Beratungshilfe für vier Urheberrechtsverletzungen?

  • Hallo,
    habe folgendes Problem:
    Ein Antragsteller hat mir vier Urheberrechtsverletzungen vorgelegt mit unterschiedlichen Anspruchstellern im Zeitraum vom 01.01.2011 - 20.01.2011. Ich habe ihm dafür einen Beratungshilfeschein erteilt.
    Der abrechnende Anwalt kommt nunmehr daher und möchte für jeden Fall eine Beratungshilfe abrechnen (4 x 99,96 EUR). Aus den beigefügten Tätigkeitsnachweisen ist ersichtlich, dass jedes Mal das gleiche Antwortschreiben des Rechtsanwalts herausgegangen ist. Einzig das Rubrum war unterschiedlich. Weiterhin hat der Anwalt mitgeteilt, dass die Angelegenheiten erledigt wurden, nachdem sein Mandant erklärt hat, zu keiner Einigung mit der Gegenseite bereit zu sein.
    Wie würdet Ihr die Sache abrechnen? Vier selbständige Angelegenheiten zu 99,96 EUR oder eine Angelegenheit zu 99,96 EUR?
    Kann mir da jemand auch mit einer guten Begründung helfen? Vielen Dank!

  • ich hatte neulich einen ähnlichen fall. dort waren es zwei urheberrechtsverletzungen am selben tag.
    ich habe nur einen schein erteilt, mit der begründung, dass identische sachverhalte vorliegen. demnach hätte der ast. einen schein beantragen können, sich dann beim RA beraten lassen können und dieser hätte dann ein schreiben aufgesetzt.
    bei der zweiten urheberrechtsverletzung ist der ast. ja bereits beraten worden und hat auch gesehen, was in so einem schönen schreiben vom RA steht. grundsätzlich weiß er nun also, wie er sich in so einem fall zu verhalten hat und wie die rechtslage aussieht.
    folglich kann er sich beim zweiten mal selber wehren.
    (im grunde kann er ja auch das RA-Schreiben abpinseln, denn was anderes hat der RA auch nicht getan.)

    bei mir hat der RA dann erinnerung eingelegt. meine akte liegt noch beim richter.

  • im grunde kann er ja auch das RA-Schreiben abpinseln


    Bekommt er dann von Dir einen BerH-Schein für die ganz offensichtliche Urheberrechtsverletzung?

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Hallo,
    habe folgendes Problem:
    Ein Antragsteller hat mir vier Urheberrechtsverletzungen vorgelegt mit unterschiedlichen Anspruchstellern im Zeitraum vom 01.01.2011 - 20.01.2011. Ich habe ihm dafür einen Beratungshilfeschein erteilt.
    Der abrechnende Anwalt kommt nunmehr daher und möchte für jeden Fall eine Beratungshilfe abrechnen (4 x 99,96 EUR). Aus den beigefügten Tätigkeitsnachweisen ist ersichtlich, dass jedes Mal das gleiche Antwortschreiben des Rechtsanwalts herausgegangen ist. Einzig das Rubrum war unterschiedlich.


    [FONT=&quot]Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum ist von einer Angelegenheit sowohl im Sinne des § 15 RVG als auch im beratungshilferechtlichen Sinne vielmehr dann auszugehen, wenn der Tätigkeit des Rechtsanwalts ein einheitlicher Auftrag zugrunde liegt, sie sich im gleichen Rahmen hält und zwischen den einzelnen Gegenständen des anwaltlichen Handelns ein innerer Zusammenhang besteht (vgl. OLG Köln aaO; [Senat] OLGR 1999, 220 zu § 13 BRAGO; OLG Düsseldorf NJW-RR 2009, 430; AGS 2008, 556; AnwK-RVG/N. Schneider 4. Aufl. § 15 Rn 22 f.; Gerold/Schmidt/Madert, RVG 18. Aufl. § 15 Rdnr. 7 ff.; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs aaO Rn. 1012; Schoreit/Groß, Beratungshilfe Prozesskostenhilfe 9. Aufl. § 44 RVG Rn. 15; Enders aaO 337).

    Ist das hier so?

    [/FONT]

  • ja!
    Eine Angelegenheit wird immer dann angenommen, wenn der Rechtsanwalt auf Grund eines einheitlichen Auftrages innerhalb des gleichen Rahmens tätig wird und ein innerer Zusammenhang zwischen den Beratungsgegenständen besteht. Ein einheitlicher Auftrag liegt auch dann vor, wenn der Auftrag vor Abschluß der Beratung erweitert wird. (vgl. statt vieler: VerfGH Sachsen, Beschluß vom 28.01.2010, Vf. 105-IV-09).
    Für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Angelegenheit" im Sinne des § 2 Abs. 2 BerHG sind die Vorschriften des RVG, insbesondere § 15 Abs. 1 und 2 RVG heranzuziehen. Eine (dieselbe) Angelegenheit liegt (noch) vor, wenn ein einheitlicher Auftrag erteilt wird, der gleiche rechtliche Rahmen bei der Verfolgung mehrerer Ansprüche gegeben ist und zwischen den einzelnen Gegenständen ein innerer objektiver Zusammenhand besteht (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 15 Aufl. § 13 Rn. 5 ff).
    Die Annahme einer Angelegenheit steht nicht entgegen, daß die Beratungsgegenstände ggf. später in verschiedenen Verfahren oder vor verschiedenen Gerichten zu beurteilen sein werden. Allein entscheidend ist die Frage, ob die Beratungsgegenstände einer einheitlichen außergerichtlichen Bearbeitung zugänglich sind (LG Kassel, FamRZ 2000, 1380).
    Die Antragstellerin muss sich einem Rechtsuchenden, der auf Grund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht Beratungshilfe in Anspruch nehmen kann, gleichstellen lassen. Ein Selbstzahler hätte vorliegend nicht dreimal einen Rechtsanwalt bezahlt. Vielmehr hätte er einmal einen Rechtsanwalt beauftragt und ggf. den Auftrag erweitert. In Beratungshilfesachen wird die Gebühr nicht nach dem Gegenstandswert berechnet, sondern der Anwalt erhält eine Pauschale, dabei ist vollkommen unerheblich welchen Arbeits-und Zeitaufwand der Rechtsanwalt aufwenden muss.

  • EINE Angelegenheit :daumenrau

    • einheitlicher Auftrag: Rechtsuchender kommt mit vier Urheberrechtsverletzungen
    • gleicher Rahmen: Überprüfung Verpflichtung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflcihtung und Überprüfung Schadensersatzforderung
    • innerer Zusammenhang: Urheberrechtsverletzung
  • Für mich ist das eine Angelegenheit.

    Leider hat mein Richter IMMER NOCH NICHT über meine Nichtabhilfebeschlüsse entschieden. Sonst könnte ich sagen, wie die Dinger ausgegangen sind. Jetzt sind schon über 3 Monate ins Land gegangen. :(

    Dann könnte ich neben AG Halle sagen, wie das bei uns gemacht wird (AG Halle sagt ist eine Angelegenheit - Entscheidung kann in juris gefunden werden).

  • EINE Angelegenheit :daumenrau

    • einheitlicher Auftrag: Rechtsuchender kommt mit vier Urheberrechtsverletzungen
    • gleicher Rahmen: Überprüfung Verpflichtung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflcihtung und Überprüfung Schadensersatzforderung
    • innerer Zusammenhang: Urheberrechtsverletzung



    Punkt 1: i.O.
    Punkt 2: zweifelhaft, des geht nicht um "eine" .... Erklärung, sondern um mehrere, die sich durchaus unterscheiden können
    Punkt 3: zweifelhaft, auch hier geht es um "unterschiedliche" Urheberrechtsverletzungen und Forderungen verschiedener Firmen wegen verschiedener Werke, und die Verhandlungen gestalten sich mitunter schwierig und nicht mit jeder Abmahnkanzlei gleich.

    Bei mir gab es bislangfür jeden Fall einen Schein, allerdings kamen die Anträge bei diesen Leuten auch im Abstand von paar Wochen, mehrere gleichzeitig hatte ich praktisch noch nie. Die Entscheidung des AG Halle halte ich persönlich für total überzogen, aber ich würde mich durch weitere Entscheidungen in diese Richtung durchaus überzeugen lassen. Noch sind wir aber nicht so weit.

  • Nur mal ein kleiner Hinweis. Käme es jeweils zum Klageverfahren, wieviel unterschiedliche Verfahren lägen dann vor? Und genausoviele Angelegenheiten sind es. Glaubt ihr im Ernst, der Richter würde (wenn alle anderen Vorraussetzungen stimmen) dann nur einmal PKH bewilligen?

    p.s. ... und die Entscheidung des LG Kassel ist Käse. Kein Anwalt bearbeitet für einen Selbstzahler drei unterschiedliche Urheberrechtsverletzungen für eine Gebühr + Erweiterung (?)

  • Nur mal ein kleiner Hinweis. Käme es jeweils zum Klageverfahren, wieviel unterschiedliche Verfahren lägen dann vor? Und genausoviele Angelegenheiten sind es. Glaubt ihr im Ernst, der Richter würde (wenn alle anderen Vorraussetzungen stimmen) dann nur einmal PKH bewilligen?

    p.s. ... und die Entscheidung des LG Kassel ist Käse. Kein Anwalt bearbeitet für einen Selbstzahler drei unterschiedliche Urheberrechtsverletzungen für eine Gebühr + Erweiterung (?)



    :daumenrau Das ist in allen Belangen genau meine Meinung !

    Das was das AG Halle da entschieden hat, ist völlig inakzeptabel. Und das sage ich als Rechtspfleger und nicht als Anwalt. Jede Urheberrechtsverletzung mit Abmahnung von einer anderen Anwaltskanzlei ist eine neue Angelegenheit, genauso wie die Forderung das Gasanbieter und des Stromlieferanten verschiedene Angelegenheiten sind und nicht mit einem Schein als "Forderungen von Energieversorgungsunternehmen" abgetan werden können, weil man vielleicht Gas und Strom unter "Energie" subsumieren und damit einen inneren Zusammenhang konstruieren kann.

  • Jede Urheberrechtsverletzung mit Abmahnung von einer anderen Anwaltskanzlei ist eine neue Angelegenheit

    Fein, dann wirst Du ja auch beim nächsten Mal, wenn Dir jemand erklärt, er habe am 31.12.2010 für seine Silvesterparty die Top 100 heruntergeladen und nun mit 100 Abmahnschreiben von 100 Kanzleien kommt, 100 Beratungshilfescheine erteilen. :eek::wechlach:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • ich schätze, hundert B-Scheine drucken sich schneller als 99 Ablehnungen zu pinseln, oder?
    Im übrigen wird der Ast keinen RA finden, der 100 verschiedene Abmahnungen für 99,96 bearbeitet. Allein das Eingeben der Az und Adressen kostet mit Sicherheit mehr als 0,9969 € pro Fall.

  • Es wird wohl darauf ankommen, welche rechtlichen Fragen der Antragsteller hat. Nach dem dritten Download, der dritten Abmahnung und der dritten anwaltlichen Beratung kann man wohl für die weiteren Verfahren von Mutwilligkeit ausgehen, da der Antragsteller bezüglich seiner außergerichtlichen Rechtsverteidigung nicht mehr unwissend ist...

    Wenn also hinsichtlich des Ausgangsfalles in allen vier Abmahnungen das selbe rechtliche Problem auftritt, lässt sich dieses eine Problem mit einer Beratung lösen.

  • Es geht hier aber nicht nur um eine Beratung (da könnte man natürlich auf nur eine Angelegenheit kommen), es geht hier auch um die in der Regel notwendige anwaltliche Vertretung. Und da wird kaum ein Anwalt für nur einen Schein mit 100 Abmahnkanzleien verhandeln, oder denkt das wirklich jemand ? Und habt Ihr die Abmahnschreiben schon mal gelesen ? Da wird in jedem eine andere Forderung geltend gemacht (schwankend für ein Album zwischen 250 und 1250 €), da werden in jedem Abmahnschreiben massenhaft Gerichtsentscheidungen zitiert, und da gleicht in der Tat kein Abmahnschreiben dem anderen, wie etwa ein Ei dem anderen. Das ist einfach so. Umgekehrt gibt es natürlich Anwälte, die auf das Abmahnschreiben selbst kurz und mit einer Seite antworten, was man so sicher auch selbst zustande bekäme, es gibt aber sogar welche, die antworten im Rahmen von Beratungshilfe mit einem 13-seitigen Antwortschreiben fundamentiert und mit Rechtsprechungsbezügen. Ich kann nur wiederholen: Glaubt jemand echt daran, dass sie das für 100 Gläubiger für insgesamt 70 € Gebühr machen sollen ? Und was die Mutwilligkeit angeht: Es kommt nicht darauf an, ob jemand zum wiederholten Male und damit wohl mutwillig eine Urheberrechtsverletzung gleicher Art begangen hat, es kommt nur darauf an, ob er auf das konkrete Abmahnschreiben hin mutwillig einen Anwalt aufsucht ! Glaubt mir, es geht mir in vielen Fällen auch gegen den Strich, manchen Leuten zum wiederholten Male einen Schein geben zu müssen, manche Dinge lassen sich aber nicht ändern, weil insbesondere Zurückweisungen fundamentiert zu begründen sind, und das reicht es nicht nur zu sagen "Für mich ist das nur eine Angelegenheit", "Für mich gibt's dafür keine Beratungshilfe" .... Das Problem, dass manche Leute 20 mal im Jahr und mehr zum Anwalt rennen, bei jeder neuen Forderung oder sonstigen Problem (über den Vergleich mit dem Selbstzahler kann man sich nunmal stunden- und seitenlang in jedem Fall streiten; so gut das klingt, es ist allerdings nur "Gummi", da man es in den meisten Fällen so oder so sehen kann), kann man nur damit beseitigen, dass grundsätzlich erst einmal alle vor der anwaltlichen Tätigkeit beim Gericht Beratungshilfe beantragen und dort pro Antrag einen finanziellen Eigenbeitrag leisten müssen. Das habe ich schon mehrfach vorgeschlagen. Alles andere ist nur ein sich täglich wiederholender Kampf gegen Windmühlen. Wenn ich in Bezug auf "Mutwilligkeit" ein 2-seitiges Schreiben als Zwischenverfügung fertige, bekomme ich von meiner Lieblings-Beratungshilfe-Kanzlei garantiert ein mindestens 3 Seiten langes Antwortschreiben, in dem ausführlich begründet wird, wie notwendig das doch alles ist. Das einzige gute Gefühl, das dann in mir aufkommt, ist, dass für diesen Anwalt wohl das ganze schon lange nicht mehr "wirtschaftlich" sein kann (Aufwand zu Gebühreneinnahme), denn gerade für diese Kanzlei scheint Beratungshilfe ja ein wichtiges Standbein zu sein (andere am Ort sehen das um einiges anders).

  • boah ...

    die return/enter-Taste ist so rechts mittig.
    Bis dahin verweigere ich das Lesen.

    Ein Hoch auf den Absatz !



    :D

    Zum Thema: Es liegen unterschiedliche Angelegenheiten nach dem RVG vor. Dennoch würde ich nur 1 x Beratungshilfe bewilligen, meinetwegen für die 1. Urheberrechtsverletzung, die weiteren Anträge sind mutwillig, weil bereits eine ausreichende Beratung erteilt wurde und der Schriftverkehr nach dieser Beratung selbst geführt werden kann. (Logisch gilt das alles nur wenn es wirklich Standardfälle/gleichartige Fälle sind, z.B. vier Fotos verschiedender Urheber auf der eigenen Homepage verwendet!)

  • Wie ist das überhaupt: Ist der Anwalt, der beim ersten Vorfall ein umfangreiches Schreiben gefertigt hat, überhaupt verpflichtet, dieses in Abschrift seinem Mandanten auszuhändigen, damit dieser in einem weiteren Fall dann das (zumindest auszugsweise) selbst abpinseln kann ? Denn nur in diesem Fall würde ich die Mutwilligkeit im weiteren Fall mit "ja" beantworten. Weiß hingegen der Mandant gar nicht (ausreichend), was der Anwalt nun genau geschrieben hat, und hat er auch keinen Anspruch darauf, kann man wohl im Wiederholungsfall nicht von Mutwilligkeit reden und wird den Schein erteilen müssen.

    Schließlich kann ja niemand nur anhand dessen, was einem der Anwalt mal mündlich kurz verklickert hat, beim nächsten Mal selbst ein fundamentiertes Schreiben fertigen.

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