"Warnvermerk" bei GbR-Eigentümereintragungen

  • Wie zu erwarten war, hat das OLG Naumburg im Beschwerdeverfahren die Löschung der klarstellenden Komponente des vom AG Wernigerode vorgenommenen Eintragungsvermerks angeordnet (Beschluss vom 28.11.2012, Az. 12 Wx 31/12). Die eigentliche Bedeutung dieser Entscheidung liegt aber darin, dass es im Zuge dieser Löschung einen Anspruch der GbR -oder ihrer Gesellschafter- auf Umschreibung des Grundbuchblattes i.S. einer sog. Grundbuchwäsche verneint, weil es hierfür keine Rechtsgrundlage gebe und der Klarstellungsvermerk nicht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften angebracht worden sei.

    Mit anderen Worten: Der klarstellende Teil des Eintragungsvermerks wird zwar im Zuge des in Spalte 4 der Abt. I anzubringenden Löschungsvermerks gerötet, er bleibt in geröteter Form aber weiterhin aus dem Grundbuch ersichtlich und kann auf diese Weise nach wie vor seine Warnfunktion erfüllen.

    Damit ist für die Grundbuchämter der Weg eröffnet, die bestehende Problematik dauerhaft im Grundbuch zum Ausdruck zu bringen. Dieser Weg besteht in folgendem Verfahren:

    Wird an eine bereits existente GbR aufgelassen, lautet der in Spalte 4 der Abt. I anzubringende Eintragungsvermerk wie folgt:

    Auflassung vom ... an im Zeitpunkt der Auflassung bereits existente GbR eingetragen am ...

    Wird sodann Fassungsbeschwerde eingelegt -was im Übrigen keinesfalls stets der Fall sein muss- hilft man der Beschwerde mittels Löschungsvermerk und Rötung des klarstellenden Teils des Auflassungsvermerks ab. Damit ist die Beschwerde erfolgreich, das OLG wird erst gar nicht mit der Angelegenheit befasst und die Klarstellung ist nach wie vor -in geröteter Form- aus dem Grundbuch ersichtlich, weil kein Anspruch auf Anlegung eines neuen Grundbuchblattes besteht, aus dem sich der gerötete Teil des Auflassungsvermerks nicht mehr ergibt.

    Man kann nun natürlich darüber spekulieren, ob das OLG Naumburg die Rechtsprechung des BGH -der es nach Außen hin folgt- in Wahrheit für falsch hält und demzufolge im Ergebnis die (gerötete) Buchlage bestehen lässt, die nach wie vor als "Warnung" für den Rechtsverkehr dienen kann. Aber das ist letztlich belanglos. Jedenfalls ist nunmehr ein obergerichtlich bestätigter Weg gefunden, die bei der GbR bestehende Erwerbsproblematik dauerhaft im Grundbuch zu verlautbaren. Wem die Richtigkeit des Grundbuchs auch nur im Entferntesten am Herzen liegt, sollte demnach nach meiner Ansicht auch so verfahren.

    Der Vollständigkeit halber: Wird an eine in der Auflassungsurkunde neu gegründete GbR aufgelassen -was schon immer unproblematisch war-, sollte der Eintragungsvermerk wie folgt gefasst werden (denn beide denkbaren Fallgestaltungen müssen ja auch im Eintragungsvermerk voneinander unterschieden werden!):

    Auflassung vom ... an in der Auflassungsurkunde neu gegründete GbR eingetragen am ...

    Es steht zu erwarten, dass gegen eine solche Eintragung ohnehin keine Fassungsbeschwerde eingelegt wird, weil neu gegründete GbR's von einer solchen Eintragung sogar einen Vorteil haben, weil ihnen grundbuchmäßig bescheinigt wird, dass die GbR im Auflassungszeitpunkt existierte, dass ihr Gesellschafterbestand zutreffend war (für die Folgezeit gilt dann § 899a BGB) und dass die GbR bei der Auflassung demzufolge auch ordnungsgemäß von allen Gesellschaftern vertreten wurde. Und wenn -wider Erwarten- gleichwohl eine Fassungsbeschwerde eingelegt werden sollte, ist das Verfahren eben das Gleiche wie oben bei der bereits existenten GbR bereits dargestellt.

    Bei beiden denkbaren Varianten -neu gegründete oder bereits existente GbR- kann bei der genannten Verfahrensweise jeder Einsichtnehme auf einen Blick aus dem Grundbuch selbst erkennen, woran er mit der konkreten Eigentümer-GbR ist, mit der er beabsichtigt, sich auf ein Rechtsgeschäft einzulassen. "Schweigt" der Auflassungsvermerk, muss er nach wie vor die Auflassungsurkunde einsehen und bei Alteintragungen, die zeitlich vor der BGH-Rechtsprechung zur Erwerbsproblematik vorgenommen wurden, muss er dies ohnehin.

  • Doch, ich! Aber ich wollte sie hier im Forum zunächst nicht äußern, weil ich derzeit keinen dienstlichen Kontakt zum Grundbuchrecht habe und mich im Detail nicht fit genug fühle, angemessen mitzureden. Allerdings halte ich - auch weiterhin - Deine Rechtsauffassung zur Vertretungsproblematik bei einer GbR für richtig. Den Weg mit dem sog. Warnvermerk finde ich durchaus charmant; ich wäre als GB-Rpfl. derzeit wohl grundsätzlich auch bereit, diesen bei sich bietender Gelegenheit einzutragen. Ich frage mich aber gleichwohl, ob ich auf Dauer die Kraft hätte, derartige Bemühungen zur gesetzeskonformen Rechtsanwendung durchzuhalten, wenn die Obergerichte partout den Beschwerden stattgeben und sich mehr oder weniger deutlich dem BGH beugen.

  • Hat niemand eine Meinung dazu?

    Immerhin haben wir uns im Hinblick auf den Erwerb von Grundbesitz durch eine bereits existente GbR jahrelang die Köpfe heißgeredet.

    Ganz offen gesagt: ich bewundere dein Engagement in dieser Sache, lese auch weiterhin mit Interesse die entsprechenden Threads hier im Forum, aber ich habe für mich persönlich mit der GbR weitestgehend abgeschlossen.
    Kampf gegen Windmühlenflügel ist meine Sache nicht.
    An "meine" (seltenen) GbR-Anträge kommt inzwischen ggf. das jeweils zutreffende Aktenzeichen des BGH oder meines OLG und dann sei's drum.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Hat niemand eine Meinung dazu? Immerhin haben wir uns im Hinblick auf den Erwerb von Grundbesitz durch eine bereits existente GbR jahrelang die Köpfe heißgeredet.


    Ich warte nur auf den nächsten Fall des Erwerbs durch eine bestehende GbR.

    :D

  • Ich frage mich, was nun tatsächlich gewonnen ist. Denn mit der Löschung des Vermerks, es sei an eine bereits existente GbR aufgelassen worden, kann sich doch bei Anwendung des § 891 BGB streng genommen kein Warnvermerk mehr ergeben, es sei denn, der Löschungsvermerk verlautbarte seinerseits, dass die Löschung entgegen den Tatsachen vorgenommen wurde (werden musste).

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Es geht hier nicht um einen etwaigen gutgläubigen Erwerb, sondern darum, ob jemand, der das Grundbuch einsieht, sich überhaupt zu einem Rechtsgeschäft mit der betreffenden GbR entschließt (von der Problematik des schuldrechtlichen Geschäfts im Anwendungsbereich des § 899a BGB einmal ganz abgesehen!). Wenn keine Geschäfte mit der GbR gemacht werden, stellt sich die Frage nach einem gutgläubigen Erwerb von vorneherein nicht.

  • Hier wird aus meiner Sicht eine Grenze überschritten. Es ist nicht die Aufgabe des Grundbuchamtes, die im Geschäftsverkehr auftretenden Leute vor möglichen Gefahren zu "warnen". Hier muss ich als Gericht auch das Neutralitätsgebot beachten. Ansonsten müsste ich auch jedesmal kritisch nachfragen, wenn eine UG (haftungsbeschränkt) oder eine britische Ltd. im Grundbuchverfahren auftritt, weil deren Stammkapital bekanntermaßen nicht ausreicht, um mögliche Schäden aus Vertragsverletzungen abzudecken.

    Es gibt die höchstrichterliche Rechtsprechung zur GbR (auch wenn sie mir nicht passt) und daher bewegen sich die Beteiligten auf sicherem Rechtsgrund. Solange der Gesetzgeber sich nicht dazu aufrafft, der BGB-Gesellschaft die vom BGH "erkannte" Rechtsfähigkeit wieder zu entziehen, sind mir die Hände gebunden. Aus meiner Sicht ist das Grundbuch nicht dazu da, dort Protestplakate aufzuhängen.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

    2 Mal editiert, zuletzt von Spaltenmuckel (22. Januar 2013 um 14:28) aus folgendem Grund: ergänzt

  • Bislang dachte ich immer, es sei gerade die Aufgabe des Grundbuchs, die dinglichen Rechtsverhältnisse an Grundstücken möglichst umfassend, vollständig und richtig zum Ausdruck zu bringen. Und wenn es zwei mögliche "Arten" eines Grundstückserwerbs durch eine GbR gibt, die ungeachtet der vollzogenen Eigentumsumschreibung völlig unterschiedliche Rechtsfolgen zeitigen, dann halte ich es für einen völlig normalen Vorgang, dass das Grundbuch im Interesse des Rechtsverkehrs eben dies verlautbart.

    Was der Rechtsverkehr dann mit dem betreffenden Hinweis anfängt, bleibt ihm selbst überlassen. Im Übrigen hat der Vermerk nur klarstellenden Charakter, weil die objektive Rechtslage ohne ihn auch keine andere wäre. Und wer sollte durch eine Klarstellung beeinträchtigt werden, wenn diese Klarstellung in der Sache und inhaltlich zweifelsfrei zutreffend ist? Oder ist die GbR beeinträchtigt, weil das Grundbuch die rechtliche Wahrheit nicht verschweigt? Ganz abgesehen davon, dass bei der im Auflassungszeitpunkt (angeblich) bereits existenten GbR ohnehin niemand weiß, ob sie überhaupt existiert und ob sie das Eigentum erworben hat. Die (angeblich) bereits existente Erwerber-GbR und ihre Gesellschafter werden nach der Rechtsprechung des BGH ohne jede Prüfung im Hinblick auf ihre Existenz, ihren Gesellschafterbestand und ihre Vertretung eingetragen, während man bei allen anderen Erwerbern die Wirksamkeit der erklärten Auflassung (einschließlich der Vertretungsverhältnisse) prüft.

    Ich bin auch gegen Protestplakate, sondern durchaus dafür, weiterhin rigoros zurückzuweisen. Wer sich dazu nicht durchringen kann, sollte die Rechtslage aber dann wenigstens so verlautbaren, wie sie sich objektiv darstellt. Und diese Rechtslage besteht nun einmal darin, dass der Eigentumserwerb einer in der Auflassungsurkunde gegründeten GbR nicht aus GbR-spezifischen Gründen in Zweifel zu ziehen ist, während bei der im Auflassungszeitpunkt (angeblich) bereits existenten GbR niemand - und zwar in keinem Fall - weiß, ob sie durch die Eintragung auch tatsächlich Eigentümerin wurde. Und beides soll durch ein und denselben inhaltsgleichen Eintragungsvermerk zum Ausdruck gebracht werden? Das wäre das endgültige Ende der Verlässlichkeit und der Aussagekraft des Grundbuchs?

    Grenzüberschreitung - schön und gut.

    Die Frage ist nur, wer diese Grenze überschritten hat.

  • Auch ich finde die BGH-Rechtsprechung zur GbR in Teilen bedenklich. :gruebel: Aber selbst wenn man meint, das oberste deutsche Gericht in Zivilsachen läge hier falsch, was nützt es einem? Und was nützt es den Beteiligten, wenn ich mein "Dagegen-sein" im Grundbuch verlautbare?

    Ich möchte nicht als tragischer Held enden und -wie ein anderer Kollege schrieb- gegen Windmühlen ankämpfen (auch wenn dies vielleicht aller Ehren wert wäre). Fundamentalismus hilft nach meiner Ansicht dieser Sache nicht weiter. Ich verfahre da lieber pragmatisch und nehme das hin, was ich nicht ändern kann. ;) Aber wer da lieber weiter gegen die Rechtsauffassung des V. Zivilsenates ankämpfen möchte, der tue dies.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • Es geht nicht darum, sein eigenens "Dagegensein" zu verlautbaren, sondern etwas zu verlautbaren, das die Einsichtnehmen erst in die Lage versetzt, die Rechtslage im Sinne ihrer eigenen Interessen zuverlässig und zutreffend zu beurteilen. Dies lässt sich durch einen Vermerk, der zwei denkbare verschiedene Rechtslagen mit ein und demselben Inhalt verlautbart und der diese "rechtliche Wahrheit" demzufolge verschweigt, mit Sicherheit nicht erreichen.

  • Ich habe eine Sache, in der ein Amtsrichter entgegen dem EuGH, entgegen dem (dem EuGH folgenden) BGH und entgegen seinem Landgericht, das ihn zu dieser Rechtsfrage bereits in einer anderen Sache aufhob, partout die Ansicht vertritt, es sei aber so, wie er es sieht. Dafür hat er auch irgendeine rechtliche Erklärung. Der Unterschied zu denjenigen Amtsrichtern, die sich überhaupt nicht mehr mit irgendwelchen Thesen oder obergerichtlichen Entscheidungen auseinandersetzen, sondern sich irgendwie durchwurschteln, damit der Fall schnell erledigt ist (Vergleichsvorschlag, bei dem der Autokäufer nach mangelbedingtem Rücktritt Nutzungsentschädigung nach Sanden/Danner vom Kaufpreis abgezogen bekommt; teure Beweisaufnahme über Rechtsfragen [!], die angebl. streitige Tatsachen seien, um nur zwei beliebige Beispiele zu nennen), ist dann nicht groß.

    Das genau unterscheidet die alltägliche Schlamperei (ob theoretisch unterfüttert oder nach Kölner Landrecht aus'm Bauch entschieden) von dem hier von Cromwell thematisierten Problem. Der Bundesgerichtshof und nicht irgendein Amtsgericht hat gegen den Widerspruch aller namhafter Stimmen in der Literatur eine - da glaube ich Cr., weil ich mich selbst nicht auskenne - mehr oder weniger auf den ersten Blick unzutreffende Entscheidung gefällt. Das kommt ja - zum Glück für den Rechtsstaat - nicht alle Tage vor, und Cr. ist auch nicht als Michael Kohlhaas bekannt, der nach der Methode "Viel Feind, viel Ehr" mit Feuer und Schwert durchs Rechtspflegerforum und die Fachliteratur läuft.

    Ich kann, weil fachfremd, zu dem Thema "Warnvermerk" selbst eigentlich nichts sagen, aber die gesamten Umstände, die sie mir hier in diesem und dem Parallelthread überzeugend auftun, lassen mich sagen:

    Ich bin froh, dass es noch ein paar Gerechte wie Cromwell gibt, die Unrecht oder Unfug als Unrecht oder Unfug bezeichnen, wenn es ihnen bei Lektrüe der höchstrichterlichen Rechtsprechung begegnet.

    Im übrigen denke ich, dass die Obergerichte durchaus ihre Rechtsprechung ändern, wenn sie viel Gegenwind aus der Literatur und der Praxis bekommen. Aus meinem "Metier", dem Arbeitsrecht, ist mir das z. B. vom 7. Senat des BAG bekannt, wo bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen die Autoren in den Fachzeitschriften ganze Arbeit geleistet haben.

  • Irgendwann eine Grenze überschritten und sie ist dort überschritten, wenn sich ein Gericht -gleich aus welchen Gründen- offensichtlich über das geltende Recht hinwegsetzt.

    Wenn man sich die in #130 verlinkte Stellungnahme zu Gemüte führt, lässt sich nicht hinwegdiskutieren, dass das, was dort von mir mit deutlichen Worten hinterfragt wird, nur als eklatant unrichtig oder -das wäre die andere Alternative- als veröffentlichte rechtliche Ahnungslosigkeit bezeichnet werden kann. Wobei ich es dem geneigten Leser überlasse, zu beurteilen, was von beidem schlimmer ist.

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