Familiengerichtliche Genehmigung für die zur Zustimmung der Nacherben

  • Werte Kollegen,
    in meinem neu übernommenen Pensum bearbeite ich nunmehr auch Familiensachen und habe noch eine Altlast auf dem Tisch:

    Im Grundbuch sind Vater und Mutter als Eigentümer eingetragen. In Abteilung II sind die beiden gemeinsamen Kinder als Nacherben eingetragen.
    Nunmehr soll im Grundbuch eine Grundschuld über 40.000 Euro nebst 18% Zinsen eingetragen werden. Es wird beantragt einen Ergänzungspfleger zu bestellen und die Erklärung des Ergänzungspflegers sodann familiengerichtlich zu Genehmigen.
    Der Pfleger ist bestellt und nun habe ich die Akte nebst Sachstandsanfragen auf dem Tisch.
    Ich habe in dem gesamten Verfahren, dass nunmehr über ein Jahr läuft keine Anzeichen zur Genehmigungsfähigkeit. Die Kollegen, die das Verfahren damals bearbeitet haben, sind auch nicht mehr greifbar. Wonach ist die Zustimmung der Nacherben denn genehmigungsbedürftig. Irgendwie stehe ich in der Sache auf dem Schlauf und hoffe in diesem Forum auf hilfreiche praxisnahe Antworten.

  • M. E. ist die Erklärung des ( zunächst zu bestellenden )Ergänzungspflegers genehmigungsbedürftig.
    Wenn aber keine Genehmigungsfähigkeit besteht, da das Rechtsgeschäft nicht im Interesse der Kinder ist, würde ich nun zunächst die Antragsteller darauf hinweisen.

  • Die vormals tätigen Kollegen haben den Pfleger bereits bestellt und nun soll das Rechtsgeschäft genehmigt werden. Allerdings wurde die Genehmigungsfähigkeit nie thematisiert.

    Wäre das von Anfang an meine Sache gewesen hätte ich zunächst mal nach dem Grund der Grundschuldbestellung gefragt, bevor ich einen Pfleger bestelle ;)

    Nur jetzt ist der bestellt und ich muss das Verfahren ja irgendwie vom Tisch bekommen...

  • hmm, also Genehmigungsbedürftigkeit könnte sich aus § 1812 BGB ergeben, da ja über eine Forderung verfügt wird (Forderung ist hier die noch anfallende Erbschaft). Also sowas könnte ich mir vorstellen. Oder man wendet § 1821 Nr. 1 BGB hier entsprechend an, weil die Eintragung der Grundschuld die Verfügung über ein Grundstück ist (nicht über ein Recht an einem Grundstück). Und weil die Nacherben an dem Grundstück ja schon eine gesicherte Rechtsposition haben halte ich die Anwendung durchaus für möglich.

  • Die Nacherben verfügen mit ihrer Zustimmung über ein Grundstück i.S.d. § 1821 BGB. Daher besteht eine Genehmigungsbedürftigkeit.

    Ob die Sache genehmigungsfähig ist, muss wohl die Einzelfallprüfung hier noch ergeben. Also Anfrage, warum der Kredit aufgenommen wird usw.

    Ich hoffe, als Erg.Pfleger wurde hier eine neutrale Person bestellt und nicht jemand, der mit den Eltern oder der Gläubigerin "verbrüdert" ist.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Wenn der Vorerbe eine Grundschuld bestellt und der Nacherbe dem zustimmt, dann ist das seitens des Nacherben -unbestritten- ebenso eine Verfügung über den Grundbesitz i.S. des § 1821 Abs.1 Nr.1 BGB als wenn er die Grundschuld selbst bestellen würde.

    Der Sachverhalt ist mir aber noch zu dünn. Zunächst ist zu klären, ob es eine befreite oder eine nicht befreite Vorerbschaft ist und wer überhaupt der Erblasser war, der Nacherbfolge angeordnet hat. Denn lt. Sachverhalt sind Vater und Mutter als Eigentümer eingetragen und die Kinder sind Nacherben. Demnach kann der Erblasser kein Elternteil, sondern es muss ein Dritter sein. Wobei sich dann wieder die weitere Frage erhebt, in welchem Anteilsverhältnis Vater und Mutter als Eigentümer eingetragen sind und ob der Grundbesitz tatsächlich insgesamt der Nacherbfolge unterliegt oder evtl. nur der Anteil von Vater oder Mutter.

  • Nach großzügiger Frist meines Urlaubsvertreters liegt mir die Sache nun wieder vor:


    Ursprünglich waren die Großeltern mütterlicherseits als Eigentümer im Grundbuch eingetragen: Diese haben sich gegenseitig zu Erben eingesetzt und 2 Nacherbfolgen angeordnet.
    Nach dem Tod des Erstversterbenden Großelternteils erbt der Überlebende allein als Vorerbe. Nacherbe ist nach dem Tod des Letztversterbenen die Kindesmutter.

    Im Grundbuch ist die Kindesmutter als Alleineigentümerin eingetragen, da auch die Großmutter mittlerweile verstorben ist.

    Der zweite Nacherbfall ist für den Tod der Kindesmutter angeordnet. Dann erben beide Kinder hälftig.

    Die Mutter ist also nicht befreit. Das hätte ja sonst im Grundbuch eingetragen werden müssen.

    Es wird vorgetragen, dass in den letzten Jahren 40.000 Euro Investitionen in Bezug auf die Immobilie getätigt wurden.

    Wie würdet Ihr entscheiden?

  • Zitat

    Es wird vorgetragen, dass in den letzten Jahren 40.000 Euro Investitionen in Bezug auf die Immobilie getätigt wurden.

    Wie würdet Ihr entscheiden?

    Generell würde die Genehmigungsfähigkeit zur Belastung eines Grundstücks für eine Kreditaufnahme nur dann bejahen, wenn die Instandsetzungen notwendig sind, glaubhaft gemacht wurden und in entsprechendem Verhältnis zum Grundstückswert stehen.


    Aber was heißt hier in den "letzten Jahren"? Wurde die Investitionen aus eigener Tasche gezahlt und jetzt wird es erst im Nachhinein ein Kredit aufgenommen. Oder verstehe ich das falsch :confused:

  • Während es ursprünglich hieß (# 1), dass Vater und Mutter als Eigentümer eingetragen sind, heißt es nun (# 7), dass nur die Mutter als Eigentümerin eingetragen ist. Auch die Nacherbenanordnung erscheinen mir nicht vollständig dargestellt. Ich möchte daher den -vermuteten- Sachverhalt noch einmal zusammenfassen und um Bestätigung bitten, dass er so zutrifft, bevor ich zu der Problematik weitere Ausführungen mache.

    Vermuteter Sachverhalt:

    a) Der Vater der Kinder ist verstorben.

    b) Ursprüngliche Grundstückseigentümer waren Opa und Oma des Kindes je zur Hälfte. Zuerst ist der Opa verstorben, dann die Oma.

    c) Oma beerbt Opa als alleinige Vorerbin (ob Oma befreit war, kann dahinstehen, da sie zwischenzeitlich selbst verstorben ist). Nacherbin ist die Mutter der Kinder, die aber ihrerseits wiederum nur Vorerbin ist (Nachnacherbfolge). Nachnacherben sind die beiden Kinder (mit Ersatznachnacherbfolge i.S. des § 2069 BGB). Zur Befreiuung vgl. nachfolgend lit. e).

    d) Oma wird von der Mutter der Kinder als Schluss- und Vorerbin beerbt. Auch insoweit Nacherbfolge zugunsten der beiden Kinder (Inhalt wie lit. c), nur hier keine Nachnacherbfolge, sondern "einfache" Nacherbfolge.

    e) Ob die Mutter für ihre beiden Vorerbenstellungen nach lit. c) und d) befreit ist, kann sich zum einen aus den nach Opa und Oma erteilten Vorerbenerbscheinen ergeben (bei Opa: ggf. nach Einziehung des ersten Vorerbenerbscheins zugunsten der Oma), und zum anderen aus dem gemeinschaftlichen Testament, sofern es notariell errichtet wurde (vgl. § 35 GBO). Aus der Grundbucheintragung alleine würde ich eine Befreiung oder Nichtbefreiung nicht ableiten wollen, weil -das zeigt die Erfahrung- nicht unbedingt gesagt ist, dass solche Eintragungen unter dem Gesichtspunkt der Befreiung auch richtig sind.

    Trifft das alles soweit zu?

    Weitere Erwägungen:

    Die Genehmigungsfähigkeit lässt sich -auch unter dem Gesichtspunkt der Befreiuung!- nur beurteilen, wenn der zugrunde liegende erb- und grundbuchrechtliche Sachverhalt vollständig ermittelt ist. Dies setzt die Beiziehung der Nachlassakten nach Opa und Oma sowie der Grundakten voraus.

    Weitere Fragen:

    Für wen wird die Grundschuld bestellt? Für eine Bank? Und an wen soll die Darlehensvaluta fließen? An die Mutter? Oder wird die Grundschuld für die Mutter bestellt, um die auf ihre Rechnung erfolgten Investitionen abzusichern? Liegt der der Grundschuld zugrunde liegende Darlehensvertrag vor, der evtl. ebenfalls einer Genehmigung bedarf? Liegen Nachweise für die getätigten Investitionen in der Gesamthöhe von 40.000 € vor?

    Mit kommt es fast so vor, als wenn während der letzten eineinhalb Jahre praktisch überhaupt nichts ermittelt wurde, was zur Entscheidungsfindung beiträgt.

  • Der Sachverhalt trifft nunmehr fast zu:

    Der Vater der Kinder lebt noch, ist aber nicht Eigentümer.

    Das Problem ist wirklich, dass während der letzten eineinhalb Jahre praktisch überhaupt nichts ermittelt wurde, was zur Entscheidungsfindung beiträgt.

    Ist natürlich jetzt unschön, wenn Ich auf die bitte nunmehr zu entscheiden quasi in Aussicht stelle, dass ich das ersteinmal prüfen muss, ob das überhaupt geht. Aber so ist das mit Altverfahren, die immer geschoben wurden.

    Die Grundschuld soll für die Stadtsparkasse bestellt werden.
    Das Darlehen soll an Mutter und Vater fließen.


    Die Kindeseltern haben in den vergangen Jahren 2008-2009 Sanierungsmaßnahmen in Höhe von knapp 40.000,00 Euro vorgenommen und die Grundsteuern pp. gezahlt.
    Darüber liegen mir auch Aufstellungen vor.
    Ein Darlehensvertrag liegt nicht vor.
    Ich habe mal die Nachlassakten angefordert.

    Werden noch weitere Informationen benötigt?

    Bereits jetzt vielen Dank für die Hilfe! Als Berufsanfänger solche Verfahren ausbaden zu müssen ist immer besonders prickelnd.

  • Ich denke, Cromwell hat ausreichend :daumenrau beschrieben, auf welche weiteren Informationen es ankommt.
    Das bisher Vorliegende dürfte jedenfalls nicht ausreichend sein.

    Mit der Nachlassakte allein wird man jedenfalls auch nicht "glücklich".
    Um - auch persönliche - Anhörungen wird man nicht herumkommen.

  • Alles klar. Ich werde so vorgehen, wie von Cromwell wirklich gut :) beschrieben. Notfalls werden die Kinder im laufenden Genehmigungsverfahren volljährig ;)

    Sehe ich das richtig, dass eine Genehmigung gar nicht erforderlich wäre, wenn sich aus den Nachlassakten tatsächlich eine befreite Vorerbschaft ergäbe?

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