§ 18 IV RPflG und Berufsanfänger

  • Moin zusammen,

    zum 01.10.2011 stehen bei uns Geschäftsverteilungsänderungen an.

    Leider ist es so, dass Insolvenzsachen nicht sehr beliebt sind und wir das Problem haben, jemanden "zwangszuverpflichten".

    Wir bekommen zum 01.10.2011 2 Berufsanfänger.

    Kennst jemand Rechtsprechung, Aufsätze oder Entscheidungen, wonach ein Berufsanfänger trotz § 18 IV RPflG wegen "interner" Unmöglichkeit trotzdem Insolvenzsachen bearbeiten darf?

    Will sagen, ist die Vorschrift zwingend oder im konkreten begründeten Einzelfall abänderbar?

    Weder Sufu noch Recherche haben ein brauchbares Ergebnis geliefert.

    Meinungen, Anregen oder sonstiges willkommen.

    @ Mods: Sollte ihr meinen, dass Thema passt besser ins Forum Insolvenz, bitte verschieben.

  • Es steht doch konkret drin:
    Der Beamte darf nicht.
    Da wird wohl einer der älteren Kollegin in den sauren Apfel beißen müssen.

    Richter können auch nicht - falls es ein unbeliebtes Dezernat sein sollte - im ersten Jahr Familiensachen machen.

    Ist halt so.
    Man muss flexibel sein heutzutage. :cool:

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Es steht doch konkret drin:
    Der Beamte darf nicht.
    Da wird wohl einer der älteren Kollegin in den sauren Apfel beißen müssen.

    Richter können auch nicht - falls es ein unbeliebtes Dezernat sein sollte - im ersten Jahr Familiensachen machen.

    Ist halt so.
    Man muss flexibel sein heutzutage. :cool:

    Danke Sonea,

    dass er nicht darf, weiss ich auch. Die Kommentierung dazu begründet dies kurz damit, dass der Berufsanfänger keine Erfahrung hat.

    Dass gilt in meinem Augen für jedes Dezernat als Berufsanfänger.

    Mich würde interessen, ob andere Gericht trotz des eindeutigen Wortlautes anders verfahren haben.

    Das jemand anderes das machen kann, steht außer Frage. Ist allerdings nicht Thema des Threads. :)

  • Natürlich gilt die mangelnde Erfahrung für jedes Dezernat, aber für die InsO braucht man nicht nur theoretisches Wissen, sondern auch ein bisschen mehr Durchsetzungsfähigkeit und (Lebens)erfahrung sowie Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge als beim PfÜBsen oder in Zivilsachen. (Ich darf das sagen, ich mache klein InsO)

    Das Insolvenzgericht führt die Aufsicht über den Insolvenzverwalter (§ 58 InsO), das soll ein Anfänger machen - die Verwalter lachen sich ins Fäustchen oder raufen sich die Haare, im Zweifel beides und abwechselnd.

  • Es fällt mir schwer in dem Nicht-Wollen der Anderen eine "interne Unmöglichkeit" oder einen konkret begründeten Einzelfall zu sehen. Dies wäre nur gegeben, wenn du dein komplettes Gericht gegen Berufsanfänger austauschen würdest.

  • Natürlich gilt die mangelnde Erfahrung für jedes Dezernat, aber für die InsO braucht man nicht nur theoretisches Wissen, sondern auch ein bisschen mehr Durchsetzungsfähigkeit und (Lebens)erfahrung sowie Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge als beim PfÜBsen oder in Zivilsachen. (Ich darf das sagen, ich mache klein InsO)

    Das Insolvenzgericht führt die Aufsicht über den Insolvenzverwalter (§ 58 InsO), das soll ein Anfänger machen - die Verwalter lachen sich ins Fäustchen oder raufen sich die Haare, im Zweifel beides und abwechselnd.

    Ein Jahr später hat er natürlich erheblich mehr Lebenserfahrung... :cool:

  • Nun ja, das mit der mangelnden Lebenserfahrung und Menschenkenntnis trifft auch für die RASt. oder Vollstreckungssachen zu.
    Evtl. mag sich jemand mit der Gesetzesbegründung befassen (ich nicht :cool:).
    Es steht drin: Er darf nicht. Also is' nich', weil nich' erlaubt.

    Wenn die Rpfl. am besagten Gericht sich nicht einigen können, wird der DirAG wohl einen GVP in die Welt setzen müssen, frei nach dem Motto: Friss oder stirb. (Kommt in einigen AGen noch vor, keine Sorge.) Gestorben ist noch niemand. (Schlimmstenfalls kann man den Kollegen, die sich dennoch partout weigern, eine Dienstverweigerung vorwerfen ...)

    Klar, angenehmer ist es, in einem Dezernat zu arbeiten, in dem man sich über die Jahre seinen Sessel warm gehalten und Routine erworben hat.
    Aber das Leben ist kein Ponyhof und wir sind nicht bei Wünsch-Dir-was.

    Der Kollege, der an diesem Gericht ab nächstem Monat Dienst tun darf, tut mir jetzt schon irgendwie leid. ...

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Es mag ja sein, dass das InsOdezernat nicht so beliebt ist. Auch unsere Verwaltung ist bemüht - soweit das möglich ist - Dezernatswünsche zu erfüllen. Das hebt ja auch die Motivation, wenn ich in einem Sachgebiet arbeiten kann, das mir Freude macht. Aber eben nur, soweit das möglich ist. Und nach Möglichkeiten zu suchen, das insoweit eindeutige Gesetz umgehen zu können, weil die bereits berufserfahrenen Kollegen keine Insolvenzsachen bearbeiten möchten, das find ich schon etwas befremdlich. Da bin ich aber froh, dass ich als Berufsanfänger nicht an dieses Gericht gekommen bin...

  • Ich denke wir sind uns einig.
    Die rechtliche Vorgabe ist bescheuert, wenn man sich vor Augen hält, dass Frischlinge ohne weiteres die Daimler Benz AG im Handelsregister löschen dürften oder millionenschwere betreuungsgerechtliche Genehmigung erlassen können.
    Die Stammkräfte sollten sich etwas zusammenreißen und ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. Die verdienen ja auch mehr Kohle.
    Und die Geschäftsleitung sollte nicht nach dem Fahrrad-Prinzip regieren.

    Einmal editiert, zuletzt von Tommy (13. September 2011 um 18:29) aus folgendem Grund: RECHTSschreibung berichtigt

  • Ich denke auch, die Vorschrift ist ziemlich eindeutig: Er darf nicht.

    Ich frage mich allerdings was passiert, wenn sich die Verwaltung darüber hinwegsetzt und der junge Kollege sich ein Ei auf diese Vorschrift pellt. Welche Aus(sen)wirkung hat das dann? Sind die Beschlüsse dieses Kollegen unwirksam oder allenfalls anfechtbar oder keines von beiden? Wie erfährt eigentlich der Außenstehende davon? Der Kollege unterschreibt doch als Rechtspfleger und nicht als Probebeamter, und im Geschäftsverteilungsplan steht sicher auch nichts über die nicht vollständig geleistete Probezeit.
    Ich will trauemer71 nicht auf falsche Gedanken bringen, aber manchmal ist's schon ein Schmarrn, was die Gesetzgeber sich so ausdenken! Zumal die Kollegin, die gleich nach der Ernennung zur Probebeamtin ein Kind bekommt, nach einem Jahr Elternzeit sofort in der Insolvenzabteilung tätig werden darf.

  • Dem Posting von Homer kann ich nur aus vollem Herzen zustimmen. Leider ist diese Einstellung - nämlich einem Berufsanfänger - ein ungeliebtes Dezernat aufzudrücken weit verbreitet. Natürlich können nicht immer alle Wünsche erfüllt werden aber ich bin schon der Meinung, dass einem - ich nenne es mal Beginner - nicht schon von Anfang an das Leben schwerer gemacht wird als notwendig. Sinnvoller wäre es wohl, auch ihn nach seinen Stärken zu fragen und wenn möglich zu berücksichtigen. Wenn die Praxiserfahrung erst mal da ist, können Dezernate dann immer noch geändert werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Amun (13. September 2011 um 17:59)

  • :zustimm: Ich war auch mal bei einem Gericht (glücklicherweise bin ich dort nicht mehr), da glaubte man auch, es wäre besonders schlau, einem jungen Berufsanfänger, die schwierigste Abteilung, die niemand wollte, anzuvertrauen. Es kam dann, wie es kommen musste, die Abteilung brach zusammen. Die Kollegen haben dann noch sehr lange mit den Rückständen zu tun gehabt. Und der junge Kollege schmiss den Rechtspflegerberuf.:ironie: Da haben dann wirklich alle was davon gehabt.

  • Genau wie bei dem Themenersteller war es in meinen Anfängen am ersten Gericht auch so.
    Keiner hatte Bock auf die Abteilung und dann wollten sie es mir in die Schuhe schieben. *kopfschüttel*
    Zum Glück hatten sich aber ein paar Kollegen für mich stark gemacht.

    Aber ganz ehrlich: Wenn alle mitspielen: nach außen hin merkt es wahrscheinlich sowieso niemand...

  • Ich denke, selbst wenn alle Kollegen dem "Neuling" die Inso-sachen "zuschustern" wollen und der Kollege selber auch keine Einwände hätte, würde ich von einem guten Direktor verlangen, dass er das Gesetz kennt und dem einen Riegel vorschiebt.


    Bei uns läuft es aber auch nicht immer so korrekt.
    In NRW gibt es eine Bestimmung, dass Rechtspfleger, die Zwangsversteigerungssachen machen, keine Hinterlegungen bearbeiten dürfen. Diese Vorschrift habe ich zufälllig vor ca. 1/2 Jahr gefunden (dank diesem Forum :)).

    Ich mache beide Gebiete und da noch nicht einmal das Landgericht bei ihrer letzten Geschäftsprüfung unsere Geschäftsverteilung beanstandet hat, sage ich auch nichts. Ich mache aber beide Gebiete auch gerne.:yes:

  • Bei uns hat man nach vielen, vielen Jahren festgestellt, dass die Hinterlegungen in die Verwaltung gehören u . diese die GL bzw.deren Vertreterin machen muss. Da ich nicht zu diesem Kreis gehöre , hat man mir diese weggenommen. Auf Nachfrage warum erst jetzt erhielt ich zur Antwort- weil die keiner konnte. :gruebel: :confused:Ist doch bescheu...

  • Ich würde ja gerne die Begründung der "internen Unmöglichkeit" lesen. Wäre dann etwa: "Wir ham kein Bock und deshalb ist uns egal, was im Gesetz steht..."
    Um aber die Insolvenzvermeider zu beruhigen: Die Abteilung ist wirklich nicht so schlimm. Man kann sich rechtlich austoben, man hat nicht permanent Publikum, kommt bei den Terminen doch unter Leute und der Umgangston ist meist recht angenehm. Man muss sich wirklich nicht davor fürchten.
    Ob die Vorschrift sinnvoll ist? Nunja, es gibt wohl Kollegen, die könnten das nach der Prüfung wuppen und für andere ist es wohl nie geeignet. Was vielleicht eine Besonderheit ist: Man hat bei der Vergütung viele Ermessensentscheidungen und die bewegen sich auch mal schnell im sechsstelligen Bereich (oder sogar drüber). Entsprechend wir hier mit allen Tricks gekämpft. Da hilft einem kein Gesetz sondern nur in Ansätzen die ausufernde Rechtsprechung. Da ist dann schon Argumentationsfreude und Durchsetzungsstärke gefragt. Und da geht halt der Gesetzgeber wohl davon aus, dass Berufserfahrung dabei förderlich ist.
    Das gilt wohl auch für die Leitung größerer Gläubigerversammlungen - wobei das bei Versteigerungen nicht anders wäre...

  • Dass eine solche Diskussion nötig ist, ist wohl Wasser auf die Mühlen der Bundesregierung, die die Konzentration der Insolvenzgerichte mindestens auf Landgerichtsebene nun ausnahmslos durchzusetzen bestrebt ist.

    Ich weiß ja nicht, wie viele Insorechtspfleger an dem betroffenen Gericht tätig sind. Einzelkämpfer haben es naturgemäß schwer. Andererseits: ein Mischreferat aus Inso und irgend einem andern Bereich erscheint mir im Hinblick auf die hohe Spezialisierung gerade des Insolvenzrechts, der Cleverness von Insoverwaltern, -gläubigern wie gelegentlich auch Insoschuldnern weniger günstig, man sollte sich schon mit ganzer Kraft auf diese eine Aufgabe konzentrieren können.

    Bei Richtern gibt es ja diverse Beschränkungen für das erste Jahr der Probezeit (z.B. § 22 VI GVG, § 23 b GVG, § 23 c GVG, § 29 GVG). Dort führt ein Verstoß zur Verletzung des Grundrechts auf einen gesetzlichen Richter und führt also einen Verfahrensmangel herbei. Wir wissen zwar, dass es keinen gesetzlichen Rechtspfleger gibt. Indes wäre es für den Amtsgerichtsdirektor eine hochnotpeinliche Angelegenheit, würden sämtliche Beschlüsse des "verbotenen" Rechtspflegers anfechtbar.

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