Aufschiebend bedingte Nacherben macht den Pflichtteil geltend

  • Mir liegt ein Testament vor, in dem sich die Eheleute gegenseitig als Erben eingesetzt haben und bestimmt haben, dass der Nachlass an die aufgeführten Kinder (zwei Kinder nur von ihr und zwei Kinder nur von ihm) herauszugeben ist, wenn der überlebende Ehegatte erneut heiratet.

    Ich habe einen entsprechenden Erbschein, nach den im Jahr 2010 zuerst verstorbenen, Ehemann erteilt.

    Nun beantragt die überlebende Ehefrau diesen Erbschein wieder einzuziehen und ihr einen neuen Erbschein zu erteilen (ohne einen genauen Inhalt zu bestimmen), da die Söhne des Erblassers ihren Pflichtteil geltend gemacht haben. Eine beglaubigte Abschrift des Schreibens der Söhne hat der Notar beigefügt.

    Die Anwendung des § 2306 BGB auf aufschiebend bedingte Nacherbfolgen ist streitig. Ich habe mir jetzt den Aufsatz von Bestelmeyer, Rpfleger 2007, 1 durchgelesen, der zu dem Ergebnis kommt, dass § 2306 BGB keine Anwendung findet. Den Ausführungen kann ich mich anschließen. Eine Ausschlagung der Nacherbschaft ist folglich nicht erforderlich.

    Das Testament enthält eine Pflichtteilsstrafklausel "Sollte ein Kind sein Pflichtteilsrecht geltend machen, soll es auch von dem überlebenden Ehegatten nur den Pflichtteil erhalten."

    Ich frage mich nun, ob die Geltendmachung des Pflichtteil bereits Folgen auf meinen Erbschein hat und damit die Kinder, die den Pflichtteil geltend gemacht haben aus dem Erbschein herauszunehmen sind.

    So wie ich Bestelmeyer verstehe, bleiben die Kinder bedingt eingesetzte Nacherben. Sollten sie dann wirklich Nacherben werden, müssten sie sich den Pflichtteil lediglich anrechnen lassen. Mit diesem Ergebnis bin ich aber nicht wirklich zufrieden...

    Kann mir da jemand weiterhelfen!? :(

  • Die von Dir angesprochene und im genannten Aufsatz erörterte Problematik bezieht sich nur darauf, ob ein aufschiebend bedingt eingesetzter Nacherbe ohne Ausschlagung der Nacherbschaft pflichtteilsberechtigt ist und ob er seinen Pflichtteilsanspruch demzufolge erst nach oder auch ohne die Ausschlagung der Nacherbschaft geltend machen kann.

    Dies interessiert Dich im Erbscheinsverfahren schon deshalb nicht, weil keine Ausschlagung des Nacherbenrechts erklärt wurde. Ob die Nacherben ihren Pflichtteil zu Recht oder zu Unrecht geltend machen, hat nur die Witwe, aber nicht das Nachlassgericht zu interessieren.

    Etwas anderes würde gelten, wenn die auf die Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten aufschiebend bedingte Nacherbfolge ihrerseits wiederum auflösend dadurch bedingt wäre, dass die Nacherben ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen. Eine solche auflösende Bedingung der Nacherbeneinsetzung müsste aber bereits in dem Erbschein enthalten sein, um dessen Einziehung es jetzt geht.

  • Oh, Oh....:eek: ich denke schon, dass man aus dem Wort auch in der Pflichtteilsstrafklausel erkennen kann, dass die Kinder nicht mehr Nacherben sein sollen, wenn sie ihren Pflichtteil geltend machen. Also die Nacherbeneinsetzung diesbezüglich auflösend bedingt ist.

    Einen entsprechenden Zusatz habe ich in dem Erbschein natürlich nicht aufgenommen... :oops:

    Ich werde jetzt also meinen alten Erbschein einziehen und dann einen neuen Erbschein erteilen aus dem sich nur noch die 2 anderen Söhne als Nacherben ergeben. In diesem Erbschein werde ich die auflösende Bedingung jedoch nicht aufnehmen, da diese Kinder keine Pflichtteilsberechtigten sind.

    Ist das korrekt!?

  • Würde ich so sehen, aber die beiden pflichtteilsverlangenden Kinder des Erblassers würde ich gleichwohl vorher anhören. Es läuft diesbezüglich ja nichts davon, da aufgrund des Erbscheins ohnehin nur die Vorerbin verfügen könnte.

    Wenn man ohnehin einen neuen Erbschein erteilt, sollte man sich bei dieser Gelegenheit auch um eine etwa im Erbschein nicht vermerkte Befreiung der Vorerbin und die etwa ebenfalls nicht erwähnte Ersatznacherbfolge Gedanken machen. Dies nur vorsorglich, weil der diesbezügliche Inhalt des Erbscheins bislang nicht mitgeteilt wurde, weil er für die konkrete Fragestellung nicht interessierte.

  • Danke für den Hinweis!

    Eine Befreiung habe ich in dem Erbschein aufgeführt. Ferner habe ich im Hinblick auf §§ 2074, 2108 Abs. 2 S.2 BGB mit reingenommen, dass das Nacherbenanwartschaftsrecht nicht vererblich ist. Dies hatte ich im Forum (wie du schon anmerkst) nur nicht aufgeführt, weil es für die Frage unerheblich war.

    Bezüglich der Ersatznacherben schreib ich den Notar direkt an, ob die Abkömmlinge der Nachereben nach dem Willen des Erblassers Ersatznacherben sein sollten. Vielen Dank dafür!

  • Auch ich habe in meinem Fall eine Pflichtteilsstrafklausel zu Lasten der beiden Söhne des Erblassers.
    Im Testament ist die überlebende Ehefrau als Vorerbin eingesetzt und eben die beiden Söhne als Nacherben.
    Die Klausel lautet :
    "Sollte einer meiner Söhne, seinen Pflichtteil geltend machen, so wird dieser von der Nacherbschaft ausgeschlossen."

    Ersatznacherben sind - für diesen Fall - nicht bestimmt.

    Wie wäre denn die auflösende Bedingung im Erbscheinsantrag/ Erbschein nun zu formulieren ?

  • Auch ich habe in meinem Fall eine Pflichtteilsstrafklausel zu Lasten der beiden Söhne des Erblassers.
    Im Testament ist die überlebende Ehefrau als Vorerbin eingesetzt und eben die beiden Söhne als Nacherben.
    Die Klausel lautet :
    "Sollte einer meiner Söhne, seinen Pflichtteil geltend machen, so wird dieser von der Nacherbschaft ausgeschlossen."

    Ersatznacherben sind - für diesen Fall - nicht bestimmt.

    Wie wäre denn die auflösende Bedingung im Erbscheinsantrag/ Erbschein nun zu formulieren ?

    "Die Nacherbschaft von S1 und S2 ist auflösend bedingt. Die Bedingung tritt für jeden der Nacherben jeweils ein, wenn er/sie den Pflichtteil nach [Erblasser] geltend macht. In diesem Fall [da kommt dann hin, was mit dem Anteil des Ausgeschlossenen passiert: gibt es für diesen Fall einen Ersatznacherben, oder wächst er den übrigen Nacherben an, oder gilt § 2142 Abs.2 BGB (Vorerbe wird insowei Vollerbe)]."

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • "Die Nacherbschaft von S1 und S2 ist auflösend bedingt. Die Bedingung tritt für jeden der Nacherben jeweils ein, wenn er/sie den Pflichtteil nach [Erblasser] geltend macht. In diesem Fall [da kommt dann hin, was mit dem Anteil des Ausgeschlossenen passiert: gibt es für diesen Fall einen Ersatznacherben, oder wächst er den übrigen Nacherben an, oder gilt § 2142 Abs.2 BGB (Vorerbe wird insowei Vollerbe)]."

    Schon mal vielen Dank.
    Muss der Fall der Anwachsung oder der des § 2142 II BGB auch in den Antrag / Erbschein mit aufgenommen werden ?:gruebel:

  • "Die Nacherbschaft von S1 und S2 ist auflösend bedingt. Die Bedingung tritt für jeden der Nacherben jeweils ein, wenn er/sie den Pflichtteil nach [Erblasser] geltend macht. In diesem Fall [da kommt dann hin, was mit dem Anteil des Ausgeschlossenen passiert: gibt es für diesen Fall einen Ersatznacherben, oder wächst er den übrigen Nacherben an, oder gilt § 2142 Abs.2 BGB (Vorerbe wird insowei Vollerbe)]."

    Schon mal vielen Dank. Muss der Fall der Anwachsung oder der des § 2142 II BGB auch in den Antrag / Erbschein mit aufgenommen werden ?:gruebel:


    Solange die auflösende Bedingung noch eintreten kann, meiner Meinung nach ja.

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  • Der Erbschein muss klar verlautbaren, was mit den den Nacherbfolgen unterliegenden Erbteilen passiert, wenn der jeweilige Nacherbfall eintritt (hier sind es ja zwei). Also ist zunächst zu klären, ob es - auch im Wege der Auslegung - Ersatznacherben gibt. Dies wurde im Sachverhalt zwar verneint, könnte aber gleichwohl der Fall sein (und dies geht der Anwachsung vor!), wenn einer der beiden Nacherben seinen Pflichtteil geltend macht und der Vorerbe insoweit nicht Vollerbe werden, sondern der betreffende Erbteil auf den anderen Nacherben übergehen soll.

    Problematisch ist auch - was bislang nicht erörtert wurde - dass die Nacherben ihren Pflichtteil ohnehin erst nach Ausschlagung der Nacherbschaft geltend machen können (§ 2306 BGB) und sie daher innerhalb der Pflichtteilsverjährungsfrist ausschlagen müssen.

  • In meiner - knapp zweijährigen - Karriere beim Nachlassgericht hatte ich noch nicht das "Vergnügen" , einen Ersatznacherben im Antrag/Erbschein aufführen zu müssen.
    Leider ist mir bei der Sachverhaltsdarstellung ein Lapsus passiert:oops:; ich hätte erwähnen müssen , dass die beiden Söhne aus der ersten Ehe des Erblassers stammen und die Vorerbin nun eben dessen zweite Ehefrau ist.
    Daher gehe ich - vorbehaltlich der Anhörungen - derzeit davon aus , dass sich der Kreis der Ersatznacherben auf diese Söhne bzw. ggf. deren Abkömmmlinge beschränkt.
    Allerdings ist mir noch nicht bekannt , ob die Söhne aus erster Ehe überhaupt Abkömmlinge haben.
    Den Fall des § 2142 II BGB sehe jedenfalls derzeit nicht als gegeben an.

    Bei - im Wege der Auslegung zu ermittelnden- Abkömmlingen eines Nacherben als Ersatznacherben sollte ich keine Formulierungsschwierigkeiten haben :).
    Würde sich die Auslegung der Anwachsung als "richtig" erweisen :
    Könnte man abstrakt formulieren " Ersatznacherbe ist der jeweils andere Nacherbe bzw. bei dessen Wegfall dessen Abkömmlinge" ?

  • Wenn ein Nacherbe die Nacherbschaft zur Erlangung des Pflichtteilsanspruchs ausschlägt, ist für diesen (!) Fall zur Vermeidung einer Doppelbegünstigung des Stammes in der Regel nicht davon auszugehen, dass die Abkömmlinge als Ersatznacherben an die Stelle des Ausschlagenden treten.

  • Wenn ein Nacherbe die Nacherbschaft zur Erlangung des Pflichtteilsanspruchs ausschlägt, ist für diesen (!) Fall zur Vermeidung einer Doppelbegünstigung des Stammes in der Regel nicht davon auszugehen, dass die Abkömmlinge als Ersatznacherben an die Stelle des Ausschlagenden treten.

    Auch wieder wahr !
    Derzeit läuft das m.E. also auf Anwachsung zugunsten des anderen Nacherben hinaus, wenn die Bedingung der Ausschlagung zur Erlangung des Pflichtteils eintritt.

  • Unwahrscheinlich. Dann bekäme der eine Nacherbe die "volle" Nacherbschaft und der andere den Pflichtteil. Ist auch nicht der Sinn der Sache (bzw. der letztwilligen Verfügung).

    Dann frage ich mich , was dann im Falle des Bedingungseintritts ( Ausschlagung der Nacherbschaft ) als Ersatznacherbe noch übrig bleibt.
    Schließlich "gehört" der ja in den Erbschein.

  • Unwahrscheinlich. Dann bekäme der eine Nacherbe die "volle" Nacherbschaft und der andere den Pflichtteil. Ist auch nicht der Sinn der Sache (bzw. der letztwilligen Verfügung).

    Dann frage ich mich , was dann im Falle des Bedingungseintritts ( Ausschlagung der Nacherbschaft ) als Ersatznacherbe noch übrig bleibt.
    Schließlich "gehört" der ja in den Erbschein.

    Da ist vorrangig an § 2142 Abs. 2 BGB zu denken (Vorerbe wird Vollerbe).

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ihr bringt mich tatsächlich zu der Auffassung , dass der vorliegende Fall vorrangig nach § 2142 II BGB zu behandeln ist.
    Ich frage mich bloß , ob die Folgen des Bedingungseintritts ( Ausschlagung eines Nacherben zwecks Geltendmachung Pflichteil ) auch im Erbschein zum Ausdruck kommen müssen.
    Muss die Folge - hier der Vorerbe wird zum unbeschränkten Vollerben - in den Erbschein aufgenommen werden ?
    Oder müsste im gegebenen Fall der Erbausschlagung des/der Nacherben der bereits erteilte Erbschein " nur " eingezogen und nach Bedingungseintritt neu erteilt werden ?

  • Der Erbschein kann nur die Rechtslage zum Ausdruck bringen, die im Zeitpunkt seiner Erteilung besteht. Es kommt also darauf an, wann der Nacherbe ausschlägt. Schlägt er vor Erbscheinserteilung aus, ist bereits das hierdurch eintretende "Ergebnis" in den Erbschein aufzunehmen und schlägt er erst nach Erbscheinserteilung aus, ist der bereits erteilte Erbschein einzuziehen und ggf. mit zutreffendem Inhalt neu zu erteilen.

  • Nachklapp :
    Ich habe mich nun für die Cromwellsche Lösung entschieden , zumal gegen den entspr. Antrag keine Einwendungen erhoben wurden.
    Der Erbschein wurde hinsichtlich der Nacherbfolge heute morgen ( ca. 06.30 Uhr ;) ) wie folgt formuliert :

    Nacherbfolge hinsichtlich 2/3 des Nachlasses ist angeordnet.
    Die Nacherbfolge tritt ein beim Tode des Vorerben.
    Nacherben sind:
    ABC
    XYZ


    Das Nacherbenrecht ist nicht vererblich.
    Das Nacherbenrecht ist ausgeschlossen, wenn einer der Nacherben seinen Pflichtteil geltend macht ( auflösend bedingt ).
    In dem Fall, dass einer der Nacherben seinen Pflichtteil geltend macht, wird die Vorerbin insoweit zur unbeschränkten Vollerbin.

    Eine "gescheitere" Formulierung ist mir nicht eingefallen, sollte allerdings den Istzustand zum Zeitpunkt der Erbscheinserteilung ausreichend beschreiben.

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