Abgeltung der Verteidigertätigkeit im Hauptverfahren durch Grund- + Terminsgebühr??

  • Unser Bezirksrevisor ist auf einen neuen Einfall gekommen:
    In Akten die lediglich die Akteneinsicht durch den Vert. und dann sein Erscheinen im Termin erkennen lassen, wendet er ein, ersteres sei durch die Grundgebühr und letzteres inkl. Terminsvorbereitung durch die Terminsgebühr abgegolten.
    Ergo habe der Vert. keine Gebühr der Nr. 4106,4107 VV RVG verdient.

    Abgesehen davon, dass die Anwälte nun natürlich vortragen, was sie zwischenzeitlich außerhalb der Akte noch gemacht haben:
    Kann die Ansicht des Bezirksrevisors so richtig sein?
    Lasst Ihr euch über den Umfang von durch Grund- und Terminsgebühr abgegoltenen Tätigkeiten weitere nachweisen bzw. prüft diese??

  • Nach der Rspr. unseres LG hat der Anwalt eine Darlegungspflicht, wenn sich aus den Akten nicht viel ergibt.

    Es gibt eine Rspr., wonach die Terminsvorbereitung zur Verfahrensgebühr gehört, d.h. in Deinem Fall fällt eine Verfahrensgebühr an. Gibt aber auch noch die gegenteilige Meinung wonach die Vorbereitung zur Terminsgebühr gehört. Dann fällt sie evtl. nicht an.

    Und dann gibt s noch die Meinung, dass zwar die allgemeine Terminsvorbereitung zur Verfahrensgeb. gehört, die spezielle, kurz vor dem Termin aber zur Terminsgebühr.... kannst Dir s also aussuchen.
    Nach der hier vertr. Ansicht gehört die Vorbereitung zu VV 4106 RVG und deshalb bestreiten wir auch nie die VV 4106 RVG - denn die Vorbereitung unter die Grundgebühr zu subsumieren ist ein bischen gewagt... andererseits braucht man nur ein LG, das diese Ansicht stützt und schon gehts.

    Hier streiten wir wenn dann über die VV 4104 RVG, wenn der Anwalt erst kurz vor Anklage/Strafbefehl mandatiert wurde und noch nicht viel gemacht hat.

    Wie gesagt, in der KF kann man alles vertreten was Dein LG unterstützt - auch wenn 10 andere Gerichte anders sagen.

    Wenn s die Akte hergibt, frag ich nach. Wenn er dann eine Tätigkeit vorträgt, die zur Verfahrensgeb. gehört setz ich s fest, außer es ist nicht nachvollziehbar (z.B. Aufbau einer Verteidigungsstrategie ohne vorherige Akteneinsicht ist nicht nachvollziehbar).

  • Hier irrt der Revisor. Die Verfahrensgebühr Nr. 4106 entsteht immer, weil damit die gesamte Tätigkeit des RA im gerichtlichen Verfahren abgegolten wird. Man kann nur über die Höhe der Verfahrensgebühr streiten. Mit der Terminsgebühr werden nur noch die unmittelbar vor dem Termin nötigen Tätigkeiten abgegolten (prüfen, ob alle genannten Zeugen geladen wurden, nochmalige Aktendurchsicht usw.).

  • So pauschal ist es aber auch wieder nicht richtig.

    Immer entsteht die Grundgebühr (für Mitteilung der Mandatsübernahme, erste Akteneinsicht und Erstgespräch mit dem Mandanten). Wenn danach das Mandat niedergelegt wird, ist keine Verfahrensgebühr entstanden.

    Ist aus der Akte außer den durch die Grundgebühr abgegoltenen Tätigkeiten nichts ersichtlich, sollte man schon mal anfragen, welche Tätigkeiten außerhalb der Termine noch erfolgten.

    Noch zweckmäßiger wäre es allerdings, wenn der Verteidiger entsprechend im Antrag vorträgt.

  • Hier irrt der Revisor. Die Verfahrensgebühr Nr. 4106 entsteht immer, weil damit die gesamte Tätigkeit des RA im gerichtlichen Verfahren abgegolten wird. Man kann nur über die Höhe der Verfahrensgebühr streiten. Mit der Terminsgebühr werden nur noch die unmittelbar vor dem Termin nötigen Tätigkeiten abgegolten (prüfen, ob alle genannten Zeugen geladen wurden, nochmalige Aktendurchsicht usw.).

    Hier irrst Du.

    "....wird durch die Verfahrensgebühr die gesamte Tätigkeit des RA im Strafverfahrendes 1. Rechtszugs...abgegolten. Ausgenommen sind Tätigkeiten, für die besondere Gebühren vorgesehen sind (z.B. Grundgebühr, Terminsgebühr, 4102, usw.)" Gerold/Schmidt RNR. 4 zu VV 4106 RVG.

  • Hallo, ist ja kreativ gedacht vom Bezirksrevisor, aber m.E. nicht richtig. Wenn es zur Hauptverhandlungs kommt, dürfet in fast allen Fällen die GG, die VG und die TG entstehen, denn dann sind wir aus dem Abgeltungsbereich der Grundgebühr längst heraus.

    Und zutreffend ist es, die allgemeine Vorbereitung der HV der VG zuzuorden, die konkrete Terminsvorbereitung hingegen zur Terminsgebühr. Dazu gibt es auch einiges an Rechtsprechung, die auf meiner HP steht. Da stehen auch meine Beiträge zu den Abgeltungsbereichen der drei Gebühren.

    Und wenn man es so sieht wie N.Schneider, stellt sich die Frage gar nicht. Der geht davon aus, dass die VG als Betriebsgebühr immer entsteht, wenn der Verteidiger tätig wird.

    Abschließend: Ich bin immer wieder erstaunt, auf welche Ideen Bezirksrevisoren kommen. Die hier vorgetragene steht m.E. so in keinem Kommentar.

  • Das Entstehen der VG muss man ja nicht grundsätzlich in Abrede stellen. Aber die entscheidende Frage ist doch, ob das Entstehen der Gebühr immer mit einer Mittelgebühr einhergeht. Hier denken doch viele, dass die Gebühr eine Festgebühr ist. Es ist jedoch eine Rahmengebühr, sie entsteht nur für den Pflichtverteidiger in gesetzlicher Höhe.

  • sorry, aber das sind doch zwei ganz unterschiedliche Fragestellungen: einerseits Verfahrensgebühr, ja oder nein - andererseits die Frage der Mittelgebühr.

    Über die Höhe der entstandenen Verfahrensgebühr wird man sicherlich diskutieren können/müssen. Insoweit habe ich allerdings manchmal den Eindruck, dass die Staatskasse keine durchschnittlichen Verfahren kennt, sondern fast alles als unterdurchschnittlich ansieht, vor allem im Bußgeldverfahren. Aber das letzter hat nun mit dem Thread hier auch nichts zu tun:).

    Zum Schluss meine Frage: Was ist "noch weniger als eine Mindermeinung"?

  • So war das auch gemeint - die Gebühr VV RVG 4106 ist vorliegend entstanden und auch erstattungsfähig, bezüglich der Höhe kann man wie immer streiten - und da kommt das von mir geschriebene wieder zum Tragen, das kaum einmal eine Antragsstellung unterhalb der Mittelgebühr erfolgt.

  • sorry, aber das sind doch zwei ganz unterschiedliche Fragestellungen: einerseits Verfahrensgebühr, ja oder nein - andererseits die Frage der Mittelgebühr.

    Über die Höhe der entstandenen Verfahrensgebühr wird man sicherlich diskutieren können/müssen. Insoweit habe ich allerdings manchmal den Eindruck, dass die Staatskasse keine durchschnittlichen Verfahren kennt, sondern fast alles als unterdurchschnittlich ansieht, vor allem im Bußgeldverfahren. Aber das letzter hat nun mit dem Thread hier auch nichts zu tun:).

    Zum Schluss meine Frage: Was ist "noch weniger als eine Mindermeinung"?

    Schwerer Fauxpas :) Zu bewerten ist nicht das Verfahren, sondern die einzelnen gebührenrechtlichen Abschnitte.

  • Hab aktuell einen Fall, bei dem der Anwalt nur Grund- und Terminsgebühr geltend macht.

    Der Angeklagte erscheint zum Termin mit dem Anwalt. Dieser beantragt Pflichtverteidigerbeiordnung; er wird beigeordnet. Anwalt tritt vorher (zumindest lt. Akte) nicht in Erscheinung.

    Der Anwalt wird sich wohl auch zumindest auf den Termin vorbereitet haben, aber entspr. der bei uns vertr. Rspr. gehört das zur Terminsgebühr.

  • 1. "Schwerer Fauxpas :) Zu bewerten ist nicht das Verfahren, sondern die einzelnen gebührenrechtlichen Abschnitte. " Sie wissen, was gemeint war, aber ok: Formuliert war es nicht zutreffend. Dann heißt es eben: "... dass die Staatskasse keine durchschnittlichen Verfahrensabschnitte kennt" . Die Aussage ändert sich im Grunde nicht.
    2. Wenn der Verteidiger nicht mehr als GG und TG geltend macht, ok. Ein schönes Beispiel, dass die Verteidiger offenbar doch nicht (alle) so raffgierig sind, wie sie hier manachmal dargestellt werden. Ob die VG ggf. doch angefallen ist, müsste man sicherlich genauer untersuchen, wobei es auch auf die Zeitabläufe ankommen dürfte. Jedenfalls ist es richtig, die konkrete Vorbereitung des HV-Termins zur Termingebühr zu zählen.

  • 1. "Schwerer Fauxpas :) Zu bewerten ist nicht das Verfahren, sondern die einzelnen gebührenrechtlichen Abschnitte. " Sie wissen, was gemeint war, aber ok: Formuliert war es nicht zutreffend. Dann heißt es eben: "... dass die Staatskasse keine durchschnittlichen Verfahrensabschnitte kennt" . Die Aussage ändert sich im Grunde nicht.
    2. Wenn der Verteidiger nicht mehr als GG und TG geltend macht, ok. Ein schönes Beispiel, dass die Verteidiger offenbar doch nicht (alle) so raffgierig sind, wie sie hier manachmal dargestellt werden. Ob die VG ggf. doch angefallen ist, müsste man sicherlich genauer untersuchen, wobei es auch auf die Zeitabläufe ankommen dürfte. Jedenfalls ist es richtig, die konkrete Vorbereitung des HV-Termins zur Termingebühr zu zählen.


    Hier werden etwa 90 % aller KFA's antragsgemäß entschieden. Im Forum wird nur bzgl. der restlichen 10 % diskutiert. Unter den Anwälten gibt es vielleicht 3 % raffgierige schwarze Schafe. Das ist doch kein schlechter Schnitt.

  • Gerade der, der hier keine Verfahrensgebühr geltend macht, ist schon sehr engagiert bei der Kostenfestsetzung. Aber vielleicht wurde er ja auch einfach nur kurz vor dem Termin auf dem Gang rekrutiert und dann ist s nachvollziehbar.

    Wenn man einen "Kostenpapst" mal bei einer ungenauen Formulierung erwischt muß man natürlich gleich einhaken :teufel:

    Bei beigeordneten Anwälten und Nebenklägern sind s hier bestimmt auch über 90 % antragsgemäße Festsetzungen. Bei Freisprüchen ist die Quote genau anders herum....und in über 90% werden pauschal und undifferenziert Mittelgebühren geltend gemacht. Auch teilw. zum Nachteil des Anwalts. Da dauert ein Termin mal 4 Stunden mit 7 Zeugen und beantragt wird die Mittelgebühr....

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