Zustimmung Nacherben bei Vermächtniserfüllung

  • Hallo zusammen,

    ich hab (mal wieder) ein Problem(chen):

    Mir liegt ein Antrag auf Eintragung einer Eigentumsumschreibung vor.
    Eigentlich kein Problem, aber hier handelt es sich um einen nichtbefreiten Vorerben, der im Rahmen einer Vermächtniserfüllung an den Vermächtnisempfänger auflässt.

    Lt. Literatur und Rechtssprechung benötigt der (nichtbefreite) Vorerbe keine Zustimmung sofern er in Erfüllung eines Vermächtnisses handelt.

    Nur sind sich die Kommentatoren und die Rechtssprechung uneins, in welcher Form dem GBA der Nachweis geführt werden kann bzw. soll, dass es sich um eine Vermächtniserfüllung handelt.

    Lt. BayOLG (selig) kann der Nachweis nicht durch Vorlage eines privatschriftlichen Testamentes geführt werden.

    Dem hält Schöner/Stöber 13. Aufl Rz. 3520 entgegen, dass diese Meinung praxisfremd ist und lässt den Nachweis durch Vorlage eines privatschriftlichen Testamentes zu (begl. Abschrift mit Eröffnugsniederschrift, bzw. Einsicht in die Nachlassakte).

    Welcher Meinung folgt ihr denn so?

    EDIT: Ups fast vergessen: Müssen für die Löschung des NE-Vermerks am Vermächtnisgrundstück die NE´s angehört werden?

  • Meines Erachtens ist ein privatschriftliches Testament für den Nachweis einer vorliegenden Vermächtniserfüllung ausreichend (ebenso OLG Hamm NJW-RR 1996, 1230; zuletzt offen gelassen von BayObLGZ 2001, 120 = Rpfleger 2001, 408). Für diese Auffassung spricht entscheidend, dass auch beim Testamentsvollstrecker ein entsprechender nicht formbedürftiger Nachweis zugelassen wird (zuletzt OLG Karlsruhe Rpfleger 2005, 598) und kein Grund dafür ersichtlich ist, Vorerben- und TV-Verfügung unterschiedlich zu behandeln.

  • Sollte man die Nacherben vor Löschung des NE-Vermerks sicherheitshalber anhören?
    Schließlich wird den NE-Vermerk ja aufgrund Unrichtigkeitsnachweis ohne Mitwirkung der NE´s gelöscht.

  • Ich verstehe nicht ganz, warum hier für die Löschung des NEVs kein Unrichtigkeitsnachweis in der Form des § 29 GBO verlangt wird??

    :confused:

    Sonst müssen doch auch immer alle möglichen Unrichtigkeitsnachweise förmlich vorgelegt werden oder aber durch Berichtigungsbewilligung ersetzt werden.

    Wenn man hier ein privatschriftliches Testament als Unrichtigkeitsnachweis genügen lässt, müsste man m.E. konsequenterweise bei GB-Berichtigungen aufgrund Erbfällen bei eingetragenen BGB-Gesellschaften als Nachweis der Vererblichkeit oder des Ausscheidens des Verstorbenen ebenfalls einen formlosen Nachweis (also einen privatschriftlichen Gesellschaftsvertrag) genügen lassen.

    Ich würde daher hier einen Nachweis in der Form des § 29 GBO fordern und dann auf die Anhörung der NE verzichten.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Der Grund für die Nichtanwendbarkeit des § 29 GBO ist darin zu sehen, dass sich die angeordnete Nacherbfolge im Ergebnis überhaupt nicht auf das Vermächtnisgrundstück erstreckt, dass die durch den NE-Vermerk zum Ausdruck gebrachte Rechtsposition der Nacherben nach den Anordnungen des Erblassers nur bis zur erfolgenden Vermächtniserfüllung fortbesteht und dass sich das Recht der Nacherben und des Vermächtnisnehmers gleichermaßen aus den Verfügungen von Todes wegen des Erblassers ableitet. Die Rechtslage ist somit keine andere, als wenn ein TV ein Vermächtnisgrundstück an den Vermächtnisnehmer übereignet und der TV-Vermerk im Zuge der Übereignung aufgrund Unrichtigkeitsnachweis gelöscht werden soll. Auch hier wird für den Nachweis, dass es sich nicht um eine unentgeltliche Verfügung i.S. des § 2205 S.3 BGB handelt, ein privatschriftliches Testament des Erblassers allgemein für ausreichend erachtet (vgl. oben #2). Für eine unterschiedliche Behandlung von Vorerben- und TV-Verfügung besteht in dieser Hinsicht aber kein Grund. Dies gilt umso mehr, als die Rechte der Nacherben durch deren Anhörung gewährleistet sind.

  • Auch hier wird für den Nachweis, dass es sich nicht um eine unentgeltliche Verfügung i.S. des § 2205 S.3 BGB handelt, ein privatschriftliches Testament des Erblassers allgemein für ausreichend erachtet (vgl. oben #2). Für eine unterschiedliche Behandlung von Vorerben- und TV-Verfügung besteht in dieser Hinsicht aber kein Grund. Dies gilt umso mehr, als die Rechte der Nacherben durch deren Anhörung gewährleistet sind.


    Ja, toll. Mag sein. Dann würde ich in diesen Fällen selbstverständlich ebenfalls einen förmlichen Nachweis der Entgeltlichkeit verlangen (oder Zustimmung der Erben).

    Ich verstehe nicht, warum man diese Erbgeschichten generell großzügiger behandeln soll als andere Fälle, in denen es um Unrichtigkeitsnachweise geht.

    Entweder ist man der Meinung, man kann Unrichtigkeitsnachweise generell formfrei erbringen oder man sollte generell die Form des § 29 GBO erfordern. Alles andere, also dieses "mal so, mal so", ist in meinen Augen inkonsequent und führt auf allen Seiten zu unnötigen Verunsicherungen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Es ist durchaus allgemein anerkannt, dass das Grundbuchamt auf die Grundsätze der freien Beweiswürdigung zurückgreifen kann, wenn sich gewisse Umstände und Tatsachen -weil in der Natur der Dinge liegend- nicht in der Form des § 29 GBO nachweisen lassen (Demharter § 22 RdNr.42 und § 29 RdNrn.63, 64 m.w.N.). Es stellt daher keineswegs eine systemwidrige Besonderheit dar, dass der Nachweis von entgeltlichen Verfügungen im Nacherben- und TV-Bereich auch ohne die Einhaltung der Form des § 29 GBO erfolgen kann. Da gleiches für den Nachweis des Inhalts eines BGB-Gesellschaftsvertrags im Hinblick auf die mit dem Ableben eines Gesellschafters eintretenden Rechtsfolgen (Demharter § 22 RdNr.41 und § 29 RdNr.64 m.w.N.) oder für den Nachweis der Geschäftsfähigkeit (BayObLG Rpfleger 1991, 152) gilt, kann auch keine Rede davon sein, dass erbrechtliche Sachverhalte bei der in Frage stehenden "Formerleichterung" privilegiert würden (wegen weiterer "außererbrechtlicher" Beispiele vgl. Demharter § 29 RdNr.65 m.w.N.).

    Ich habe für das für Formfragen in #8 befürwortete strikte "Entweder/Oder" zwar ein gewisses Verständnis. Es sollte aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass Formvorschriften kein Selbstzweck sind und dass die genannte stringente Auffassung in Nacherbfolge- und TV-Fällen im Ergebnis dazu führen müsste, dass Erblasser ihre letztwilligen Verfügungen aus ausschließlich grundbuchverfahrensrechtlichen Erwägungen notariell beurkunden lassen müssten, obwohl ihnen das materielle Recht die privatschriftliche Testierung ausdrücklich gestattet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass derlei Folgen noch mit dem Normzweck des § 29 GBO in Einklang zu bringen sind.

  • Na ja, gut. Die Argumentation ist ja grundsätzlich auch absolut nachvollziehbar. Nur, wo zieht man dann die Grenze??!

    Wie soll man es z.B. dann noch nachvollziehbar erklären, dass z.B. ein privatschriftliches Testament als Nachweis für ein bestimmtes Grundstücksvermächtnis (und damit als Nachweis der Entgeltlichkeit einer Verfügung) ausreicht, als Nachweis der Erbfolge für die GB-Berichtigung in Abt. I aber nicht??!
    In beiden Fällen wäre das privatschriftliche Testament Unrichtigkeitsnachweis. Es wird aber nur in dem einen Fall von der (wohl) h.M. als ausreichend anerkannt.

    Und was das Zurückgreifen auf formfreie Nachweise angeht, sollte man m.E. schon darauf achten, dass man von dieser Möglichkeit nur sehr eingeschränkt - oder möglichst gar nicht - Gebrauch macht. Es wird sonst nämlich für einen selbst zunehmend schwierig, die Form des § 29 GBO noch zu fordern. Und wie gesagt, wo will man sinnvoll die Grenze setzen?
    Was ist z.B. mit einer privatschriftlichen löschungsfähigen Quittung von einem Millionenrecht?
    Was ist mir privatschriftlichen BGB-Gesellschaftsverträgen?

    Natürlich ist die Formvorschrift kein Selbstzweck aber sofern es noch möglich ist, auf relativ einfachem Wege eine formgerechte Erklärung zu bekommen, also eine Berichtigungsbewilligung der Betroffenen, würde ich eher dazu tendieren, auf die Einhaltung der Form des § 29 GBO zu bestehen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Die Grenze ist da, wo § 29 GBO im Bereich des Möglichen ist.

    Beispiel: Vermächtnis für den Nichterben C bei angeordneter Nacherbfolge/TV
    Nachweis des Vermächtnisses im privatschriftlichen Testament
    Für den Nachweis der Nichtbeeinträchtigung der Nacherbenrechte/der Verfügungsbefugnis des TV reicht das Testament aus. Der Nachweis ist anders nicht zu führen (Bauer/von Oefele/Schaub GBO § 35 Rn. 88, 89).

    Anders ist es aber dann, wenn es für die Wirksamkeit der Leistung darauf ankommt, dass der Empfänger Miterbe ist und/oder dass die Leistung seinem Anteil entspricht (zB Erbauseinandersetzung); dies ist durch Erbschein darstellbar, der dann - neben dem Testamentsvollstreckerzeugnis - auch vorzulegen ist (Bauer/von Oefele/Schaub GBO § 52 Rn 88 mwN).

    Was ist z.B. mit einer privatschriftlichen löschungsfähigen Quittung von einem Millionenrecht?
    Die Unterschrift ist im Regelfall problemlos notariell zu begalubigen. Dies reicht denn auch aus (und ist auch notwendig) (Bauer/von Oefele/Mayer AT IV Rn. 134 mwN; hM, aber streitig).

    Was ist mir privatschriftlichen BGB-Gesellschaftsverträgen?
    Genügen dann in privatschriftlicher Form, wenn/soweit die Form des § 29 GBO nicht mehr erfüllbar ist, z. B. für den Nachweis der Sonderrechtsnachfolge eines verstorbenen Gesellschafters (Bauer/von Oefele/Knothe GBO § 29 Rn 59a mit (von mir jetzt nicht geprüftem) Verweis auf BayObLGZ 1991, 301, 305 f; BayObLGZ 1997, 307; OLG Zweibrücken FGPrax 1995, 93 f.). Es gibt auch keine andere Möglichkeit, weil der Gesellschaftsvertrag ja vorsehen kann, dass ein Nichterbe und Bislang-nicht-Gesellschafter die Sonderrechtsnachfolge antreten soll.
    Wenn alle Gesellschafter noch leben, sieht es wieder anders aus. Wer lebt, kann beglaubigen lassen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Nur ne dumme Frage:

    Wie kommt eigentlich der nicht befreite Vorerbe nur mit einem privatschriftlichen Testament als Eigentümer ins Grundbuch?

    Oder habe ich den Fall wieder mal nicht verstanden?

  • § 35: Erbschein

    Es geht im Thread um die Frage, ob das privatschriftliche Testament für den Nachweis ausreicht, dass die Rechte der Nacherben von der Verfügung des Vorerben nicht betroffen sind.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Zitat Ulf:

    Wie soll man es z.B. dann noch nachvollziehbar erklären, dass z.B. ein privatschriftliches Testament als Nachweis für ein bestimmtes Grundstücksvermächtnis (und damit als Nachweis der Entgeltlichkeit einer Verfügung) ausreicht, als Nachweis der Erbfolge für die GB-Berichtigung in Abt. I aber nicht??! In beiden Fällen wäre das privatschriftliche Testament Unrichtigkeitsnachweis. Es wird aber nur in dem einen Fall von der (wohl) h.M. als ausreichend anerkannt.

    Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Fallgestaltungen liegt darin, dass es bei der Eintragung der Erbfolge um den in jedem Fall formgerecht möglichen Nachweis des Eigentumsübergangs geht, während bei Vorerben- und TV-Verfügungen nicht die Rechtsinhaberschaft, sondern lediglich die von vorneherein nicht formgerecht belegbare Verfügungsbefugnis im Hinblick auf ein konkretes Rechtsgeschäft in Frage steht. Die getroffene Unterscheidung macht daher durchaus Sinn, zumal man für Fragen des Eigentumswechsels aus naheliegenden Gründen nicht auf die Einhaltung der Form verzichten kann.

  • § 35: Erbschein

    Es geht im Thread um die Frage, ob das privatschriftliche Testament für den Nachweis ausreicht, dass die Rechte der Nacherben von der Verfügung des Vorerben nicht betroffen sind.



    Aufgrund dieses privatschriftlichen Testaments ist also ein Erbschein erteilt worden, auf Grund dessen dann Umschreibung und Nacherbenvermerk eingetragen wurden.
    Bei dieser Fallgestaltung halte ich den Unrichtigkeitsnachweis für geführt und würde den Nacherbenvermerk auch ohne Zustimmung der Nacherben löschen. Im einem Fall, der nicht so sonnenklar die Rechte des Nacherben beschreibt, wäre ich da vorsichtiger. Für großartige Auslegungen ist m. E. im Grundbuchverfahren kein Platz.

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