Nachrangige Insolvenzgläubiger im Planverfahren

  • Ein interessantes Problem:

    Ein Insolvenzplan, bei dem die Gläubiger nach § 38 InsO eine 100 % Quote kriegen würden (Erlöse aus fortgeführtem Betrieb). Ohne Plan könnte man auch auf eine solche Quote kommen, allerdings müssten dann Immobilien des Schuldners verwertet werden.
    Nun zum Problem: Im Insolvenzplan sollen die nachrangigen Gläubiger nichts kriegen. M.E. muss man aber die nachrangigen Gläubiger irgendwie beteiligen, da ja in deren Rechte eingegriffen wird und diese in meinem Fall auch nicht wirtschaftlich wertlos sind.
    Nach § 222 I Nr. 3 InsO braucht man für die nachrangigen Gläubiger keine Gruppe bilden, wenn deren Forderungen - so wie hier - als erlassen gelten. Kann man also einfach die nachrangigen Gläubiger bei der Abstimmung unter den Tisch fallen lassen, selbst wenn Sie Forderungen angemeldet haben? In die Gruppe der "normalen" Gläubiger kann man sie wegen § 226 I InsO nicht packen. Nach § 246 Nr. 1 InsO gilt die Zustimmung der nachrangigen Gläubiger als nicht erteilt, da hier ja die "normalen" Gläubiger 100 % bekommen.
    Also was tun (außer zu hoffen, dass kein nachrangiger Gläubiger anmeldet...:D)??

    Eine gesonderte Gruppe für die nachrangigen Gläubiger verlangen, obwohl das nach § 222 I Nr. 3 InsO nicht notwendig ist

    oder

    die nachrangigen Gläubiger bei der Gruppenbildung unberücksichtigt lassen?

    In letzterem Fall müsste man m.E. aber die nachrangigen Gläubiger trotzdem zum Termin laden. Sollte dann jemand gem. § 251 InsO einen Antrag stellen, hätte der Planersteller Pech gehabt.

    Wie seht Ihr das??

  • Mein erster Gedanke war ja, was wohl unsere Richter in so einem Fall machen würden, Stichwort ESUG;).

    Nunja, auch ich mußte mich erstmal einlesen. Ich meine ja, Deine II. Alternative ist vorzuziehen. In diesem Fall würde ich die auf jeden Fall als Beteiligte laden (wobei man sich andererseits natürlich wieder fragen kann, wie kommt man an diese heran? Aufforderung zur Anmeldung durch öB?). Man wird den Planersteller wahrscheinlich gerichtlicherseits nicht zwingen können, eine gesonderte Gruppe zu erstellen. Und den nachrangigen Gläubigern bleibt dann nur der Weg über § 151 InsO. Wobei der ja erfolgsversprechend ist. Praktisch denke ich ja, dass die meisten nachrangigen auch gleichzeitig nicht nachrangige Forderungen haben, sodass wahrscheinlich eh alle da sind. Oder drohen bei Dir rein nachrangige Gläubiger vorhanden zu sein? Gesellschafter (die wissen doch dann auch eigentlich Bescheid)?

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Ein interessantes Problem:

    oder

    die nachrangigen Gläubiger bei der Gruppenbildung unberücksichtigt lassen?

    In letzterem Fall müsste man m.E. aber die nachrangigen Gläubiger trotzdem zum Termin laden. Sollte dann jemand gem. § 251 InsO einen Antrag stellen, hätte der Planersteller Pech gehabt.

    Wie seht Ihr das??



    Dito.
    So verstehe ich den Uhlenbruck (§ 225 Rn. 4) , dass es genau so vom Gesetzgeber gewollt war. Es ist das Risiko des Planerstellers, wenn er die nachrangigen Gl. absichtlich unter den Tisch fallen lässt, dass diese dann einen begründeten Antrag nach § 251 stellen können, da sie in diesem Fall tatsächlich schlechter gestellt werden.

  • Also was tun (außer zu hoffen, dass kein nachrangiger Gläubiger anmeldet...:D)??

    wenn es um eine Vollbefriedigung geht, dann werden auch die sonst ruhigern Gläubiger mobil.

    Eine gesonderte Gruppe für die nachrangigen Gläubiger verlangen, obwohl das nach § 222 I Nr. 3 InsO nicht notwendig ist

    In letzterem Fall müsste man m.E. aber die nachrangigen Gläubiger trotzdem zum Termin laden. Sollte dann jemand gem. § 251 InsO einen Antrag stellen, hätte der Planersteller Pech gehabt.

    Wie seht Ihr das??

    Uhlenbruck sieht den Einwand nach § 251 InsO für diese Gläubigergruppe als berechtigt an.

    Wie sieht es dann mit § 231 InsO aus ?


    Wenn es so super aussieht, warum dann noch Insolvenzplan ?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Uhlenbruck sieht den Einwand nach § 251 InsO für diese Gläubigergruppe als berechtigt an.

    Wie sieht es dann mit § 231 InsO aus ?

    Wieso § 231 InsO?


    Wenn es so super aussieht, warum dann noch Insolvenzplan ?

    Ohne Plan würden wohl Immobilien verwertet, die der Schuldner mit dem Plan quasi retten will. Der Schuldner ist selbständig tätig und das würde ihm außerhalb eines Insolvenzvervahrens natürlich besser gefallen.

  • Hatte ich mich auch gerade gefragt, wieso § 231? Selbst wenn der Plan vom Schuldner vorgelegt wurde, wären die nachrangigen Gläubiger als einzige Benachteiligte doch gerade nicht abstimmungsberechtigt, wenn für sie keine Gruppe gebildet wurde (für Nr. 2), Nr. 1 und 3 scheiden als Tatbestand wohl eh aus.

  • wenn es um eine Vollbefriedigung geht, dann werden auch die sonst ruhigern Gläubiger mobil.

    Also ich habe bis jetzt in gefühlten 100 Jahren dreimal zur Anmeldung nachrangiger Forderungen aufgefordert und es ist noch nie eine eingegangen.

    Ansonsten schliesse ich mich der rechtspflegerischen Protestwelle an: warum § 231 InsO?;)

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  • Spannendes Problem, aber vielleicht praktisch gar nicht so heiß, wie die Köpfe kochen:

    Die nachrangigen Gläubiger rekrutieren sich doch zumindest teilweise aus den Insolvenzgläubigern (§ 39 I Nr. 1, 2 InsO). Diese sind an der Abstimmung über den Plan beteiligt und können dabei bzw. später auch nochmal jeder einzelne über den Minderheitenschutz in § 251 InsO eine Schlechterstellung geltend machen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich das Rechtsschutzbedürfnis eines Gläubigers für die Geltendmachung der Schlechterstellung auf den (nicht nachrangigen) Teil seiner Forderung beschränkt, nach der sich sein Stimmrecht bemisst. Sonst hätten wir nämlich eine Rechtsschutzverweigerung.

    Heiß kann es allerdings tatsächlich in der Konstellation werden, dass man Gläubiger im Nachrang des § 39 I Nr. 5 InsO rauskicken möchte und die im Rang des § 39 I Nr. 1, 2 stehenden Gläubiger das kollusiv durch Nichtstun unterstützen. Das ist aber dann wieder insofern Theorie, als wir momentan noch keinen debt to equity swap gegen den Willen der Gesellschafter haben.

  • Freut mich, dass mein Problem sogar den alten Insolvenzbären aus seiner Höhle lockt ;).

    Praktisch wird es wahrscheinlich keine Rauferei im Verfahren geben, da es sich zum Großteil um institutionelle Gläubiger handelt, die ihr Glück mit 100 % kaum fassen können und denen auch ein fortgeführter Betrieb am Herzen liegt (außer man würde sie mit der Nase darauf stoßen, dass sie mit dem Plan eigentlich die Zinsen ab Eröffnung abschenken).

    Mein Problem liegt eher darin, dass der Plan natürlich formal richtig sein muss und sich m.E. die §§ 222 I Nr. 3 und 246 Nr. 1 beißen. Es ist doch irgendwie eigenartig, dass man Gläubiger, deren Rechte betroffen sind, nicht an der Abstimmung beteiligt. Es könnte z.B. jemand einen Plan vorlegen, in dem eine Gruppe, z.B. die Verwandten, auf eine Zahlung verzichten. Dann käme doch niemand auf die Idee, dass man für diese Gläubiger gar keine Gruppe bildet und diese nicht abstimmen lässt.

    Welchen Sinn hat § 246 I InsO, der regelt, wann die Zustimmung einer Gruppe als erteilt gilt, wenn ich diese Gruppe gem. § 222 I Nr. gar nicht bilden darf?

    Für mich stellt sich also die Frage: Gruppe für die nachrangigen Gläubiger oder nicht?

  • Welchen Sinn hat § 246 I InsO, der regelt, wann die Zustimmung einer Gruppe als erteilt gilt, wenn ich diese Gruppe gem. § 222 I Nr. gar nicht bilden darf?



    Ich habe den Uhlenbruck jetzt nicht mehr zur Hand, aber ich entsinne mich dunkel, dass § 246 dort als ein Unfall geschildert wurde, bei dem die zwischenzeitlich erfolgten Änderungen im Gesetzgebungsverfahren wohl nicht mehr angepasst wurden und deshalb tatsächlich nicht mehr viel Sinn ergibt. Ich glaube, den kannst Du bei Deinen Überlegungen vernachlässigen.

  • Also ich bleibe dabei: keine Gruppe für die nachrangigen Gl. Wie willst Du denn auch den Planersteller zwingen, eine Gruppe zu bilden? Das ginge ja letztlich nur über § 231 InsO. Ich weiß aber nicht, ob man darüber den Ersteller zwingen kann, eine bestimmte Gruppe zu erstellen, gerade im Hinblick auf §§ 222,225 InsO die nachrangigen Forderungen. Im Heidelberger Kommentar steht an mehreren Stellen, dass diese Gläubiger ggfs. ihre Rechte über §§ 250, 251 InsO geltend machen müssen.
    Über § 246 InsO steht jedenfalls im Heidelberger Kommentar etwas ähnliches wie bei lazuli: Vorschrift ist eigentlich unsinnig.

    Bauchschmerzen hinterläßt natürlich , dass das anscheinend wieder mal ein Fall ist, den der Gesetzgeber irgendwie nicht richtig bedacht bzw. den er nicht für möglich gehalten hat. Anscheinend ist er davon ausgegangen, dass im Falle einer Insolvenz eh nie genug für die Hauptgläubiger übrig bleibt. Und um Blockademöglichkeiten einzuschränken, hat er die Rechte der nachrangigen Gläubiger wegrasiert. In diesem Fall wäre ja wirklich genug für alle da. Und trotzdem können per Plan einfach über § 225 InsO die nachrangigen Gl. ausgeschlossen werden? Das finde ich irgendwie unbefriedigend.

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  • Also ich kann gut damit leben, dass in diesem absoluten Ausnahmefall die nachrangigen Gläubiger dann über § 251 gehen müssen und dafür keine extra Regelung getroffen wurde. Dem Planersteller sollte das Risiko bewusst sein, weshalb er doch in der Regel aus eigenem Interesse dann eine oder mehrere Gruppen für die nachrangigen Gläubiger bildet. Aber mehr, als ihn telefonisch darauf hinweisen, kann man m.E. nicht.

  • Danke für die sehr hilfreichen Rückmeldungen!

    Nachdem wir uns ja alle so ziemlich einig sind, werde ich auf eine gesonderte Gruppe verzichten und die nachrangigen Gläubiger entsprechend laden. Dann liegt es an denen, ob sie was gegen den Plan machen oder nicht.

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