Anhang II zu Verordnung (EG) Nr. 4/2009

  • Da ich mich damit leider gar nicht auskenne, bitte ich um Hilfe:

    Das Jugendamt als Beistand möchte wegen Unterhalt (vorläufig vollstreckbares Urteil hier am AG ergangen) im Ausland (Österreich) vollstrecken. Es hat mir nun den Anhang II zur Verordnung (EG) Nr. 4/2009 vorgelegt mit der Bitte diesen auszufüllen.

    Nach Artikel 28 brauchen die das wohl für den Antrag auf Vollstreckbarerklärung, der in Österreich zu stellen ist, so dass meine Aufgabe nur darin besteht, das Formular auszufüllen, richtig?

    Gibt es das Formular auch irgendwo zum mit PC ausfüllen?

    Vielen Dank schonmal!

  • Ich schließe mich der Frage mal an. Habe auch einen solchen Antrag des Beistands. Der Gegner lebt in Polen, die beiden Kinder hier.

    Beistand schreibt, es wird "eine beglaubigte vollstreckbare Ausfertigung des Unterhaltstitels, ein Zustellnachweis und das verfahrenseinleitende Schriftstück sowie ein Auszug des Unterhaltstitels nach Anhang II der EuUntVO des Erlassgerichts" benötigt.

    HILFE!!

    Beigefügt ist ein Formular, kopiert aus dem Amtsblatt der Europäischen Union vom 10.01.2009 (L7/31), überschrieben mit

    "Anhang II

    Auszug aus einer Entscheidung/einem gerichtlichen Vergleich in Unterhaltssachen, die/der keinem Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren unterliegt

    (Art. 28 und Art. 75 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18.12.2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen)"


    Bin wirklich dankbar für jede Art der Hilfestellung in diesem hier bisher einmaligen Fall!

    Insbesondere interessiert mich:

    1. Wer ist zuständig für die Abgabe der Erklärung?
      .
    2. Gibt es das Formular irgendwo als ausfüllbare PDF- oder Word-Datei?
      .
    3. Ich habe einen dynamischen Titel über 100 % Mindestunterhalt und Rückstände in €.
      Was trage ich da wo ins Formular ein? Da steht am Ende von Punkt 5.2.1.4. irgendwas von Indexierung und man soll die Modalitäten für die Berechnung angeben. Reicht die Angabe des Mindestunterhalts und der Verweis auf § 1612a BGB?
      Ist der aktuell zu zahlende Unterhalt (daneben) noch als €-Betrag anzugeben?
      Oder müsste vorweg der Titel erst mal nach § 245 FamFG beziffert werden?
      .
    4. Welche Form muss die Erklärung haben?
      Unterschrift und Siegel?

    Sorry für die vielleicht doofen Fragen aber ich hatte bisher nichts mit solchen Dingen zu tun und die Suche im Forum hat mich nur zum diesem Thread geführt.

    Ulf

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  • § 71 AUG.

    Ich hab das Formular auch irgendwo im Internet gesehen, wahrscheinlich auf einer EU-Seite, es ist jetzt aber zu spät, noch nachzuschauen.

    Bzgl. eines dynamisierten Titels bin ich eben beim Überfliegen des AUG über § 72 AUG gestolpert. Müsste passen, oder?


    _________________________________________________________________________________



    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • Den Vordruck gibt es nicht als ausfüllbare PDF-Datei oder Word-Datei. Es ist halt wie immer, wenn man vernünftiges Arbeitsmaterial braucht muss man es selbst machen. Man kann die PDF-Dateien im Gerichtsatlas als .txt-Dateien speichern und dann in eine Tabelle ziehen. Alle Anhänge kosten schon ein paar Stunden Arbeit, aber es lohnt sich, weil man z. B. formatierte Eingabefelder einfügen kann.

  • Auf einer österreichischen Seite findet man die "Musterformulare" als doc- Dateien, lässt sich ausfüllen, nur die Kreuze in die Kästchen muss man irgendwie hineinzaubern oder später auf dem Ausdruck anbringen,

    hier der Link (der im Übrigen auch sonst interessant ist):

    http://www.justiz.gv.at/internet/html/…1fa4435.de.html

    Auf der Seite unseres Bundesamtes für Justiz

    http://www.bundesjustizamt.de/cln_115/nn_204…html?__nnn=true

    findet man da wenig hilfreiches, vielleicht noch die Broschüre zum Laden. Da ist noch immer vom Auslandsunterhaltsgesetz 1986 die Rede und nichts über das eigentlich seit 18.6.2011 in Kraft getretene AUG 2011, welches Anwendung findet auch für die Unterhaltsvorordnung EG Nr. 4/2009, geschweige denn (ausfüllbare) Anlagen. Schade, recht bürger- oder gerichtsfreundlich ist das nicht.

    Was Anträge an Behörden ins Ausland über das BA für Justiz angeht, habe ich bislang nur Erfahrungen mit der Schweiz auf Grundlage des UN-Übereinkommens von 1956. Da habe ich mir damals aber auch alles formlos auf einem Antrag zusammengetragen. Was den dynamisierten Unterhalt angeht, ist der Verweis von § 72 AUG (2011) auf § 245 FamFG wohl richtig. Zuständig für die Bezifferung ist der Rechtspfleger, § 20 Nr. 11 RpflG.

    Nachlesbar auch:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Auslandsunterhaltsgesetz

  • Soweit ein ganz herzlicher Dank schon mal für all die Infos und Links!!! :)

    Ich werde mich da überall mal langsam durch arbeiten, fürchte aber, dass danach trotzdem noch Fragen bleiben werden...

    Ulf

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  • Also, nach dem ersten Überfliegen verstehe ich das Procedere so:

    Zunächst ist der dynamische Titel zu beziffern, § 72 AUG mit § 245 FamFG. Zuständig dafür ist der Rechtspfleger nach § 25 Zif. 2 lit b) RPflG.

    Danach ist dann die Bescheinigung nach § 71 AUG zu erteilen. Zuständig dafür ist aber dann m.E. der UdG, da ihm die Erteilung der Vollstreckungsklausel obliegt (§ 71 Abs. 2 S. 2 AUG).

    Demnach muss ich wohl zunächst einmal ein Verfahren nach § 245 FamFG durchführen.
    Wenn ich die (leider eher dürftige) Kommentierung dazu richtig verstanden habe, muss ich den Gegner wohl anhören und dann durch Beschluss den Titel "beziffern"!?? :gruebel:

    Hat jemand dafür vielleicht ein Muster?!?
    Mir ist im Moment nämlich nicht klar, wie das Verfahren praktisch abläuft - zumal der Gegner in Polen wohnt (er spricht aber wohl etwas deutsch, so dass m.E. keine Übersetzungen erforderlich sind, Art. 8 der Verordnung (EG) 1348/2000).

    Ulf

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  • Einen Beschluss würde ich (mit vorangegangenem "Verfahren") da nicht machen, der Notar oder die andere Behörde macht schließlich auch keinen "Beschluss". Zudem müsste dieser Beschluss ja dann wieder im Ausland zugestellt werden.

    Laut Zöller: "Die Bezifferung wird auf dem Titel vermerkt; damit soll schon der Anschein der Schaffung eines weiteren Vollstreckungstitels vermieden werden, BTDrs 15/5222, 12.
    Ich habe das auch schon mal gemacht: Einfach eine "Feststellung" an den bisherigen Titel bzw. die eingereichte Ausfertigung anbringen, dass die Unterhaltszahlbeträge in den Zeiträumen .... .... € betragen, Unterschrift Rechtspfleger, fertig. Formlose Mitteilung an den Schuldner, da dieser unbefristete Erinnerung als RM hat (§ 732 ZPO).

  • Das Vorgehen erscheint mir angebracht aber Musielak/Borth, 2. Auflage 2011, beck-online, Rn. 2 zu § 245 FamFG spricht davon, dass die Entscheidung durch Beschluss ergeht.
    Ferner sagt dieser Kommentar unter der Rn. 3, dass rechtliches Gehör zu gewähren sei.

    Allerdings sagt Bumiller/Harders, 10. Auflage 2011, beck-online, Rn. 3 zu § 245 FamFG tatsächlich nur, dass "die Bezifferung auf dem Titel zu vermerken" ist.

    Btw:
    Neben § 732 ZPO soll - nach beiden Kommentaren - auch noch Klage gegen die Klausel nach § 768 ZPO statthaft sein, was mir jedoch nicht einleuchtet, da ja durch die Bezifferung keine neue Klausel erteilt wird. :gruebel:

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Btw:
    Neben § 732 ZPO soll - nach beiden Kommentaren - auch noch Klage gegen die Klausel nach § 768 ZPO statthaft sein, was mir jedoch nicht einleuchtet, da ja durch die Bezifferung keine neue Klausel erteilt wird. :gruebel:


    Ahh, wenn ich das jetzt richtig sehe, dann kommt man über § 245 FamFG zum § 768 ZPO.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich habe jetzt selbst etwas gewerkelt und aus der PDF-Datei ein am PC ausfüllbares PDF-Formular für Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 gebastelt.

  • Gebastelt habe ich auch, alle Vordrucke in Word. Als ich gerade mal wieder im Gerichtsatlas der EU stöbere, sehe dass alle Vordrcke pötzlich vorhanden sind. Hat ja gedauert!

  • Im Verhältnis zu Österreich gilt folgendes:

    1.
    Deutschland ist durch das Haager Protokoll vom 23. 11. 2007 gebunden.

    2.
    Sofern die Verfahrenseinleitung (Antragseingang) nach dem 17. 06. 2011 erfolgte, ist auf Antrag der Gläubigerpartei ein Auszug aus der Unterhaltsentscheidung unter Verwendung des Formblatts in Anhang I VO (EG) Nr. 4/2009 zu erteilen.
    Der Auszug wird wird für die grenzüberschreitende Unterhaltsvollstreckung benötigt. Ein Vollstreckbarerklärungsverfahren wird nicht durchgeführt.
    Die Gläubigerpartei kann daher unter Vorlage der Unterhaltsentscheidung und des Auszugs aus der Unterhaltsentscheidung unter Verwendung des Formblatts in Anhang I VO (EG) Nr. 4/2009 direkt den Gerichtsvollzieher bzw. das Vollstreckungsgericht in Österreich mit der Unterhaltsvollstreckung beauftragen.

    Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Unterhaltsvollstreckung wird auf die Internetseite im Justizportal NRW Bezug genommen:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…/uv/1/index.php

    Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…/1/euunthvo.pdf


    3.
    Sofern das gerichtliche Verfahren vor dem 18. 06. 2011 erfolge, ist auf Antrag der Gläubigerpartei ein Auszug aus der Unterhaltsentscheidung unter Verwendung des Formblatts in Anhang II VO (EG) Nr. 4/2009 zu erteilen.
    Die VO (EG) Nr. 4/2009 ist in Unterhaltssachen insoweit an die Stelle der VO (EG) Nr. 44/2001 getreten.
    Die Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens in Österreich ist in diesem Fall jedoch erforderlich.

    Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Unterhaltsvollstreckung wird auf das Amtsgerichts Warendorf Bezug genommen:
    http://www.justiz.nrw/BS/rechtimausland/infos/uv/1/index.php

    Weitere Einzelheiten können der Info im Justizportal NRW entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…euunthvo-ex.pdf

    21 Mal editiert, zuletzt von rolli (28. Mai 2018 um 12:13)

  • Im Verhältnis zu Polen gilt folgendes:


    1.
    Deutschland ist durch das Haager Protokoll vom 23. 11. 2007 gebunden.


    2.
    Sofern des gerichtliche Verfahren nach dem 17. 06. 2011 eingeleitet worden ist, ist auf Antrag der Gläubigerpartei ein Auszug aus der Unterhaltsentscheidung unter Verwendung des Formblatts in Anhang I VO (EG) Nr. 4/2009 zu erteilen.
    Der Auszug wird wird für die grenzüberschreitende Unterhaltsvollstreckung benötigt. Ein Vollstreckbarerklärungsverfahren wird nicht durchgeführt.
    Die Gläubigerpartei kann daher unter Vorlage der Unterhaltsentscheidung und des Auszugs aus der Unterhaltsentscheidung unter Verwendung des Formblatts in Anhang I VO (EG) Nr. 4/2009 direkt den Gerichtsvollzieher bzw. das Vollstreckungsgericht in Polen mit der Unterhaltsvollstreckung beauftragen.
    Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Unterhaltsvollstreckung wird auf das Justizportal NRW Bezug genommen:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…/uv/1/index.php


    Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info im Justizportal NRW entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…/1/euunthvo.pdf


    3.
    Sofern das gerichtliche Verfahren vor dem 18. 06. 2011 eingeleitet worden ist, ist auf Antrag der Gläubigerpartei ein Auszug aus der Unterhaltsentscheidung unter Verwendung des Formblatts in Anhang II VO (EG) Nr. 4/2009 zu erteilen.
    Die VO (EG) Nr. 4/2009 ist in Unterhaltssachen insoweit an die Stelle der VO (EG) Nr. 44/2001 getreten.
    Die Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens in Polen ist in diesem Fall jedoch erforderlich. Sofern es sich um eine unbestrittene Forderung handelt, kann auf Antrag der Gläubigerpartei statt des Auszugs unter Verwendung des Formblatts in Anhang II VO (EG) Nr. 4/2009 der Schuldtitel als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen erteilt werden, sofern der Schuldtitel nach dem 20. 01. 2005 und vor dem 18. 06. 2011 erlassen worden ist.
    Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Unterhaltsvollstreckung wird auf das Justizportal NRW Bezug genommen:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…/uv/1/index.php


    Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info im Justizportal NRW entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…euunthvo-ex.pdf


    4.
    Grundsätzlich bedarf es der Bezifferung des dynamisierten Unterhaltstitels, §§ 245 FamFG, 72 AUG.
    Da jedoch die erforderlichen Angaben bereits im Auszug I bzw. im Auszug II enthalten sind, ist in der Regel die Vorlage der Bezifferung nicht erforderlich.

    23 Mal editiert, zuletzt von rolli (28. Mai 2018 um 12:23)

  • Nochmals danke für die ergänzenden Hinweise! Sehr schön!!! :daumenrau

    Zur Sicherheit dennoch eine kurze Nachfrage:

    Stimmt Ihr mir darin zu, dass für die Bescheinigung nach Anhang II der VO (EG) 4/2009 gemäß § 71 Abs. 2 S. 2 AUG die Geschäftsstelle zuständig ist?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Die Erteilung des Auszugs unter Verwendung des Formblatts in Anhang II VO (EG) Nr. 4/2009 ist entweder der Rechtspfleger oder die Mitarbeiter in der Serviceeinheit zuständig;
    sie obliegt demjenigen, dem die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels obliegt, § 71 AUG.

  • Ja gut, meine Frage war schlecht gestellt, das gebe ich zu. :oops:

    In meinem Fall ist dann der UdG zuständig, da dieser auch für die Klauselerteilung zuständig ist (einfache Klausel).

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

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