Bedingte Erbeinsetzung im Erbvertrag -> Erbscheinsvorlage?

  • Hallo zusammen!

    Neues Jahr - neue Knacknüsse.

    Das Grundbuch soll nach einem Erbfall berichtigt werden. Der kinderlose A ist verstorben und hinterlässt seine Ehefrau B. Letztere hat zwei Kinder (aus früherer Ehe), C und D. In einem Erbvertrag zwischen dem Erblasser (A) und dessen Ehefrau (B) ist vereinbart:

    "Der Erstversterbende von uns beruft den Überlebenden zu seinem alleinigen Vollerben, gleich ob und welche Pflichtteilsberechtigte bei seinem Tode vorhanden sind.

    Der Überlebende von uns beruft mit erbvertraglich bindender Wirkung und ohne Anfechtungs- und Widerrufsrecht auch im Fall seiner Wiederverheiratung oder des Hinzutretens sonstiger Pflichtteilsberechtigter die Kinder der B, C und D, zu gleichen Anteilen, ersatzweise deren Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge.

    ...

    Ein bei Tod eines Ehegatten bereits mit Beendigung der Ehe abgeschlossenes Scheidungsverfahren bewirkt den Wegfall sämtlicher zugunsten der jeweils anderen angeordneten Verfügung. Dasselbe gilt, wenn beim Erbfall ein Scheidungsverfahren anhängig sein sollte und zwar unabhängig davon, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Scheidung bereits vorliegen. Ersatzerbenberufung und sonstige Verfügungen zu Gunsten anderer Personen sind ebenfalls unwirksam, eine Fortgeltung wird ausdrücklich ausgeschlossen.

    .."

    Wenn das hier mal wer kurz auf sich wirken lassen und mir einen Schubs geben könnte?

    Soll nun das Ganze mit der Ehe stehen und fallen oder wie? Und woher soll ich wissen, ob ein Scheidungsverfahren anhängig ist? Abgesehen davon ist mir dieser einschränkende Absatz überhaupt schleierhaft. Widerspricht sich der nicht sogar teilweise mit der vorher völlig unbedingten Verfügung ("auch im Fall seiner Wiederverheiratung")? Oder hab ich einfach nur ein Brett vorm Kopf? :daemlich

    Kann ich hier nicht einen Erbschein verlangen?

  • Ist das nicht einfach nur die Bestätigung der Auslegungsregel des § 2077 BGB ?

    Die Folgen sind dann (s. Litzenburger im Beck´schen-online Kommentar, § 2077 BGB RN 13):

    „IV. Rechtsfolge
    13Rechtsfolge des § 2077 ist die Unwirksamkeit einer Erbeinsetzung oder eines Vermächtnisses zugunsten des Ehepartners bzw Verlobten des Erblassers. Bei einer Auflage entfällt der Vollziehungsanspruch. Enthält das Testament auch Verfügungen zugunsten Dritter, so bleiben diese uneingeschränkt wirksam.“
    (s. dazu auch BGH, DNotZ 2003, 865 und OLG Dresden, Rpfleger 2/2010, 78).

    Über § 2268 II BGB fortgeltende wechselbezügliche Vfg.en behalten auch nach der Scheidung ihre Wechselbezüglichkeit (s. BGH, Rpfleger 2004, 626; Gutachten DNotI-Report 6/2005, 45, Kanzleiter, ZEV 2005, 181; s.a. OLG München, Rpfleger 6/2008, 307).

    Ein Erbschein kann lt. DNotI (-Report) 23/2006, 181 nicht verlangt werden; eidesstattl. Versicherung nur bei bei konkreten Anhaltspunkten für das Eingreifen der Scheidungsklausel. So, das war´s auf die Schnelle. Jetzt kommt Cromwell:;)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ist das nicht einfach nur die Bestätigung der Auslegungsregel des § 2077 BGB ?



    So aus dem Bauch heraus würde ich das verneinen, weil im Erbvertrag steht, dass "dasselbe gilt, wenn beim Erbfall ein Scheidungsverfahren anhängig sein sollte und zwar unabhängig davon, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Scheidung bereits vorliegen".

    Nach dem Wortlaut des § 2077 BGB müssen die Voraussetzungen für die Scheidung vorliegen.

    Aber dass ich das jetzt so sehe, muss nix heißen. Nachlass is nämlich nich so unbedingt mein Steckenpferd.
    (Wo ist der Reiher-Smiley?) ;)

    Ein Erbschein kann lt. DNotI (-Report) 23/2006, 181 nicht verlangt werden; eidesstattl. Versicherung nur bei bei konkreten Anhaltspunkten für das Eingreifen der Scheidungsklausel.



    Das klingt nett. Da fällt mir ein, dass mir das ja eigentlich auch lieber ist. Ich könnte Frau B dann also einfach als neue Eigentümerin eintragen - aufgrund der Erbfolge laut Erbvertrag. Und irgendeine versteckte Nacherbfolge kann da hoffentlich auch kein Mensch reininterpretieren, oder?

    So, das war´s auf die Schnelle.



    Vielen Dank! :daumenrau

    Jetzt kommt Cromwell:;)




    :dafuer: !!!!

  • Im DNotI-Report 23/2006, 181

    http://www.dnoti.de/Archive/DNotI_Report/2006/rep232006.pdf

    ist auf S. 182 unter anderem die Kommentierung von Nieder, Handbuch der Testamentsgestaltung, 2. Auflage, mit der RN 854 wie folgt zitiert: „Ist beim Tode eines Ehegatten ein Scheidungsantrag zugestellt, sollen die Verfügungen von Todes wegen ihrem ganzen Inhalt nach unwirksam, und zwar ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Eheauflösung gegeben sein müssen“.

    Auf einer solchen Formulierung (evtl. auch bei Langenfeld, Testamentsgestaltung, 3. Auflage) dürfte der von Dir eingestellte Text beruhen.

    Schönen Feiertag (denjenigen, die zu den Glücklichen gehören :):):)...)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ein Erbschein ist nicht erforderlich, sondern es stellt sich lediglich die Frage, ob im Hinblick auf das Nichtvorliegen der in der ausdrücklichen und über die gesetzliche Regelung des § 2077 BGB hinausgehenden Scheidungsklausel formulierten Voraussetzungen für einen Wegfall der Erbeinsetzung eine notarielle eidesstattliche Versicherung abzugeben ist oder ob die Erbfolge auch ohne eine solche Versicherung eingetragen werden kann. Im DNotI-Gutachten DNotI-Report 2006, 181, 183 (unter Ziffer 3 c) und von Bestelmeyer (Rpfleger 2008, 552, 563) wird die Notwendigkeit einer eidesstattlichen Versicherung beim Fehlen von Anhaltspunkten für ein Eingreifen der Scheidungsklausel verneint. Dem wird man nach meiner Ansicht folgen können. Außerdem kann man sich in solchen Fällen noch zusätzlich die Nachlassakten anfordern, was man bei einer ohne Erbschein erfolgenden Grundbuchberichtigung ohnehin generell tun sollte.

  • Hallo,

    Ich hab' folgenden Fall:

    Erbvertrag zw. A und B. A ist 2007 verstorben B dessen Alleinerbe. Nun ist B verstorben. Erben sind die gemeinsamen ehelichen Abkömmlinge von A und B (diese sind im Erbvertrag namentlich genannt). Bzgl. eines der Abkömmlinge wird folgendes vereinbart:

    "Die Erbeinsetzung unseres Sohnes S entfällt, d. h. er ist nicht Erbe, wenn zum Zeitpunkt des Erbfalls gegen ihn ein gerichtliches Insolvenzverfahren anhängig ist oder zum Zeitpunkt des Erbfalls zahlungsunfähig i. S. von § 17 Abs. 2 InsO ist. Vielmehr treten an seine Stelle seine Abkömmlinge nach Stämmen zu gleichen Teilen, ersatzweise die Geschwister von S zu gleichen Stammteilen".

    In der NLA befindet sich eine schriftliche Erklärung des S dass weder ein Insolvenzverfahren anhängig ist noch dass Zahlungsunfähigkeit besteht. Ebenso befindet sich in der NLA eine Mitteilung des Insolvenzgerichts, dass ein Insolvenzverfahren nicht anhängig sei.

    Jetzt zu meiner Frage....benötige ich zur Eintragung der Erbfolge einen Erbschein?

  • Ich würde wie bei der Pflichtteilsstrafklausel entweder einen Erbschein oder eine notarielle eidesstattliche Versicherung aller Erben verlangen (auch wenn ein OLG (Hamm?) entschieden hat, dass bei der Strafklausel immer ein Erbschein erforderlich ist).

  • Das Nachlassgericht wird in Deinem Fall - bevor es eine Eidesstattliche Versicherung anerkennt - sicher mindestens beim zuständigen Insolvenzgericht wegen der Ausfallbedingungen nachfragen und damit eine Tatsachenermittlung anstellen, was dem Grundbuchamt verwehrt ist (vgl. Oberlandesgericht Frankfurt am Main — Beschl. v. 08.01.2018 (Az.: 20 W 215/17) für den Fall der Ausschlagung), so dass Du aus meiner Sicht einen Erbschein verlangen kannst.

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