Rechtsprechungshinweise Fächerübergreifende Themen

  • Zustellung per Empfangsbekenntnis:

    Zur Empfangsbereitschaft des Zustellungsempfängers

    Für eine wirksame Zustellung muss nicht der vorbereitete Vordruck genutzt werden. Das Empfangsbekenntnis kann auch in anderer Form abgegeben werden (hier in einer Revisionsschrift)

    BSG, 05.06.2019, B 12 R 3/19 R

    NJW 2020, 422, NZS 2019, 948 (krit. Anm. Schmidt)

  • Elektronisches Anwaltspostfach (beA) - Zur Pflicht des Rechtsanwaltes, sich die technischen Kenntnisse zur Nutzung anzueignen - Keine Pflicht des Gerichtes zur Erteilung von Handlungsanweisungen, damit die zugestellten Dokumente geöffnet werden können

    LAG Schleswig-Holstein, 19.09.2019, 5 Ta 94/19

    NZA-RR 2019, 659 (mit Anmerkung Müller)

  • Durch den Vermerk auf dem Zustellungsumschlag (§ 180 Satz 3 ZPO) wird dem Zustellungsempfänger lediglich nachrichtlich das Zustelldatum zur Kenntnis gebracht. Die Nichteinhaltung durch die fehlende Eintragung des Datums ändert nichts an der Wirksamkeit der Zustellung.


    OVG Schleswig, 20.12.2019, 2 MB 20/19 (NJW 2020, 633)

  • Computerfax / Zustellungswille bei Aufgabe zur Post

    BGH, 19.02.2020, XII ZB 291/19

    Kernaussagen:

    Ein wirksames Computerfax setzt voraus, dass das Schriftstück mit der eingescannten Unterschrift unmittelbar aus dem Computer verschickt wird.

    Die Heilung eines Zustellungsmangels setzt voraus, dass das Gericht eine formgerechte Zustellung wenigstens angestrebt worden ist. Es genügt für eine Heilung nach § 189 ZPO (hier i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 FamFG) nicht, dass das Schriftstück dem Empfänger irgendwie zugeht. An einem Zustellungswillen fehlt es, wenn sich das Gericht von vornherein bewusst dafür entscheidet, von der förmlichen Zustellung der Entscheidung an den Beteiligten abzusehen, und die schriftliche Bekanntgabe durch Aufgabe zur Post anordnet.

  • Zu den Anforderungen an den Gegenbeweis bei einer durch Zustellungsurkunde nachgewiesenen Zustellung – Die bloße Versicherung, das Schriftstück nicht erhalten zu haben, genügt dafür nicht.

    OLG Dresden, 06.03.2019, 4 U 163/19, NJOZ 2020, 415

  • Zu Terrorliste / Finanzsanktionsliste / FTL:

    Schmiedeberg, Sanktionspolitik trifft Justizalltag – Auswirkungen der Terrorismusfinanzierung auf die Rechtspflege, Rpfleger 2020, 173

  • Kulhanek, Saalöffentlichkeit unter dem Infektionsschutzgesetz, NJW 2020, 1183

    (im Fokus des Beitrages stehen strafrechtliche Hauptverhandlungen)


    Vorwerk: Corona/Covid-19 – Wiedereinsetzung oder Unterbrechung? NJW 2020, 1196

  • Neue Kommentierung: Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, Verlag C. H. Beck (u.a. mit dem Abschnitten Wohnungseigentumsrecht, Sanierung und Insolvenz, Zivilverfahren in Zeiten des Coronavirus)


    Neue Zeitschrift: COVID-19 und Recht COVuR, Verlag C.H. Beck, erscheint 2x im Monat


    Arbeitshilfen vom DNotI: https://www.dnoti.de/arbeitshilfen/corona/ (u.a. mit den gesetzlichen Änderungen betreffend COVID-19 und einem Gutachten zur Testamentserrichtung mittels Übergeben einer offenen Schrift)

  • § 189 ZPO – Heilung einer Zustellung durch tatsächlichen Zugang des Originals

    Für den tatsächlichen Zugang als Voraussetzung der Heilung eines Zustellungsmangels gemäß § 189 ZPO ist nicht der Zugang des zuzustellenden Originals erforderlich. Die erfolgreiche Übermittlung einer (elektronischen) Kopie in Form – beispielsweise – eines Telefaxes, einer Fotokopie oder eines Scans ist ausreichend. Die bloße mündliche Überlieferung oder eine handschriftliche oder maschinenschriftliche Abschrift des zuzustellenden Originals führen dagegen wegen der Fehleranfälligkeit einer solchen Übermittlung nicht zur Heilung des Zustellungsmangels.

    BGH, Beschluss vom 12. März 2020 – I ZB 64/19

    siehe auch Anm. Toussaint in FD-ZVR 2020, 429319


    § 130a ZPO - Zu den Anforderungen an ein elektronisches Dokument (hier Übersendung nicht durchsuchbarer PDF-Dokumente) und zu dem Möglichkeiten einer Heilung eines Dokumentenmangels

    BAG, 12.03.2020, 6 AZM 1/20, BeckRS 2020, 6028

    siehe auch Anm. Toussaint in FD-ZVR 2020, 429320

  • Klose, Die Folgen der Corona-Krise für die Versäumnis von Fristen und Terminen im Zivilprozess, NJ 2020, 191

  • § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG

    Das Ausgangsgericht (hier: Landwirtschaftsgericht) darf einer Beschwerde gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG nur abhelfen, wenn diese statthaft und auch im Übrigen zulässig ist. Deshalb muss es vor der Abhilfe auch die Zulässigkeit der Beschwerde prüfen.

    § 44 Abs. 1 und 2, § 45 LwVG

    Das Landwirtschaftsgericht ist jedenfalls nach Ablauf der Beschwerdefrist nicht befugt, die von ihm getroffene Kostenentscheidung von Amts wegen oder aufgrund der Gegenvorstellung eines Beteiligten abzuändern.

    pp.

    BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2020 - BLw 1/19 -

    Vorinstanzen:
    OLG Frankfurt am Main
    AG Gelnhausen

    Anmerkungen:
    Mit dem 1. Leitsatz hat der BGH den Meinungsstreit (Rn. 9/10) nunmehr entschieden. In der Begründung zum 2. Leitsatz finden sich zudem grds. Ausführungen zur Gegenvorstellung und der Un-/Möglichkeit der Selbstkorrektur des Gerichtes (Rn. 26-28).

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Die Heilung eines Zustellungsmangels setzt nicht voraus, dass dem Zustellungsempfänger eine Kopie genau des ihm zuzustellenden Schriftstücks zugeht. Vielmehr ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass er eine inhaltlich mit diesem Schriftstück übereinstimmende Kopie erhält, die etwa auch in der einem anderen Verfahrensbeteiligten zugegangenen, inhaltsidentischen beglaubigten Abschrift der zuzustellenden Entscheidung - oder auch in einer Kopie von dieser - bestehen kann (Fortführung von BGH, Beschluss v. 12.3.2020 - I ZB 64/19 -, MDR 2020, 750 = FamRZ 2020, 1283 [LS.]; Urteil v. 20.4.2018 - V ZR 202/16 -, NJW-RR 2018, 970, und Senatsbeschluss v. 4.5.2011 - XII ZB 632/10 -, FamRZ 2011, 1049).

    BGH, 07.10.2020, XII ZB 167/20 (FamRZ 2021, 55)

  • Die Anforderungen an die Verschuldensvermutung bei einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung dürfen nicht in einer einem fairen Verfahren entgegenstehenden Weise überspannt werden. Auch ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich auf die Richtigkeit einer durch das Gericht erteilten Rechtsbehelfsbelehrung vertrauen. Dies gilt aber nur dann, wenn die inhaltlich fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung zu einem unvermeidbaren, zumindest aber nachvollziehbaren und daher verständlichen Rechtsirrtum geführt hat und die Rechtsbehelfsbelehrung offenkundig falsch gewesen ist und deshalb ausgehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken vermag.

    "Ein durch eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung entstandener Vertrauenstatbestand mag entfallen, wenn die Unrichtigkeit der gerichtlichen Rechtsbehelfsbelehrung (für einen Rechtsanwalt) ohne weiteres, also auch ohne nähere Rechtsprüfung erkennbar ist. Ein solch offensichtlicher Fehler kann im vorliegenden Fall jedoch nicht angenommen werden. Die Auferlegung einer generellen Überprüfungsobliegenheit gerichtlicher Rechtsbehelfsbelehrungen anhand einschlägiger Kommentarliteratur - wie hier vom Landgericht angenommen - würde auch bei einer anwaltlichen Vertretung die Verantwortung für eine auf richterlichen Fehlern beruhende Säumnis allein auf den Bürger abwälzen und damit dem Grundsatz fairer Verfahrensführung nicht mehr gerecht werden. Der Rechtsanwalt muss zwar, unabhängig von einer etwaigen Spezialisierung, grundsätzlich umfassende Gesetzeskenntnis und auch Kenntnis der jeweiligen Verfahrensordnung haben, wenn er ein entsprechendes Mandat übernimmt. Er muss jedoch nicht klüger sein als das zuständige Fachgericht (vgl. BGH, Beschluss vom 23. September 1993 - LwZR 10/92 -, NJW 1993, S. 3206)."

    BVerfG, 04.09.2020, 1 BvR 2427/19 (FamRZ 2021, 40)

  • ZPO §§ 130a, 233 Satz

    Zur Zumutbarkeit der Benutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs zur Übermittlung der Berufungsbegründung an das Berufungsgericht, wenn amAbend des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist eine Übermittlung per Telefax aus von der Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers nicht zu vertretenden Gründen scheitert (Defekt des gerichtlichen Empfangsgerätes) und diese mit der aktivenNutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs nicht vertraut ist.

    BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2020, III ZB 31/20

  • BGH, Beschluss vom 19.11.2020, V ZB 49/20

    Eine Briefaufgabe in der Corona-Pandemie besagt für sich genommen und ohne weitere konkrete Anhaltspunkte noch nicht, dass ein Vertrauen in die üblichen Postlaufzeiten (Auslieferung am nächsten Werktag) nicht mehr gegeben ist.

  • ZPO § 130a Abs. 5

    Zum Eingang eines über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichten elektronischen Dokuments (hier: Berufungsbegründung) bei Gericht (§ 130a Abs. 5 ZPO).

    BGH, 08.03.2022, VI ZB 25/20

    Der BGH verlangt vorliegend weitere Aufklärung durch das Beschwerdegericht, weil die fehlerhafte elektronische Aufrufbarkeit der Dokumente möglicherweise in der Verwendung eines Umlautes im Dateinamen begründet sein könnte. Die Verwendung eines Umlautes sei nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften nicht verboten.

    Mittlerweile ist die Verwendung von Umlauten in Dateinamen ausdrücklich erlaubt (2. ERVB 2022, Inkrafttreten: 01.04.2022):
    https://justiz.de/laender-bund-e…_02_02_2022.pdf

  • Vermerkt der Zusteller entgegen § 3 Abs. 2 VwZG, § 180 Satz 3 ZPO auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung nicht, gilt das Dokument gemäß § 8 VwZG erst in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist.


    BGH, 29.07.2022, AnwZ (Brfg) 28/20, siehe auch Fritzsche, NZFam 2022, 900


  • Die einfache Signatur im Sinne des § 130 a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise bestehend aus einem maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder einer eingescannten Unterschrift. Nicht genügend ist das Wort „Rechtsanwalt“ ohne Namensangabe (im Anschluss an BAGE 172, 186 = NJW 2020, 3476 und BSG NJW 2022, 1334).

    BGH, Beschluss vom 7. September 2022 - XII ZB 215/22 -
    (Vorinstanzen: OLG Düsseldorf, AG Düsseldorf)[/FONT]

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  • BGH: § 130d ZPO – Zur Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit

    ZPO § 130 d Satz 2 und 3; FamFG § 14 b Abs. 1 Satz 2 und 3

    a) Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument bedarf einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände, deren Richtigkeit der Rechtsanwalt unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichern muss.

    b) Eine nachgeholte Glaubhaftmachung dreieinhalb Wochen nach der Ersatzeinreichung ist nicht unverzüglich erfolgt.

    BGH, 21.09.2022, XII ZB 264/22 (NJW 2022, 3647)

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