Vertretungsauschluss ?

  • Meine Kollegin aus der F-Abteilung hat ein nettes reales (!) Fällchen und mich gebeten den Sachverhalt und ihre Fragen hier einzustellen:

    Es gibt einen Erblasser und es liegt ein Testament des Erblassers vor.

    Die 1. Frau (F1) des Erblassers ist vorverstorben.

    Aus dieser Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen: K1 und K2.

    K1 ist durch das Testament als Vollerbe zu 1/4, K2 als Vollerbe zu 1/8 eingesetzt.

    Die drei minderjährigen Kinder von K2, nennen wir sie E1, E2, und E3, sind ebenfalls als Vollerben zu je 1/8 eingesetzt.

    Ferner hat der Erblasser seine 2. Ehefrau (F2), bzgl. des letzten 1/4tels als Vorerbin eingesetzt. Der Nacherbfall tritt mit dem Tode der Vorerbin ein. Nacherben sind K1, K2, E1, E2 und E3.

    Jetzt reicht der Notar folgenden Vertragsentwurf ein (der mit "Teilerbauseinandersetzungsvertrag" überschrieben ist), in dem es u.a. wie folgt heißt:

    "F2 (sprich: die 2. Ehefrau des Erblassers, die mit den übrigen Beteiligten/Erben nicht verwandt ist, Anm. von mir) überträgt hiermit an die dies annehmenden Beteiligten K1, K2, E1, E2 und E3 ihren 1/4 Erbanteil im Ganzen.

    Bei den Beteiligten K1, K2, E1, E2 und E3 soll insoweit Anwachsung entsprechend § 2094 BGB im Verhältnis ihrer Erbteile zu gesamten Hand erfolgen.

    Der Erbanteil von K1 erhöht sich infolgedessen um 2/24 auf insgesamt 1/3.

    Der Erbanteil von K2, E1, E2, und E3 um jeweils 1/24 auf dann jeweils insgesamt 1/6.

    Als Gegenleistung zahlen K1 und K2 als Gesamtschuldner an F2 einen Betrag von xx.xxxx,xx €."

    Mal abgesehen von der Frage, ob das Vorhaben (wirtschaftlich) sinnvoll und genehmigungsfähig ist, stellt sich meine Kollegin folgende Fragen:

    1. Handelt es sich tatsächlich um einen Teilerbauseinandersetzungsvertrag oder müsste es sich nicht vielmehr um einen (Vor-)Erbteilsübertragungsvertrag handeln?

    2. Ist das mit der Anwachsung überhaupt so möglich?

    3. Der Notar ist der Meinung, dass für E1, E2 und E3 (jeweils?) ein Ergänzungspfleger bestellt werden müsse, da K2 von deren Vertretung rechtlichen ausgeschlossen sei. Die Kollegin kann jedoch (noch) keinen Vertretungsausschluss erkennen, da weder ein Fall von § 1629 II 1 iVm § 1795 I oder II vorliegt.

    4. Gibt es eine andere/bessere Möglichkeit das rechtliche und wirtschaftliche Ergebnis zu erreichen, das den Beteiligten vorschwebt?

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Soll mir und meiner Kollegin recht sein, solange ihr hier geholfen wird.

    Also liebe User enttäuscht mich nicht, ich hab der Kollegin doch so sehr vom Formum vorgeschwärmt und ihr quasi schon zugesichert, dass sie hier qualifizierte Hilfestellung bekommt. Nicht das ich ihr nicht helfen wollte, aber ich war erstmal genauso ratlos wie sie...

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Sind K1, K2, K2a, K2b und K2c vom Erblasser zu gleichen Anteilen (also zu je 1/5) für den Vorerbenerbteil von 1/4 als Nacherben eingesetzt?

  • Die Kollegin ist noch im Vorprüfungsverfahren, das eigentliche Testament liegt ihr (noch) nicht vor, ist/wird von ihr aber noch angefordert. Bislang stützt sie sich noch auf den Vortrag der Parteien.

    Derzeit (wenn der Vortrag der Parteien zureffend ist) ist jedoch für den für die Nachfolge in den Vorerbteil von 1/4 im Testament entweder nichts gesagt, oder die Nachfolge in den Vorerbenanteil von 1/4 soll sich nach dem Verhältnis der Erbteile richten, in dem die Vollerben bereits jetzt eingesetzt sind.

    Für den Fall das im Testament nichts zur anteilsmäßigen Einsetzung der Nacherben für den Nacherbenfall gesagt sein sollte, düfte in erster Linie der Wille des Erblassers (durch Auslegung des Testments und ggf. anderer Umstände) zu ermitteln sein oder?
    Könnte die bisherigen Erbeineinsetzung dann auch dazu führen, dass man, wie die Parteien ist bislang vortragen, tatsächlich nicht zu einer Eisnetzung von je 1/5, sondern zu einer verhältnismäßigen Einsetzung ihrer bisherigen Erbeinsetzungen kommt?

    Sollte eine Erforschung des Willen des Erblassers, bzw. eine Auslegung des Testaments nicht möglich sein, müsste m.E. eine Auslegungsregel herangezogen werden. Fragt sich nur welche und mit welchem Ergebnis...

    Die Akte macht meine Kollegin echt fertig. Ich kann`s verstehen!

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Also nach § 2139 BGb ist der Vorerbe bis zum Eintritt der Bedingung Erbe. Somit dürfte doch der Begriff Erbauseinandersetzung unter Beteiligung der Nacherben völlig i.O. sein. Solange die Erbengemeinschaft nicht auseinandergesetzt ist, kann dass mit der Anwachsung vereinbart werden, so was hatte ich im Grundbuch schon mal-aber wo es stand? -schon lange her.
    Vertretungsausschluss liegt meiner Meinung auch nicht vor. Aber verfügen die Kinder eigentlich mit der Annahme über irgendeinen Anspruch?

  • 1. Der Gegenstand des Rechtsgeschäfts

    Eine Teilerbauseinandersetzung im Verhältnis der Vertragsbeteiligten kann begrifflich nicht vorliegen, weil die Vorerbin zusammen mit den Nacherben keine Erbengemeinschaft bildet. Des weiteren liegt auch keine Teilerbauseinandersetzung im Hinblick auf die derzeitige Zusammensetzung der Erbengemeinschaft nach dem Erblasser (unter Beteiligung der Witwe als Vorerbin) vor, weil sich das vorliegende Rechtsgeschäft überhaupt nicht auf einen Nachlassgegenstand bezieht. Der Witwe bleibt es allerdings unbenommen, ihren Erbteil zu übertragen, weil sie auch für den Fall des Vorhandenseins von Grundbesitz insoweit nicht der Verfügungsbeschränkung des § 2113 Abs.1 BGB unterliegt (Palandt/Edenhofer § 2112 RdNr.2 m.w.N.). Gegenstand des vorliegenden Rechtsgeschäfts ist somit ausschließlich die Übertragung des Erbanteils der Witwe. So entspricht es -abgesehen von der Vertragsüberschrift- auch dem Wortlaut der Urkunde ("überträgt hiermit ... ihren 1/4-Erbanteil im Ganzen").

    Damit ist zunächst einmal der Gegenstand des vorliegenden Rechtsgeschäfts geklärt.

    2. Der Inhalt des Rechtsgeschäfts

    Springender Punkt der Angelegenheit ist, dass die Witwe ihren Erbanteil nicht an die Nacherben, sondern an die mit den Nacherben personell identischen Miterben überträgt. Denn nur bei der Übertragung an Miterben tritt die gewünschte Anwachsungsfolge ein (Palandt/Edenhofer § 2033 RdNr.4), während bei einer Übertragung an die Nacherben nur eine solche nach Bruchteilen (nach absolut hM mit der Folge des Entstehens einer Unterbruchteilsgemeinschaft am Erbteil) möglich wäre (Palandt/Edenhofer § 2033 RdNr.2).

    Damit ist die vorliegende Erbteilsübertragung nicht nur rechtlich möglich, sondern es treten auch die mit ihr beabsichtigten Rechtsfolgen ein.

    3. Unwirksamkeit beim Eintritt des Nacherbfalls

    Eine ganz andere Frage ist allerdings, ob die Erbteilsübertragung im Fall des Eintritts des Nacherbfalls (mit dem Ableben der Witwe) auch materiellrechtlich bei Bestand bleibt. Dies ist nach meiner Ansicht zu verneinen, weil das Recht der Nacherben durch eine (ohne ihre Zustimmung zulässige) Übertragung des Vorerbenerbteils nicht berührt wird (Palandt/Edenhofer § 2112 RdNr.2). Dass die erwerbenden Miterben personell mit den Nacherben identisch sind und beim Vertragsschluss evtl. auch in ihrer Eigenschaft als (zustimmende) Nacherben gehandelt haben, ändert an dieser Rechtsfolge nach meinem Dafürhalten nichts. Denn es ist zum heutigen Zeitpunkt völlig offen, welche Personen beim Ableben der Witwe tatsächlich zu Nacherben berufen sein werden (man denke nur an den Fall, dass ein eingesetzter Nacherbe zwischen Vorerbfall und Nacherbfall verstirbt). Außerdem erscheint es begrifflich ausgeschlossen, dass eine Zustimmung der Nacherben ein Rechtsgeschäft endgültig wirksam machen kann, zu dessen Vornahme der Vorerbe der Zustimmung der Nacherben -wie hier- überhaupt nicht bedarf.

    Beim Ableben der Witwe wird somit nach meinem Dafürhalten die Rechtsfolge eintreten

    - dass die Erbteilsübertragung gegenstandslos wird,

    - dass der Erbteil der Witwe auf die Nacherben zu dem vom Erblasser bestimmten Anteilsverhältnis übergeht, und zwar völlig unabhängig davon, ob die beim Eintritt des Nacherbfalls zum Zuge kommenden Nacherben mit den jetzigen Erbteilserwerbern personell identisch sind und ob das durch Anwachsung eintretende Erwerbsverhältnis mit dem vom Erblasser bestimmten Anteilsverhältnis identisch ist.

    4. Zu verweigernde familiengerichtliche Genehmigung

    Hinzu kommt, dass es im Ergebnis völlig dahinstehen kann, ob die von mir vorstehend skizzierte Rechtsfolge bei einer erklärten "Zustimmung" der Nacherben auch tatsächlich in der beschriebenen Weise eintreten würde. Denn nach hM bedarf ein entgeltlicher Erbteilserwerb nach § 1821 Abs.1 Nr.5 BGB (i.V.m. § 1643 Abs.1 BGB) der familiengerichtlichen Genehmigung, wenn zum Nachlass -wovon ich ausgehe- Grundbesitz gehört (OLG Schleswig SchlHA 1956, 262; OLG Köln Rpfleger 1996, 446; Palandt/Diederichsen § 1821 RdNr.20; Erman/Holzhauer § 1821 RdNr.16; MünchKomm/Wagenitz § 1821 RdNr.45; a.A. Staudinger/Engler § 1821 RdNr.85; Soergel/Zimmermann § 1821 RdNr.16; RGRK/Dickescheid § 1821 RdNr.16; Brüggemann FamRZ 1990, 5, 6; Böttcher/Spanl RpflJb 1990, 193, 207).

    Diese Genehmigung ist ohne weiteres zu verweigern, und zwar unabhängig davon, ob das vom Erblasser bestimmte Anteilsverhältnis mit dem nunmehr vorgesehenen Anwachsungsverhältnis übereinstimmt. Denn es besteht überhaupt kein Anlass für die minderjährigen Nacherben, dem Vorerben einen Erbteil abzukaufen, den sie beim Eintritt des Nacherbfalls ohnehin (und zwar ohne jede Gegenleistung!) erhalten. Wenn das vom Erblasser bestimmte Nacherbenanteilsverhältnis
    günstiger ist als das nunmehr beabsichtigte Anwachsungsverhältnis (was wegen des 1/4-Erbanteils von K1 schon dann der Fall ist, wenn die Nacherben zu gleichen Anteilen berechtigt sind), stellt dies allerdings noch einen zusätzlichen Grund für die Verweigerung der familiengerichtlichen Genehmigung dar.

    Damit kommt die vorliegende Erbteilsübertragung schon aufgrund der zu verweigernden familiengerichtlichen Genehmigung nicht zur Durchführung.

    5. Kein Vertretungsausschluss

    Ein Vertretungsausschluss besteht nicht, weil die Eltern von K2a-c zusammen mit ihren Kindern nur parallele Willenserklärungen gegenüber der Witwe abgeben, aber untereinander kein Rechtsgeschäft tätigen. Es verbleibt somit beim geschilderten familiengerichtlichen Genehmigungserfordernis nach Ziffer 4).

    6. Alternativen

    a) Ausschlagung gegen Abfindung

    Die Witwe hätte die Möglichkeit gehabt, ihren Erbteil gegen Abfindung auszuschlagen. Hierdurch wären die Nacherben unmittelbar mit dem vom Erblasser bestimmten Anteilsverhältnis zu Vollerben geworden. Diese Möglichkeit steht aufgrund der erfolgten Erbschaftsannahme durch die Witwe nicht mehr zur Verfügung.

    b) Erbauseinandersetzung

    Den Beteiligten steht der Weg offen, die Erbengemeinschaft insgesamt in der Weise auseinanderzusetzen, dass alle Miterben mit Ausnahme der Witwe durch rechtsgeschäftliche Übereignung seitens der Erbengemeinschaft Bruchteilseigentum an jedem einzelnen Nachlassgegenstand erwerben und die Witwe für die Aufgabe ihrer Eigentumsanteile eine geldliche Gegenleistung erhält. Formbedürftig ist dieser Auseinandersetzungsvertrag nur, soweit zum Nachlass Grundbesitz gehört. Wenn die Nacherben der Auseinandersetzung zustimmen, ist sie wirksam, weil es der Zustimmung von Ersatznacherben nicht bedarf. Allerdings ist bei dieser Lösung die Bestellung von drei Ergänzungspflegern für die minderjährigen K2a-c erforderlich, weil bei der Erbauseinandersetzung sowohl die Eltern mit ihren Kindern als auch die Kinder untereinander ein Rechtsgeschäft vornehmen (§§ 1629, 1795, 181 BGB). Diese Erbauseinandersetzung bedarf der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 1915 Abs.1 S.1 BGB i.V.m. § 1822 Nr.2 BGB, bei vorhandenem Grundbesitz auch nach § 1821 Abs.1 Nr.5 BGB. Aber auch hier steht natürlich die berechtigte Frage im Raum, weshalb die Kinder eigentlich etwas entgeltlich erwerben sollen, was ihnen später beim Eintritt der Nacherbfolge ohnehin unentgeltlich zufällt.

    7. Die Überraschung

    Die bisher erörterten Probleme haben zweifelsohne ihren rechtlichen Reiz, weil ein solcher Fall nicht jeden Tag vorkommt und Gelegenheit bietet, das Recht der Nacherbschaft eingehend zu beleuchten (hat mir zugegebenermaßen auch wieder Spaß gemacht). Dennoch spielt alles bisher Gesagte im Ergebnis keine Rolle.

    Denn:

    Es dürfte bisher übersehen worden sein, dass die Nacherbschaft wegen § 2306 Abs.1 S.1 BGB überhaupt nicht wirksam angeordnet wurde, weil der Erbteil der Witwe (1/4) ihre Pflichtteilsquote (von ebenfalls 1/4) nicht übersteigt (sie wäre neben K1 und K2 wegen § 1371 Abs.1 BGB zur hälftigen gesetzlichen Miterbin berufen gewesen). Die Witwe ist für ihren 1/4-Erbanteil somit nicht Vorerbin, sondern Vollerbin geworden. Ein erteilter Erbschein mit vermerkter Nacherbfolge wäre daher nach § 2361 BGB einzuziehen und der (unrichtige) Nacherbenvermerk im Grundbuch zu löschen.

    Damit ist gegen die vorliegende Erbteilsübertragung nicht nur nicht das Geringste einzuwenden, sondern sie ist beim Vorhandensein von Nachlassgrundbesitz -wenn der „Preis“ stimmt- auch ohne weiteres nach § 1643 Abs.1 BGB i.V.m. § 1821 Abs.1 Nr.5 BGB seitens des Familiengerichts genehmigungsfähig (zum nach hM bestehenden Genehmigungserfordernis vgl. bereits oben Ziffer 4).

    Also wieder einmal unser „berühmter“ § 2306 BGB!

    Notarielles Testament? - Wäre Murks.

    Vorsorglich: Hätte in der Ehe des Erblassers der Güterstand der Gütergemeinschaft oder derjenige der Gütertrennung gegolten, wäre die angeordnete Nacherbfolge wirksam. In diesem Fall betrüge der Pflichtteil der Witwe nämlich entweder 1/8 (bei Gütergemeinschaft) oder 1/6 (bei Gütertrennung wegen § 1931 Abs.4 BGB). In beiden Fällen würde der 1/4-Erbteil der Witwe somit ihre Pflichtteilsquote übersteigen. Es wäre daher nicht § 2306 Abs.1 S.1 BGB, sondern § 2306 Abs.1 S.2 BGB anwendbar. Das hiernach bestehende Wahlrecht der Witwe ist infolge Erbschaftsannahme und/oder Versäumung der Auschlagungsfrist aber bereits erloschen.

  • All:

    Der juris2112 ist eine echte Bereicherung für das Forum. Wahnsinn mit welchem Elan und jur. Sachverstand der die Fälle auseinandernimmt.

    Ich kann nur sagen: Vielen Dank für deine Mitarbeit!:daumenrau

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • All:

    Wahnsinn mit welchem Elan und jur. Sachverstand der die Fälle auseinandernimmt.



    :daumenrau

    Ungefähr so: :what: habe ich gerade geschaut als ich juris Beitrag gelesen habe.

    Ich kann Ulf nur zustimmen.

    Und meine Kollegin meinte noch: "Meinst du wirklich, wir können den Fall im Forum einstellen. Wer hat denn Lust und Zeit sich das alles durchzulesen und dann auch noch zu anworten?."

    Die Kollegin ist leider schon außer Haus, aber die fällt Montag glatt vom Stuhl, wenn die juris Beitrag ließt.

    Vielleicht zur Abrundung nur soviel (wie gesagt, ist nicht meine Akte und es wurde nur ein Vertragsentwurf eingereicht (war wahrscheinlich auch gut so!) daher liegen mir nicht alle Infos vor):

    Das Testament liegt hier (noch) nicht vor.
    Ob ein Erbschein beantragt/erteilt wurde ist hier (noch) nicht bekannt.

    Der Erblasser hatte F2 (geb. 1931) neben der Vorerbeneinsetzung noch im Rahmen eines Vermächtnisses ein lebenslängliches Wohnungsrecht in allen Räumen bzgl. eines Hauses nebst dem Recht Möbel, Geschirr usw. zu benutzen eingeräumt.

    In den Nachlaß fallen mehrere Grundbesitzungen (Gesamtwert ca. 300.000,00 €) und wohl auch ein nicht unerheblicher Barnachlass in Höhe von ca. 350.000,00 € und ggf. noch weitere Nachlaßgegenstände/-Forderungen.
    Soweit noch Verbindlichkeiten zum Nachlaß zählen (insb. evtl. noch valutierender dinglich abgesicherter Darlehen) soll F2 von K1 und K2 von sämtlichen Ansprüchen ggü. Dritten freigestellt werden.

    Das im Rahmen des Vermächtnisses ausgesetzte Wohnungsrecht soll entsprechend im Grundbuch eingetragen werden.

    Der Vertragsentwurf wimmelt nur so von angegebenen Alternativen des Notars.
    Ich habe der Kollegin schon den Tipp gegeben: Förmlichen Antrag verlangen und sich nicht auf irgendwelche dubisosen Spielchen einlassen. Wenn nicht genehmigungsfähig: Zurückweisung. Ende im Gelände.

    Allein schon juris dürfte man es schuldig sein, zu gegebener Zeit an dieser Stelle über den Fortgang der Angelegenheit zu berichten was voraussichtlich auch geschehen wird...

    Schönes Wochenende!

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Jetzt wird's ja immer toller:

    Dann sind auch die zugunsten der Witwe angeordneten (Voraus)Vermächtnisse nach § 2306 Abs.1 S.1 BGB unwirksam, weil auch K2 nur mit einem Erbteil in Höhe seiner Pflichtteilsquote bedacht wurde (1/8). Hier werden die Vermächtnisse zugunsten der Witwe wahrscheinlich nicht nur am Erbteil des K2, sondern ingesamt wegfallen, weil der Vermächtnisanspruch auf Einräumung eines Wohnungsrechts nicht teilbar ist und Erfüllung des Vermächtnisses ohne Mitwirkung des von § 2306 Abs.1 S.1 BGB begünstigten Pflichtteilsberechtigten demzufolge nicht mehr möglich ist (Staudinger/Haas § 2306 RdNr.37 m.w.N.).

    Verhält es sich so, verbleibt es für den Erbteil der Witwe auch bei der Unwirksamkeit der angeordneten Nacherbfolge (§ 2306 Abs.1 S.1 BGB), denn beim Wegfall ihres Vermächtnisses ist die Witwe nicht mehr in Form ihres pflichtteilsidentischen (unbeschwerten) Erbteils zuzüglich Vermächtnis rechnerisch mit einem über ihrem Pflichtteil liegenden Wert bedacht (Staudinger/Haas § 2306 RdNr.7 m.w.N.).

    Aber warten wir erst einmal die Mitteilung des genauen Testamentsinhalts ab, damit wir uns nicht überflüssigerweise in Details verlieren.

  • Bin ja schon länger Fan vom Forum, aber bin wiedermal überrascht von juris2112 - wie detailliert recherchiert wird! Echt klasse! - und erschrocken über das Ergebnis. Echt peinlich dagegen meine kleinen "Denk"-ansätze.
    Hoffe, hier noch viel zu lernen.

  • Ganz ehrlich:

    Das ganze Forum ist eine tolle Idee und eine Bereicherung für mich, um meine Kenntnisinseln zu erweitern (von Wissenslücken mag ich bei mir nicht sprechen ... :oops: )

    Aber juris2112: Danke *tiefverbeugt* und weiter so !
    Ich habe Hoffnung, dass ich auch irgendwann mal so eine Begründung hinkriege, wo nicht mal mehr eine Briefmarke zwischenpasst ...

  • @ juris:

    Bevor ich`s vergesse: Vom Stuhl gefallen ist die Kollegin zwar nicht heute morgen, aber ich soll dir ein ganz großes Danke und einen lieben Gruß ausrichten. Sie war ganz hin und weg von deinem Gutachten.

    Sie hätte sich auch gern selbst bekandt, aber wie selber gesagt hat, ist sie "zu doof, um sich im Forum anzumelden".

    Na mal sehen, vielleicht kann sich das ja (mit meiner Hilfe) noch ändern...

    Und wenn sich was neues ergibt, werden ich selbstverständlich berichten. Z.Zt. ist die Kollegin gut damit beschäftigt sich eine Meinung zu bilden und das weitere Vorgehen zu überlegen.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Aber Vorsicht:

    Meines Erachtens kann die Sache erst bei Kenntnis des detaillierten Testamentsinhalts abschließend rechtlich beurteilt werden. Denn wie mit dem vorliegenden Entwurf verfahren wird, hängt zunächst entscheidend davon ab, ob für Teile der letztwilligen Verfügung von einer Unwirksamkeit i.S. des § 2306 Abs.1 S.1 BGB auszugehen ist. Diese Frage lässt sich bei kombinierter Erbteils- und Vermächtniszuwendung nicht aus der hohlen Hand beantworten, sondern hier kommt es auf den Einzelfall (insbesondere den Charakter des Vermächtnisses) an.

    Also bitte hier einstellen, was jeder Miterbe genau bekommt (Erbteil, Vermächtnisse) und womit der jeweilige Miterbe (bzw. dessen Erbteil) genau beschwert ist.


  • Also bitte hier einstellen, was jeder Miterbe genau bekommt (Erbteil, Vermächtnisse) und womit der jeweilige Miterbe (bzw. dessen Erbteil) genau beschwert ist.



    Wird gemacht! Die Kollegin hat gestern das Testament, bzw. eine Abschrift davon angefordert. Ob sie, sofern dieser erteilt wurde, auch eine Abschrift des Erbscheinds verlangt hat, kann ich nicht sagen.

    Sofern konkreter Angaben gemacht werden melde ich mich wieder (es sei denn, die Kollegin "schafft es" sich anzumelden, dann kann sie sich selber melden)...

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Aber Vorsicht:

    [...] hängt zunächst entscheidend davon ab, ob für Teile der letztwilligen Verfügung von einer Unwirksamkeit i.S. des § 2306 Abs.1 S.1 BGB auszugehen ist. Diese Frage lässt sich bei kombinierter Erbteils- und Vermächtniszuwendung nicht aus der hohlen Hand beantworten.



    Wie wahr, wie wahr.

    Meine Kollegin hat jetzt erfahren, dass die Eheleute in Gütertrennung gelebt haben. Von einer Unwirksamkeit iSv § 2306 BGB dürfte daher nicht auszugehen und der vom Nachlaßgericht erteilte Erbschein richtig sein. Mein Kollegin wird daher weiterhin viel Spaß an der Sache haben.
    Werde bei Zeiten berichten.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

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