Aktienbesitz Ausschlussgrund für Verfahrensbearbeitung?

  • Hallo,

    ich bin Eigentümer einiger Aktien von diversen Telekommunikationsunternehmen.

    Gleichzeitig bearbeite ich ein Zivil- und ein Vollstreckungsreferat, in denen ziemlich oft Kostenfestsetzungsanträge/ PfüB- Anträge dieser Unternehmen auftreten.

    Gehe ich richtig in der Auffassung, dass ich diese Anträge nicht bearbeiten darf, da ich in diesen Verfahren selbst Partei bin und insoweit ein gesetzlicher Ausschlussgrund greift- § 10 RPflG i.V.m. § 41 Nr.1 ZPO? :teufel:

    Kann mein Dienstherr verlangen, dass ich diese Aktien verkaufe, damit ich mein Referat ohne diese Einschränkung bearbeiten kann?

    Gruß
    DeliriumDriver

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Träum weiter! :teufel: Du kannst davon ausgehen, dass diese Vorschrift nur greift, wenn Du zumindest Großaktionär einer dieser AG'en wärest. Aber vielleicht kommt Dir ja die Verwaltung entgegen und versetzt Dich dauerhaft in die Rast?

  • Schön wär's.
    Wenn das so einfach ginge, hätten sich letztes Jahr alle (Register-)Rechtspfleger im Haus Aktien eines großen Unternehmens im Bereich der Medizintechnik gekauft und wären um die Bearbeitung eines netten kleinen "Rechtsgeschichte schreibenden" Formwechsels herumgekommen...

    Jedes Mal, wenn man mir sagt, ich wäre nicht gesellschaftsfähig, werfe ich einen Blick auf die Gesellschaft und bin überaus erleichtert... :unschuldi

  • Hallo Delirium Diver,

    die Kommentierung (Musielak ZPO, 8. Auflage, Rn. 8 zu § 42; Zöller ZPO, 28. Auflage, Rn. 7 zu § 41) sagt dazu zusammengefasst: Bei bloß mittelbarem Interesse am Ausgang des Verfahrens (z.B. Aktienbesitz) greift § 41 Nr.1 ZPO nicht. Allerdings kann der Aktienbesitz die Besorgnis der Befangenheit (§ 42 ZPO) begründen.

    Aus letzterem Grund würde ich keinen KoF für/gegen eine Partei erlassen, von denen ich Aktien besitze und vielmehr nach § 48 ZPO ("Selbstablehnung") vorgehen.

    Gruß
    rezk

  • Zitat


    Es liegt weder ein Ausschließungs- noch ein (Selbst-)Ablehnungsgrund vor.

    Warum ist das deiner Meinung nach so eindeutig?

    Habe grade noch einmal im MüKom zu § 42 ZPO nachgelesen. Dort wird bezüglich einer Besorgnis der Befangenheit immerhin differenziert zwischen "Großaktionär" und "einfacher Aktionär". Bei ersterem läge ein Auschlussgrund vor, bei zweitem nicht.

    Thomas/ Putzo sagt, dass die Mitggliedschaft des Richters bei einer juristischen Person idR die Besorgnis der Befangenheit begründet, nicht aber bei Vereinen mit größerer Mitgliedszahl.

    Interessant finde ich die Ausführungen des BGH im Urteil vom 24.01.1991, IX ZR 250/89. Dort geht es um die Interessenkollision eines Konkursverwalters:

    "Richtlinien dafür, wann der Konkursverwalter zur Anzeige eines möglichen Verhinderungsgrundes verpflichtet ist, sind die gesetzlichen Grundsätze, nach denen auch ein Richter entweder von Amts wegen ausgeschlossen wäre oder gegen ihn ein Befangenheitsgesuch wegen Interessenkollison erfolgreich gestellt werden könnte.

    ...

    Ist er wenigstens mittelbar an einer Partei oder auf einer Seite des Rechtsgeschäfts beteiligt, so kann ein Ablehnungsrecht bestehen. Das gilt insbesondere für Amtsträger, die zugleich Gesellschafter einer am Verfahren beteiligten juristischen Person sind (..), sofern nach Art und Umfang der Beteiligung ein eigenes Interesse an deren Obsiegen nicht ganz fernliegt (..). Das trifft auch dann zu, wenn die Gesellschaftsanteile über einen Treuhänder gehalten werden, weil schon wirtschaftliche Belange des Amtsträgers die Ablehnung rechtfertigen könnten (..)."

    Völlig abwegig, wie hier dargestellt, ist eine Besorgnis der Befangenheit also nicht, insbesondere unter Berücksichtigung dessen, dass der BGH es für eine Ablehnung ausreichen lässt, dass "nach Art und Umfang der Beteiligung ein eigenes Interesse an deren Obsiegen nicht ganz fernliegt".

    Gruß
    rezk

  • Laut Sachverhalt geht es um "einige" (also einige wenige) Aktien "diverser" Unternehmen, sodass sich die "einigen" noch auf mehrere Unternehmen verteilen.

    Unter diesen Voraussetzungen brauchen wir über denkbare Ausschließungs- oder Ablehnungsgründe erst gar nicht diskutieren, weil alle Voraussetzungen, die solche Gründe herbeiführen könnten, ersichtlich nicht vorliegen.

  • Fassen wir einmal zusammen: Der Rpfl. besitzt ca. 10 von 50 000 000 Aktien eines Telekomunternehmens. Er soll über einen Pfüb i. H. v. 250,00 € entscheiden bei einem Konzernumsatz von 2 500 000 000 €.

    Wollen wir da ernsthaft über eine Selbstablehnung diskutieren?

  • Wie würde man die Frage wohl beurteilen,wenn nicht man selbst, sondern der Kollege, den man zu vertreten hat, einige wenige Aktien der Gl. besitzt ? Wie fände man es, wenn dieser sich jedesmal für befangen erklären und seine Akten (nicht Aktien) auch einen abwälzen wollte?

    Und nochwas:
    Ich hatte einen Versteigerungsantrag des Landes NRW, dessen Bürger ich bin, gegen einen niedersächsischen Schuldner auf dem Tisch. Was machen wir denn da?

  • Regt Euch ab.
    Diese Überlegungen haben sich wohl so ziemlich jedem von uns mal gestellt. Muss auch so sein, schließlich ist Unbefangenheit elementar für unseren Job. Das ist also aller Ehren wert.
    In der Sache ist es m. E. so wie z. B. Cromwell es darlegt. Man trägt auch Grundschulden für die Sparkatze ein, wenn man dort ein Girokonto hat.

  • Zitat

    Wie würde man die Frage wohl beurteilen,wenn nicht man selbst, sondern der Kollege, den man zu vertreten hat, einige wenige Aktien der Gl. besitzt ? Wie fände man es, wenn dieser sich jedesmal für befangen erklären und seine Akten (nicht Aktien) auch einen abwälzen wollte?

    Und nochwas:
    Ich hatte einen Versteigerungsantrag des Landes NRW, dessen Bürger ich bin, gegen einen niedersächsischen Schuldner auf dem Tisch. Was machen wir denn da?

    Natürlich ist das immer eine Einzelfallentscheidung, ob man als befangen anzusehen ist oder nicht. Pauschale Urteile sind da fehl am Platz. Ganz so unter den Tisch kehren und eine Befangenheit völlig ausschließen würde ich bei Aktienbesitz trotzdem nicht, auch wenn ich im Ergebnis bei der Sachverhaltsdarstellung von Post 1 wohl auch keine Befangenheit annehmen würde, wenn nicht noch weitere Aspekte zum Aktienbesitz hinzukämen.

    Zu deiner Frage 2: Auch hierzu gibt es Entscheidungen, die allerdings alle aussagen, dass alleine deshalb keine Befangenheit vorliegt. Vgl. z.B. OLG Frankfurt, 18.12.1997,1 W 54/97


    Gruß
    rezk

  • Denen, die über § 48 ZPO nachdenken, mein Vorschlag: Probierts einfach mal aus!

    Zeigt dem Gericht an, dass Gründe für eine Ablehnung vorliegen und wartet die Entscheidung des zuständigen Richters ab ("ironiemodus": und hofft, dass der Richter nicht auch Betreuungssachen macht und ein neues Verfahren wittert).

    Sich selbst für befangen erklären und die Akte dem Vertreter zuschreiben geht nicht, dies bedarf einer gerichtlichen Entscheidung, die der Befangende nicht zu treffen hat.

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