Beschluss nach § 16 II RpflG nachholbar

  • Folgender Fall:
    2008 stirbt die Ehefrau, 2009 der Ehemann.
    2009 wird nach beiden Erblassern durch den Rechtpfleger Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilt.
    2010 reicht ein Erbe ein Testament ein, das ausschließlich eine gegenseitige Erbeinsetzung enthält.

    Müssen beide Erbscheine eingezogen werden?
    Grundsätzlich wäre ja nach dem Tod des Ehemanns der Fall des § 16 II RpflG gegeben gewesen. Einen Beschluss hat es aber naturgemäß nicht gegeben. Der Rechtspfleger war dadurch ja eigentlich funktionell unzuständig.
    Ergo wäre der Erbschein einzuziehen!

    Kann der Beschluss nachgeholt werden? Bzw. wirkt dieser zurück?

  • Das Problem mit dem RpflG löst sich anders: Der Erbschein nach dem Erstversterbenen aufgrund gesetzlicher Erbfolge dürfte Ehegatten und Kinder ausweisen und ist schon deshalb als unrichtig einzuziehen. Sodann müssten die Erben des Überlebenden Ehegatten die Erbschaft als Erbeserben die Erbschaft annehmen und (soweit jetzt noch erforderlich, erfahrungsgemäß nur wenn Grundbesitz vorhanden ist) einen neuen beantragen, der den Überlebenden als Erbe des Zuerstverstorbenen ausweist (hierbei aber dann das "nachverstorben am..." im Erbschein nicht vergessen).

  • Ich habe den Sachverhalt so verstanden, dass es nicht um die Erbfolge nach der (erstverstorbenen )Ehefrau geht (da ist natürlich so zu verfahren, wie von Tyrael beschrieben), sondern um die Erbfolge nach dem (letztverstorbenen) Ehemann. Für den gilt ja nach wie vor die gesetzliche Erbfolge, da das Testament keine Verfügungen nach dem Letztversterbenden enthält. Soll doch der Richter seine Übertragung nach § 16 II RpflG nachträglich vornehmen, dann passt alles wieder, und der Erbschein nach dem Ehemann braucht nicht eingezogen zu werden.

    Bei uns wird nebenbei gesagt die Übertragung nach § 16 II RpflG nicht durch förmlichen Beschluss getroffen, sondern durch akteninterne Verfügung.

  • Das Testament enthält doch gar keine Verfügunge für den 2ten Sterbefall, es wird dort gar nicht auftauchen, deshalb ist die Übertragung nicht notwendig. Und selbst wenn, dann rettet mir § 8 RpflG den Hals und mein Erbschein ist nicht wegen der unterbliebenen Übertragung unwirksam.

  • Offen bleibt für mich immer noch die Frage, ob das zu 1 dargestellte Testament als letztwillige Verfügung des Überlebenden anzusehen ist, die eine Zuschreibung nach 16 II überhaupt erfordert.

  • § 16 II RpflG regelt doch gerade den Fall, dass zwar ein Testament vorliegt, das aber für die Erbfolge nicht maßgeblich ist.
    Warum die gesetzliche Erbfolge nun eintritt (Formunwirksamkeit, mangelnde Testierfähigkeit oder - wie hier - Gegenstandslosigkeit), ist uninterssant. M.E. liegt hier auf jeden Fall ein Fall des § 16 II RpflG vor.

  • Ein gemeinschaftliches Testament, das keine Bestimmungen für den zweiten Erbfall enthält, wird nach dem Tod des zweiten Ehegatten weder eröffnet noch hat es Auswirkungen auf die Zuständigkeit. Es ist praktisch nicht vorhanden und verursacht deshalb auch keinen Fall des § 16 Abs. 2 RPflG

  • Ehefrau verstirbt 2014 in A-Stadt und hinterlässt Ehemann und 2 Kinder. Der Nachlass ist vermögend.
    Dem Nachlassgericht A ist von der Existenz eines Testaments nichts bekannt.

    Der Ehemann schlägt nach seiner Ehefrau aus und in dem Protokoll gibt er an, keine Kenntnis von einem Testament zu haben.
    Es kommt ein Erbscheinsantrag der Töchter, wonach diese Erben zu je 1/2 geworden sind. Der Rpfl. erteilt den Erbschein antragsgemäß.
    Grundbuch pp. wird berichtigt.

    Der Ehemann zieht fort in B-Stadt und verstirbt 2015.

    Nun übersendet das Nachlassgericht B dem Nachlassgericht A ein dort eingegangenes und nach dem Ehemann bereits eröffnetes Testament aus 2003, in welchem sich die Ehegatten zunächst gegenseitig und als Schlusserben die beiden Kinder zu je 1/2 eingesetzt haben.

    Das Testament wurde nun durch Nachlassgericht A -nachträglich- nach der Ehefrau eröffnet.

    Aufgrund des vom Rpfl. erteilten Erbscheins wurde das Grundbuch 2014 berichtigt und bereits auf einen Dritten übertragen.

    Die Sache sollte seine m.E. seine Erledigung dadurch finden können, dass der Nachlassrichter nun die Sache gem. § 16 Abs. 3 Rpfl. dem Rpfl. zuweist, oder:gruebel::gruebel:?

  • Sehe ich genauso. Dabei unterstelle ich, dass der Ehemann die Erbschaft aus jedem Berufungsgrund ausgeschlagen hatte, so dass im Ergebnis es dabei bleibt, dass die Töchter Erben der Mutter zu je 1/2 sind und der Erbschein nicht eingezogen werden muss. Die Übertragung nach § 16 II RpflG kann m.E. nachträglich erfolgen.

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