Verwertungsrecht des Treuhänders im Verbraucherinsolvenzverfahren

  • Hallo Kollegen,
    ich habe folgenden Fall:
    Insolvenzvermerk ist eingetragen. In der Vertretung hat meine Kollegin eine AVM eingetragen. Verfügt hat RA M. unter Vorlage einer Bescheingung der InsOAbt., dass er zum Treuhänder in dem Verbraucherinsolvenzverfahren der Eigt.in bestellt ist.
    Beantragt ist jetzt die Eintragung einer Grundschuld, die vom Käufer in Vollmacht des Treuhänders auf Grund der ihm in dem Kaufvertrag erteilten Belastungsvollmacht bewilligt worden ist.

    Da ich mich mit der InsO nicht besonders auskenne, habe ich erstmal nachschauen müssen, was ein Treuhänder (im Gegensatz zum Insolvenzverwalter) überhaupt ist und was er darf. Dabei bin ich über § 313 II InsO gestolpert.
    Das verkaufte Grundstück ist mit einer Grundschuld und einer Sicherungshypothek belastet.
    Durfte der Treuhänder überhaupt verkaufen? Kann das Grundstück jetzt in seiner Vollmacht belastet werden?
    Mein Schöner/Stöber (wir haben hier allerdings auch nur die 12. Auflage) kennt keine Treuhänder.

    Danke für Eure Hilfe!

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Ob der Treuhänder zur Verwertung befugt ist, ist umstritten.
    Nach Andres/Leithaus, InsO, 1.A., 2006, abrufbar als Online-Kommentar bei BeckOnline, hier § 313 Rn 13, existieren zwei Meinungen:
    a) der Treuhänder sei nicht befugt zur freihändigen Veräußerung (AG Potsdam ZInsO 2000, 234), verwertungsberechtigt sei nur der Gläubiger, dieser jedoch nur mit Mitwirkung des allein verfügungsbefugten Treuhänders, § 313 Abs 1 InsO
    b) der Treuhänder sei sehr wohl verwertungsberechtigt, wenn dadurch ein Erlös für die Masse erreicht wird (so wohl Pape ZInsO 2000, 268).
    Wenngleich Andres/Leithaus sich der ersten Ansicht anschließen, die eine freihändige Veräußerung durch den Treuhänder ablehnt, erscheint mir die zweite Meinung praxisgerechter, zumal ohnehin nicht der absonderungsberechtigte Gläubiger über die Immobilie verfügen kann, sondern nur der Treuhänder.
    Insbesondere erfolgt in § 313 Abs 3 InsO keine Übertragung des Verfügungsrechtes auf den absonderungsberechtigten Gläubiger (so wieder Andres/Leithaus, a.a.O., in ihrer Kommentierung zu § 313 Rn 14 !). Auch ein Verzicht auf das Verwertungsrecht ist möglich, nähere Informationen dürfte der Treuhänder erteilen.
    Wenn aus der Urkunde oder anderen Umständen hervorgeht, dass der Erlös der Masse zugeht, evtl. der Gläubiger sogar mit dem Verkauf einverstanden ist, dürfte der Vollzug unproblematisch sein. Sicherlich können auch die Kollegen des zuständigen Insolvenzgerichts mit weiteren Auskünften behilflich sein.
    Viel Glück :daumenrau .

  • § 313 Abs.3 InsO regelt nach zutreffender Auffassung nicht das Verfügungs-, sondern lediglich das Verwertungsrecht im Hinblick auf ein mit einem Absonderungsrecht belasteten Grundstück. Dass der Absonderungsgläubiger zur Verwertung des Grundstücks im Wege der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung berechtigt ist, besagt somit nicht, dass ihm auch das Recht auf eine freihändige Veräußerung zustünde (so aber LG Hamburg NZI 1999, 504; HK/Landfermann § 313 RdNr.13; wie hier Braun/Buck § 313 RdNr.5); Pape ZinsO 2001, 28 Fn.53). Der Ausschluss des Verwertungsrecht des Treuhänders i.S. der §§ 165 ff. InsO führt somit nicht dazu, dass ihm auch die Verfügungsbefugnis über den mit dem Absonderungsrecht belasteten Gegenstand entzogen ist und an seiner Stelle der Absonderungsgläubiger verfügungsbefugt wäre (Braun/Buck § 313 RdNrn.5, 6; HK/Landfermann § 313 RdNr.13).

    Folgt man dem, bestehen gegen den vorliegenden Verfügungen des Treuhänders keine rechtlichen Bedenken. Das gleiche gilt natürlich, soweit ein Bevollmächtigter für den Treuhänder handelt. Es steht und fällt alles mit der Verfügungsbefugnis des Treuhänders.

  • Ich denke auch, dass der Treuhänder nach außen ebenso zu Verfügungen über die Masse-Gegenstände berechtigt ist wie der Verwalter.

    Alles andere betrifft nur das Innenverhältnis zwischen Treuhänder und Gläubigern und braucht daher das GBA nicht zu interessieren.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Juris kann man mal wieder nur zustimmen.

    In Bezug auf belastetes Grundvermögen steht dem Treuhänder kein Verwertungsrecht zu, da er nicht zur Verwertung von Gegenständen mit Absonderungsrechten berechtigt ist. Wie wäre denn das Grundstück zu "verwerten"? Dies ist hier im Zusammenhang mit dem Absonderungsrecht, also dem Grundpfandrecht zu verstehen: Verwertet werden dürfte dies durch den Gläubgier nur im Wege der Zwangsvollstreckung, also Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung. Damit sind diese Verwertungsmöglichkeiten dem Treuhänder verwehrt, eine Insolvenzverwalterversteigerung scheidet also aus.

    Durch die negative Abgrenzung, das der Treuhänder keine Gegenstände mit Absonderungsrecht verwerten dürfe kann aber auf gar keinen Fall die positve Zuordnung getroffen werden, dem Grundpfandrechtsgläubiger stehe nun die Verfügungsbefugnis zu. Das Verfügungsrecht liegt auch bei Treuhändern alleinig bei diesem, nie bei dem Gläubiger und auch nicht in Zusammenwirken. Allein die Frage, welcher absonderungsberechtigte denn die Verfügungsgewalt hätte bei mehreren Grundpfandrechtsgläubigern ist nicht zu klären. Die Ansicht des Verfügungsrecht des Grundpfandrechtsgläubigers ist abzulehnen.

    Es bleibt noch § 173 Abs. 2 InsO durch den Verweis: Aufforderung unter Fristsetzung um dann doch selber verwerten zu können.

    Aber unter Verwertung ist bei Grundstücken definitiv die Verwertung des Pfandrechts im Wege der Zwangsvollstreckung zu verstehen, nicht eine freihändige Veräusserung.

  • Zur Meinung b) meines Beitrages und zu den Ausführungen von juris2112 vgl auch den Aufsatz von Vallender, NZI 2000, 148 (abrufbar unter BeckOnline).
    Danach stehe dem Treuhänder entgegen dem Wortlaut des § 313 Abs 3 InsO ein umfassendes Verwertungsrecht zu, was Vallender mit dem in § 1 S 1 InsO normierten Insolvenzzweck begründet (gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger durch Verwertung des schuldnerischen Vermögens und Verteilung des Erlöses).

  • Darf der Treuhänder die Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO durch Vorlage eines Erbscheins gemäß § 14 GBO und die Eintragung des Insolvenzvermerks auf dem Anteil eines Miterben beantragen?

    Habe im Forum und in der Kommentarliteratur keine Lösung gefunden.:gruebel:

    " Die Fähigkeit, das Wort ´Nein`auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit." (Nicolas Chamfort)

  • Ja.
    Nach § 80 InsO, der mangels anderer Bestimmungen in §§ 304 ff. InsO auch im Verbraucherinsolvenzverfahren gilt, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Treuhänder über. Und die Eintragung des Insolvenzvermerks am Anteil des Schuldners setzt nicht voraus, dass dieser Allein- oder Bruchteilseigentümer ist.

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Ja.
    Nach § 80 InsO, der mangels anderer Bestimmungen in §§ 304 ff. InsO auch im Verbraucherinsolvenzverfahren gilt, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Treuhänder über. Und die Eintragung des Insolvenzvermerks am Anteil des Schuldners setzt nicht voraus, dass dieser Allein- oder Bruchteilseigentümer ist.



    Danke. Aber ich habe bisher weder in den Vorschriften zur Grundbuch- / Insolvenzordnungordnung gefunden, dass der Insolvenzverwalter / Treuhänder berechtigt ist, die Berichtigung des Grundbuchs zu beantragen. Kann jemand von euch eine Fundstelle / Entscheidung aufzeigen. Der Teuhänder beruft sich auch noch auf die Befreiung von den Kosten mangels Massevermögen.

    " Die Fähigkeit, das Wort ´Nein`auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit." (Nicolas Chamfort)

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