AG Halle (Glaubhaftigkeit einer anwaltlichen Versicherung)

  • Guten Morgen,

    ich bin beim monatlichen stöbern nach neuester Rechtsprechung im juris auf die Entscheidung des AG Halle, Beschluss vom 04.01.2010, 103 II 2020/10 gestoßen und möchte diese Entscheidung hier im Forum mal zur Diskussion stellen. Im Beschluss wird ausgeführt, dass:

    "Wenn allerdings der Rechtsanwalt ausdrücklich versichert, dass der Antragsteller ihn wegen Beratungshilfe im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 4 BeratHiG aufgesucht hat, ist das Gericht angesichts der Tatsache, dass der Rechtsanwalt gemäß § 1 BRAO ein Organ der Rechtspflege ist, gehalten, dem Rechtsanwalt diese Versicherung im gleichen Umfang zu glauben wie es einer dienstlichen Äußerung eines Richters oder Staatsanwalts glauben würde".

  • Na die Tatsache, dass man meint, dienstlichen Äußerungen von Richtern und Staatsanwälten Glauben schenken zu können :D:D:D.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wohl eher die Tatsache, dass ich sachlich unabhängig bin und es mir vollkommen egal sein kann, was Richter oder Staatsanwälte von sich geben. Doch gerade dieses möchte der Richter/in wohl in seinem/ihrem Beschluss aufheben.

    Und ob hier bambule entstehen oder nicht, hängt doch eher von den Beiträgen ab, ggf. auch von den Personen, die sie schreiben. Bleibt man bei sachlichen Beiträgen, so werden auch keine bambule entstehen. ;)

  • Hier geht es wohl kaum um einen Eingriff in Deine sachliche Unabhängigkeit. Aber das Thema diskutiere ich gern mit.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Und was hat dies mit sachlicher Unabhängigkeit zu tun?

    Letztlich sagt deine Zusammenfassung in #1 doch nur, dass die anwaltiche Versicherung im gleichen Maße zur Glaubhaftmachung geeignet ist, wie die eines Richters, pp..

    Ob es dir im Rahmen deiner (sachlich unhabhängigen) Bescheidung des Antrags nun ausreicht oder nicht, ist doch deine Sache, ebenso wie es Sache des Erinnerungsrichters sein wird, die Glaubhaftmachung im Rahmen seiner (sachlich unabhängigen) Bescheidung zu würdigen.

  • Die sehe ich schon, denn der Richter/in führt in diesem Beschluss aus, dass ich etwas Glauben solle (unabhängig davon wer diese Äußerung von sich gibt). Spätestens hier wird meine sachliche Unabhägigkeit in Frage gestellt, will mir der/die Richter/in vorschreiben, wie ich mich zukünftig zu verhalten habe. Das mag in der StA möglich sein, denn dort sind (glaube ich) die Rechtspfleger an gewisse Weisungen gebunden. Aber sicherlich nicht in der Beratungshilfe.

  • Bevor man aus Prinzip "dagegen" schreit, könnte man auch darüber nachdenken, ob an der Aussage etwas richtig sein könnte. Und jetzt bin ich 'raus aus dem Fred.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Die sehe ich schon, denn der Richter/in führt in diesem Beschluss aus, dass ich etwas Glauben solle (unabhängig davon wer diese Äußerung von sich gibt). Spätestens hier wird meine sachliche Unabhägigkeit in Frage gestellt, will mir der/die Richter/in vorschreiben, wie ich mich zukünftig zu verhalten habe. Das mag in der StA möglich sein, denn dort sind (glaube ich) die Rechtspfleger an gewisse Weisungen gebunden. Aber sicherlich nicht in der Beratungshilfe.



    Die Weisungsgebundenheit steht bei der richterlichen Entscheidung/Aufhebung gar nicht im Raum. Niemand hindert mich, meine Meinung und Ansicht weiterhin zu verfolgen. Ich muss als erkennender Rechtspfleger dann eben nur damit rechnen aufgehoben zu werden. Das ist dann eben so. Mein Richter ist auch nicht immer derselben Ansicht wie ich. Wir wissen beide, dass es in einigen Punkten keine Annäherung geben wird. Daher entscheide ich so, wie ich für mich meine, dass es richtig ist und wenn ein Rechtsmittel kommt, dann hebt mich der Richter halt auf. Ist eben so.

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    Zum Zeitpunkt des Postens war ich all meiner 5 Sinne (Stumpfsinn, Schwachsinn, Wahnsinn, Irrsinn und Unsinn) mächtig.

  • Bevor man aus Prinzip "dagegen" schreit, könnte man auch darüber nachdenken, ob an der Aussage etwas richtig sein könnte. Und jetzt bin ich 'raus aus dem Fred.

    Verständlich.

    Sinn dieses Threads ist doch wohl: "Einem Anwalt glaube ich erstmal grundsätzlich gar nichts. Die Entscheidung ist doch wohl das allerletzte. Wie kann ein Richter sowas auch nur denken, geschweige denn noch schreiben?!"

    Ich gehe jedenfalls davon aus, dass dies die Antworten waren, die man sich dazu gewünscht hat. Besser noch wäre gewesen, die Entscheidung unter "Sachen zum Lachen" zu posten. :cool:

    Falls ich daneben liegen sollte mit meinen Gedanken, bitte ich um Entschuldigung. Diesen Eindruck vermittelt das ganze hier jedenfalls.

  • Mir geht es nicht darum, hier auszuführen, dass alle RA Lügner und Betrüger sind. Das steht mir nicht zu und das sehe ich auch nicht so. Es geht mir vielmehr um den rechtlichen Aspekt der Entscheidung und seine Auswirkungen auf die gerichtliche Praxis. Aus der gerichtlichen Erfahrung ist mir bekannt, dass es Kanzleien gibt, in denen BerHilfe gewährt wird und das BerHilfeformular im Datumsfeld nicht ausgefüllt wird. Soll hier jetzt auch die anwaltliche Versicherung ausreichen? :gruebel:

  • Mir geht es nicht darum, hier auszuführen, dass alle RA Lügner und Betrüger sind. Das steht mir nicht zu [...]


    Doch, genau das ist der sachliche Kern der Frage.
    Wo ist die Aussage eines (durch die Art seines Amtes in der Rechtspflege oft parteiischen) Anwaltes im Rahmen der Beweiswürdigung einzuordnen? Ist es formal so viel wert wie die Aussage eines zur Neutralität verpflichteten öffentlichen Bediensteten im Rahmen seiner Amtsbefugnisse oder (nur) so viel wie eine einfache Parteiaussage? Oder ist es (je nach Art und Inhalt) etwas dazwischen?

  • Das ist vielleicht die Frage die du dir stellst, aber nicht die Frage die ich hier stelle. Mach doch einfach einen zweiten Thread auf und stelle dort deine Frage noch einmal.

  • Aus der gerichtlichen Erfahrung ist mir bekannt, dass es Kanzleien gibt, in denen BerHilfe gewährt wird und das BerHilfeformular im Datumsfeld nicht ausgefüllt wird. Soll hier jetzt auch die anwaltliche Versicherung ausreichen? :gruebel:

    Nach der Entscheidung des AG Halle schon. Du unterstellst ja schon, weil das Datumsfeld nicht ausgefüllt wird, dass hier Betrugsabsichten vorliegen.

  • Ich verstehe irgendwie das Problem immer noch nicht. Der Ri hat im Rahmen der Beweiswürdigung entschieden, dass die anwaltliche Versicherung über den Zeitpunkt der Beauftragung ausreichend und ausschlaggebend ist, auch wenn zeitlich ein später datierter schriftlicher Antrag vorliegt. Wo ist also das Problem?

    Darf ein Ri keine Beweiswürdigung mehr durchführen? Würdigst du es anders, dann tue das.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Sofern es Dir um Deine sachliche Unabhängigkeit gehen sollte, wäre dazu kurz zu antworten, dass eine ordnungsgemäße Ausübung derselben notwendig voraussetzt, eine zutreffende Beweisaufnahme- und würdigung durchzuführen.
    Das wäre logisch also ein Arbeitsschritt davor.
    Wenn der Direktor des Amtsgerichtes New York oder der Vorsitzende der Anwaltskammer Kabul dienstlich versichern, wann eine Partei etwas ausgefüllt hat, dann ist eine erhöhte Beweiswirkung dessen natürlich nichts, was im nachhinein durch unser Ermessen herabgewürdigt werden könnte.
    Wenn ein Feuerwehrmann sagt, es war ein Schwelbrand, kann man nicht auf Grund sachlicher Unabhängigkeit den Sachverhalt im Nachhinein abstrahieren, indem man sagt es sei unbewiesen, auf welche Weise es gebrannt hat.

  • Vielleicht solltet ihr den Beschluss erst einmal im juris als Ganzes lesen.

    Auch habe ich keine Klammer in der Threaderöffnung mit dem Zusatz Glaubhaftigkeit anwaltlicher Versicherung gemacht. Da habe ich ja die Mod. im Verdacht :unschuldi

    So wie ich den Beschluss lese, widerspricht Punkt 3 dem Punkt 2 :gruebel:

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