Anmeldung zum Gewerbe

  • Hallo zusammen,

    ich habe hier einen 17jährigen mit einem Traktor-Führerschein, der ein Gewerbe anmelden möchte.
    Nach den Angaben des Jugendlichen möchte dieser Kurierfahrten wie z.B. Laubentsorgung, Transport von Brennholz, pp. machen.
    Er geht von einem Umsatz im Monat von 20,00 EUR bis 100,00 EUR und einer monatlichen Tätigkeit von 4 bis 5 Stunden aus.
    Er befindet sich in der Ausbildung zum Mechaniker für Land- und Baumaschinen. Das Jugendamt und seine Eltern befürworten diese Anmeldung zum Gewerbe. Das Jugendamt hat auch mit dem Ausbilder des Jugendlichen gesprochen. Dieser hält ihn für sehr zuverlässig und befürwortet ebenfalls diese Nebentätigkeit. Er hat ebenfalls keine Bedenken für eine Gefährung seiner Ausbildung.

    Nur ich habe diese Bedenken. Was kann alles bei diesen Kurierfahrten passieren? Wer haftet bei einem Unfall? Welche Art von Gewerbe ist diese Nebenbeschäftigung?

    Wer kann mir da helfen? Ich habe noch keine Erfahrungen hinsichtlich der Anmeldungen von Gewerben von Jugendlichen. Worauf muss ich noch alles achten?

    Vielen Dank

  • Da du ihn und seine Eltern ja auch noch persönlich anhören musst ,teile ihnen im Termin deine Bedenken mit und lasse sie sich dazu äussern.
    Ich würde noch fragen ,ob er mit dem Trecker häufig öffentliche Strassen befahren muss und ob ihm das überhaupt gestattet ist.
    Ob er nur für einen " Aufraggeber" arbeiten wird .

    Weiterhin fänd ich noch interessant zu erfahren ,wie er bei Ausübung seines Gewerbes versichert ist.

  • Meine erste Frage wäre die, welche Vorschrift angesteuert ist:

    § 1645 BGB:

    Die Eltern sollen nicht ohne Genehmigung des Familiengerichts ein neues Erwerbsgeschäft im Namen des Kindes beginnen.

    oder


    § 112 BGB:

    (1) Ermächtigt der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Familiengerichts den Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, zu denen der Vertreter der Genehmigung des Familiengerichts bedarf.
    (2) Die Ermächtigung kann von dem Vertreter nur mit Genehmigung des Familiengerichts zurückgenommen werden.

    Ich gehe davon aus, dass § 112 BGB angesteuert ist. Da vermisse ich die "Ermächtigung der Eltern". Diese müsste doch als einseitige Erklärung, deren Empfänger der Sohn ist, gegenüber dem Gewerbeamt nach Genehmigung (§§ 1643 III, 1831 BGB) des F-Gerichtes nachgewiesen werden. Aktuell liegt eine solche Erklärung nicht vor. Auch ein Grund, die Eltern persönlich anzuhören und zu fragen, ob sie aktiv ermächtigen wollen oder nur passiv der Absicht ihres Sohnes ihr placet geben.
    Der Frage der Versicherung messe ich keine allzu große Bedeutung zu. Auch Traktoren sind der Haftpflichtversicherungspflicht unterlegen. Verbleibt nur das Risiko des minderjährigen Fahrers, selber Verletzungen zu erleiden. Da er aber eine Fahrlizenz hat, dürfte er das Gerät beherrschen. Natürlich kann keiner ein Risiko ausschließen, aber wie gesagt, das ist vernachlässigbar.

    Viel mehr drängt mich die Frage, mit welchem Traktor der Sohnemann die Kurierfahrten unternehmen will. Will er sich einen kaufen, ein Rechtsgeschäft, das bei weiter Auslegung der Ermächtigung im Rahmen des § 112 BGB m. E. von ihm vorgenommen werden kann? Will er einen mieten? Wie kann er bei dem geringen Erlös (20,00 - 100,00 € mtl.) die Kosten tragen? Falls nur ein Auftraggeber vorhanden ist: Warum macht er das als Selbständiger und nicht im Rahmen eines 400,00 €-Jobs?

    Ein ketzerisches Argument sei erlaubt: Bei einem mtl. "Umsatz" von 20,00 € bis 100,00 € von einem Gewerbe zu sprechen, dürfte doch ein Witz sein. Warum deshalb ein Jugendamt und ein Gericht beschäftigt werden, ist mir schleierhaft. Es sich drängt mir den Verdacht auf, dass da jemand auf den falschen Weg gebracht worden ist.

  • http://www.hilfreich.de/traktorfuehrer…sie-wissen_7355

    Zitat

    Bei beiden Klassen ist zu beachten, dass es sich immer um den zweckmäßigen Einsatz handeln muss. Das heißt also die ausschließliche Nutzung in einem landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Betrieb. Es dürfen keine gewerblichen Transporte durchgeführt werden


    Danach dürfte der Minderjährige keine gewerbliche Tätigkeit aufnehmen.

    Zur Frage, welcher Art von gewerblicher Tätigkeit er ausüben würde ... es handelt sich um Transportleistungen und nicht um Kurierfahrten. Aber letztendlich ist das doch egal oder?
    Würde er die Genehmigung bekommen, wäre er doch sowieso für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt.

  • Zitat

    Ein ketzerisches Argument sei erlaubt: Bei einem mtl. "Umsatz" von 20,00 € bis 100,00 € von einem Gewerbe zu sprechen, dürfte doch ein Witz sein. Warum deshalb ein Jugendamt und ein Gericht beschäftigt werden, ist mir schleierhaft. Es sich drängt mir den Verdacht auf, dass da jemand auf den falschen Weg gebracht worden ist.


    Wenn die Tätigkeit nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird, handelt es sich um gewerbliche Einkünfte. Ob hierfür eine Gewerbeanmeldung erforderlich ist, liegt im Ermessen der zuständigen Gemeinde. Die Gemeinden können wegen Geringfügigkeit auf eine Gewerbeanmeldung verzichten.
    Steuerlich bleiben es jedoch Einkünfte i. S. d. § 15 EStG. Ferner ist der Gewerbetreibende (unabhängig vom Alter) Unternehmer i. S. d. Umsatzsteuergesetzes. Hierzu bedarf es - anders als bei der einkommensteuerlichen Beurteilung -nicht einmal einer Gewinnerzielungsabsicht.

  • Das hilft schon weiter.
    Du solltest aber auch erwähnen, dass es Geringfügigkeitsgrenzen bei der Gewerbe-, der Einkommens- und bei der Umsatzsteuer gibt.

  • Geringfügigkeitsgrenzen gibt es bei keiner der drei Steuerarten. Gewerbesteuerrechtlich gibt es jedoch den Freibetrag von 24.500 Euro (§ 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GwStG) und einkommensteuerlich den Grundfreibetrag von derzeit 8.004 Euro (§ 32a EStG). Umsatzsteuerlich gibt es die sog. Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG). Umsatzsteuer wird nicht erhoben, wenn die Bruttoumsätze 17.500 Euro nicht übersteigen (Kurzfassung). Der Unternehmer kann gemäß § 19 Abs. 2 UStG auf die Anwendung der v.g. Regelung verzichten. Ist der Unternehmer Kleinunternehmer darf er in seinen Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen. Tut er dies doch, muss er diese an das FA abführen - Vorsteuer darf er allerdings nicht ziehen. Verzichtet er auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung, ist er an diese Wahl für mindestens fünf Jahre gebunden. ...ich weiß, letztendlich trifft es das Wort Geringfügkeitsgrenze irgendwie doch, aber du weiß, man sollte die zutreffenden Begriffe verwenden und wenn über einen derartigen Fall entschieden werden muss, sollte das Wort Geringfügigkeit in Verbindung mit einer etwaigen Steuerpflicht nicht erwähnt werden. Das wird nämlich gern einmal falsch interpretiert und führt zu den seltsamsten Auffassungen der Steuerpflichtigen.

  • Wie das Kind getauft ist, ist mir egal. Diese Freibeträge meinte ich. Wegen dieser Freibeträge sind steuerliche Aspekte im vorliegenden Fall recht nebensächlich.

  • ...genau das ist der Irrglaube! Es ist doch so, dass das Vormundschaftsgericht nicht grundlos hinzugezogen werden soll. Dann sollten auch die etwaigen Auswirkungen eines Tuns bekannt sein. Wie bereits ausgeführt, gibt es umsatzsteuerlich so einige Stolpersteine. Es braucht nur einen Kunden geben, der auf der Rechnung oder der Quittung den Umsatzsteuerausweis verlangt und schon hat der 17jährige eine Steuer an das Finanzamt abzuführen. Völlig egal ob er Kleinunternehmer ist oder nicht. Da es sich bei den geschilderten Tätigkeiten teilweise um haushaltnahe Dienstleistungen i. S. d. § 35 EStG handeln kann besteht auch eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass dem FA die ausgestellten Belege zur Kenntnis gelangen. ... und ihr könnt davon ausgehen, dass entsprechende Kontrollmitteilungen gefertigt werden. Insbesondere dann, wenn Umsatzsteuer ausgewiesen wurde. U. U. hat der Bursche schneller fiskalische Unannehmlichkeiten, als ihm, seinen Eltern und dem Jugendamt lieb ist. und offensichtlich auch schneller als vom Vormundschaftsgericht vermutet.

  • Hast ja recht, dann führt der Minderjährige eben 19% von max. 100,00 € monatlich ab. Aber glaubst du wirklich, der weist die U-Steuer gesondert aus oder ein "Geschäftspartner" verlangt den von dir benannten Nachweis? Und wenn er ihn verlangt: wieso erteilt der Minderjährige nicht den Hinweis auf die fehlende USteuer-Pflicht?
    In der eingangs genannten Größenordnung von gefährlichen Steuerfallen zu sprechen, halte ich für äußerst übertrieben.
    Da halte ich es schon für gefährlicher, dass der Minderjährige sich für ganz viele € einen Traktor kaufen oder leasen könnte. Wenn er klug ist, optiert er in diesem Fall vorher zur USteuer, dann spart er diese beim Erwerb des Traktors (falls meine diesbezüglichen Kenntnisse richtig sind).

  • Zitat

    Aber glaubst du wirklich, der weist die U-Steuer gesondert aus oder ein "Geschäftspartner" verlangt den von dir benannten Nachweis? Und wenn er ihn verlangt: wieso erteilt der Minderjährige nicht den Hinweis auf die fehlende USteuer-Pflicht?

    Ja, das kommt vor und nicht selten. Ich spreche hier aus Erfahrung. Ich habe in meinem Bezirk 1.200 Steuerfälle (Gewerbetreibende, Freiberufler, Selbständige - Kleinunternehmer und Regelbesteuerer). Da kann man wirklich Unglaubliches erleben. Die Auftraggeber verlangen den Umsatzsteuerausweis, weil das ja so üblich ist und die teilweise doch recht blauäugigen und uninformierten Unternehmer tun das auch, denn den Auftraggeber wollen sie ja nicht verlieren. Die Konsequenzen, die daraus resultieren kennen sie nicht, weil sie der "Bürokram" nicht interessiert und einen Steuerberater brauchen sie nicht, denn letztendlich wissen sie ja doch alles besser. Wenn sie dann plötzlich einen Umsatzsteuerbescheid bekommen, weil sie zu Unrecht Umsatzsteuer in ihren Rechnungen ausgewiesen haben, fallen sie aus allen Wolken.

    ...und die Ausführungen zu den haushaltnahen Dienstleistungen waren tatsächlich auch kein Scherz. Ich habe schon mehrfach Rechnungen gesehen, die dem Rechnungsaussteller bitter aufgestoßen sind. Die haben alle nicht gedacht, dass ihnen die Rechnung mal auf die Füße fallen könnte - sind sie aber.

    Zitat

    In der eingangs genannten Größenordnung von gefährlichen Steuerfallen zu sprechen, halte ich für äußerst übertrieben.


    Von einem gefährlichen Steuerfall habe ich nicht gesprochen. Ich habe nur dargelegt, was passieren könnte. ...und wenn es passiert, gibt es kein Ermessen. Die Steuer ist festzusetzen und zu erheben.

    Tanja27 hat sich ja offensichtlich Gedanken über die möglichen Folgen der gewerblichen Tätigkeit des Minderjährigen gemacht. Ich konnte insoweit einen kleinen Beitrag hinsichtlich der steuerlichen Aspekte leisten.
    Möglicherweise gibt es ja in eurem Tätigkeitsbereich einen Ermessenspielraum der sich auch an der Höhe einer möglichen Forderung des FA orientiert - aber das ist eure Arbeit.

  • Was möchtest du denn genau wissen? Selbstverständlich sag ich was dazu. Mir fallen nämlich zur Vormundschaft auch noch ein paar Fragen ein, die sich mir bei meiner Tätigkeit aufdrängen. Ich hoffe da auf Gegenleistung :D

  • Da halte ich es schon für gefährlicher, dass der Minderjährige sich für ganz viele € einen Traktor kaufen oder leasen könnte. Wenn er klug ist, optiert er in diesem Fall vorher zur USteuer, dann spart er diese beim Erwerb des Traktors (falls meine diesbezüglichen Kenntnisse richtig sind).

    Den u.U. gekauften oder geleasten Traktor finde ich etwas spekulativ. ;)

    Wenn der Minderjährige die Vorsteuer aus dem Traktorgeschäft zieht, bringt ihm das zwar zunächst Geld. Nach meiner Erinnerung (ich hatte auch ein Berufsleben vor der Justiz ;)) zählen Vorsteuererstattungen allerdings zu den einkommensteuerpflichtigen Einkünften.

    Die Auftraggeber verlangen den Umsatzsteuerausweis, weil das ja so üblich ist und die teilweise doch recht blauäugigen und uninformierten Unternehmer tun das auch, denn den Auftraggeber wollen sie ja nicht verlieren.

    Eben. Es ist ja m.E. ein verbreiteter Irrglaube, daß eine Rechnung ohne Umsatzsteuer stets etwas Illegales an sich hat, was unter den Voraussetzungen des offenbar weithin unbekannten § 19 UStG gerade nicht der Fall ist.

  • Ein Traktorkauf mag spekulativ sein, aber man kann nie so doof denken, wie es kommt, und er wäre wirksam. Da hätte der Mj. eine Menge Schulden am Hals.

    Falls die Vorsteuererstattung einkommensteuerpflichtig ist, kann die Einkommensteuer nie so hoch sein wie die Vorsteuererstattung. Selbst bei progressivem Anstieg der Steuer wegen Überschreitung irgendwelcher Einkommensstufen ist das nicht der Fall.

  • Zitat

    Notwendiger Inhalt einer Rechnung nach dem UStG

    §14 Abs. 4 UStG, aber bei Kleinunternehmern immer i. V. m. § 19 Abs. 1 S. 4 UStG. - kein Steuerausweis!

    Zitat

    Falls die Vorsteuererstattung einkommensteuerpflichtig ist

    Wird der Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt (Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben). Alles, was im Kalenderjahr zufließt ist Einnahme, alles was abfließt ist Ausgabe (sog. Zufluss- Abflussprinzip), geregelt in § 11 EStG.
    Die Vorsteuererstattung ist also Einnahme.
    Ist der Gewerbetreibende Kleinunternehmer kommt es nicht zu einer Vorsteuererstattung - entsprechende Einnahmen fallen also nicht an.

    @Gänseblümchen, möchtest du jetzt noch konkret etwas wissen. Ich beantworte dir deine Fragen sehr gern, aber um nicht zu verwirren, bitte genaue Ansage - Was!

  • Keine weiteren Fragen, was ich wissen wollte, hast du gesagt:

    Zitat:
    Ist der Gewerbetreibende Kleinunternehmer kommt es nicht zu einer Vorsteuererstattung - entsprechende Einnahmen fallen also nicht an.


    Es kam mir nämlich mehr als komisch vor, dass im anderen Falle der Staat ggfs. um Mio. € erleichtert werden könnte.

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