Wille der Betreuten kontra Verkauf des Wohnhauses?

  • Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen,
    ich bin's nochmal. :)
    War vorhin bei einer Anhörung im Altenheim. Meine Betreute ist 77 Jahre alt. Sie hat sich über meinen Besuch gefreut, da sie keinen Besuch bekommt. Ich konnte gut mit ihr erzählen. Ich habe sie erstmal so ausgefragt und sie konnte mir auf alle Fragen ordentlich antworten. Ich habe das Gespräch geschickt auf ihr Wohnhaus gelenkt, was ja nun leersteht und sie gefragt, was mal damit geschehen soll. Sie meinte, sie weiss das nicht am liebsten würde sie zurück in ihr Haus wollen. Ihre Tochter will es nicht haben, die will es nur verkaufen. Nun will die Betreute es für die Enkelin erhalten. Das Haus haben ihre Eltern gebaut, sie hat schon immer dort gewohnt und sie will wieder zurück ins Haus. Ihre ganzen Sachen seien noch dort (stimmt vermutlich, da sie bis auf ein paar Kleidungsstücke keine weiteren persönlichen Sachen im Heim hat.) Sie ist völlig gegen einen Verkauf, weil sie der Meinung ist, dort eines Tages wieder leben zu können. Ich erklärte ihr, dass sich eine ganz nette Familie mit Kind bei mir gemeldet hätten, die das Haus gern kaufen würden. Der Mann sei sehr handwerklich geschickt und könnte verschiedenes in Ordnung bringen. Sie meinte dazu, dass sie das im Moment noch nicht wolle, vielleicht später einmal.

    Hmm, irgendwie waren das nicht die Antworten, die ich erhofft hatte. Das Pflegepersonal erzählte mir, dass man die Frau im letzen Jahr ziemlich verwahrlost aus dem Haus geholt hat. Die Betreute ist teilweise recht unglücklich im Heim. Sie vermisst ihr Haus ihre Heimat ihre persönlichen Sachen. Sie bedauert das ihre Tochter sie nur selten besuchen kommt, da sie mehrere hundert Kilometer entfernt wohnt.

    Auf mich machte die Betreute zwar nicht den Eindruck, dass sie zu einer selbständigen Lebensführung in der Lage wäre, dennoch habe ich doch den Willen der Betreuten zu berücksichtigen, oder? Die Betreute verfügt noch über ca. 10.000 € Bargeld. Das Geld wäre in ca. 2 Jahren aufgebraucht, dann wäre ein Hausverkauf unumgänglich.

    Nun meine Frage: Soll ich den Willen der Betreuten respektieren und aufgrunddessen die Genehmigung versagen oder soll ich nach Verstand handeln und die Genehmigung zum Verkauf des Hauses erteilen? 2 Jahre lässt sich der Käufer sicherlich nicht hinhalten und wer weiss, zu welchem Preis in 2 Jahren das leerstehende Haus verkauft werden könnte.

    Vielen Dank für die Antworten!

  • Gegen den Willen einer geschäftsfähigen Betreuten wirst du kaum die Genehmigung erteilen können. Wie wär´s erst mal mit einer Vermietung?
    Falls das Haus renovierungsbedürftig ist, kann man da vielleicht auch einen Mieter finden, der einiges macht, was dann auf die Miete angerechnet wird.
    Wurde schon ein Verfahrenspfleger bestellt?

  • Wenn die Betreute so klar ist, dass kein Verfahrenspfleger bestellt werden muss, dann wirst du nicht gegen ihren
    Willen genehmigen können.
    Aber wie ich schon sagte, mit einer Vermietung gewinnst du Zeit - Vielleicht will die Betreute in ein paar Jahren nicht mehr ins Haus oder kann es ganz eindeutig nicht mehr - und du hast das Haus in der Zwischenzeit verwertet.
    Verwertung heisst ja nicht unbedingt Verkauf

  • Alternative:

    Die Kaufinteressenten mieten bis zum Ableben der Betreuten und anschließend wird an sie veräußert. Das funktioniert aber nur, wenn die Tochter die Alleinerbin sein wird und insoweit verbindliche und rechtsgültige Zusagen gegeben werden.

    Ansonsten stimme ich der Einschätzung zu, dass es das Recht eines geschäftsfähigen Betreuten ist, auch in monetärer Hinsicht unvernünftige Entscheidungen treffen zu dürfen.

  • Wenn Du den Verkauf genehmigen willst, erlasse einen Vorbescheid und überlasse dann die Entscheidung der Beschwerdekammer. Hier liegt nach Deiner Schilderung wohl ein Grenzfall vor. Das Geld ist irgendwann weg, und Käufer finden sich auch nicht unbedingt dann, wenn man sie braucht.

  • Warum soll man der Betreuten den Willen aufzwingen, bloss weil man selbst meint, dass es vernünftiger ist.
    Ich stelle mir nur vor, in der Position der Betroffenen zu sein. Ich brauche imMoment den Kauferlös nicht und da kommt einer vom Gericht und verkauft mir mein Haus. Was soll ich denn da denken? Ob die Dame dann in der Lage ist, gegen den Vorbescheid Rechtsmittel einzulegen, wage ich zu bezweifeln. Vielleicht findet sie dann auch einen netten Reporter, der das mal in der Presse hochschaukelt, wie ein Gericht gegen den Willen von "abgeschobenen Alten" sogar Haus und Hof verkauft.

  • Man denke nur daran, wie viele Leute unvernünftige wirtschaftliche Entscheidungen treffen, obwohl sie ihre sieben Sinne beieinander haben und nicht unter Betreuung stehen. Dieses "Recht" muss man im Rahmen der geltenden Rechtsordnung auch einem geschäftsfähigen Betreuten zugestehen.

  • Problematisch wird es dann nur, wenn in zwei Jahren die Barmittel weg sind (evt. schneller, ein leer stehendes Haus kostet auch und wird nicht wertvoller). Dann kommt der Ruf nach dem Sozialamt, weil sich kein Käufer finden lässt. Und da das Sozialamt nein sagen wird, ist guter Rat teuer.

    Den Vorbescheid kann man ja auch in einem weiteren Anhörungstermin verkünden und dann selbst die Beschwerde aufnehmen.

  • Als Alternativen stünden beizeiten auch die Beleihung des Hauses (unter Aussetzung von Zins- und Tilgungsleistungen) oder eine verzinsliche Darlehensgewährung durch die Tochter zur Verfügung. Ersteres aber sicher nur, wenn das Objekt wirklich werthaltig ist, woran ich bei den von Anja in anderem Zusammenhang mitgeteilten Preisen in der dortigen Gegend allerdings so meine leisen Zweifel habe.

  • Man denke nur daran, wie viele Leute unvernünftige wirtschaftliche Entscheidungen treffen, obwohl sie ihre sieben Sinne beieinander haben und nicht unter Betreuung stehen. Dieses "Recht" muss man im Rahmen der geltenden Rechtsordnung auch einem geschäftsfähigen Betreuten zugestehen.


    :daumenrau Und leider wird das viel zu oft übersehen. Ich nehme mich da nicht aus.
    Mir ist es zumindest auf dem VG so ergangen, dass ich mich bei solch einem Verhalten ab und zu mal ertappt habe.
    Man ist zu oft versucht, seine eigenen Vorstellungen und Maßstäbe als Messlatte zu nehmen.

    Hier wäre ich mit einer Genehmigung sehr vorsichtig.

  • Kann mir hier mal jemand erklären, wo der Sinn der Anhörung bleibt.
    Hier ist doch eine geschäftsfähige Betreute, die in der Anhörung einem Verkauf widersprochen hat. Ob das vernünftig ist, muss ich nicht beurteilen. Massgeblich ist doch der Wille der Betroffenen. Oder ist die Anhörung nur eine Erfüllung einer Vorschrift, egal was dabei herauskommt.
    Wenn ich aber zu der Überzeugung komme, dass die Betroffene überhaupt nicht überblickt, was diese Entscheidung für sie bedeutet, muss ein Verfahrenspfleger bestellt werden. Zunächst habe ich aber die Interessen der Betreuten zu wahren und nicht die des Sozialamts in evtl. zwei Jahren.

  • Ich kann Uro nur zustimmen. Und wer weiß, was in 2 Jahren ist?
    Ich bin doch nicht dazu da, um dem Sozialamt zukünftige Belastungen abzunehmen, von denen ich nicht einmal weiß, ob sie dann auch wirklich entstehen. Wenn der Eindruck bei der Anhörung der Betreuten ihre Geschäftfähigkeit ergibt, dann ist der Wille der Betreuten maßgeblich. Ggfs. lässt sich in 2 Jahren das Sozaiamt auch dieEintragung einer Sicherungshypothek ein (klappt hier öfter), so daß auch die finanziellen Probleme dann beherrschbar sein sollten.

  • Neuigkeiten im Fall!

    Es wird immer verzwickter. Grundsätzlich stimme ich dem zu, dass ich mir die Anhörung sparen könnte, wenn ich eh gegen den Willen der Betreuten genehmigen würde. Nun hat mich grad der Makler angerufen und gefragt, was nun bei der Anhörung heraus gekommen ist und wie weit ich mit der Genehmigung bin. Ich habe den Sachstand erläutert und angedeutet, dass ich möglicherweise nicht genehmigen werde. Der Makler erzählte mir, dass der Kaufpreis bereits auf das Notaranderkonto gezahlt wurde und der Käufer bereits mit Zustimmung der Tochter (Betreuerin) bauliche Veränderungen am Haus vorgenommen hat. :eek:
    So habe die Tochter das Haus bereits beräumt und der Käufer hat die Wände freigelegt (Putz abgeklopft) und nun möchte der Käufer einen Dachdecker beauftragen, damit das Dach noch vor dem Winter wetterfest gemacht werden kann.

    Ich weiss, sowas muss mich nicht beeindrucken und ich bin auch über die Dreistigkeit der Tochter schockiert. Aber letztlich, welche Wahl habe ich denn? Mir widerstrebt es auch, jetzt einen "Herrmann" zu veranstalten, wenn ich in ein- spätestens zwei Jahren aufgrund finanzieller Lage der Betreuten das Haus eh verkaufen müsste.

    Wäre daher nun geneigt trotzdem zu genehmigen auch wenn ich es zur Zeit irgendwie nicht richtig finde.

  • mmhh, also genehmigen würde ich auch nicht, Vermietung hab ich in solchen Fällen auch immer angedacht und auch oft verwirklicht.
    Ansonsten: besteht nicht vielleicht die Möglichkeit die Betreute mit Pflegedienst oder Tagespflege ins Haus zurück zu lassen? oder schauen, ob eine Teilvermietung geht (evtl. Stockwerkmäßig). Es gibt Familien oder auch Pfleger, die in sogenannte Wohn- oder Hausgemeinschaften einziehen und die Betreute unterstützen. Kostet zwar den Btreuer viel Mühe und Arbeit, aber ggf. lohnt es sich sowas zu organisieren.
    Mir tun die alten menschen auch immer leid. Unddu meintest ja, dass sie sonst noch ganz fit wirkte. Mit Unterstützung schafft sie ggf. da allein zu wohnen.

  • Auch wenn man versucht Dich hier vor vollendete Tatsachen zu stellen, würde ich die Genehmigung nicht erteilen. Soweit die Betreute noch geschäftsfähig ist, ist es allein Ihre Entscheidung und mag sie auch unvernünftig erscheinen.

  • @heideröschen
    Also Vermietung würde ich ja noch mitgehen, aber letztlich kann ich dann ja auch verkaufen. Meiner Meinung nach hier nur noch eine Formsache.
    Wohngemeinschaft scheidet aus, da nur kleines Einfamilienhäuschen.
    Und ob eine fast blinde Dame mit Pflegestufe 2 und dem Hang zur Verwahrlosung noch alleine wohnen kann.... Ich weiss nicht. Ich finde solche Leute sind im Heim besser aufgehoben. Da hat sie Ansprache und wird rund um die Uhr versorgt anstatt, morgens, mittags, abends mal 10 Minuten durch den Pflegedienst. Die einzige Tochter wohnt ja leider zu weit weg.

  • Letztlich ist der Ablauf der Geschichte schon etwas merkwürdig, so nach dem Motto - wir schaffen Tatsachen, dann muss das Gericht ja zustimmen.
    Trotz der vielen Posting, die sich gegen eine Genehmigung aussprechen, würde ich nach der Schilderung des Falles auch eher zu einer Genehmigung tendieren. Das Gesetz sagt schließlich nicht, dass man alle Aussagen, die die Betroffene macht, eins zu eins umsetzen muss und keinen eigenen Entscheidungsspielraum hat. Klar, der Wille der Betroffenen ist maßgeblich, aber doch nur, soweit Wünsche der Betroffenen deren Wohl nicht zuwiderlaufen (§ 1901 BGB). Viele Betroffenen überschätzen ihre eigene Situation und ihre Fähigkeiten. Nach deinen Schilderungen erscheint mir das Heim auch das beste. Dass die Frau davon sicher nicht begeistert ist, gibt es ja auch bei Wohnungskündigungen öfter. Vielleicht könntest du dir durch ein ärztliches Attest zusätzlich Klarheit verschaffen?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich habe erhebliche Bedenken gegen die hier diskutierte Verfahrensweise. Zunächst finde ich es irritierend, wenn der offensichtlich eindeutig formulierte Wille der Betreuten mißachtet wird. Die Anhörung der Betreuten soll doch den Willen der Betreuten ergründen. Wenn die Betreute aber nur angehört wird, um dem Verfahrensrecht zu genügen, ist der Sinn dieser Anhörung obsolet. Vollendete Tatsachen dem Vormundschaftsgericht zu präsentieren und dann letztlich zu sagen, nun genehmige mal gefälligst, ist auch nicht Sinn des Genehmigungsverfahrens. Gerade in solchen Fällen können doch nur sämtliche Alarmglocken klingeln!
    Das Betreuungsverfahren wurde doch extra geschaffen, damit der Wille von Betreuten beachtet wird.
    Bei derartigen Entscheidungen sollte man sich immer vor Augen führen, wie man sich selbst fühlen würde, wenn über den eigenen Kopf hinweg Entscheidungen getroffen werden.

    Verwahrlosungstendenzen von Betreuten kann durch den Einsatz einer Pflegestation oder privat finanzierten Hilfspersonen entgegengewirkt werden.
    In meiner Praxis habe ich oft erlebt, daß gerade der Heimaufenthalt zu einem beschleunigten Abbau der Betreuten führt (mangels Aufgaben, ungewohntes Umfeld). Es kommt nicht immer darauf an, daß vielleicht die medizinische oder pflegerische Versorgung in einem Heim besser sein mag.
    Gerade ältere Betreute wollen in ihrem gewohnten Umfeld bleiben, auch wenn dies Beschwerlichkeiten mit sich bringt.

  • Ich habe erhebliche Bedenken gegen die hier diskutierte Verfahrensweise. Zunächst finde ich es irritierend, wenn der offensichtlich eindeutig formulierte Wille der Betreuten mißachtet wird. Die Anhörung der Betreuten soll doch den Willen der Betreuten ergründen.



    Natürlich soll die Anhörung den Willen des Betreuten ergründen, aber man kann doch nicht blindlings alles hinnehmen, was der Betreute will und sich vorstellt. Oftmals ist es doch so, das, wie ich schon sagte, Betroffene ihre eigene Situation falsch einschätzen. Ich finde, man kann es sich nicht so einfach machen und sagen, die Betreute will nicht verkaufen, sondern zurück in ihr Haus, dann soll die Betreuerin mal machen.
    Ich hatte mal einen Fall, in dem eine ältere Dame auch ins Heim kam und ihre Wohnung gekündigt werden sollte. Bei der Anhörung machte sie noch einen ganz passablen Eindruck. Sowohl das Pflegepersonal als auch Betreuerin und Vertretungsbetreuerin waren aber der Ansicht, dass sie nicht mehr alleine leben könne und auch nicht mit entsprechenden Hilfen (Pflegedienst, Essen auf Rädern, Hausnotruf und was weiß ich noch alles). Da stand ich da und war mir nicht sicher, ob ich tatsächlich entgegen dem Willen der Betroffenen die Kündigung genehmigen sollte. Ich hab die Genehmigung dann hinausgeschoben und von einer späteren Anhörung abhängig gemacht, dann hat die Betreute letztlich der Kündigung zugestimmt. Aber auch wenn sie das nicht gemacht hätte, wäre ich um eine Genehmigung nicht herumgekommen, da mittlerweile offensichtlich war, dass sie nicht mehr alleine leben konnte.
    Letzten Endes muss Anja auch nach ihrem persönlichen Eindruck entscheiden. Denn wie ich schon sagte, ist es nicht Sinn der Sache den Willen des Betroffenen umzusetzen, wenn dieser seinem Wohl offensichtlich zuwiderlaufen sollte.
    Im übrigen laufen die hier gemachten Vorschläge mit Vermietung doch auf das gleiche Ergebnis hinaus. Die Betroffene bleibt im Heim und genau das scheint ihr ja nicht zu gefallen (verständlicherweise). Gegen die Vermietung wäre sie doch sicher auch und dann?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

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