......

  • Ich kannte aus früheren Nachlasszeiten auch, dass man unbedingt an den 2306 denken muss und was daraus für Fälle insbesondere bei Vor- und Nacherbschaften entstanden. Dass diese Vorschrift geändert wurde, ist mir allerdings auch entgangen. In der aktuellen Fassung stellt dies dann doch eine ziemliche Vereinfachung dar, jedenfalls für das Nachlassgericht.

  • Cromwell:
    Bitte sei so freundlich, in deinem letzten Beitrag das Kürzel "a. F." hinter "BGB" anzubringen. Die von dir geschilderte Rechtslage ist klar, aber wer nur auf die neue Fassung des § 2306 BGB achtet, hat so seine Schwierigkeiten.

  • Oh man...

    Ich hab mich jetzt mal mit den ganzen Unterlagen beschäftigt. Erstmal vielen Dank für die Antworten. Das Problem mit dem § 2306 BGB a.F. war mir so gar nicht bewusst...obwohl ich sogar, wenn auch nicht im vorliegenden Fall, Nachlassgericht bin. :oops: Deswegen hatte ich zu dem Datum und den gesetzlichen Erben auch keine Angaben gemacht...falls der Vorwurf von uschi gegen mich ging...

    Ich habe dazu jedoch noch einige Fragen:

    Einmal als Nachlassgericht: Wir wäre es in dem vorliegenden Fall gewesen, wenn die Tochter nach Berechnung der Quoten aufgrund der Teilungsanordnung 3/4 des Nachlasses erhalten hätte? Dann wäre die Teilungsanordnung doch wirksam gewesen, oder? Oder konnte eine Berechnung gar nicht erst erfolgen, da die Teilungsanordnung von Anfang an unwirksam war?

    Und als Familiengericht: Habt ihr vielleicht einen Tipp wie ich die Erbauseinandersetzung prüfe? Es stellen sich mir da soviele Fragen... :confused:
    - Zum Nachlass gehört under anderem die Eigentumswohnung, ein PKW, ein Klavier, eine Provision aus einem Handelsvertrervertrag und eine Beteilung an einer GbR. Hier wurden die Werte einfach von den Beteiligten geschätzt. Beziehungsweise die Beteiligung an der GbR wurde bereits veräußert und die Provision wurde ausgezahlt. Würdet ihr hier Gutachten anfordern? Grundsätzlich verlange ich Gutachten...Mein Problem ist jedoch, dass nach meiner bisherigen Berechnung die Tochter leicht mehr als die Hälfte bekommt (ca. 3.000 € mehr). Gutachterkosten würden diesen Wert natürlich wieder schmälern. Zu der Abfindung aus der GbR ist zu sagen, dass der Vertrag schon mal genehmigt werden sollte. Als Kaufpreis wurde einfach die Stammeinlage genommen. Die ehemals zuständige Kollegin verlangte ein Gutachten. Der Antrag wurde daraufhin zurückgenommen, da keine Genehmigung erforderlich sei und die Beteiligung für 19.000 € verkauft. Die Provision berechnet sich aus dem Übserschuss, welcher als Differenz zwischen dem Netto-Verkaufswert und dem Einkaufspreis lt. aktueller Navisions-Artikel-Kartei entsteht....!?! Kann ich da nicht einfach davon ausgehen, dass der ausgezahlte Betrag stimmt? Andere Rechnungen hinterfrage ich ja auch nicht....
    - Würdet ihr ausdrücklich nach ausgleichspflichtige Zuwendungen und Schenkungen während der letzten 10 Jahre fragen? Wie verhält es sich dabei mit der Lebensversicherung? Sie wurde zugunsten Dritter abgeschlossen und geht an die Tochter. Einen Nachweis habe ich dafür jedoch noch nicht. Werden die in den letzten 10 Jahren bezahlten Prämien auch berücksichtigt oder kann mir das egal sein, da die Lebensversicherung an die Tochter geht?
    - Und was wäre die Folge, wenn der Wert unter den Pflichtteil liegt? Hat die Tante eine entsprechende Ausgleichszahlung zu leisten oder könnten man sogar die Übertragung des Grundbesitzes verweigern?

    Wie ihr seht habe ich leider gar keine Ahnung von der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen...:(

  • Zitat

    oder wenn die Tochter einen Erbteil erhalten hätte, der -wenn auch nur geringfügig- über ihrer Pflichtteilsquote liegt. Denn dann wären wir bei Abs.1 S.2 und nicht bei Abs.1 S.1 des § 2306 BGB a.F. gelandet.

    oh....meine erste Frage - als Nachlassgericht - hat sich damit erledigt.

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