Amtshaftpflicht

  • Hallo,

    ich weiß, dieses Thema gehört nicht so recht hier hin, wusste nicht, wo es passender gewesen wäre.

    Wie seht ihr das, braucht man eine Amts- und Vermögenschadenhaftpflicht? Ich weiß hier ist das Thema schon einmal angeschnitten worden, hat mir aber nicht so ganz weitergeholfen.

    Bislang bin ich immer davon ausgegangen, dass kleine Versehen, die dennoch große Auswirkung haben können (fehlerhafte Ausfertigung, flasche Rechtskraft usw.) als fahrlässige Versehen eingestuft werden. Wenn man aber so im Internet stöbert, ist man sich da gar nicht mehr so ganz sicher (bei rot über die Ampel fahren = grob fahrlässig. Dachte eigentlich, d. kann doch jedem mal passieren, auch wenn man noch so aufpasst).

    Achja, ich bin in einer Serviceeinheit tätig.

    Vielen Dank für die Antworten im voraus.

  • Die Notwendigkeit einer Amtshaftpflicht hängt zwar auch vom jeweiligen Tätigkeitsbereich ab, zu empfehlen ist sie aber meiner Meinung schon:
    Nicht so sehr, wegen der paar Euro, die mal anfallen können, weil eine Zustellung nicht richtig beschriftet war und wiederholt werden muss.
    Du vergisst einen Anwalt von der Terminsaufhebung zu unterrichten, er reist selber an oder bestellt einen Kollegen. Schreibfehler bei Veröffentlichungen, wichtige Schriftsätze oder Anlagen werden nicht rechtzeitig vorgelegt - Du must Dir selber ausmalen, was schiefgehen könnte.
    Fehler sind zwar menschlich, was aber als grobe Fahrlässigkeit angesehen wird, kann durchaus unterschiedlich sein. Vielleicht solltest Du die Frage auch mit Deinem Abteilungsrichter/Rechtspfleger besprechen, auch zur Höhe der notwendigen Versicherungssumme.

    Bei den Preisen der Versicherungen lohnt sich ein Vergleich der Gesellschaften. Wenn Du Mitglied in einer Gewerkschaft bist, erkundige Dich was die anbieten. Oft kann man auch den Verlust des Schlüssels zum Dienstzimmer versichern, da das in der Regel Spezialschlüssel für Schließanlagen sind, könnte das teuer werden.

  • Vielen Dank schon einmal für die Antwort. Ich habe zur Zeit auch eine Amtshaftpflicht- und Verm.Schadenhaftpflichtver. war mir nur nicht sicher, ob sie wirklich sinnvoll ist.

    Warum werden wir nur für Schäden haftbar gemacht, die nicht durch ein Rechtsmittel abgemildert werden können? Was ist denn bei einer fehlerhaften Kostenrechnung? Kann ja mit der Beschwerde angefochten werden? Haften wir auch für Schäden die aus so einer Kostenrechnung entstehen? Oder für Kosten die nach § 21 GKG niedergeschlagen werden? Würde doch keiner mitbekommen? Oder wie läuft das dann?

    Welche Höhe würdet ihr empfehlen?

  • Du haftest neben vorsätzlich für grob fahrlässig. Macht die Kasse aufgrund einer falschen Kostenrechnung ein Konto dicht und es entsteht dadurch ein Schaden, könnte es z.B. ein Regress geben.

    Falsch Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen ?

    Alles denkbar.

    Ich denke als normale Servicekraft oder KB muss die summe nicht so hoch sein. Frage mal bei deiner Haftpflichtversicherung.

    Gewerkschaften haben sowas für ihre Mitglieder auch drin, so bin ich über die DJG versichert. Da ist auch eine Schlüsselversicherung dabei. Du kannst ja mal bei denen nachfragen.

    Bei Verdi gibts sowas sicherlich auch.

  • So ganz habe ich glaube ich das ganze Prinzip des Regresses nicht verstanden. Wenn z. B. nach § 21 GKG Kosten niedergeschlagen werden gibt es ja auch einen "Schuldigen". Nur wie sollte Regress genommen werden, es kommt ja keiner dahinter. Kommt selten vor, deswegen kenne ich den genauen Ablauf nicht. Oder wird dann irgendwohin Mitteilung gemacht? Bei Schäden, die ein Dritter anmeldet ist es mir auch logisch. Gibt es denn keine Haftungsbegrenzung? Haftet man mit allem was man hat? Dann wäre eine Amtshaftpflicht ja schon sehr, sehr wichtig. Haus und Co. sollen ja schließlich wegen eines blöden Fehlers nicht draufgehen :(

  • Entscheidungen zur Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung können ja nur vom Gericht oder im Verwaltungsweg (§ 44 KostVfg) getroffen werden, der KB darf nur Auslagen außer Ansatz lassen. Der Bezirksrevisor könnte es aber bei der Prüfung finden und veranlassen, dass der Verursacher in Regress genommen wird (früher mussten ihm diese Entscheidungen zur Regressprüfung vorgelegt werden, in der aktuellen Kostenverfügung finde ich das nicht mehr).
    Wenn man haftet, dann mit allem, was man hat, eine Begrenzung gibt es nicht.
    Wie groß das Risiko tatsächlich ist, hängt natürlich -wie schon gesagt- davon ab, was man macht.

  • Gibt es denn keine Haftungsbegrenzung? Haftet man mit allem was man hat? Dann wäre eine Amtshaftpflicht ja schon sehr, sehr wichtig.


    Eine Amtshaftpflichtversicherung bedeutet nach dem Sprachgebrauch der Versicherer eine Versicherung für solche vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenen Amtspflichtverletzungen, die Personen- oder Sachschäden zur Folge haben. Das sind die relativ seltenen Fälle im Berufsleben eines Justizbeamten und deshalb ist hierfür eine Versicherung nicht so wichtig. Allerdings sind die Jahresprämien hierfür sehr niedrig ( z.B. 10 € für Personen- und Sachschäden bis zu 50 Mio € und 9 € für Schlüsselverlust ), so dass man sie mit der wichtigeren und deshalb von mir anzuratenden Versicherung koppeln könnte, nämlich der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Bei einer Versicherungssumme von 25.000 € und 500 € Selbstbeteiligung kostet diese für Rechtspfleger etwa 17,50 € Jahresprämie, für Mitarbeiter der Geschäftsstellen ist es weniger.
    Da wir Justizbeamte seltener direkt an Personen oder Sachen arbeiten, erzeugen wir bei Arbeitsfehlern dort keine Schäden, sondern unsere Fehler haben Vermögensschäden zur Folge, weil wir in indirekter Weise wirken.
    Die Haftungsbegrenzung ist ein interessantes Thema :
    Für Arbeitnehmer gibt es Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der bei fahrlässig verursachten Schäden eine Haftungseinschränkung möglich ist, wenn die Höhe des Arbeitslohnes und die Schadenshöhe in einem beträchtlichen Missverhältnis zueinander stehen. Für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes hatte der (alte) § 14 BAT die Haftung auf die der für Beamte geltenden Regelung eingeschränkt. § 3 Abs. 7 TV-L hat diese Vorschrift für die Arbeitnehmer der Länder übernommen. Für Beamte fehlt es indes an einer Vorschrift des Beamtengesetzes (hier : § 48 BeamtStG), die die Haftung entsprechend der BAG-Rechtsprechung auch für Beamte einschränkte :oops:
    Als Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes würde ich eine Haftungseinschränkung in entsprechender Anwendung der BAG-Rechtsprechung verlangen, als Beamter würde ich - trotz Fehlens einer gesetzlichen Haftungsbeschränkung - eine solche auf Grund der Fürsorgepflicht des Dienstherrn beanspruchen ;) , müsste aber notfalls ausgeklagt werden (..."auf hoher See usw. usw. ..")
    Das kann man sich ersparen, wenn man ordentlich versichert ist. Ich empfehle sie deshalb des guten Schlafes halber :)
    Selbst wenn bis dato keine Schadensfälle aufgetaucht sind, sollte man sich der Verjährungsfristen der §§ 195, 199 BGB erinnern : 3 Jahre ab Kenntnis des Geschädigten oder 10 Jahre ohne Rücksicht auf die Kenntnis ab Entstehung des Schadensersatzanspruches :eek:

  • Vielen Dank schon einmal für die vielen super Antworten.
    @Jakintzale: Bzgl. der Haftungsbeschränkung von Arbeitnehmern habe ich schon gelesen. Habe gelesen, d. bei grober Fahrlässigkeit Einkommen und Schaden abgewogen werden, damit es für den "Verursacher" nicht existenzbedrohend wird. Hatte gedacht/gehofft, d. dies für Beamte auch gilt. Deswegen meine Frage. Also danke für die ausführliche Antwort. Hat noch jemand Tipps zur Höhe einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung?

  • Vielen Dank schon einmal für die vielen super Antworten.
    @Jakintzale: Bzgl. der Haftungsbeschränkung von Arbeitnehmern habe ich schon gelesen. Habe gelesen, d. bei grober Fahrlässigkeit Einkommen und Schaden abgewogen werden, damit es für den "Verursacher" nicht existenzbedrohend wird. Hatte gedacht/gehofft, d. dies für Beamte auch gilt. Deswegen meine Frage. Also danke für die ausführliche Antwort. Hat noch jemand Tipps zur Höhe einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung?



    Es ist letztlich eine Ermessensentscheidung des Dienstherrn. Wie die ausgeht, weiß man vorher nicht.
    Ich weiß von einem lieben Kollegen (Rechtspfleger A11), der längst pensioniert und inzwischen verstorben ist, der für einen grob fahrlässig begangenen Fehler im Grundbuch jahrelang ratenweise den Schaden abbezahlte bis die Dienstbehörde ihm wegen der Verhältnismäßigkeit (oder "Unverhältnismäßigkeit") die restliche Schuld erließ :).
    Als wir ihm unsere Freude an dieser Entscheidung wissen ließen und ihn nochmals wegen der finanziellen Folgen seines dummen Fehlers bedauerten, gestand er uns, dass ihm die Vermögensschadenversicherung schon längst den Betrag erstattet hatte, den er auf Sparbuch zinsbringend - so was gab´s damals noch - angelegt und aus dem er die monatlichen Raten beglichen hatte.:oops::D
    Mich hat es übrigens gefreut, dass Du Dich für die Antwort bedankt hast :daumenrau. Das ist nicht selbstverständlich. Leider.

  • @Jakintzale: Die gute Erziehung meiner Eltern ist dann ja doch zu etwas nütze ;) Finde es selbstverständlich, sich für die netten und guten Antworten hier zu bedanken. Finde es super, dass man hier auch auf "Nicht-Rechtspfleger" so eingeht! Oh je, wegen der Amtshaftpflichtgeschichte kann einem ja ganz komisch werden. Bei dem Rechtspfleger ist es zum Glück ja noch gut ausgegangen. Scheinbar treibt einen so ein Regress ja nicht ganz in den Ruin, wenn man denn noch in Raten zahlen darf :D Wobei es dann ja auf die Höhe ankommt. Dachte immer Regress ist so selten, d. man weit und breit niemanden findet, der soetwas schon erlebt bzw. miterlebt hat.

    Ich wusste gar nicht, dass es wegen der Niederschlagungsgeschichte (21 GKG) früher in der KostVfg eine Bestimmung gab, die Akten an den Bezirksrevisor vorzulegen. :DWieder etwas dazu gelernt. Komisch, dass es die Bestimmung nicht mehr gibt. Freut mich ja, aber so lassen sich evtl. Regresspflichten oftmals ja schwierig feststellen.

  • Scheinbar treibt einen so ein Regress ja nicht ganz in den Ruin, wenn man denn noch in Raten zahlen darf :D Wobei es dann ja auf die Höhe ankommt. Dachte immer Regress ist so selten, d. man weit und breit niemanden findet, der soetwas schon erlebt bzw. miterlebt hat.


    Das würde ich so nicht unterschreiben...

    Life is short... eat dessert first!

  • Dachte immer Regress ist so selten, d. man weit und breit niemanden findet, der soetwas schon erlebt bzw. miterlebt hat.



    Man muss nur genügend "dienstalt" werden, um auch solche Fälle im Kollegenkreis mitzuerleben. Es gibt aber erfahrungsgemäß nur sehr wenige Regressfälle, obwohl selbstverständlich überall dort, wo gearbeitet wird, auch Fehler begangen werden.
    Aber : nur die wenigsten Fehler stehen mit einem Schaden kausal im Zusammenhang, und selbst wenn, müsste die Kausalität nicht nur vom Geschädigten behauptet, sondern auch nachgewiesen werden.
    Der zweite Punkt, der dann die möglichen Regressfälle noch weiter reduziert, ist der, dass Beamte nur für Vorsatz (völlig zu Recht ! Das wäre ja noch schöner, wenn es anders wäre !) und grobe Fahrlässigkeit in Regress genommen werden können.:oops:
    Also, die Wahrscheinlichkeit, dass man selbst einen regressträchtigen Fehler in vorwerfbarer Weise begeht, ist äußerst gering. Aber selbst wenn ich in 40 Jahren nur 3 solcher Fälle miterlebt habe, so wäre es doch nicht von vornherein auszuschließen gewesen, dass es gerade mich getroffen haben könnte. :)
    Die Höhe der Versicherungsprämien bei den üblichen, von Beamten frequentierten Versicherungen, spiegelt das geringe Risiko in meiner Meinung nach gerechter Weise wider. ;)

  • Man muss gedanklich trennen zwischen A) der Haftung des Beamten und B) einer Versicherung gegen dieses Wagnis. Einfach gesagt: Erstmal fragen: wofür hafte ich? (Anspruchsgrundlage!) Dann erst fragen: muss ich mich dagegen versichern?

    Es empfiehlt sich dringend, nicht in der umgekehrten Reihenfolge vorzugehen. Also nicht als erstes die Produkte der Versicherer nach dem Wagnis aufzuschlüsseln.

    Geht man - um mit A.) zu beginnen - von dem aus, wofür der Beamte haftet, dann gilt es dreierlei zu sagen:

    1.) Keine Haftung dem Bürger gegenüber

    Gänzlich entgegen dem Wortlaut des § 839 BGB haftet der Beamte dem Bürger gegenüber bekanntlich gerade nicht, auch nicht bei Vorsatz (z. B. Rechtspfleger beim Betreuungsgericht ringt bei einer Vorsprache den Betreuer zu Boden, um ihm mit Gewalt den Betreuerausweis zu Überprüfungszwecken abzunehmen und verletzt ihn hierbei bedingt vorsätzlich [nachgebildet einer Entscheidung des OLG Karlsruhe, dort: Polizeibeamter]). Das liegt an dem 1949 geschaffenen Art. 34 GG. Wofür ich aber nicht hafte, dagegen muss ich mich auch nicht versichern.

    2.) Innenregress

    Gemäß Art. 34 S. 2 GG haftet der Beamte seinem Dienstherrn (nicht dem Bürger) auf den sog. Innenregress. Geht man von der Art der Schäden aus, so erfasst der Innenregress unterschiedslos alle Schäden, die der Beamte anrichtet. Die hier im Thread angesprochene Trennung zwischen a) Schäden an absoluten Rechtsgütern Dritter oder aber b) Vermögensschäden Dritter gibt es beim Innenregress gerade nicht. Der Beamte haftet dem Dienstherrn für beides. Er haftet aber für beides nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit, wie ja in Art. 34 S. 2 GG ausdrücklich normiert ist.

    Der Innenregress ist also ein Anspruch des Dienstherrn gegen den Beamten für diejenigen Schäden, die der Beamte seinem Dienstherrn dadurch zufügt, dass der Dienstherr dem Geschädigten Dritten (Bürger) wegen der Staatshaftung gem. § 839 BGB haftet.

    Die Parallele zum Arbeitsrecht (ob im öffentlichen Dienst oder nicht) kann deshalb (entgegen Jakintzale) nicht gezogen werden, weil Art. 34 S. 2 GG mit seiner Beschränkung des Innenregresses auf Vorsatz und Grobe Fahrlässigkeit eine vom Grundgesetz gewollte Privilegierung des Beamtentums darstellt. Die arbeitsrechtlichen Grundsätze der sog. privilegierten Arbeitnehmerhaftung (diese Privilegierung ist weitaus geringer als die des Beamten gem. Art. 34 S. 2 GG) beschränken die Haftung nicht lediglich auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, sondern reduzieren sie bloß, so dass der Arbeitnehmer auch für ein Verschulden unterhalb dessen haftet. Seine Privilegierung besteht darin, dass er unter Umständen nur anteilig oder ggf. nicht haftet, jedoch steht er schlechter als der Beamte. Hier nach einer Analogie im Beamtenrecht zur arbeitsrechtlichen "Haftungsbegrenzung" zu suchen wäre also eine Verkennung der Rechtslage. Der Beamte steht bereits besser.

    3.) Sog. "Eigenhaftung"

    Nicht von Art. 34 GG erfasst, ist die unmittelbare Haftung eines Beamten gegenüber seinem Dienstherrn, weil nicht Dritte (Bürger) geschädigt wurden, sondern der Dienstherr selbst, etwa weil der Rechtspfleger den Computer, an dem er arbeitet, beschädigt, indem fahrlässig umgeschütteter Kaffee hineinfließt. Dies ist kein "Innenregress", sondern ein normaler Haftpflichtfall des Beamten als Schuldner gegenüber seinem Dienstherrn als Gläubiger. Dieser Fall ist nicht im GG, sondern einfachgesetzlich geregelt.

    Wir haben also zwei denkbare Haftungsfälle, die den Beamten treffen können.

    B.) Nunmehr erst stellt sich die Frage, ob und wie dieses zu versichern sei.

    Da der Beamte nur in Innenregress genommen werden kann, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt, kommen diese Fälle in der Tat selten vor. Eine Versicherung gegen Vorsatz dürfte aber auf dem Markt wohl eher nicht angeboten werden.

    Die Eigenhaftung (oben A 2) ist ebenfalls zu versichern und wird häufiger eintreten. In der Sache ist die betreffende Versicherung auch nichts als eine gewöhnliche Privathaftpflichtversicherung leisten würde. Die Eigenhaftung kann natürlich tagaus tagein vorkommen.

    Die Trennung zwischen Sach- und Personenschäden einerseits und Vermögensschäden andererseits wird zwar von der Versicherungswirtschaft vorgenommen, was den versicherungswilligen Beamten "zwingt", zwei verschiedene Versicherungen für ein und dasselbe Wagnis (Innenregress) abzuschließen. Das ändert aber nichts daran, dass es sich bei der Haftung, gegen die man sich versichern will, um dieselbe Anspruchsgrundlage handelt. Die Terminologie ist bei den Versicherungen auch uneinheitlich, denn "Diensthaftpflichtversicherungen" neben "Amtshaftpflichtversicherungen" gibt es auch. Man sollte daher nicht das Pferd vom Schwanz her aufzäumen und mit den Produkten anfangen, die die Versicherungswirtschaft bereit hält, sondern mit der Frage: gegen welches Wagnis will ich mich versichern?

  • @Valerianus :
    Danke für die guten Ausführungen zum Arbeitsrecht.
    Wie die meisten Rechtspfleger verstehe ich davon sehr wenig und habe mich nur autodidaktisch damit befasst.
    Interessant sind die Regressprobleme schon deshalb für uns, weil mancher Forianer Mitglied eines Personalrats ist oder irgendwann wird, und die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Mitbestimmung des PR unterliegt.
    Wie ist die Vorschrift des § 3 Abs. 7 TV-L (bisher : § 14 BAT und § 11a MtArb) zu verstehen, dass für die Schadenshaftung der Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes die für die Beamten geltenden Vorschriften "entsprechende Anwendung finden" ? Bedeutet dies, dass die Rechtsprechung des BAG zur Haftungsbeschränkung der Arbeitnehmer wegen Unverhältnismäßigkeit zwischen Schadenshöhe und Lohnhöhe keine Anwendung findet ? Können die Tarifparteien durch Verweis auf die Anwendung der für Beamte geltenden Vorschriften insofern die Arbeitnehmereigenschaft quasi "aufheben" und die Rechtsprechung des BAG insoweit quasi "obsolet" machen ? :gruebel::gruebel:

  • @Valerianus :
    Danke für die guten Ausführungen zum Arbeitsrecht.
    Wie die meisten Rechtspfleger verstehe ich davon sehr wenig und habe mich nur autodidaktisch damit befasst.
    Interessant sind die Regressprobleme schon deshalb für uns, weil mancher Forianer Mitglied eines Personalrats ist oder irgendwann wird, und die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Mitbestimmung des PR unterliegt.
    Wie ist die Vorschrift des § 3 Abs. 7 TV-L (bisher : § 14 BAT und § 11a MtArb) zu verstehen, dass für die Schadenshaftung der Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes die für die Beamten geltenden Vorschriften "entsprechende Anwendung finden" ? Bedeutet dies, dass die Rechtsprechung des BAG zur Haftungsbeschränkung der Arbeitnehmer wegen Unverhältnismäßigkeit zwischen Schadenshöhe und Lohnhöhe keine Anwendung findet ? Können die Tarifparteien durch Verweis auf die Anwendung der für Beamte geltenden Vorschriften insofern die Arbeitnehmereigenschaft quasi "aufheben" und die Rechtsprechung des BAG insoweit quasi "obsolet" machen ? :gruebel::gruebel:



    Ich muss nochmals darauf hinweisen, dass das Haftungsrecht des Beamten günstiger ist als das des Arbeitnehmers, weil ersteres die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt, letzteres aber bei Verschuldensformen darunter eine Haftung (ggf. Mithaftung) vorsieht. Die tarifvertragliche Gleichstellung des Arbeitnehmers unter Verweis auf beamtenrechtliche Vorschriften mit den Beamten im Sinne des Haftungsrechts bedeutet daher eine Verbesserung der Arbeitnehmerstellung. Insofern bestehen selbstverständlich keine Bedenken, die von der Rspr. des BAG entwickelten Grundsätze zur privilegierten Arbeitnehmerhaftung durch eine für den Arbeitnehmer noch günstigere Regelung im Tarifvertrag zu ersetzen. Das arbeitsrechtliche Problem liegt nicht in der von Dir angesprochene Disponierung über die BAG-Rechtsprechung, sondern darin, ob in einem Tarifvertrag pauschale Verweisungen auf andere Normengebilde zulässig sind. Die Frage ist seit Anfang der 80er Jahre geklärt. Im öffentl. Dienst ist im Tarifvertrag (also einem zivilrechtlichen, weil arbeitsrechtlichem Instrument) eine Verweisung auf das öffentliche Dienstrecht der Beamten zulässig, wenn sie eindeutig ist und das in Bezug genommene Recht mit der tarifl. Regelung in einem engen sachl. Zusammenhang steht. Das wurde vom BAG am 07.09.1982 - 3 AZR 1252/79 - für das Umzugskostenrecht angenommen; für das Haftungsrecht ist es nicht anders (so etwa Kutzki, in: Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr,TVöD [u. a.], Rn. 68 zu § 3 TV-L, m. w. N.).

  • @valerianus: Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Leider kann ich dem Austausch von Ihnen und Jakintzale nicht so ganz folgen. Ehrlich gesagt, ist mir das etwas zu hoch :oops: Warum ist die Haftung des Beamten günstiger als die eines Arbeitnehmers? Beamte haften doch für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz, der Arbeitnehmer doch auch nur und da wird laut Internet sogar Schaden und Verdienst im Verhältnis berücksichtigt. Das klingt für mich wesentlich beruhigender. Wenn Sie mir den Vorteil des Beamten vielleicht noch einmal in einfachen Worten begreiflich machen könnten? Habe zur Zeit das Gefühl, d. der Beamte bei jedem Fehler dran sein könnte, weil der Begriff "grob fahrlässig" ja scheinbar ein weit auslegbarer Begriff ist. Vielen Dank schon einmal.

  • @valerianus: Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Leider kann ich dem Austausch von Ihnen und Jakintzale nicht so ganz folgen. Ehrlich gesagt, ist mir das etwas zu hoch :oops: Warum ist die Haftung des Beamten günstiger als die eines Arbeitnehmers? Beamte haften doch für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz, der Arbeitnehmer doch auch nur und da wird laut Internet sogar Schaden und Verdienst im Verhältnis berücksichtigt. Das klingt für mich wesentlich beruhigender. Wenn Sie mir den Vorteil des Beamten vielleicht noch einmal in einfachen Worten begreiflich machen könnten? Habe zur Zeit das Gefühl, d. der Beamte bei jedem Fehler dran sein könnte, weil der Begriff "grob fahrlässig" ja scheinbar ein weit auslegbarer Begriff ist. Vielen Dank schon einmal.

    Der Arbeitnehmer haftet auch für mittlere Fahrlässigkeit, der Beamte nicht.

  • Hm....ist es denn nicht beruhigender zwar auch bei mittlerer Fahrlässigkeit zu haften, aber nur mit einem seinem Verdienst angepassten Betrag? Beamte haften ja scheinbar mit allem, da kann dann ja leicht mal die Existenz auf dem Spiel stehen :gruebel: Wahrscheinlich verstehe ich gerade mal wieder alles falsch :confused:

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