Führt die Erbunwürdigkeit zum Verlust der Wirksamkeit des Erbvertrags?

  • Die Eheleute haben einen Erbvertrag geschlossen, in dem sie sich gegenseitig zu Erben eingesetzt haben, Schlusserben sind die Kinder der Eheleute, wobei sie keine gemeinsamen Kinder haben.

    Die Ehefrau war Erstversterbende, sie wurde entgegen der Erbeinsetzung im Erbvertrag jedoch nicht vom Ehemann beerbt, da er durch Urteil des Zivilgerichts für erbunwürdig erklärt wurde. Es wurde ein Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge erteilt. In dem Vorbescheid, der vor Erteilung des Erbscheins erlassen wurde, wurde ausgeführt, der Erbvertrag liefe "ins Leere".

    Nun ist der Ehemann verstorben - ist der Erbvertrag tatsächlich unwirksam und tritt nun auch nach ihm mangels einer weiteren Verfügung von Todes wegen die gesetzliche Erbfolge ein?

  • Nach § 2344 BGB gilt der Anfall der Erbschaft für den Ehemann im ersten Erbfall als nicht erfolgt. Das ändert m.E. aber nichts an der letztwilligen Verfügung des Mannes in Bezug auf seinen Tod, auch nicht unter Berücksichtigung von § 2298 I BGB, weil ja eben die Verfügung der Ehefrau nicht nichtig ist, sondern die Fiktion des § 2344 BGB gilt. Wenn er den Vertrag nicht angefochten hat, sind die Kinder jetzt Erben nach dem Ehemann.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Oh, ich sehe gerade, dass die Eheleute ja kinderlos waren. Dann ist ja ohnehin egal, ob der Vertrag besteht oder nicht. Es gibt offensichtlich keine Kinder die als Erben des Letztversterbenden eingesetzt sind und wenn der Erblasser nicht anders verfügt hat, dann tritt nun eben auf seinen Tod die gesetzliche Erbfolge ein.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Nein, die Eheleute waren nicht kinderlos und gerade daher ist es ja von Bedeutung, ob der Erbvertrag wirksam ist oder nicht. Die Eheleute haben lediglich keine gemeinsamen Kinder, sondern Kinder aus der jeweils ersten Ehe.

  • Schlusserben sind die Kinder der Eheleute, wobei sie keine gemeinsamen Kinder haben.


    Sorry, aber was verstehe dann hier falsch? Heißt das, dass sie zwar keine gemeinsamen Kinder aber einseitige Kinder haben....hier fehlte wohl etwas an der Sachverhaltsschilderung.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Richtig, es sind einseitige Kinder - ich hatte in der Sachverhaltsdarstellung geschrieben, dass Schlusserben die Kinder sind, wobei es keine gemeinsamen Kinder sind.

  • Ich verstehe an dieser Stelle nicht warum beim ersten gesetzliche Erbfolge eingetreten ist. Wenn man die Wirkung des § 2344 Abs.2 BGB ansetzt hätte damlas bereits die Schlusserbeinsetzung greifen müssen und somit nix gesetzliche Erbfolge, denn da beide Erblasser Kinder hatten aber keine gemeinsamen schließe ich dass bei gesetzlicher Erbfolge nach der Ehefrau die als Schlusserben mitberufenen Kinder des Ehemannes zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sind.
    Und jetzt tritt ebenfalls wieder die Schlusserbeinsetzung ein.

  • Nach § 2344 BGB gilt der Anfall der Erbschaft für den Ehemann im ersten Erbfall als nicht erfolgt. Das ändert m.E. aber nichts an der letztwilligen Verfügung des Mannes in Bezug auf seinen Tod, auch nicht unter Berücksichtigung von § 2298 I BGB, weil ja eben die Verfügung der Ehefrau nicht nichtig ist, sondern die Fiktion des § 2344 BGB gilt. Wenn er den Vertrag nicht angefochten hat, sind die Kinder jetzt Erben nach dem Ehemann.

    Zitiere mich mal selbst und ergänze wg. "Unstimmigkeiten", ob es nun Kinder gibt oder nicht; dahingehend, dass m.E. die Schlusserben jetzt aufgrund des Erbvertrages Erben des Mannes wurden.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich verstehe an dieser Stelle nicht warum beim ersten gesetzliche Erbfolge eingetreten ist.

    Das ist auch mein Problem! Der Erbschein nach der Ehefrau wurde seinerzeit durch ein anderes Nachlassgericht erteilt. Die Begründung lautete, die Kinder seien Ersatzerben, die Ersatzerbenanordnung komme jedoch nicht zum Zuge, da sie unter der Bedingung stünde, dass der Ehemann durch Tod wegfällt.

    Der Wortlaut im Erbvertrag lautet wie folgt:

    "Wir setzen uns gegenseitig zu alleinigen und ausschließlichen Erben ein. Der überlebende Teil ist in keiner Weise beschränkt oder beschwert, er kann über das beiderseitige Vermögen in jeder Weise frei verfügen. Für den Fall des Todes des überlebenden Teils oder für den Fall unseres gleichzeitigen Versterbens bestimmen wir unsere drei Kinder zu Schlusserben."

    Wenn ich jetzt den Erbvertrag als wirksam ansehe, müsste ja konsequenterweise der Erbschein nach der Ehefrau als unrichtig eingezogen werden... :gruebel:

  • ja

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • ... ob ich das andere Nachlassgericht 20 Jahre nach Erteilung des Erbscheins davon überzeugen kann :confused:

    Aber irgendwie kann ich mich auch nicht der dortigen Auslegung anschließen - blöde Zwickmühle! :mad:

  • Was das andere Gericht macht, musst du nicht verantworten. Deine eigene Entscheidung schon.

    P.S.
    Hast du die gesamten Akten von dort schon eingesehen?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • ... ob ich das andere Nachlassgericht 20 Jahre nach Erteilung des Erbscheins davon überzeugen kann :confused:

    Aber irgendwie kann ich mich auch nicht der dortigen Auslegung anschließen - blöde Zwickmühle! :mad:

    Warum eigentlich nicht? Es wäre doch für alle Seiten gerecht. Erbscheinsantrag der "eigenen" Kinder mit den Argumenten von damals und unter Hinweis auf die damalige Erbfolge und rechtliches Gehör für die Kinder der Ehefrau.

    (Im Übrigen bin ich aber auch der Ansicht, dass damals die Schlusserbeneinsetzung hätte zum Zuge kommen müssen.)

  • Warum sollte ich mich als Rechtspfleger "der Einfachheit halber" einer nach meiner Meinung falschen Auslegung anschließen? Was sagt § 2359 BGB dazu?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich verstehe an dieser Stelle nicht warum beim ersten gesetzliche Erbfolge eingetreten ist.

    Das ist auch mein Problem! Der Erbschein nach der Ehefrau wurde seinerzeit durch ein anderes Nachlassgericht erteilt. Die Begründung lautete, die Kinder seien Ersatzerben, die Ersatzerbenanordnung komme jedoch nicht zum Zuge, da sie unter der Bedingung stünde, dass der Ehemann durch Tod wegfällt.
    :gruebel:

    Der Ehemann ist aber doch durch (gesetzlich fingierten) Tod weggefallen, er wäre als vorverstorben anzusehen gewesen. Deshalb ist der Erbschein von damals meines Erachtens nicht korrekt entstanden (ob die Kinder des Ehemannes dann die Erbschaft aus Pietätsgründen ausgeschlagen hätten und so doch das verbriefte Ergebnis entstanden wäre hätte auch sein können). Aber das soll nicht dein Problem sein, und wenn bei dem anderen Nachlassgericht keiner einen andersartigen Erbscheinsantrag stellt und so die Einziehung anregt wird es auch dabei bleiben.

    Für jetzt steht hier nur die Erbfolge nach dem Ehemann zur Debatte, und die richtet sich nach der erbvertraglichen Schlusserbeneinsetzung.

  • Dann würde ich eiskalt entscheiden und den gut begründeten Beschluss dem "ersten Nachlassgericht" zur Kenntnis zu den Akten reichen.

    Es liegt dann an dem dort heute zust. Rpfl, ob er deine Auslegung genauso sieht (und dann den ES einziehen müßte) oder er sich der damals angenommenen Rechtauffassung anschließt (und dann deinen Beschluss nur zur Akte nimmt).

    Egal wie: Du kannst und musst eigenständig bezogen auf den von dir bearbeiteten Erbfall entscheiden. Wenn jemand etwas gegen deine Rechtsauffassung hat, kann er ja in die Beschwerde gehen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich gehe davon aus, dass kein Erbschein nach gesetzicher Erbfolge, sondern ein solcher nach gesetzlicher Erbfolge unter Ausschluss des Ehemannes erteilt wurde, sodass der Erbschein nur auf die Kinder der Ehefrau lauten dürfte. Dieser Erbschein ist auch richtig, wenn die -naheliegende- Auslegung ergibt, dass die Kinder des Ehemannes für den Fall seiner Erbunwürdigkeit nicht zu Erben der Ehefrau berufen sein sollen. Dies dürfte auch mit der Aussage im Vorbescheid gemeint sein, dass der Erbvertrag "ins Leere" läuft.

    Die Beurteilung der Erbfolge nach dem Ehemann hat sodann an diese Auslegung anzuschließen, sodass zu prüfen ist, ob dadurch auch die Erbeinsetzung der Kinder der Ehefrau durch den Ehemann wegfällt.

  • Ich gehe davon aus, dass kein Erbschein nach gesetzicher Erbfolge, sondern ein solcher nach gesetzlicher Erbfolge unter Ausschluss des Ehemannes erteilt wurde, sodass der Erbschein nur auf die Kinder der Ehefrau lauten dürfte. Dieser Erbschein ist auch richtig, wenn die -naheliegende- Auslegung ergibt, dass die Kinder des Ehemannes für den Fall seiner Erbunwürdigkeit nicht zu Erben der Ehefrau berufen sein sollen. Dies dürfte auch mit der Aussage im Vorbescheid gemeint sein, dass der Erbvertrag "ins Leere" läuft.

    Die Beurteilung der Erbfolge nach dem Ehemann hat sodann an diese Auslegung anzuschließen, sodass zu prüfen ist, ob dadurch auch die Erbeinsetzung der Kinder der Ehefrau durch den Ehemann wegfällt.


    Was können die Kinder des Ehemannes dafür, wenn er z. B. durch eine (versuchte) Tötung seiner Ehefrau erbunwürdig wurde?

    Der Auslegung, dass auch die Kinder des Ehemannes vom Erbe ausgeschlossen sein sollen, kann ich mich nicht anschließen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!