VV 4102 RVG bei Täter - Opfer - Ausgleich ?

  • Wenn im Hauptverhandlungstermin (ohne Unterbrechung) ein Täter-Opfer-Ausgleich durchgeführt wird (kein Adhäsionsverfahren; Abschluss Vergleich über Schmerzensgeld), fällt dann neben der VV 4108 auch die VV 4102 und die VV 1003 an ?
    Ich find jedenfalls nichts Gegenteiliges.....

  • Den Anfall der 4102 halte ich für abwegig. Ich kann mich nicht gleichzeitig innerhalb und außerhalb der Hauptverhandlung befinden. Woran ist das Ganze so eindeutig als TOA und nicht als Adhäsion zu erkennen? Wurde der Anspruch vorher bereits außergerichtlich geltend gemacht? Wurde der Vergleich vom Gericht protokolliert?

  • Keine außergerichtliche Verhandlung oder Geltendmachung. Wenn irgendwo das Wort Adhäsion stehen würde, wär s einfach, da s dafür ja einer extra Beiordnung bedarf. Aber es wurde eben nur ein Vergleich protokoliert und ist immer nur von TOA die Rede...
    So abwegig ist s auch wieder nicht. Immerhin gibt s eine Entscheidung (allerdings nur ein AG), wo die HV kurz unterbrochen wurde für den TOA und dann die Gebühr zugebilligt wurde.
    Kann s schlecht als Adhäsionsverfahren auslegen...

  • Mhh: :gruebel:VV 4102 RVG (...) Mehrere Termine an einem Tag gelten als ein Termin (...)

    Diese Vorschrift gilt zwar für mehrere Termine nach VV 4102 RVG, dieses würde ich aber analog auf die Terminsgebühr nach VV 4108 RVG anwenden. Zweimal für denselben Termin geht nach meiner Ansicht nicht. Die Entscheidung des AG (hast Du ein Link?) halte ich im Ergebnis nicht für überzeugend. Auf eine "Unterbrechung" dürfte es nicht wesentlich ankommen.

    Die VV 1003 RVG Gebühr dürfte anfallen, da es für den Täter-Opferausgleich keines formellen Verfahrens bedarf. vgl. LG Kiel, Beschl. 28.01.2010 - 36 Qs 9/10,
    diese Entecheidung bezieht sich zwar auf die VV 4102 RVG Gebühr allerdings enthält es keine Angaben zu einem gleichzeitigen HV-Termin.

  • Laut Hartmann (40. Aufl.; 4102, 403 VV RVG; Rn. 1 und 2) kann die Gebühr nur außerhalb der Hauptverhandlung entstehen. Er entnimmt dies dem Gesetzestext zu Ziff 3 "Terminen außerhalb der Hauptverhandlung...", wobei das "außerhalb" für alle Ziffern gelte.
    In Rn. 2 wird ausdrücklich gesagt, dass die Gebühr nicht zusätzlich zu der Gebühr 4108 entsteht, da letztere nur während der HV entsteht.

    vielleicht hilft das weiter...

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • Laut Hartmann (40. Aufl.; 4102, 403 VV RVG; Rn. 1 und 2) kann die Gebühr nur außerhalb der Hauptverhandlung entstehen. Er entnimmt dies dem Gesetzestext zu Ziff 3 "Terminen außerhalb der Hauptverhandlung...", wobei das "außerhalb" für alle Ziffern gelte. In Rn. 2 wird ausdrücklich gesagt, dass die Gebühr nicht zusätzlich zu der Gebühr 4108 entsteht, da letztere nur während der HV entsteht. vielleicht hilft das weiter...

    Das LG Kiel sagt halt: ".... Vielmehr ist es ausreichend, dass Verhandlungen zum Täter-Opfer-Ausgleich stattgefunden haben, in welcher Form auch immer... ". Der Hartmann ist zwar nicht 100 % überzeugend, aber zitieren kann man ihn ja mal. Mal sehen, was der Herr Burhoff dazu sagt. Danke fuer das Zitat. Vom Hartmann hab ich die 33. Auflage...Seither war kein Geld mehr da...

    Bleibt noch die VV 1003. Ob die der Pflichtv. bekommt ?

  • Das zitierte Amtsgericht verweist zwar darauf, dass der VV 4102 IV RVG nicht direkt angewendet werden kann, allerdings setzt er sich mit der Notwendigkeit einer analogen Anwendung nicht hinreichend auseinander. Mich überzeugt die Ansicht der Bezirksrevisiorin des Landgerichtes mehr.

    Sinn und Zweck des VV 4102 RVG ist es zusätzliche Termine und Bemühungen gesondert zu vergüten. Eine Befassung mit dem TOA in der HV führt selbst bei einer Unterbrechung nicht zu einer "Mehrbelastung" des Anwaltes und stellt auch keine besondere Tätigkeit dar, welche es rechtfertigt einen Termin im Sinne der natürlichen Handlungseinheit doppelt zu erfassen, insbesondere ist keine besondere Einarbeitung erforderlich oder gar erfolgt. Seine Bemühung zur Einigung wird durch die Gebühr nach VV 1003 RVG hinreichend Rechnung getragen, welche ihm nach meiner Ansicht zusteht.

    Die Entscheidung des zitierten AG überzeugt mich nicht und deshalb würde ich ihr auch nicht folgen. Im Ausgangsfall wurde aber die HV nicht unterbrochen, so dass es hierauf nicht ankommt, denn ohne eine solche Unterbrechung kommt eine Anwendung des VV 4102 RVG auch nach der Argumentation des zitierten AG nicht in Betracht.

  • Ja, jetzt wo ich s nochmal genauer durchles:

    "....Aufgrund des Sitzungsprotokolls, der Anlage zum Sitzungsprotokoll und der Tatsache, dass nicht nur eine Schmerzensgeldregelung getroffen worden ist, sondern auch ein Ausgleichsgespräch mit Äußerung und Annahme einer Entschuldigung stattgefunden hat, ist davon auszugehen, dass zum einen ein „wirklicher" Täter-Opfer-Ausgleich stattgefunden hat und dass dieser tatsächlich außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden hat..."

    Die gehen also auch davon aus, daß man nur zur Frage 4102 ja oder nein kommt, wenn es außerhalb der HV war.

    Das mit dem Vergleich hab ich noch nie gesehen, nur im Adhäsionsverfahren.

  • Hieran halte ich fest.

    Ich kann mich nicht gleichzeitig innerhalb und außerhalb der Hauptverhandlung befinden.

    Ich denke, es widerstrebt einfach, das Entstehen einer 1003 ohne Betriebsgebühr anzunehmen. Wenn vorher kein Auftrag zur SE-Einforderung erteilt war, könnt man evtl an eine 3101 denken, für die bloße Protokollierung? Ich rede hier allerdings nur über die Entstehung der Gebühren. Von einer PV-Beiordnung gedeckt ist das alles aus meiner Sicht eher nicht. Aber da will ich Euch nicht reinreden. :cool:

  • ich sehe es eher auch so, dass die Tätigkeit im Rahmen der TOA nicht von der Beiordnung gedeckt ist, wenn keine besondere Beiordnung ausgesprochen wurde (§ 48 RVG).

  • Die Treminsgebühr Nr. 4102 VV entsteht nur für Termine außerhalb der HV (so auch Burhoff/Burhoff, RVG, 2 [ab August 3. Auflage], Nr. 4102 Vv Rn. 3; AG Münster http://www.burhoff.de/burhoff/rvginhalte/377.htm und LG Kiel sagen nichts anderes, sondern behandeln genau den Fall von TOA-Verhandlungen in einer HV-Unterbrechung.
    Warum soll die Nr. 1003 VV RVG nicht entstehen? Vielleicht hilft ja OLG Jena NJW 2010, 455 = AGS 2009, 587 m. abl. Anm. N. Schneider = RVGreport 2010, 106 = StRR 2010, 114 = = JurBüro 2010, 82
    http://www.burhoff.de/burhoff/rvginhalte/740.htm?
    Die Frage der Erstreckung lassen wir mal außen vor, das ist eine ganz andere Frage

  • Aus dem Bauch heraus würde ich auch sagen, dass die Gebühr nach VV 1003 RVG nicht von einer Pflichtverteidigerbestellung gedeckt ist...


    ....allerdings wenn eine Gebühr nach VV 4102 RVG gedeckt ist und damit die Verhandlungen über ein TOA (siehe LG Kiel), warum sollte dann das Ergebnis der Verhandlungen nicht gedeckt sein?

    Auf der anderen Seite ist der Zahlungsanspruch ein zivilrechtlicher Anspruch, welcher entweder auf dem Zivilrechtsweg oder im Adhäsionsverfahren einzuklagen ist, wenn dies jedoch der Fall ist, ist es nicht "Ergebnis" des TOA und damit nicht von der Beiordnung gedeckt....

    Also ich revidiere meine Meinung hierzu und würde vertreten, dass auch die VV 1003 RVG Gebühr nicht von der Beiordnung gedeckt ist. Der Anwalt hat zwar Anspruch auf diese Gebühr, aber nicht gegen die Staatskasse.

  • Die Treminsgebühr Nr. 4102 VV entsteht nur für Termine außerhalb der HV (so auch Burhoff/Burhoff, RVG, 2 [ab August 3. Auflage], Nr. 4102 Vv Rn. 3; AG Münster http://www.burhoff.de/burhoff/rvginhalte/377.htm und LG Kiel sagen nichts anderes, sondern behandeln genau den Fall von TOA-Verhandlungen in einer HV-Unterbrechung.
    Warum soll die Nr. 1003 VV RVG nicht entstehen? Vielleicht hilft ja OLG Jena NJW 2010, 455 = AGS 2009, 587 m. abl. Anm. N. Schneider = RVGreport 2010, 106 = StRR 2010, 114 = = JurBüro 2010, 82
    http://www.burhoff.de/burhoff/rvginhalte/740.htm?
    Die Frage der Erstreckung lassen wir mal außen vor, das ist eine ganz andere Frage

    Die Entscheidung bezieht sich aber auf s Adhäsionsverfahren. Dort entsteht die 1003 natürlich (wenn extra beigeordnet wurde), aber hier ?

  • M.E. hat das Entstehen der Gebühr doch mit der Beiordnung nichts zu tun. Sie entsteht, ob Sie als (gesetzliche) Gebühr dann auch dem RA gewährt ist, ist doch eine ganze andere Frage.

  • Grundsätzlich richtig, aber der Rechtspfleger muss zunächst prüfen, ob eine Tätigkeit von der Beiordnung gedeckt ist, wenn er über die Festsetzung der gesetzlichen Vergütung nachdenkt. Ich gehe mal davon aus, dass es um die gesetzliche Vergütung ging. Vielleicht sollten die Themenstarter sich klarer positionieren, damit nicht so viele unnötige Diskussionen geführten werden. Schließlich befinden wir uns im Rechtspflegerforum. Die Kostenarbeit in den RA-Kanzleien unterscheidet sich davon in einigen Sachfragen.

  • Ebenfalls grundsätzlich richtig, allerdings ergibt sich das aus der Ausgangsfragestellung nicht bzw. kann man allenfalls erahnen :):).
    "Ich gehe mal davon aus, dass es um die gesetzliche Vergütung ging. Vielleicht sollten die Themenstarter sich klarer positionieren, damit nicht so viele unnötige Diskussionen geführten werden." ist also auch grundsätzlich :):) richtig.

  • Stimmt, es geht um eine Pflichtverteidigung. Hab am Anfang nicht daran gedacht, daß es bei der Fragestellung später noch darauf ankommt.<br />
    Die Diskussion kann aber auch nicht schaden, falls später jemand hier nachliest und es um eine Wahlanwaltsvergütung bei Freispruch geht.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!