"Umwandlung" Nießbrauch in Wohnungsrecht

  • Fall einer Kollegin:
    Im Grundbuch ist ein Nießbrauch für die Berechtigte XY eingetragen. Der Notar beantragt nun die Umwandlung dieses Rechtes in ein lebenslanges Wohnungsrecht. Eigentümer und die Berechtigte bewilligen und beantragen dies.
    Wir haben jetzt nicht viel Literatur dazu gefunden. aber das was wir gefunden haben, sagt, dass eine solche Umwandlung nicht geht (so Palandt zu § 877 Rdnr. 3) Hat jemand hierzu noch andere Fundstellen oder Entscheidungen, denn darauf besteht der Notar hier.
    Kann man den Antrag in die Löschung des Nießbrauches und Neueintragung des Wohnungsrechtes an rangbereiter Stelle umdeuten?
    Für eure Antworten schon mal vielen Dank.

    Es ist von großem Vorteil, die Fehler, aus denen man lernen kann, recht früh zu machen.

    (Winston Spencer Churchill)

  • Eine Wohnrecht (§ 1090 BGB ) kann im Wege der Inhaltsänderung in ein Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) "umgewandelt" werden, weil beides beschränkte persönliche Dienstbarkeiten sind. Das Gesetz selbst kennt auch noch weitere Umwandlungsmöglichkeiten (§§ 1186, 1198, 1203 BGB). Aber Nießbrauch und Dienstbarkeit sind Rechte eigener Art und können daher nicht in die jeweils andere Rechtsform umgewandelt werden (vgl. Staudinger/Gursky § 877 Rn 11; zur Umwandlung Wohnungsrecht in Nießbrauch). Bei der Umdeutung würde ich es wie der Notar halten und einschlägige Literatur hierzu verlangen.:teufel:

  • Die Umwandlung ließe sich lediglich in der Form der Inhaltsänderung nach § 877 BGB vollziehen. Unter Inhaltsänderung im Sinne des § 877 BGB ist jedoch nur die Änderung der Befugnisse des Berechtigten im Rahmen des bereits bestehenden Rechts, gleichviel ob sie eine Erweiterung oder eine Einschränkung oder eine sonstige andere Ausgestaltung des Rechts enthält, zu verstehen (BayObLG, NJW 1960, 1155). Daher stellt der sachenrechtliche Typenwechsel keine Inhaltsänderung dar.
    Vieweg führt dazu im jurisPK-BGB Band 3, 5. Auflage 2010, Stand 1.10.2010, § 877 RN 9 aus:
    Keine Inhaltsänderung ist hingegen ein sachenrechtlicher Typenwechsel.20 Daher ist es nicht möglich, Grunddienstbarkeiten, Nießbrauchsrechte, beschränkt persönliche Dienstbarkeiten und Dauerwohnrechte nach § 31 WEG ineinander durch Inhaltsänderung umzuwandeln. Gleiches gilt für die Umwandlung von Grundpfandrechten in Reallasten und umgekehrt.21 Hier liegt eine Aufhebung verbunden mit einer Neubestellung vor. Wird die Person des Berechtigten bei der Übertragung des Rechts geändert, liegt keine Inhaltsänderung nach § 877 BGB vor, da der Inhalt des Rechts dadurch nicht geändert wird……
    20: Kössinger in: Bamberger/Roth,§ 877 Rn. 3; Bassenge in: Palandt, § 877 Rn. 3
    Gursky führt im Staudinger, Neubearbeitung 2007, § 877 RN 11 aus:
    ..“Grunddienstbarkeit, Nießbrauch, beschränkte persönliche Dienstbarkeit und Dauerwohnrecht (§ 31 WEG) haben dagegen trotz ihrer gemeinsamen Eigenschaft als Nutzungsrechte unterschiedliche Wesensmerkmale und müssen deshalb als voneinander getrennte und selbständige Typen von dinglichen Rechten angesehen werden. Da das Gesetz ihre Umwandlung nicht erleichtert, kann mithin nicht eines dieser Rechte durch bloße Inhaltsänderung nach § 877 in ein anderes von ihnen überführt werden. Es ist vielmehr jeweils die Aufhebung des bisherigen und die Neubestellung des nunmehr gewollten Rechts erforderlich (vgl BayObLG NJW-RR 2003, 451, 452; KG JFG 1, 414 und OLG Hamm Rpfleger 1989, 448 [keine Umwandlung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit in eine Grunddienstbarkeit]; LG Zweibrücken Rpfleger 1975, 248 m Anm HAEGELE [keine Umwandlung einer Grunddienstbarkeit in eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit]). Auch ein Wohnungsrecht kann (trotz § 1093 Abs 1 S 2) nicht im Wege der Inhaltsänderung in einen Nießbrauch umgewandelt werden. Ein subjektiv dingliches Vorkaufsrecht kann nicht im Wege der Inhaltsänderung in ein subjektiv persönliches umgewandelt werden (KG JW 1923, 760; STAUDINGER/MADER [2002] § 1103 Rn 3 ; BGB-RGRK/ ROTHE § 1103 Rn 1; BAUER/VOEFELE/KOHLER AT III 183; aA MünchKomm/H P WESTERMANN § 1103 Rn 2)…“

    Da beim Wohnungsrecht (anders als beim Nießbrauch; s. BayObLGZ 1979, 273/278) Fragen der Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit wegen der fehlenden Verweisung in § 1093 Absatz 1 Satz 2 BGB auf § 1047 BGB nicht verdinglicht werden können (OLG Köln, MittRheinNotK 1974, 409; BGH, BB 1968, 767; MittRheinNotK 1979, 172/173; OLG Frankfurt/Main, MDR 1992, 255 = NJW-RR 1992, 345; BayObLGZ 1979, 273/278; Rpfleger 1979, 382; 1988, 522/523 = DNotZ 1989, 569; NJW-RR 1993, 283 = Rpfleger 1993, 189; Schöner/Stöber, RN 1253; Wegmann in Beck´scher online-Kommentar (Hrsg. Bamberger/Roth), Edition 11, § 1018 RN 46 m.w.N.), könnte eine entsprechende, dem Nießbrauch unterlegte Regelung im Übrigen auch nicht von einer „Umwandlung“ erfasst werden.

    Von einer Umdeutung würde ich schon allein wegen der unterschiedlichen Gebührenfolgen absehen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Bei einer bestehenden Freileitung der A-GmbH soll auf das Gestänge nun die Stromleitung eines anderen Unternehmens, der B-AG, mitaufgelegt werden.
    Die Leitung ist bereits durch eine bpD für die A-GmbH gesichert. Nun stellt sich die Frage, ob eine Inhaltsänderung möglich ist, durch die nicht nur der freizuhaltende Schutzstreifen vergrößert, sondern auch die B-AG als weitere Berechtigte (Ziel: Gesamtberechtigung nach § 428 BGB) im Grundbuch eingetragen wird. Ich habe dazu nichts passendes gefunden.
    Es ist ja keine Übertragung im Sinne des § 1092 II (die hier aber erlaubt wäre), außerdem ist es kein Typenwechsel der bestehenden Dienstbarkeit. Trotzdem kommt ein neuer Berechtigter hinzu.

    Hat hier jemand hilfreiche Gedanken?

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Es gibt verschiedene Ansichten dazu. Eine: Es ist zumindest noch die Zustimmung des Eigentümers erforderlich (Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch, BGB § 1092 Rn 14; unter Hinweis auf OLG Hamm, Beschluss v. 22.6.2010, 15 W 299/10 und Abicht notar 2011, 235, 237).

    2 Mal editiert, zuletzt von 45 (15. Juni 2022 um 14:27) aus folgendem Grund: Fundstelle berichtigt

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