"Warnvermerk" bei GbR-Eigentümereintragungen


  • Im Gefolge der Entscheidungen des BGH vom 28.04.2011 (u.a.: V ZB 194/10) möchte ich nachfolgend einige Eintragungsvorschläge für die Eigentümereintragung von GbR’s unterbreiten, die danach differenzieren, ob die erwerbende GbR in der Erwerbs- und Auflassungsurkunde gegründet wurde oder nicht. Des weiteren plädiere ich für einen „Warnvermerk“ in Abt. II des Grundbuchs, falls die Eigentümereintragung einer bereits existenten Erwerber-GbR im Anschluss an die Rechtsauffassung des BGH ohne Prüfung der Wirksamkeit der zugunsten der GbR erklärten Auflassung erfolgt.

    Zur Kritik an der genannten BGH-Entscheidung vgl. hier:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post730028

    1. Zulässigkeit der Eigentümereintragung einer GbR nach den divergierenden Ansichten

    Die Eigentümereintragung einer erwerbenden GbR ist zulässig:

    a) Nach der strengen Aufassung nur dann, wenn die GbR in der Erwerbs- und Auflassungsurkunde gegründet wird.
    b) Nach Ansicht des BGH beim Erwerb durch bereits existente GbR’s ohne jede Prüfung des in der Auflassungsurkunde angegebenen Gesellschafterbestandes und der Vertretungsverhältnisse der GbR alleine aufgrund der diesbezüglichen Behauptungen der angeblichen Gesellschafter.
    c) Nach diversen anderen und zwischen der strengen Linie und der Auffassung des BGH angesiedelten Ansichten, wenn der erforderliche Nachweis des Gesellschafterbestandes und der Vertretungsverhältnisse einer bereits existenten Erwerber-GbR durch den förmlichen Gesellschaftsvertrag und/oder eidesstattliche Versicherungen (unvollkommen) erbracht wird.

    Im Fall a) kann man sich auf die Grundbucheintragung der GbR und ihrer Gesellschafter mit Sicherheit verlassen, im Fall b) aus naheliegenden Gründen überhaupt nicht und im Fall c) ebenfalls nicht. Welche Rechtsauffassung das Grundbuchamt bei der Eigentümereintragung der GbR vertreten hat, sieht man der Grundbucheintragung bei Verwendung des „üblichen“ Eintragungsvermerks jedoch nicht an. Es ist daher geboten, die Eigentümereintragung in einer Weise zu fassen, welche alle diesbezüglichen Zweifel ausschließt.

    2. Erste Alternative: Erwerb durch eine in der Auflassungsurkunde gegründete GbR

    Wenn eine namenlose GbR in der Erwerbs- und Auflassungsurkunde gegründet wurde, empfiehlt sich folgender Eintragungsvermerk:

    Abt.I Spalte 2:

    Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, bestehend aus
    a) A
    b) B
    mit dem Sitz in ..., gegründet zur Urkunde des Notars ... vom ..., URNr. ...

    Abt.I Spalte 4:

    Auflassung vom ... (URNr. ... des Notars ...) eingetragen am ...

    Bei erfolgter Gründung der GbR in der Erwerbs- und Auflassungsurkunde kommt es nicht darauf an, ob eine bereits existente Erwerber-GbR im Grundbuch eingetragen werden könnte, weil dieser Fall nicht vorliegt. Der vorgeschlagene Eintragungsvermerk ist daher in jedem Fall inhaltlich zutreffend. Das angegebene Urkunden- und Auflassungdatum in den Spalten 2 und 4 stimmt hier in aller Regel überein. Denkbare Ausnahmen können an dieser Stelle vernachlässigt werden (Beispiel: Gründung der GbR in der Kaufvertragsurkunde und gleichzeitige Vollmachtserteilung durch die GbR für die erst später zu erklärende Auflassung, z.B. bei notwendiger Vermessung des Grundstücks).

    3. Zweite Alternative: Erwerb durch eine bereits existente GbR

    Wer die Rechtsauffassung des BGH ablehnt und die „strenge Linie“ vertritt, weist den Eintragungsantrag ohnehin zurück, sodass sich die Frage nach der Formulierung des Eintragungsvermerks nicht stellt. Wer dem BGH oder einer der vermittelnden Ansichten folgt, sollte wie folgt formulieren:

    Abt.I Spalte 2:

    Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, bestehend aus
    a) A
    b) B

    Abt. I Spalte 4:

    Auflassung vom ... (URNr. ... des Notars ...) eingetragen am ...

    Natürlich kann der Eintragungsvermerk in Spalte 2 auch Angaben zum Sitz und zum Zeitpunkt und Ort der Gründung der GbR enthalten. Im Gegensatz zu Alternative 1, bei welcher diese Angaben aufgrund der erfolgten Gründung der GbR im Erwerbsvertrag feststehen, setzt diese Verfahrensweise aber voraus, dass sich die betreffenden Angaben aus dem Erwerbsvertrag ergeben. Da diese Angaben nach Ansicht des BGH aber nicht notwendig sind, können sie auch nicht als feststehender Inhalt des vorgeschlagenen Eintragungsvermerks vorgesehen werden. Nach Ansicht des BGH genügt nämlich, dass A und B erklären, für eine nur aus ihnen beiden bestehende GbR zu handeln. Wenn in der Erwerbsurkunde das Gründungsdatum der GbR angegeben und in den Eintragungsvermerk der Spalte 2 aufgenommen wird, kann es sich dabei nur um ein früheres Datum als dasjenige der in Spalte 4 erwähnten Auflassung handeln.

    Wen man der Ansicht des BGH folgt, empfiehlt sich nach meiner Ansicht folgender weiterer "Warnvermerk" in Abt. II des Grundbuchs:

    Abt. II Spalte 3:

    Die Eigentümereintragung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Abt.I Nr. ..) ist ohne Prüfung der Existenz und Identität der Gesellschaft, ohne Prüfung des Gesellschafterbestandes und der Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft und ohne Prüfung der Wirksamkeit der Auflassung im Hinblick auf die Auflassungserklärung der erwerbenden Gesellschaft erfolgt. Die Eintragung der Gesellschafter der Gesellschaft ist ohne Prüfung des Gesellschafterbestandes der GbR erfolgt. Eingetragen am ...

    --------------------

    Dieser Vermerk bringt zum Ausdruck, dass die Eigentümereintragung der GbR in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des BGH erfolgt ist. Dies ist nach meiner Ansicht auch unbedingt erforderlich, weil es im Bereich zwischen der „strengen Linie“ und der Ansicht des BGH bekanntlich vielerlei divergierende Ansichten zu der Frage gibt, unter welchen verschiedensten Voraussetzungen eine bereits existente Erwerber-GbR als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen werden kann (Bezeichnung als unverwechselbares Rechtssubjekt, eidesstattliche Versicherungen und/oder Vorlage des [formlosen oder förmlichen] Gesellschaftervertrages zum Nachweis von Gesellschafterbestand und Vertretungsverhältnissen). Die Aufgabe, die Rechtsverhältnisse an Grundbesitz zuverlässig zu verlautbaren, kann das Grundbuch im vorliegenden Fall somit nur erfüllen, wenn es sich insoweit im Interesse des Rechtsverkehrs inhaltlich klar positioniert. Dies stellt auch keinen Widerspruch zu der Verfahrensweise bei anderen umstrittenen Rechtsfragen dar, bei welchen derartige Vermerke im Zuge des Grundbuchvollzugs der jeweiligen Rechtsänderung -und zwar völlig zu Recht- nicht eingetragen werden. Denn in diesen Fällen geht es nie um die Frage, ob etwas ohne jede Prüfung im Grundbuch eingetragen werden soll, sondern stets nur darum, was im Rahmen einer unstreitig erforderlichen grundbuchamtlichen Prüfung für möglich und ausreichend gehalten wird. Es ist demzufolge ein zentraler Unterschied, ob man im Rahmen einer stattfindenden grundbuchamtlichen Prüfung einer von verschiedenen Rechtsauffassungen folgt (etwa der strengen Linie oder einer der vermittelnden Ansichten) oder ob es darum geht, etwas ohne jede Prüfung im Grundbuch einzutragen.

    Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen unterliegt es keinem Zweifel, dass der vorgeschlagene Vermerk inhaltlich zutreffend ist. Wer meint, eine Grundbucheintragung könne ohne jede grundbuchamtliche Prüfung erfolgen, kann sich nicht darüber beklagen, dass das Grundbuch dann auch eben dies verlautbart. Ob ein solcher Vermerk für den Fall, dass die bei der Auflassung nicht zutreffend vertretene GbR das Eigentum nicht erworben hat, einem künftigen gutgläubigen Erwerb eines dinglichen Vertragspartners der GbR entgegen stünde, dürfte dann die nächste spannende Frage sein. Mindestens ebenso spannend ist die Frage, wie die von den eingetragenen GbR’s angerufenen Beschwerdegerichte die Löschung eines Vermerks begründen wollen, von dem feststeht, dass er die Rechtslage zweifelsfrei zutreffend um Ausdruck bringt und dem im Interesse des Rechtsverkehrs eine erforderliche Warnfunktion im Hinblick auf Eigentümereintragungen von GbR’s zukommt, auf deren Richtigkeit man sich mangels erfolgter grundbuchamtlicher Prüfung der Wirksamkeit der zugunsten der als Eigentümerin eingetragenen GbR von vorneherein nicht verlassen kann. Das Grundbuch soll die Rechtsverhältnisse an Grundstücken zuverlässig verlautbaren und darf demzufolge nicht Dinge verschweigen, welche diese Zuverlässigkeit in höchstem Maße beeinträchtigen.

  • Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen unterliegt es keinem Zweifel, dass der vorgeschlagene Vermerk inhaltlich zutreffend ist.


    Es dürfte aber m.E. auch nicht zweifelhaft sein, dass der inhlatlich zutreffende Vermerk sofort als inhaltlich unzulässige Eintragung wieder gelöscht werden müsste. Vermerke über den Ablauf des Grundbuchverfahrens gehören in die Grundakte und nicht in das Grundbuch.

  • Angenommen, ein solcher Warnvermerk stünde im GB:

    Hätte dann überhaupt § 899a BGB noch eine Wirkung oder müsste man dann nicht in letzter Konsequenz sagen, dass dieser Vermerk auch die Vermutung des § 899a BGB erschüttert, weil der Vermerk ja deutlich macht, dass die eingetragenen GbR-Gesellschafter ohne jegliche Prüfung eingetragen wurden?

    Dann wäre man in solchen Fällen wieder dort, wo man vor dem ERVGBG schon mal war...

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Das ist genau der springende Punkt.

    Ich würde sogar noch weiter gehen: Die Vermutung des § 899a S. 1 BGB ist auch bei Nichteintragung des Vermerks erschüttert, weil der Rechtspfleger genau weiß, dass er die GbR und ihre Gesellschafter -wenn man dem BGH folgt- ungeprüft eingetragen hat. Im übrigen betrifft dies nicht nur die Gesellschaftervermutung des § 899a S. 1 BGB, sondern auch die Eigentumsvermutung des § 891 Abs. 1 BGB.

    Eine inhaltliche Unzulässigkeit des Vermerks sehe ich nicht, weil es sich um einen klarstellenden bzw. erläuternden Vermerk zur Eigentümereintragung der GbR und ihrer Gesellschafter handelt, der im Übrigen genauso gut als Bestandteil des Eintragungsvermerks in Spalte 4 der Abteilung I aufgenommen werden könnte. Ein solcher Vermerk muss daher ebenso zulässig sein wie in anderen Fällen auch. Und dass der Vermerk inhaltlich zutreffend ist und die Rechtslage zutreffend wiedergibt, kann man wohl schwerlich bestreiten.

    Was das "Wahnhafte" an meinem Eintragungsvorschlag angeht, so ist alles eine Frage des Standpunkts, zumal der Vorschlag ja gerade voraussetzt, dass man entgegen meiner Ansicht der BGH-Rechtsprechung folgt. Es geht bei dem Vermerk daher gar nicht mehr um den "fundamentalen" Erwerbsstreit als solchen, sondern nur darum, dass man das, was sich als zweifelsfreie Rechtsfolge der BGH-Rechtsprechung ergib, auch -zutreffend- im Grundbuch zum Ausdruck bringt.

  • Allein die Eintragung und die Urkunde, auf die die Eintragung folgt, bringt schon zum Ausdruck, dass man sich der BGH - Entscheidung angeschlossen hat; dazu bedarf es keines überflüssigen - jedenfalls bis zu einer gesetzlichen Regelung - nicht eintragungsfähigen Vermerks.

    Ich trage auch nicht ein, dass ich mich davon nicht überzeugt habe, dass der Berechtigte eines Wohnrechts noch lebt oder dass das gebildete - in der Eintragrungsbewilligung beschriebene Wohnungseigentum - tatsächlich auch so besteht..

  • Es steht natürlich jedem frei, dem BGH zu folgen. Gleichwohl sollte man sich zur Erklärung dieser Verfahrensweise vor offensichtlich unpassenden Vergleichen hüten. Die von Dir genannten Fälle haben mit dem Verzicht auf die Prüfung der Wirksamkeit einer Auflassung ersichtlich nichts zu tun. In beiden Fällen prüfst Du die als Eintragungsgrundlage erforderliche Bewilligung und alles Übrige würde Hellseherei verlangen. Bei der GbR wird die Wirksamkeit der Auflassung als Eintragungsgrundlage im Hinblick auf die erforderliche Auflassungserklärung der erwerbenden GbR aber überhaupt und von vorneherein nicht geprüft.

    Im übrigen kann ein inhaltlich zutreffender Vermerk, der ggf. geeignet ist, den guten Glauben zu zerstören, weder überflüssig noch unzulässig (und schon gar nicht inhaltlich unzulässig) sein.

    Manche meinen vielleicht, dass es meine Absicht ist, die Rechtsprechung des BGH durch die Befürwortung des genannten Vermerks konterkarieren zu wollen. Das ist aber aus meiner Sicht gar nicht nötig, denn wenn man diese Rechtsprechung für falsch hält, trägt man eine bereits existente Erwerber-GbR ohnehin nicht ein (bzw. erst nach Anweisung durch das Beschwerdegericht). Es geht mir demzufolge lediglich darum, einen Weg aufzuzeigen, wie man die zutreffende Rechtslage im Grundbuch verlautbart, wenn man dem BGH -sei es aus Überzeugung oder sei es zähneknirschend- folgt. Und die inhaltliche Richtigkeit des vorgeschlagenen Vermerks lässt sich ja schlecht bestreiten.

  • Ich überlege gerade:
    Welche Wirkung hätte denn die Fertigung eines so lautenden Vermerks zu den Grundakten und die Übersendung einer Abschrift dieses Vermerks zugleich mit der Umschreibungsnachricht an die Beteiligten?

  • Es scheint jetzt allenthalben eine gewisse Beruhigung des Themas um sich zu greifen. Ich denke, dass auch viele derjenigen, die bisher zurückgewiesen haben, sich von "Karlsruhe locuta, causa finita" anstecken lassen.

    Mir scheint das sehr gefährlich, denn die Argumente von Cromwell und von 16 Oberlandesgerichten sind durch die dürren Sätze des BGH nicht widerlegt worden. Und gerade erst kürzlich hat der BGH bei einer anderen zivilrechtlichen Materie in kurzer Zeit eine 180-Gradwende hingelegt.

    So hat der XI. Zivilsenat vielbeachtet (und kritisiert) entschieden, dass eine Rechtnachfolgeklasuel nach § 727 ZPO bei Abtretung einer Grfundschuld nur dann erteilt werden könne, wenn auch formgerecht der Eintritt in den zugrundeliegenden Sicherungsvertrag erklärt würde. Daraufhin haben viele Rechtspfleger und Notare plötzlich keine Rechtsnachfolgeklauseln mehr erteilt, weil sie sich gegen ihre eigene Überzeugung (wie mir telefonisch erläutert wurde) dem BGH angeschlossen haben.

    Jetzt hat der VII. Zivilsenat den Beschluss des XI. Zivilsenats kurz und schmerzlos kassiert:

    Zitat

    c) Der VII. Zivilsenat kann sich der Auffassung des XI. Zivilsenats, der von diesem für erforderlich gehaltene Eintritt in die Sicherungsvereinbarung sei gemäß § 727 ZPO im Klauselerteilungsverfahren zu prüfen, nicht anschließen.

    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…930&pos=0&anz=1

    Der VII. Zivilsenat will den Fall trotz abweichender Rechtsprechung des XI. Senats auch nicht dem Großen Senat vorlegen, sondern betrachtet die Sache als geklärt.

    Wer sagt uns denn, dass in Sachen GBR nicht bald ähnliches passiert? Evtl. entschließt sich ein anderer Senat des BGH aufgrund genauerer und sorgfältigerer Prüfung dazu, die harte Linie der 16 OLGs anzuerkennen?

    Im Fall der Klauselerteilung haben es die Rechtspfleger nach der jetzigen Entscheidung leicht: einfach die vormals verweigerte Klausel erteilen und gut ist die Sache. Bei der GBR wäre es nicht so einfach. Denn da müsste man dann massenhaft Amtswidersprüche eintragen bzw. bereits vollzogene Eintragungen wieder versuchen zu begradigen.

    Insofern meine ich, die Diskussion sollte nicht abebben, bis eine überzeugende Lösung gefunden wird.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Ich überlege gerade:
    Welche Wirkung hätte denn die Fertigung eines so lautenden Vermerks zu den Grundakten und die Übersendung einer Abschrift dieses Vermerks zugleich mit der Umschreibungsnachricht an die Beteiligten?

    Vermutlich keine, weil sich die GbR aufgrund der BGH-Rechtsprechung sicher fühlt und der Veräußerer den Kaufpreis erhalten hat.

    Wie die nachfolgende fiktive Entwicklung der Ereignisse zeigt, handelt es sich dabei aber nur um eine scheinbare Sicherheit.

    Nehmen wir an, dass die GbR bei ihrem Erwerb nicht zutreffend vertreten war, weil über die im Erwerbsvertrag genannten angeblichen Gesellschafter hinaus noch ein weiterer Gesellschafter vorhanden war. Dieser Vertretungsmangel führt zur Unwirksamkeit der an die GbR erklärten Auflassung, die aber nach der Rechtsprechung des BGH gleichwohl ohne weiteres im Grundbuch vollzogen wird, weil man sich insoweit mit den bloßen Behauptungen der angeblichen Gesellschafter zufrieden gibt. Da die Auflassung nicht wirksam ist, hat die eingetragene GbR das Eigentum jedoch nicht erworben. Kurz darauf wird die GbR finanziell notleidend, sodass sie den Grundbesitz an einen Dritten veräußert, der das Grundstückseigentum wegen der in den §§ 891 Abs.1 und 899a S.1 BGB gergelten gesetzlichen Vermutungen gutgläubig erwirbt. Den vereinnahmten Kaufpreis verwendet die GbR zur Schuldentilgung. Gleichwohl fällt sie später in Insolvenz. Der Insolvenzverwalter tritt nun an den ursprünglichen Veräußerer heran und fordert die Herausgabe des von der GbR bezahlten Kaufpreises, weil der Kaufvertrag mangels zutreffender Vertretung der GbR unwirksam und die Vereinnahmung des Kaufpreises durch den Veräußerer demufolge rechtsgrundlos erfolgt war.

    Ergebnis aus Sicht des ursprünglichen Veräußerers:

    Das Grundstück ist weg, da gutgläubig erworben, und trotzdem muss er den Kaufpreis an den Insolvenzverwalter ausfolgen. Dagegen steht nur der angesichts der Insolvenz der GbR wertlose Anspruch nach § 816 Abs.1 S.1 BGB als normale Insolvenzforderung.

    Natürlich eine Katastrophe für den Veräußerer, aber eine Katastrophe, die nur aufgrund der Rechtsprechung des BGH eintritt, der eine bereits existente erwerbende GbR ohne den Nachweis der Wirksamkeit der Auflassung ins Grundbuch bringt und damit Tür und Tor für nachfolgende schädliche Verfügungen der GbR zu Lasten des ursprünglichen Veräußerers öffnet.

    Unter dieser Prämisse dürfte sich der Sinn und die Notwendigkeit des von mir vorgeschlagenen "Warnvermerks" praktisch von selbst erschließen. Dass man aufgrund der Eintragung dieses Vermerks praktisch wieder so weit ist wie vor dem Inkrafttreten der GbR-Regelungen des ERVGBG, weil sich niemand mit der GbR auf ein Rechtsgeschäft einlassen wird, wenn ein solcher Vermerk im Grundbuch steht, ist nur die Konsequenz der Rechtsauffassung des BGH, der das geschilderte Dilemma verursacht und keinen Gedanken daran verschwendet hat, wie es weiter gehen soll, wenn die GbR erst einmal im Grundbuch steht. Die Rechtsprechung des BGH ist im Ergebnis somit nichts anderes als eine nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehende unüberlegte Flickschusterei, die ein aktuelles Problem -vermeintlich- löst und dafür wieder andere unlösbare Probleme schafft.

  • Zitat von Cromwell

    Der Insolvenzverwalter tritt nun an den ursprünglichen Veräußerer heran und fordert die Herausgabe des von der GbR bezahlten Kaufpreises, weil der Kaufvertrag mangels zutreffender Vertretung der GbR unwirksam und die Vereinnahmung des Kaufpreises durch den Veräußerer demufolge rechtsgrundlos erfolgt war.

    Ergebnis aus Sicht des ursprünglichen Veräußerers:

    Das Grundstück ist weg, da gutgläubig erworben, und trotzdem muss er den Kaufpreis an den Insolvenzverwalter ausfolgen.

    Ob die BGH-Entscheidung wohl auch so ausgefallen wäre, wenn sich der BGH über solche Folgen bewußt gewesen wäre?

    Das ist ja erschreckend!

  • M. E. nach ja.
    Natürlich kann jeder mal etwas übersehen, aber die wissen in aller Regel schon ziemlich genau was sie da machen, wenn sie bewußt Rechtspolitik betreiben.
    So ist das eben, wenn man sich erst überlegt, welches Ergebnis die Entscheidung haben soll und dann rechtliche Klimmzüge veranstaltet.

  • Zitat von Cromwell

    Der Insolvenzverwalter tritt nun an den ursprünglichen Veräußerer heran und fordert die Herausgabe des von der GbR bezahlten Kaufpreises, weil der Kaufvertrag mangels zutreffender Vertretung der GbR unwirksam und die Vereinnahmung des Kaufpreises durch den Veräußerer demufolge rechtsgrundlos erfolgt war.

    Ergebnis aus Sicht des ursprünglichen Veräußerers:

    Das Grundstück ist weg, da gutgläubig erworben, und trotzdem muss er den Kaufpreis an den Insolvenzverwalter ausfolgen.

    Ob die BGH-Entscheidung wohl auch so ausgefallen wäre, wenn sich der BGH über solche Folgen bewußt gewesen wäre?

    Das ist ja erschreckend!


    Du müsstest Dir eher die Frage stellen, ob das dem Gesetzgeber aufgefallen ist ...

    Die Antwort ist übrigens: Ja. Er wusste es. Er nimmt es in Kauf. Ich hoffe für Euch, dass Eure Belehrungen darauf angelegt sind.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich hoffe für Euch, dass Eure Belehrungen darauf angelegt sind.

    Davon kannst Du ausgehen. Ich verfolge die Diskussionen zu dem Thema hier im Forum von Anfang an.

    Ohne die Arbeiten von Cromwell würden wir jedoch vielleicht auch zum Kreis derer gehören, denen die Problematik nicht bewusst ist, oder - noch schlimmer - die die Problematik ignorieren, obwohl sie ihnen bewusst ist.

  • Ohne die Arbeiten von Cromwell würden wir jedoch vielleicht auch zum Kreis derer gehören, denen die Problematik nicht bewusst ist, oder - noch schlimmer - die die Problematik ignorieren, obwohl sie ihnen bewusst ist.

    Na, dann werdet Ihr ja bestimmt künftig gleich die Eintragung eines "Warnvermerkes" mit beantragen. ;)

  • Es ist schon interessant zu beobachten, dass sich die Kritik an dem von mir vorgeschlagenen Vermerk ganz überwiegend in unpassenden Vergleichen und Platitüden erschöpft.

    Dass der Vermerk die Rechtslage zutreffend wiedergibt, wurde allerdings noch nicht bestritten - wie wollte man auch?

    Aus Sicht des Grundbuchamts sind die Vermutungen der §§ 891 Abs.1 und 899a S. 1 BGB nach meiner Auffassung ohnehin erschüttert, ob der Vermerk nun eingetragen ist oder nicht (siehe oben # 5). Der Vermerk dient somit in erster Linie dem Rechtsverkehr und nicht dem Grundbuchamt.

    Wenn einem schon die Spucke wegbleibt, dann deswegen, weil man eine Auflassung ohne die Prüfung ihrer Wirksamkeit eintragen soll, und nicht deswegen, weil man einen Vermerk einträgt, der die Rechtslage zutreffend verlautbart, gerade weil man ohne Prüfung eingetragen hat.

    Das Grundbuch soll die Rechtsverhältnisse (hier: das Eigentum) an Grundstücken zuverlässig verlautbaren. Bei ungeprüft vollzogenen Auflassungen kann hiervon keine Rede sein, weil es bei dieser Verfahrensweise in der Natur der Dinge liegt, dass von vorneherein keinerlei Gewähr für die Richtigkeit der Eigentümereintragung bestehen kann. Ohne die Eintragung des Vermerks gaukelt das Grundbuch somit eine Sicherheit vor, die es in Wahrheit nicht gibt.

  • Aber wenn man denn auf die begangene Gesetzesverletzung infolge - freiwillig oder auf Anweisung des OLG/BGH - unterlassener Prüfung der Vertretungsverhältnisse abstellt, wäre dann nicht eher der Amtswiderspruch das Mittel der Wahl?

    Vor der Argumentation mit der fehlenden Gewähr für die Richtigkeit und dem möglichen gutgläubigen Erwerb schrecke ich zurück, weil auch bei Erbengemeinschaften oder bei Eintragungen auf der Grundlage des § 19 GBO letztlich keine Gewähr durch das Grundbuchamt geboten wird, dass die Eintragung richtig ist.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Es ist schon interessant zu beobachten, dass sich die Kritik an dem von mir vorgeschlagenen Vermerk ganz überwiegend in unpassenden Vergleichen und Platitüden erschöpft.

    Eine Anmerkung hierzu unter dem Gesichtspunkt "juristische Argumentationstechnik". Wenn in den Schriftsätzen von Gegenanwälten auf meinen Rechtsvortrag nur unsachliche Antworten kommen wie "abwegig", ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass an meiner Ansicht "was dran ist".

    In der Sache selbst darf ich auf einen Uralt-Einwand hinweisen, der von mir hier im Forum schon erhoben wurde, als die Vorschrift noch im Gesetzesentwurf war: Kann es einen guten Glauben geben, der sich auf die "Richtigkeit des Verfahrens" bezieht?

  • Es geht nicht um den guten Glauben an die Richtigkeit des Verfahrens, sondern um den guten Glauben daran, dass die Eigentümereintragung der GbR und ihrer Gesellschafter die materielle Rechtslage jeweils zutreffend wiedergibt. Wie soll das aber möglich sein, wenn man die GbR und ihre Gesellschafter ohne jede Prüfung einträgt?

    Das Problem ist, dass § 47 Abs.2 S.1 GBO den von Reymann und vom BGH behaupteten Inhalt nicht hat. Diese Behauptung ist somit nicht mehr wert als die Behauptung der angeblichen Gesellschafter über die Rechts- und Vertretungsverhältnisse der erwerbenden GbR - nämlich nichts.

    Wenn § 47 Abs.2 S.1 GBO den behaupteten Inhalt hätte, wäre es unausweichliche Konsequenz gewesen, die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs für eine dergestalt ohne jede Prüfung erfolgte Grundbucheintragung zu suspendieren. An eine ohne jede Prüfung erfolgte Eintragung einer Auflassung die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs zu Lasten des wahren Rechtsinhabers zu knüpfen, ist schlichtweg absurd - und im Ergebnis der Todesstoß für die Verlässlichkeit des Grundbuchsystems.

    Wohin es führt, wenn es kein verlässliches Grundbuchsystem -als Grundlage für den Realkredit- gibt, kann man derzeit anschaulich in Griechenland beobachten (die Industrie fordert insoweit völlig zu Recht, dass schnellstens ein solches Grundbuchsystem aufgebaut werden muss). Wenn wir auch hierzulande solche Verhältnisse wollen, braucht der BGH auf seiner nunmehr eingeschlagenen Linie nur fortzuschreiten. Denn wenn es einmal eine Eintragung im Anwendungsbereich des § 20 GBO gibt, die ohne Prüfung erfolgen kann, warum dann nicht auch andere? Wäre es nicht gleichheitswidrig, von allen anderen zu verlangen, was man von der GbR nicht verlangt?

    Und so stellen sich die rechtlichen Dinge dann allmählich völlig auf den Kopf.

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