Kompetenzen Richter/Rechtspfleger

  • Hallo.

    Ich habe zwei Fälle, die ich gerne zur Diskussion stellen würde:

    1. Es geht ein Schriftsatz eines Rechtsanwalts bei Gericht ein, in dem die Einstellung der Zwangsvollstreckung begehrt wird. Zunächst wird er dem Richter der Zivilabteilung vorgelegt. Dieser schreibt drauf: an Vollstreckungs-Abt., keine Vollstreckungsabwehrklage.
    Der Rpfl. der ZV-Abteilung fragt beim RA (schriftlich) an, ob es sich bei dem Schriftsatz um eine Erinnerung gegen den ergangenen Pfüb, eine Beschwerde, oder eine Vollstreckungsabwehrklage handelt. Der RA schreibt zurück: Vollstreckungsabwehrklage. Der Rpfl. der ZV-Abteilung legt dem Richter der Zivilabteilung wieder vor.
    Dieser regt sich auf, dass der Rpfl. der ZV-Abteilung sich erdreistet hat, dem RA die Vollstreckungsabwehrklage "anzubieten", nachdem er (Richter) bereits geschrieben hat, dass es keine ist. Er müsse jetzt zurückweisen.
    Ich denke nicht, dass der Rpfl. seine Kompetenz überschritten hat, oder? Ein RA sollte jawohl selbst wissen, was er beantragt.

    2. In einem Urteil heißt es: "... wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger YY €, nebst XX € nicht anrechenbarer Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen."
    Im Kostenfestsetzungsverfahern weist der Rpfl. darauf hin, dass ihm nicht klar ist, warum der Betrag XX € nicht anzurechnen sei, da es sich um eine 1,3 Geschäftgebühr handelt. Daraufhin, rechnet der RA die Geschäftsgebühr hälftig (kommentarlos) an.
    Ein anderer Rpfl. meint, der erste Rpfl. dürfe keine Anrechnung fordern, da das Urteil eindeutig sei. Das übersteige seine Kompetenz. Aber der erste Rpfl. hat ja keine Absetzung vorgenommen, sondern nur einen Hinweis gegeben.

    Manchmal scheint es mir nicht so eindeutig, was ein Rpfl. darf.

  • :D Schön, wenn die multiplen, schizophrenen Persönlichkeiten einander helfend unter die Arme greifen. :D

    (zum Thema:
    zu 1.: Was schert mich die Arbeitsunlust des Richters, wenn der Antrag nicht sauber formuliert ist, der RA nachbessert und somit die Zuständigkeit des Richters bestätigt?
    zu 2.: Hinweise sind immer erlaubt.)

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Was der Rechtspfleger darf oder nicht darf, steht im RPflG.
    Im Rahmen dessen kann er schalten und walten, wie es ihm geeignet erscheint (macht ein Richter in seinem Bereich i.Ü. genauso).

    Zu Fall 1: kein Kommentar.

    Zu Fall 2: § 9 RPflG. Wenn der festsetzende Rpfl meint, dass die XXX EUR anzurechnen sind, kann er selbstverständlich einen entsprechenden Hinweis an den Anwalt fertigen.
    Er darf nicht aufgrund einer offensichtlich unrichtigen (bzw. gesetzwidrigen) Entscheidung Kosten festsetzen.
    Im Rahmen seiner Zuständigkeit muss er selbstverständlich die gesetzlichen Regelungen genauso beachten, wie ein Richter im Spruchverfahren.

  • zu Fall 1: Wenn der Rechtspfleger klargestellt haben möchte, was der RA den mit seinem Antrag eigentlich wollte, dann ist das sein gutes Recht. Das dem Richter nicht passt, dass seine Allmacht niemanden außer ihm selbst interessiert - egal. Wenn der RA ausdrücklich wollte, dass sein Antrag als Abwehrklage gesehen werden soll, dann muss der Richter eben über diese entscheiden. Abgabevermerk hin oder her.

    zu Fall 2: Um so besser, wenn Nummer 2 jetzt überzeugt werden konnte. Und Hinweise kannst du geben wie du lustig bist. Der Anwalt muss seinen Antrag ja nicht berichtigen. Macht er es, dann ist das sein Bier. Und was nicht beantragt wurde, das kannst du auch nicht festsetzen.

    Kenne das Gerangel zwischen Rechtspfleger und Richter von mir auch nur zu gut, weil sich meine Strafrichter auch stets und ständig in meine Angelegenheiten (und die des Kollegen) einmischen wollen. Wenn man ihnen dann mit der sachlichen Unabhängigkeit kommt sind die bratzig.

  • Ich wundere mich ja, was Rpfl 3 mit RPfl 2's Verfahren zu tun hat, was geht ihn der Hinweis des Kollegen an? Wurde er von RPfl 2 in dem Verfahren vertreten?

    Ich sehe es sehr oft, dass vorgerichtliche Kosten eingeklagt werden mit der Formulierung "nebst nicht anrechenbarer..", wohingegen sich dann aus den Gründen der Klage ergibt, dass es sich um die 1,3fache Geschäftsgebühr handele und die Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren erfolgen werde. Im Urteil bzw VU wird dann gleichwohl die Vorformulierung "nicht anrechenbar" in den Tenor übernommen. Es ist schon einen Gedanken wert, ob dies für das Kostenfestsetzungsverfahren bindend ist. Wenn der RA auf Hinweis des Rechtspflegers - den ich hier auf jeden Fall auch geben würde - seinen Kostenfestsetzungsantrag durch Anrechnung berichtigt, ist alles klar. Ob aber eine Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren im Wege der Absetzung erfolgen dürfte (wenn der RA den Kostenfestsetzungsantrag nicht abändert), ist schon eine interessante Frage. Vielleicht müsste man da die Beklagtenseite darauf verweisen, dass sie die Berichtigung des Urteilstenors beantragen müsste und andernfalls der Tenor, so wie er gefasst ist, für das Kostenfestsetzungsverfahren bindend sei. Wirklich wissen tue ich es nicht.


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S


  • Zu Fall 2: § 9 RPflG. Wenn der festsetzende Rpfl meint, dass die XXX EUR anzurechnen sind, kann er selbstverständlich einen entsprechenden Hinweis an den Anwalt fertigen.
    Er darf nicht aufgrund einer offensichtlich unrichtigen (bzw. gesetzwidrigen) Entscheidung Kosten festsetzen.
    Im Rahmen seiner Zuständigkeit muss er selbstverständlich die gesetzlichen Regelungen genauso beachten, wie ein Richter im Spruchverfahren.

    Da bin ich anderer Meinung.
    Die Entscheidung des Richters ist Grundlage für das Kostenfestsetzungsverfahren und grundsätzlich bindend, egal wie falsch sie ist.
    Wenn die Parteien mit der Tenorierung nicht einverstanden sind, gibt es im Erkenntnisverfahren Mittel und Wege das zu ändern.
    Wenn sie das nicht tun, müssen sie mit der damit geschaffenen Grundlage grundsätzlich leben.

    Der obige Gedanke würde sonst dazu führen, dass der Rechtspfleger die materielle Richtigkeit des Urteils prüfen müsste, denn davon hängt ja die Richtigkeit des Tenors und der Kostenentscheidung ab.
    Das übersteigt aber seine Befugnis und hat auch mit § 9 RPflG nichts zu tun.

  • Also ich sehe das anders:
    Die Kostengrundentscheidung ist für mich bindend. Was die in den anderen Punkten des Tenors ausgekaspert haben, interessiert mich für die Festsetzung nur hinsichtlich der Frage, ob und in welcher Höhe die GG tituliert wurde. Im Fall 2 wäre die Antwort eindeutig ja, Titulierung erfolgt und zwar in Höhe von 1,3. Meiner Erfahrung nach tenorieren die Richter insbesondere bei einem VU so, wie es der Kläger will und machen sich selten die Arbeit, die einzelnen Punkte nochmal genau zu prüfen. Mit dem Begriff "nicht anrechenbar" können die Richter i. d. R. gar nichts anfangen. Also kann es mir doch egal sein, ob eine 1,3 GG oder eine nicht anrechenbare 1,3 GG tituliert wurde.
    Etwas anderes könnte z. B. im Falle eines Vergleiches gelten, wenn die Parteien ausdrücklich vereinbaren, dass die 1,3 GG zu erstatten, aber nicht anzurechnen ist. Dann würde ich das auch in der Kostenfestsetzung so beachten. Ansonsten würde ich immer den § 15a II, Vorbem. 3 Abs. 4 RVG anwenden.

    Und zu Fall 1: Meines Erachtens prüft jeder seine Zuständigkeit in eigener Regie. Der Richter und der Rpfl. Und es ist doch mein gutes Recht nachzufragen, um mir unnötige Arbeit zu ersparen. Der Richter ist doch nur sauer, dass er es nicht an den Rpfl. abdrücken konnte..... :)

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