Zuständigkeit Erzwingungshaft

  • Bräuchte mal Hilfe bei folgendem Problem:

    Hab hier Erzwingungshaft gegen einen Heranwachsenden ohne festen Wohnsitz zu vollstrecken (Bußgeldbescheid d. Verwaltungsbehörde).

    Ursprünglich wohnte er in A bei seinen Eltern. Mein Gericht ist B. E-Haftbeschluss ist von B.

    Während des Verfahrens gab es immer wieder Probleme mit den Zustellungen. Schließlich wurde der Junge Mann von Amts wegen abgemeldet, da er tatsächlich nicht mehr bei seinen Eltern wohnhaft ist. Hab die Verwaltungsbehörde um Ermittlung der Anschrift gebeten. Ergebnis: Adresse A wird als Zustelladresse angegeben, aber extra betont, dass er dort nicht wohnt, sondern nur gelegentlich die Post von seinen Eltern abholt :mad:.

    Welches AG ist denn jetzt für die Vollstreckung der E-Haft zuständig?
    Und in welche JVA ist er zu laden?

    Hoffe, hier kann mir jemand helfen...

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • Weshalb ist der Erzwingungshaftbeschluss durch das Gericht B ergangen?

    Hatte der Betroffene im Bezirk von Gericht B überhaupt einen Wohnsitz?

    Interessant ist der Beschluss des BGH vom 29.11.2006 (2 ARs 466/06, 2 AR 273/06).


    Bei unbekannter Anschrift ist daher m. E. erst mal die Ermittlung der aktuellen Adresse Voraussetzung, um

    a) die Zuständigkeit festzustellen und

    b) ordnungsgemäß laden zu können

  • Nach dem Sachverhalt ist der E-Haftbeschluss nicht wirksam zugestellt, so dass auch nichts zu vollstrecken ist. Natürlich könnte der Beschluss öffentlich zugestellt werden. Allerdings ist eine Zahlungsfähigkeit (zumindest in Raten) Voraussetzung für E-Haft. Bei ofW dürfte diese nicht vorliegen. Der Rest ist ein Problem der Bußgeldstelle.

  • E-Haft-Beschluss ist von Gericht B, weil der Hauptsitz der Verwaltungsbehörde, welche den Bußgeldbscheid erlassen hat im Gerichtsbezirk B ist.
    Ich hab die Dinger hier reihenweise... Wir erlassen den E-Haft-Beschluss und dann kann ich die Akten zur Vollstreckung munter in der Republik verteilen, weil nur 5 % der Betroffenen überhaupt hier wohnen. Aber einen ohne festen Wohnsitz hatte ich bisher noch nicht...

    Die aktuelle (Wohn-)Adresse ist nicht zu ermitteln bzw. nicht vorhanden, das ist ja gerade mein Problem :mad:
    Der Junge Mann wurde in einer anderen Sache festgenommen und hat bei seiner Festnahme angegeben, dass man die Post gerne seinen Eltern schicken darf, aber er wohne dort nicht und hätte auch keinen anderen Wohnsitz.
    Habe also einen Obdachlosen mit Briefkasten :gruebel:

    @ Frog: Danke für die Entscheidung, ich schaue gleich mal rein...

    @ Dirk:
    Der E-Haft-Beschluss konnte noch problemlos unter der Anschrift der Eltern zugestellt werden. Zu dem Zeitpunkt war er da auch noch gemeldet. Das ganze Hin und Her fing erst mit Beginn der Vollstreckung an...
    Da der Betroffene die Anschrift selbst als Zustellungsanschrift angibt und in einem anderen Verfahren die dort wohnende Mutter als Zustellungsbevollmächtigte benannt hat, hätte ich hier im Moment nicht mal ein Zustellungsproblem gesehen :gruebel:

    Der Einwand mit der Zahlungsunfähigkeit ist aber auch nicht schlecht. Evl. dem Richter vorlegen und fragen, ob der Beschluss aufgehoben wird?

    Edit: Entscheidung gelesen, hilft mir aber nicht weiter, da der Junge gerade nicht dort wohnt, sondern nur einen Briefkasten hat...

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • Wenn er in einem anderen Verfahren die Mutter zur Zustellbevollmächtigten ernannt hat, so ist dieses für mein Verfahren ohne Relevanz. Ich persönlich gebe die Vollstreckung auch bei auswärtigen Aufenthalt nicht ab, sondern vollstrecke entspr. § 84 I JGG selbst. Bei ofW ist einen Vollstreckung nicht möglich, das bringe ich auch immer den Bußgeldstellen bei, die dann stets ihre Anträge zurücknehmen.

  • Wenn er in einem anderen Verfahren die Mutter zur Zustellbevollmächtigten ernannt hat, so ist dieses für mein Verfahren ohne Relevanz. Ich persönlich gebe die Vollstreckung auch bei auswärtigen Aufenthalt nicht ab, sondern vollstrecke entspr. § 84 I JGG selbst.

    was aber nach der in Beitrag 2 genannten BGH-Entscheidung nicht richtig sein dürfte

  • Die BGH-Entscheidung ist falsch. Wenn ein Jugendrichter die E-Haft verhängt hat, greift § 84 I JGG. § 84 II JGG ist nur dann anzuwenden, wenn die Entscheidung nicht von einem Jugendrichter stammt (z. B. Jugendkammer des LG). Eine Abgabe ist nur gem. § 85 V JGG möglich.

    Ich denke, die BGH-Entscheidung ist schon richtig:

    Die zu vollstreckende "Entscheidung" nach § 84 JGG ist nämlich nicht der Erzwingungshaftbeschluss, sondern der Bußgeldbeschluss. Handelt es sich um einen Bußgeldbeschluss des Gerichts, dann vollstreckt der Jugendrichter (bzw. Rpfl). am selbigen Gericht (Abs. 1).
    Ist der Bußgeldbeschluss jedoch von einem anderen Richter (z.B. LG oder auch der hier gleichzustellenden Verwaltungsbehörde), dann landest Du bei Abs. 2. (Karlsruher Kommentar zum OWiG, 3. Aufl. 2006, § 97 Rn 4, 5, § 91 Rn 14).

    Hättest Du evl. eine Musterverfügung parat, für das Schreiben an die Verwaltungsbehörde, dass Vollstreckung nicht möglich, weil Betroffener ofW? Gibts da Rechsprechung?
    "Meine" Verwaltungsbehörde ist da hartnäckig, die wollen das Ding unbedingt vollstrecken :mad: - oder mir fehlten bislang die richtigen Worte...

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  • Da hilft nur die Pistole-auf-der-Brust-Methode:
    Mitteilung, dass mangels Anschrift eine Ladung zum Antritt der E-Haft nicht erfolgen kann und sie Dir entweder eine ladungsfähige Anschrift mitteilen oder den Antrag zurücknehmen sollen.

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