Abwesenheitspflegschaft vs.Nachlasspflegschaft

  • Hallo,

    das Land Niedersachsen beantragt bei mir die Anordnung einer Abwesenheitspflegschaft.

    Es wurde das Fiskuserbe festgestellt. Zum Nachlass gehört ein Grundstücksanteil. Der andere Teil gehört einer Erbengemeinschaft, bei der bereits Erben nachverstorben sind, so dass die tatsächlichen Erben nicht bekannt sind bzw. ermittelt werden können. Da das Grundstück verkauft werden soll, soll für die "nicht bekannten Miteigentümer" ein Abwesenheitspfleger bestellt werden.

    M.E. muß doch hier eine Nachlasspflegschaft angeordnet werden, oder sehe ich das falsch?

    LG Ruly

  • Mein Gedankengang in der Abfolge:
    Es kann beides in Betracht kommen
    a) Mitglied der EG ist bekannt, aber unbekannt verzogen (§ 1911 BGB)
    b) Erbe eines Mitgliedes der EG ist unbekannt (§ 1961 BGB).

    Im Fall a) sehe ich im Interesse des Fiskus an der Veräußerung keinen Anlass, eine Pflegschaft anzuordnen. Mir fehlt einfach das Fürsorgebedürfnis für den Abwesenden.

    Im Fall b) steht das Bedürfnis aus dem gleichen Grund in Frage.

    Interessen Dritter interessieren in dem Zusammenhang nicht.

    Aber:
    Allerdings sind beide Voraussetzungen schnell hergestellt, wenn der Fiskus einen Teilungsversteigerungsantrag stellt. Dann besteht ein Fürsorgebedürfnis im Sinne des § 1911 BGB bzw. ein Bedürfnis im Sinne des § 1960 BGB. Der unbekannt Verzogene bzw. der unbekannte Erbe müssen ja im Verfahren vertreten sein.

    Da die Veräußerung der elegantere Weg ist und es mir blödsinnig erscheint, den Fiskus darauf hinzuweisen, erst diesen Weg zu beschreiten, würde ich mich über die Frage der Fürsorge und des Bedürfnisses hinwegsetzen und die Pflegschaft anordnen bzw. anzuordnen anregen.

  • Nach meiner Ansicht kommt für die nachverstorbenen Miterben nur die Anordnung von Nachlasspflegschaften in Betracht. Wir haben hier nicht den Fall von bekannten Beteiligten, deren Aufenthalt unbekannt ist, sondern den Fall, dass die betreffenden Beteiligten (= Erbeserben) schlechthin unbekannt sind.

  • Ich häng mich hier mal ran:

    Mir liegt ein Antrag auf Bestellung eines Abwesenheitspflegers für die Erben nach X vor. Hier wurden die zwei Pflegschaften wohl vermischt.

    Aus dem Antrag geht nicht hervor, ob X noch lebt oder bereits verstorben ist. Der Antragsteller ist der Meinung, dass dies von Amts wegen ermittelt werden müsste. Hintergrund ist, dass X Eigentümer eines Grundstücksanteils ist und der Grundbesitz nun verkauft werden soll.

    Ich bin der Meinung, dass es sich bei dem Antrag nicht um einen konkreten Antrag handelt und neige dazu, diesen zurück zu weisen.

    Muss ich v. A. w. ermitteln, ob X verstorben ist oder gilt hier der Beibringungsgrundsatz?

    Ist eine Zurückweisung dieses Antrages möglich? Welches Rechtsmittel wäre dagegen einzulegen?

  • An einer Abwesenheitspflegschaft für X kommst Du wohl nicht vorbei. X ist verschwunden, Fürsorgebedürfnis besteht aufgrund beabsichtigtem Grundstücksverkauf, im Zweifel im Wege der Teilungsversteigerung.

    Der Anregende muß darlegen, welche Bemühungen er bisher unternommen hat, um den Aufenthaltsort von X selber zu ermitteln. Das Gericht ermittelt ebenfalls.

    Falls sich X nicht auffindet bzw. er eindeutig verstorben ist und auch das Interesse an der Pflegschaft weiter besteht, ist die Pflegschaft einzurichten.

    M.E. ist hier kein ausdrücklicher Antrag nowendig, eine Anregung reicht aus. Zudem besteht Amtsermittlungsgrundsatz.

  • Ob alleine ein Grundstücksverkauf ein Fürsorgebedürfnis darstellt, stelle ich mal streitig. Wenn nicht weitere Gründe vorgetragen werden (drohender Verfall, zu ergreifende Sicherungsmaßnahmen, Werteverlust) bejaht der Veräußerungswunsch eines Miteigentümers IMHO kein Fürsorgebedürfnis für den Abwesenden.

    Und wenn der Tod des Abwesenden feststeht, hat das Betreuungsgericht die Abwesenheitspflegschaft aufzuheben (§ 1921 BGB).

    Woher nimmst Du den Amtsermittlungsgrundsatz?

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