Vergütung aus dem Nachlass und Erbenfreibetrag

  • Moin,
    der Betreute ist vor 12 Monaten verstorben.
    Berufsbetreuer war eingesetzt.
    Testamentarischer Erbe war der Neffe. Dieser hat sich die testamentarischen Eröffnungsunterlagen persönlich aushändigen lassen, ist damit zur Bank gegangen und hat damit sämtliche Konten der Verstorbenen aufgelöst. Einige Tage später hat er beim AG in seinem Wohnort die Erbschaft ausgeschlagen.

    Nachlassmasse von 3000 Euro war laut Schlussrechnungslegung vorhanden.
    Aufgrund der Ausschlagung und weil die Betreuerin Vergütung aus dem Nachlaß beantragt hat, wurde ein Nachlaßpfleger eingesetzt. Ich habe zwischenzeitlich die Vergütung gegenüber den unbekannten Erben vertreten durch den nachlaßpfleger festgestzt. Dieser teilte nun mit, dass der testamentarische Erbe die Konten selbst aufgelöst hat und er die Vergütung nicht zahlen kann.

    Das Nachlassgericht hob die Nachlaßpflegschaft auf und stellte fest, dass durch die Kontoauflösung des testamentarischen Erben, das Erbe als angenommen gilt.

    Frage 1: Was mache ich mit meinem Festsetzungsbeschluss? Klarstellungsbeschluss, dass es sich bei den unbekannten Erben um den testamentarischen Erben Herrn... handelt?

    Frage 2: Wie funktioniert das rechnerisch genau mit dem Erbenfreibetrag?

    Schönen Dienstag
    DönI

  • Ich hatte sowas noch nicht, aber dem Bauchgefühl nach, ohne was nachgelesen zu haben: Der Ex-Betreuer müsste wohl einen Erbschein beantragen, Antragsrecht steht ihm ja zu und dann kann der Titel (Festsetzungsbeschluss) auch umgeschrieben werden.

    Ob er aber tatsächlich das Erbe angetreten hat, scheint mir fraglich. Wenn er nur die Bestattung beauftragt und hierfür vollständig den Nachlass verwendet hat, ist das vermutlich nicht als Erbschaftsannahme zu werten.

  • zur Frage 2:
    vom reinen Nachlass (Nachlass nach Abzug der Verbindlichkeiten) wird noch der Freibetrag i. Höhe von derzeit 2154,00 EUR abgezogen. Was darüber hinaus vorhanden ist, kann für die Betreuervergütung oder Regress der Staatskasse verwendet werden.

    Sei nett zu Tieren, du könntest selbst eins sein. (Norbert Blüm)

  • Der vollstreckbare Titel (§ 86 FamFG) ist in der Welt. Er richtet sich gegen den Erben.
    Der Titelgläubiger kann sich über § 792 ZPO einen Erbschein erteilen lassen. Alsdann ist der Festsetzungsbeschluss entsprechend zu ergänzen. Sodann kann er gegen den Erben im Rahmen der Zwangsvollstreckung vorgehen. Da der Erbe mit seinem ganzen Vermögen für NL-Verbindlichkeiten wie Vergütungen des Betreuers haftet, besteht Aussicht auf Erfolg.

    Was mich stutzig macht, ist der geringe Nachlass von 3.000,00 €.

    Der Erbe hat einen Freibetrag von 2.184,00 € zuzüglich Kosten der aus irgendwelchen Quellen wie Sterbevorsorge nicht gedeckten Beerdigungskosten. Jemanden für 800,00 € unter die Erde zu bringen, ist Zauberei. Also war der Nachlass nicht werthaltig genug, als dass dem (wenn auch unbekannten) Erben per Festsetzung die Vergütung aufgehalst wurde (§§ 1908i I, 1836e BGB, 102 SGB XII; hierzu: Palandt Rd. Nr. 3 zu § 1836e BGB). Die Vergütung hätte gar nicht gegen den Erben festgesetzt werden dürfen.
    Allerdings ist der Beschluss in der Welt, er ist wirksam, wenn auch - falls die Rechtskraft noch nicht eingetreten ist - anfechtbar. Im Zweifel wird die RM-Frist aber vorbei sein. Der NL-Pfleger ist ja gesetzlicher Vertreter des (unbekannten) Erben; seine Untätigkeit in Bezug auf Einlegung von Rechtsmitteln wirkt auf den Erben zurück.

    Der Erbe kann im Zweifel gegen den festgestellten Anspruch nichts mehr machen. Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO ist unzulässig, wenn sie sich auf zum Zeitpunkt der Titelschaffung bekannte Einwendungen stützt. Die mangelnde Werthaltigkeit des Nachlasses war damals bekannt, dieses Argument ist abgeschnitten, weitere Argumente sind nicht erkennbar.

    Es verbleiben dem Erben nur die im BGB genannten Mittel zur Herbeiführung der beschränkten Erbenhaftung.

    @Willi2: Ich gehe davon aus, dass du unter NL-Verbindlichkeiten auch die Beerdigungskosten fasst.

  • Bei uns herrschen eben inflationäre Tendenzen, denen der Verordnungsgeber Rechnung getragen hat, während bei euch noch die Insel der Seligen ist.:wechlach:

  • nach der Sächsischen Regelsatzverordnung beträgt der Eckregelsatz 359,00 EUR :)

    :gruebel: Der ist zum 01.01.2011 auf 364 € erhöht worden. Auch in Sachsen.

    Ich habe im "beck-online" gesucht. Dort steht zur SächsRSVO Rechtsstand 14.07.2011: 359 EUR :confused::gruebel:

    Wo finde ich die Änderung auf 364,00 EUR ?

    Sei nett zu Tieren, du könntest selbst eins sein. (Norbert Blüm)

  • Mit dem Erbenfreibetrag verstehe ich das Richtig

    2.184 € + Beerdigungskosten, alles was darüber hinaus noch übrig ist, ist zur Bezahlung der Betreuervergütung einzusetzen. :gruebel:
    Das würde ja bedeuten, dass wie in meinem Fall der Betreute immer so um die 3.000€ hatte, der Betreuer stets die Vergütung (weil über 2.600 Euro) aus dem Vermögen bekommen hat, die letzte zum Todestag aus der Staatskasse erhält?

  • Wobder, danke, aber sieh mal hier war meine Quelle, ebenso wenn ich die Verordnung bei "beck-Online" suche.

    Den Unterschied verstehe ich nicht.

    Bis letztes Jahr lautete § 28 Abs. 2 SGB XII Die Landesregierungen setzen durch Rechtsverordnung zum 1. Juli eines jeden Jahres die Höhe der monatlichen Regelsätze im Rahmen der Rechtsverordnung nach § 40 fest.

    Entsprechend erfolgte die SächsRegelsatzVO. Diese Grundlage ist seit 01.01.2011 entfallen, da § 28 SGB XII nun einen völlig anderen Wortlaut hat und die Landesregierungen nicht mehr ermächtigt werden, eigene Bestimmungen zu erlassen. Einer Aufhebung bedurfte es daher nicht, somit ist die Fassung immer noch aktuell, aber leerlaufend.

    Seit 01.01.2011 wird der Regelbedarf gem. §§ 27 ff. SGB XII nach dem RBEG ermittelt und ist entsprechend meinen Link.


    @ DönerIst. ja, richtig.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Döner, unabhängig davon, ob er Betreute stirbt oder nicht:

    Der Betreuer hat Anpruch auf die Vergütung nach dem Status "vermögend" oder "mittellos", je nachdem ob der Betreute vermögend oder mittellos war.

    Eine andere Frage ist, wer die Vergütung zahlt.

    War der Betreute z. B. ím V-Quartal 15.04.2011 bis 14.07.2011 vermögend, hat er die entsprechende Vergütung verdient.
    Falls er bei Antragstellung mittellos geworden ist, zahlt die Staatskasse die Vergütung nach diesem Status "vermögend".

    Umgekehrt wird ein Schuh draus. Ich hatte vorige Woche den Fall, dass der bisher mittellose Betreute geerbt hatte. Ich habe die Vergütung von 264,00 € (ab 13. Monat, Heim, vermögenslos) gegen ihn festgesetzt. Hätte ich das nicht gemacht, hätte die Staatskasse gezahlt und dann diese 264,00 € über § 1836e BGB zurückgefordert.
    An diesem tatsächlichen Beispiel zeigt sich ganz klar das System.

  • Bis letztes Jahr lautete § 28 Abs. 2 SGB XII Die Landesregierungen setzen durch Rechtsverordnung zum 1. Juli eines jeden Jahres die Höhe der monatlichen Regelsätze im Rahmen der Rechtsverordnung nach § 40 fest.

    Entsprechend erfolgte die SächsRegelsatzVO. Diese Grundlage ist seit 01.01.2011 entfallen, da § 28 SGB XII nun einen völlig anderen Wortlaut hat und die Landesregierungen nicht mehr ermächtigt werden, eigene Bestimmungen zu erlassen. Einer Aufhebung bedurfte es daher nicht, somit ist die Fassung immer noch aktuell, aber leerlaufend.

    Seit 01.01.2011 wird der Regelbedarf gem. §§ 27 ff. SGB XII nach dem RBEG ermittelt und ist entsprechend meinen Link.

    :daumenrau Das muss man erst mal wissen, :2danke

    Sei nett zu Tieren, du könntest selbst eins sein. (Norbert Blüm)

  • Das heisst also in meinem Fall, dass wenn der Betreute verstirbt, 3.000 Euro hinterlässt, gilt er ja für den Betreuer als vermögend. Der Betreuer beantragt die Festsetzung aus dem Vermögen.

    3000 Euro - 2000 Euro Beerdigungskosten = 1000 Euro
    Und diese 1000 Euro liegen innerhalb des Erbenfreibetrages, sodass in diesem Fall der Betreuer die Vergütung "vermögend" aus der Staatskasse erhält.

    Richtig so?

  • Das halte ich für Falsch. Die Schlußvergütung richtet sich stets nach § 1836e BGB. Der Freibetrag nach § 1836 c BGB (2600 €) greift hier nicht mehr, da der dessen Vermögen geschont werden soll, verstorben ist. Es gibt keine schützenswerten Interessen des Betroffenen mehr.

    Nach § 1836 e BGB wird nur noch der Erbe geschützt. Es gibt als eine andere Mittellosigkeitsgrenze. Wird die Überschritten komplett, dann gibt es eine Festsetzung gg. den Erben mit Erhöhten Stundenkontigent. Liegt er drunten, gibt es eine AO gg. Landeskase mit den normalen Werten. Meldet sich kein Erbe etc. (es wird hinterlegt), dann sicher noch Rückgriff genommen werden.

    Diese Auffassung ist hier Konsenz und wird auch vom eigenen Revisor und den Revisoren des LG getragen. Es gibt keinerlei Probleme damit.

    How can I sleep with Your voice in my head?

  • Döner, die Vergütung kann nur zu Lebzeiten des Betreuten verdient sein.
    Der Stundenansatz richtet sich neben dem Aufenthaltsort nach dem Vermögensstatus des Betroffenen. Mittellos ist der Betroffene, wenn er aus seinem Einkommen oder seinem Vermögen die Vergütung nicht auf einen Schlag zahlen kann.

    Bei deinem Beispiel - Vermögen = 3.000,00 € -, Einkommen unter den Freibeträgen, Betreuter nicht verheiratet, keine Kinder, Stundensatz des Betreuers 44,00 €:

    a) Betreuter lebt nicht in einem Heim
    Vergütung mindestens 462,00 €/Quartal. Die 3000,00 € reichen nicht aus, diese Vergütung zu begleichen, ohne dass das Vermögen unter 2.600,00 € zu sinken, der Betreute ist mittellos

    b) Betreuter lebt im Heim
    Beträgt die Vergütung 330,00 €/Quartal, reicht das Vermögen aus, die Vergütung zu bedienen. Der Freibetrag wird nicht angekratzt.
    Vor Festsetzung stirbt der Betreute. Es ist gegen den Erben festzusetzen, sofern sein Freibetrag (2.184,00 €) + aus Beerdigungsvorsorge nicht gedeckte Kosten der angemessenen Beerdigung den Betrag von 2.670,00 € nicht übersteigen. Bei 3.000,00 € Nachlass können ja 330,00 € Vergütung entnommen werden, ohne dass der aus zwei Positionen addierte Freibetrag unterschritten wird.
    Es ist aber unwahrscheinlich, dass die Beerdigungskosten sich nur auf 2.670,00 € - 2.184,00 € = 486,00 € belaufen. Deshalb gehe ich davon aus, dass der Nachlass nicht werthaltig genug im Sinne der §§ 1836e BGB, 102 SGB XII ist.
    Die Festsetzung gegen den Erben ist damit unzulässig, sie zwingt den Erben zur Beantragung der NL-Insolvenz, was prozessökonomisch totaler Blödsinn ist, weshalb § 1836e BGB auf den Erben entsprechend angewendet wird.

    Wenn aber gegen den Erben nicht festgesetzt werden kann, kann der Betreuer nicht im Regen stehen bleiben. Es zahlt die Staatskasse. So ist eben das System des VBVG in der ab 01.07.2005 geltenden Fassung.

    Wie gesagt, die Festsetzung ist rechtskräftig in der Welt, da kann man nichts machen, den Beschluss hebt man nicht von Amts wegen auf (keine Rechtsgrundlage gegeben) und Rechtsmittel sind unzulässig.
    Der NL-Pfleger hat gepennt (neben dem beschließenden Rpfl.).

    Man kann natürlich über seinen Schatten springen und trotz Festsetzung gegen den Erben aus der Staatskasse zahlen. Alles andere ist ein unbefriedigendes Ergebnis.

  • Zu Isophanes Beitrag:
    Diese Handhabung widerspricht total § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG bzw. den daraus erkennbaren Intentionen. Die Vergütung ist in der Höhe verdient, wie der Vermögensstatus es gestattet.
    Da kommt die unzulässige Handhabung durch, dass nur der zum Zeitpunkt der Entscheidung vorhandene Status entscheidend ist.
    Bei uns ist - von dem BezRev mitgetragen - die von mir vorgetragene Handhabung usus.

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