Neugläubiger?

  • Es ist aber logisch. Woher nimmt "der Hamburger Kommentar" denn die Erklärung dafür, dass Neugläubiger auch betroffen seien, wenn doch im Gesetz klar und deutlich der Begriff Insolvenzgläubiger benutzt wird.

    Das wird der Gesetzgeber auch so gemeint haben, sonst hätte er geschrieben: Alle Gläubiger des Schuldners, gleich, wann die Forderung entstanden ist.

    Das wäre auch nicht richtig. Was haben Neugläubiger mit dem Insolvenzverfahren für die Altgläubiger zu tun? Nix.

    Wird das für § 294 InsO dann auch gleich noch mit "kommentiert"? Also kann der Schuldner Neuverbindlichkeiten eingehen, ihm passiert sowieso nichts?

  • so eindeutig ist der HamK nun auch wieder nicht, zumal die dort zitierte Entscheidung des KG auch nicht großartig begründet ist, andere Gerichte es anders sehen und auch die Literatur sich nicht einig ist.

    Die Meinung ist auch sehr ergebnisgesteuert, nach dem Motto: "Ist ja sowieso alles unter Massebeschlag".

    Allerdings schränkt der HamK auch schon wieder ein, nämlich bei Freigabe nach § 35, II InsO. Das ist mE auch folgerichtig dann, wenn man diesen ganzen Freigabequatsch ernst nimmt. Dem Schuldner soll ja, lt. Begründung, BT-Drucks 16/3227:
     
     
    Ein Weg, dem Insolvenzschuldner die Möglichkeit einer selbstständigen Tätigkeit außerhalb des Insolvenzverfahrens zu eröffnen, ist eine Art „Freigabe" des Vermögens, das der gewerblichen Tätigkeit gewidmet ist, einschließlich der dazu gehörenden Vertragsverhältnisse. Eine vergleichbare Regelung findet sich bereits in § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO hinsichtlich der Wohnung des Schuldners. Den Neugläubigern, also den Gläubigern, die nach Eröffnung des Verfahrens mit dem Schuldner kontrahiert haben, stehen, sofern eine entsprechende Erklärung des Verwalters vorliegt, als Haftungsmasse die durch die selbstständige Tätigkeit erzielten Einkünfte zur Verfügung.


    Damit wäre erst einmal einiges gesagt. Stellt sich nur noch die Frage, warum "nur" Neugläubiger im Sinne des § 35 II InsO ein solches Vollstreckungsprivileg haben sollen und nicht sonstige Gläubiger.

    Über den rot markierten Teil muss man noch einmal sehr scharf nachdenken, da dort mehr Sprengkraft drin steckt, als in einer Atombombe. Über das Problem mit den Arbeitsverhältnissen hatten wir an anderer Stelle ja schon mal diskutiert, aber damit ist man ja auch den Gewerberaummietvertrag los und keine Masseverbindlichkeit usw.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wird 1 Tag nach Insolvenzantrag einen Bankkredit beantragt und erfolgt die Auszahlung des Darlehens erst 6 Tage nach Insolvenzeröffnung, ist der Gläubiger nun Insolvenz- (§ 38 InsO) oder Neugläubiger? :gruebel:

    Insolvenzgläubiger im Sinne des § 38 InsO ist jeder Gläubiger, der zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat. Die Insolvenzforderung muss jedoch nicht schon bei Insolvenzeröffnung fällig sein (§ 41 InsO). Die Qualifizierung als Insolvenzgläubiger ist wesentlich, denn nach § 87 InsO können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften des Insolvenzverfahrens verfolgen.

  • Wird 1 Tag nach Insolvenzantrag einen Bankkredit beantragt und erfolgt die Auszahlung des Darlehens erst 6 Tage nach Insolvenzeröffnung, ist der Gläubiger nun Insolvenz- (§ 38 InsO) oder Neugläubiger? :gruebel:

    Insolvenzgläubiger im Sinne des § 38 InsO ist jeder Gläubiger, der zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat. Die Insolvenzforderung muss jedoch nicht schon bei Insolvenzeröffnung fällig sein (§ 41 InsO). Die Qualifizierung als Insolvenzgläubiger ist wesentlich, denn nach § 87 InsO können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften des Insolvenzverfahrens verfolgen.

    Ein lustiger Spass :D
    ich kann da nur mal aus der Hüfte schießen:
    Konsensualvertragstheorie: Darlehensvertrag ist vor IE entstanden; mit IE Wahlrecht des IV; hier kein Wahlrecht ausgeübt; Leistung ist an nicht empfangsberechtigten Schuldner erfolgt. Dem Rechtsgrunde nach angelegt war die Forderung ..... oh je oh je...
    Realvertragstheorie: = glasklar Neugläubiger
    hm, ich hatte dies immer nur für einen akademischen Streit gehalten.
    Oki, zur Rettung der Konsensualvertragstheorie ein Friedensangebot: Sch.ist ungerechtfertigt bereichert, daher Neugläubiger.... wie gesagt, nur aus der HÜfte geschossen

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Der Kreditvertrag kommt wie jeder andere schuldrechtliche Vertrag durch zwei korrespondierende Willenserklärungen zustande, dem Angebot zum Abschluss des Vertrages und dessen Annahme/Kreditbewilligung/Auszahlung.
    Korrespondierend bedeutet, dass beide Erklärungen deckungsgleich sind, also einander entsprechen. Weicht die Annahmeerklärung vom Angebot ab, gilt sie als neues Angebot, das seinerseits der Annahme bedarf (§ 150 BGB).

    Ein Darlehensvertrag gilt ab dem Zeitpunkt, an dem beide Vertragsparteien – also Kreditgeber und Kreditnehmer – mit der eigenen Unterschrift den vorher festgelegten Vertragsinhalten zustimmen. Ein Darlehensvertrag muss immer schriftlich festgehalten werden, mündliche Vereinbarungen haben keine Rechtsgültigkeit

  • ...

    Ein Darlehensvertrag gilt ab dem Zeitpunkt, an dem beide Vertragsparteien – also Kreditgeber und Kreditnehmer – mit der eigenen Unterschrift den vorher festgelegten Vertragsinhalten zustimmen. Ein Darlehensvertrag muss immer schriftlich festgehalten werden, mündliche Vereinbarungen haben keine Rechtsgültigkeit

    Sorry, nein. Nur der Verbraucherdarlehensvertrag bedarf der Schriftform, § 492 BGB.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ja, es handelt sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag.
    Ist die Bank bei dem geschilderten Sachverhalt nun Insolvenz- oder Neugläubiger. Der Kreditantrag war vor Insolvenzeröffnung, die Kreditbewilligung/Auszahlung einige Tage nach Insolvenzeröffnung. :gruebel::confused:

  • :daumenrau

    Äh, Deine Ausführungen zum Vertragsschluss und des sonstigen juristischen Allgemeinguts sind ja nett, aber zur Vertragsannahme (im S. der Konsensualvertragstheorie) hat Du nix geschrieben !
    Oki, die Vollständigkeit des Sachverhalts einzufordern habe ich unterlassen, leider entgegen sonstiger Gewohnheit.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!