Konflikt mit Richtern wg. Bewährungsüberwachung

  • Das Thema wurde hier schon mehrfach diskutiert. Ich bin nun mit den beiden Richtern an meinem Amtsgericht einen Konflikt eingegangen wegen der Zuständigkeitsfrage. Vielleicht möchte mich jemand seelisch unterstützen. ;)

    Bei einer Abteilungsbesprechung habe ich angemerkt, dass die Bearbeitung der Bewährungshefte inkl. Erstverfügung mangels gesetzlicher Übertragung auf den Rechtspfleger dem Richter obliegt.

    Da die Richter sich vorerst von den gesetzlichen Gegebenheiten nicht überzeugen ließen und mir zudem das Gefühl gegeben haben, dass ICH das Problem bin und nicht die Sache an sich, habe ich nun die Direktorin um Klärung gebeten. Ich kann die Richter nicht verstehen. Wo ist das Problem für sie?

    Fortsetzung folgt ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Nele (5. Mai 2011 um 14:49)


  • Da die Richter sich vorerst von den gesetzlichen Gegebenheiten nicht überzeugen ließen und mir zudem das Gefühl gegeben haben, dass ICH das Problem bin und nicht die Sache an sich, habe ich nun die Direktorin um Klärung gebeten.


    Das ist ein schönes Beispiel für die sog. "normative Kraft des Faktischen", über die sich bereits der Staatsrechtler Georg Jellinek (1851 bis 1911) im 19. Jahrhundert lang und breit ausgelassen hat. ;)
    Weiter beweist es, dass auch Richter im Grunde ihres Herzens doch nur eine "Beamtenmentalität" haben, nach der die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums offenbar lauteten :
    1. Das haben wir immer so gemacht
    oder 2. das haben wir noch nie so gemacht
    und 3. da kann ja jeder kommen. :oops:
    Wenn Du nun ausgerechnet die Direktorin zur Schlichtung angehst, so hast Du unwillentlich den Bock zum Gärtner gemacht, ist sie doch vor allem eines, nämlich Richterin. Weshalb sollte sie eine andere Meinung als alle anderen Richter vertreten ? :eek:
    Mein Rat : bedanke Dich bei ihr zu gegebener Zeit für die freundliche Erklärung der richterlichen Sicht dieses Problems und lasse es dabei bewenden; es gibt bedeutend wichtigere Dinge, sich gerade zu machen und es auf den großen Knartsch ankommen zu lassen. ;)
    Im übrigen wirst Du nicht ewig mit Strafsachen betraut sein :)

  • Der Direktor kann die Frage nicht klären. Ob er seine Kollegen überreden will oder kann, wage ich zu bezweifeln.

    Falls es keine gesetzliche Grundlage für eine Bearbeitung durch den Rechtspfleger gibt, dann ist die rechtspflegerische Tätigkeit gem. § 8 IV RpflG unwirksam. Ich würde jede einzelne Akte dem Richter zur Entscheidung über die Zuständigkeit nach § 7 RpflG vorlegen. Erst nach Zustellung der Entscheidung an alle Beteiligten würde ich die Sache bearbeiten.

    Eine generelle Entscheidung (für alle Bewährungssachen ist der Rechtspfleger zuständig) ist nicht zulässig.

    Villeicht könnte man den Richtern ja auch für ihre schwierige Tätigkeit ein Formular entwerfen, so dass sie dann in Zukunft die Sachen, für die sie zuständig sind und die in ihrem Pensum ja wohl auch zählen, selbstständig bearbeiten können.

  • Naja wenn du dauernd Ärger willst, kannst du wirklich jede Akte vorlegen, oder es nochmals mit den gesetzlichen Grundlagen versuchen.
    Der Direx kann seine Richter auf jeden Fall nicht anweisen.
    Hast es schon mal beim übergeordneten LG- präsidenten versucht. Gerade wenn es nach deiner recherche nicht im ganzen Bezirk so gehandhabt wird, wie bei dir.
    UND zur seelischen Unterstützung:
    Lässt gestern ein Richter seine Geschäftstellenmitarbeiterin mit ner Akte zu mir kommen (ich bin bei der Verwaltung und damit sowieso das Auffangbecken für Alles und Alle). Er hätte ein Problem, da würde ein Antrag nach § 30 a EGGVG gestellt.
    Er finde im GVG ! nur den § 30.
    Ich das Mädel zurückgeschickt mit dem Hinweis, dass es sich um das EGGVG handle.
    Nach wenigen Minuten kommt sie wieder mit folgender Aussage: Ihr Richter verstehe diesen Paragraphen nicht und was er mit der Akte solle!!!!:wechlach:
    Wusste ich noch gar nicht, dass wir der lebendige Kommentar für die Richterschaft sind :teufel:

  • Das Problem kenne ich und habe es mehreren Richtern abgewöhnt, mich ihre Arbeit machen zu lassen.
    Die Übertragung auf den Rechtspfleger ist nicht gegeben. Ende.
    Ausweislich der Vorschriften ist das Gericht - ergo der Richter - für die Überwachung der Bewährung zuständig.
    Ich stehe an Deiner Seite, wenn Du jede Akte retour gehen lässt. :)
    Mach einen Vermerk "Vorlage Herrn Richter zuständigkeitshalber" und das in jeder Akte.
    Der Streit ist vorprogrammiert. Der Unmut bei der Richterschaft auch.
    Allerdings kannst Du nur nach den gesetzlichen Vorgaben handeln.
    Und Argumente wie "das ham wa imma schon so gemacht", "andere machen das auch ohne zu murren" - haben mich noch nie interessiert. :cool:

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Mehr als
    "Vfg.
    1. Vermerk: Keine Rechtspfleger-Zuständigkeit, da...
    2. Geschäftsgang"
    halte ich für taktisch unklug.
    Du schwächst so Deine eigene rechtlich zu ersteitende Position, weil Du Dir durch das zwischenmenschliche Mediationsgedöns bestenfalls eine Dir unbequeme formlose Bitte der Verwaltung einhandeln wirst, es weiter im Teaminteresse wie gewohnt zu machen.

  • Gut, dass man einer formlosen Bitte der Verwaltung um Erledigung nicht folgen muss :teufel:
    Nein, ich persönlich halte auch nichts davon, den Direktor einzuschalten.
    Dann ist der Richter halt grantig und grummelt vor sich hin. Aber was bleibt ihm übrig, als die ihm obliegende Arbeit zu erledigen? Nichts, denn er kann Dich nicht anweisen. ;)

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Meine Strafrichter sind keinen Deut besser...Nur stehen die leider auf dem Standpunkt, dass sie Richter sind und daher über allem stehen.

  • Da ja ein Gespräch mit den zuständigen Richterkollegen stattgefunden hat, würde ich diese unabhängig von der eindeutigen rechtlichen Zuständigkeit einfach einmal fragen, was denn der Rechtspfleger in solchen Sachen überhaupt prüfen soll?
    Meistens wird durch die Richter zwischen U.d.G und Rechtspfleger hinsichtlicher der funktionellen Zuständigkeit nicht unterschieden.
    Beispiel:
    Bewährungshelfer berichtet von gravierenden Verstößen.
    Der kleine Rechtspfleger kennt den Probanden aus anderen Vollstreckungen und denkt sich, dass ein Bewährungswiderruf noch nicht in Frage kommt, und legt die Akte nicht dem eigentlich zuständigen Richter vor.
    Wie soll das durch das Gesetz gedeckt sein?
    Kleiner Trost aus der Praxis:
    Hier ist es ganz kurios.
    Hier mussten altgediente Rpfl. aus dem Grundbuchamt aufgrund interner Umstrukturierungen plötzlich einen Teil der Erwachsenen-Strafabteilungen übernehmen.
    Die wußten gar nicht um die angebliche Problematik, sondern haben einfach gesetzestreu und logisch die Richtervorlage verfügt.
    Und was ist passiert? - Nichts - Die Richter haben die Bewährung überwacht.
    In anderen Abteilungen mit jungen Rpfl. und alten Richtern läuft's an derselben Behörde genau andersherum.
    Da überwacht der Rpfl. weiterhin die Bewährung (was auch immer er da überwachen will).

    Ein Flugzeug zu erfinden ist nichts - es zu bauen ein Anfang - Fliegen, das ist alles.

    (Otto Lilienthal/Ferdinand Ferber)

  • Bewährungseinleitung + Überwachung mach ich hier seit Jahren selbst :gruebel:

    Ich würde hier gerne Mal ne Umfrage anregen (habe jetzt bloß keine Zeit)

    Antwort A: macht bei uns der Richter
    Antwort B: macht bei uns dere Rechtspfleger
    Antwort C: Einleitung macht der Richter , Überwachung bei uns die Geschäftsstelle


  • Wir machen nur die Einleitungsverfügung sonst nichts mehr

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,

    aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher -Albert Einstein-

  • Als ich in der Strafabteilung anfing, wurden mir immer die Erstverfügungen Bewährung zur Unterschrift vorgelegt (die richtigen Kreuzchen hat meine gute Geschäftsstelle selbst gemacht).
    Da das reine unterschreiben kaum Arbeit machte, hab ich mir zunächst keine Gedanken über die Zuständigkeit gemacht. Über das Forum kam ich zufällig auf die fehlende Rpfl.-Zuständigkeit. Das hab ich mal nebenbei in der Geschäftsstelle erwähnt. Ab dem nächsten Tag bekam ich keine Erstverfügungen mehr zur Unterschrift.
    Als ich zur Gesch.stelle sagte, ich könne es schon weiterhin machen, sei ja keine Arbeit, meinten die "nein, nein, wenn die Richter zuständig sind, dann sollen sie s auch selber machen". .... Seitdem machen s die Richter. Da sie eh nur unterschreiben müssen, haben sie auch keinen Aufstand gemacht (und hätten sie auch so nicht; da hat eigentlich keiner besondere Standesdünkel oder Arbeitsabwehrhaltung - trifft natürlich nicht auf alle Abteilungen zu).

    Was sollst Du denn außer der Einleitungsverfügung noch machen ? Hast Du keine anständige Geschäftsstelle ?

  • In Nordrhein-Westfalen gibt es eine Verwaltungsvorschrift:
    http://www.datenbanken.justiz.nrw.de/pls/jmi/jvv_pr…nd?v_bes_id=375
    "Wird die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt (§§ 56, 57 StGB), so hat der Beamte des mittleren Justizdienstes zur Entlastung des Richters bei der Überwachung der Lebensführung des Verurteilten nach § 453 b StPO mitzuwirken. ...".

  • In Nordrhein-Westfalen gibt es eine Verwaltungsvorschrift:
    http://www.datenbanken.justiz.nrw.de/pls/jmi/jvv_pr…nd?v_bes_id=375
    "Wird die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt (§§ 56, 57 StGB), so hat der Beamte des mittleren Justizdienstes zur Entlastung des Richters bei der Überwachung der Lebensführung des Verurteilten nach § 453 b StPO mitzuwirken. ...".



    Allerdings hauptsächlich zur Überwachung der Auflagen und Weisungen.
    Das gilt auch nicht bei Bestellung eines Bewährungshelfers.

    Ein Flugzeug zu erfinden ist nichts - es zu bauen ein Anfang - Fliegen, das ist alles.

    (Otto Lilienthal/Ferdinand Ferber)

  • In Nordrhein-Westfalen gibt es eine Verwaltungsvorschrift:
    http://www.datenbanken.justiz.nrw.de/pls/jmi/jvv_pr…nd?v_bes_id=375
    "Wird die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt (§§ 56, 57 StGB), so hat der Beamte des mittleren Justizdienstes zur Entlastung des Richters bei der Überwachung der Lebensführung des Verurteilten nach § 453 b StPO mitzuwirken. ...".



    Allerdings hauptsächlich zur Überwachung der Auflagen und Weisungen.
    Das gilt auch nicht bei Bestellung eines Bewährungshelfers.



    Aber immerhin ergibt sich daraus die grundsätzliche Zuständigkeit des Richters (und nicht des Rechtspflegers).

  • Oh Gott, soviele Antworten. Einige von euch machen mir hier aber nicht sehr viel Mut, dass ich mich durchsetzen werde. ;) Aber danke für euer Interesse. :)

    Natürlich hätte ich es so machen können, dass ich in jedem Heft verfüge: Frau Richterin zuständigkeitshalber. Ich hatte ja schon vorab mal versucht mit der einen Richterin zu sprechen, aber sie hat sich nicht drauf eingelassen.
    Ein offizielles klärendes Gespräch finde ich da besser. Mir ist auch klar, dass die Direktorin die Richter nicht anweisen kann. Aber mit wem soll ich sonst sprechen, wenn es einen Streit wegen einer Zuständigkeit gibt? Ich muss mir doch irgendwo Gehör verschaffen.

    Bevor ich den LG-Präsidenten informiere, muss ich aber erst meine Direktorin in Kenntnis setzen. Übergehen kann ich sie dabei nicht. Die Idee hatte ich aber auch schon. Das Problem ist auch, dass es gerade am Präsidialamtsgericht bei uns im Bezirk, was immer irgendwie als Vorreiter und Vorbild gesehen wird, falsch gemacht wird. Die Kollegin, die ich dort gefragt hatte, konnte mir auch nicht sagen WARUM die Rechtspfleger dort die Bewährungsüberwachung machen. War halt schon immer so.

    Einmal editiert, zuletzt von Nele (5. Mai 2011 um 14:50)

  • Und dann möchte ich gerne noch dazu sagen, dass ich auf keinen Fall nachgeben werde, nur damit ich Ruhe habe. Solange ich die Strafsachen bearbeite, möchte ich, dass es richtig läuft.
    Mich stört einfach dabei, dass ich etwas bearbeiten soll, für das ich aufgrund fehlender Zuständigkeit keine Entscheidungskompetenz habe und was daher meiner Meinung nach völlig sinnfrei ist. In der Zeit erteile ich doch lieber Beratungshilfescheine oder entscheide über einen Erbschein etc. Das empfinde ich als wesentlich sinnvoller.

    Für mich gibt es da im Grunde auch gar keinen Diskussionsspielraum. Aber einmal möchte ich es zumindest versuchen, die Sache durch ein Gespräch zu klären.

    Einmal editiert, zuletzt von Nele (5. Mai 2011 um 14:51)

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