Uralter Titel

  • Anfängerfrage:
    Ich habe einen Zahlungsbefehl von 1970 hier liegen.
    Die letzte Vollstreckungshandlung lag im Dezember 1976 vor.
    Ist ein Titel nach 30 Jahren verjährt nach § 195 BGB?
    Wird die Verjährung durch Vollstreckungsmaßnahmen unterbrochen?
    Muss ich als Rpfl das bei ERlass des Pfübs prüfen oder muss der Schuldner die Verjährung einwenden?
    Kann mir da jemand einen Tipp geben?

  • Nach § 212 BGB beginnt die Verjährungsfrist nach jeder Vollstreckungshandlung von neuem.
    Außerdem ist die Verjährung eine EINREDE die nicht von Amts wegen zu beachten ist.

    Eine Verwirkung kommt hier m.E. keinesfalls in Frage.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Och je, die Beiträge sind ja auch weg.

    Ein Vollstreckungstitel verjährt nach 30 Jahren. Eine Vollstreckungshandlung unterbricht die Verjährung und mehrere rechtzeitige Vollstreckungsversuche zu gegebener Zeit machen den Titel praktisch "unsterblich". Zinsen verjähren allerdings nach 3 Jahren. Zur Unterbrechung guckst Du § 212 BGB.

    In Deinem Fall ist also rechtzeitig eine Vollstreckungsmaßnahme eingeleitet worden, so dass die Verjährung (erneut) unterbrochen ist.

    Stellt man fest, dass ein verjährter Titel vorgelegt wurde, wäre das nach meiner Ansicht durchaus beachtlich. Es handelt sich zwar um eine Einrede, aber bei zweifelsfreier Feststellung, dass der Titel "tot" ist, hätte ich so meine Zweifel, Maßnahmen einzuleiten.

  •   Es handelt sich zwar um eine Einrede, aber bei zweifelsfreier Feststellung, dass der Titel "tot" ist, hätte ich so meine Zweifel, Maßnahmen einzuleiten.



    Ich hab da gar keine Zweifel. Der Sch muss die Einrede erheben. Wird auf eine verjährte Forderung gezahlt, ist der Gl nicht ungerechfertigt bereichert, er darf das Geld behalten.

  • "Das Recht ist mit den hellen". Natürlich kann der Gl so alle 3 Monate den GVZ losschicken. Ob das nun sinnvoller ist?



    Darum geht es mir gar nicht. Es ist für mich nur eine Art "strange feeling", so mir nichts dir nichts über einen "toten Titel" hinwegzusehen...

  • Istr der titel nicht längst verwirkt, wenn das letzte mal vor über 20 jahren vollstreckt wurde?

    Auch eine evtl. Verwirkung würde ich im Vollstreckunsgverfahren nicht prüfen auch wenn es ein Einwand und keine Einrede ist, da hierfür Ermittlungen anzustellen wären, die m.M.n. im Vollstreckungsverfahren nichts zu suchen haben. Sollte der Schuldner der Meinung sein, der Anspruch wäre verwirkt, mag er Vollstreckungsabwehrklage einreichen.

  • Im übrigen ist für das Vollstreckungsgericht ja nicht 100% ersichtlich, wann letztes Mal ein Vollstreckungsversuch unternommen wurde. Ne, ich würde da auch auf die Einrede abstellen.

  • @ Jürgen:

    da steht:
    Juristischer Sprachgebrauch in Deutschland

    Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde.

    Die Definition von Verwirkung war mir durchaus geläufig und der obige Hinweis das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen zu wollen widerspricht doch genau dem Titulierungsgedanken.

    Meine Frage war eher, wie ein titulierter Anspruch verwirkt werden kann :gruebel:

    und weiter unten steht:
    Untätigsein des Berechtigten bezüglich der Durchsetzung des Rechts.

  • OLG Frankfurt/M. Beschl. v. 8.10.2002 – 13 W 54/02

    Ein titulierter Darlehensrückzahlungsanspruch gegen die einkommenslose mitverpflichtete Ehefrau ist verwirkt, wenn ihre Inanspruchnahme über zwanzig Jahre bei fehlendem SchufaEintrag und trotz Erreichbarkeit auf Grund regelmäßiger polizeilicher Anmeldung versäumt wurde. 

  • Danke erstmal, aber aus der hier angeführten Begründung finde ich es auch nachvollziehbar

    "Ein besonderes Vertrauen der Schuldnerin, dass der Gläubiger sie mit der genannten Forderung nicht mehr behelligen werde, erfordert jedoch weitere Umstände. Im vorliegenden Fall ist die Schuldnerin davon ausgegangen, ihr geschiedener Ehemann werde im Gegenzug für die Freistellung von Unterhaltszahlungen die Schuld tilgen."

    Grundsätzlich jedoch darf ich hoffentlich auf die Titulierung bzw. die geltenden Verjährungsfristen vertrauen.

  • Verwirkung
    OLG Hamburg - LG Hamburg 26.07.2005 2 Wx 9/05
    Ein Anspruch ist verwirkt, wenn der Anspruchsinhaber ihn über längere Zeit nicht geltend gemacht hat und der Anspruchsgegner aufgrund des gesamten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser den Anspruch auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde. Eine Verwirkung kommt für Ansprüche aus allen Rechtsgebieten des bürgerlichen Rechts, auch im Wohnungseigentumsrecht. (Leitsatz der Redaktion)
    BGB § 242 Aktenzeichen: 2Wx9/05 Paragraphen: BGB§242 Datum: 2005-07-

  • Das Fazit wäre:

    Auch wenn die Verjährung des Titels durch eine Vollstreckungsmaßnahme am Ende des 29. Jahres ausgebremst werden könnte, kann die Verwirkung gleichwohl zuvor rechtsvernichtend sein und der Titel ist dann trotzdem hin.

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