betreuungsgerichtliche Gen. zur Erbausschlagung, Überschuldung nicht nachgewiesen

  • Moin,
    der Bruder des Betreuten ist verstorben.

    Laut Aussage der Betreuerin war der Betreute im Auschlagungstermin beim Nachlassgericht mit anwesend und hätte auf die Erbausschlagung bestanden. Im Ausschlagungsprotokoll ist er aber nicht aufgeführt, nur die Betreuuerin.

    Die Betreuerin schlägt für den Betreuten ohne Angabe von Gründen die Erbschaft aus und ich soll das Ganze nun genehmigen. Warum der Betreute nicht selbst ausgeschlagen hat, keine Ahnung, gekonnt hätte er es wahrscheinlich, er hat keinen EV und ist nicht behindert, er hat(te) ein Problem mit Alkohol. Eine Recherche am Wohnort des Verstorbenen ergab, dass dieser weder unter Betruung stand, kein Grundstück im dortigen Gerichtsbezirk hatte und auch keine Eintragung im Schuldnerverzeichnis hatte. Die übrigen Brüder (vom Betreuten und Verstorbenen) haben als Ausschlagungsgrund Überschuldung angegeben. Ob Überschuldung vorliegt kann ich nicht beurteilen, mir liegen dazu jedenfalls keinerlei Informatinen vor.

    Meint ihr, ich sollte auch genehmigen und Überschuldung aus dem Grund annehmen, weil die übrigen Brüder auch aus diesem Grund ausgeschlagen haben, auch wenn ich Überschuldung nicht sicher weiß? Sollte ich den Betroffenen vor meiner Entscheidung nochmals anhören? Schaden könnte das ja nicht.

    Danke fürs Antworten
    Döner

  • Anhören würde ich den Betreuten auf jeden Fall. Da wirst du sicher auch etwas zum Grund der Ausschlagung erfahren. Genehmigen kannst du sowieso nur ruhigen Gewissens, wenn der Nachlass überschuldet ist. Hierzu würde ich mich nicht darauf verlassen, dass die Brüder eine Überschuldung als Grund angaben, sondern schon noch paar Auskünfte einholen. Manchmal sind in den Nachlassakten auch Anfragen von Gläubigern o.ä.

    Sei nett zu Tieren, du könntest selbst eins sein. (Norbert Blüm)

  • Wie an anderer Stelle schon einmal ausgeführt, genehmige ich Erbausschlagungen nur, wenn die Überschuldung des Nachlasses nachgewiesen wurde oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Überschuldung ausgegangen werden kann. Ich ziehe mir hierzu die Nachlassakte und frage bei der Schuldnerkartei nach. Weiteres möge die Betreuerin vortragen (z.B. Mietschulden).

    Eine unbegründete Ausschlagung weise ich zurück. Gleiches gilt, wenn mir moralische Gründe vorgetragen werden ("Habe schon lange keinen Kontakt mehr"). Die sind meist recht dürftig. Mein Maßstab ist dabei die Erbunwürdigkeit (in diesem Fall natürlich des Erblassers).

  • Dito !

    Im Zweifel ist bei nicht erwiesener Überschuldung die Genehmigung zu verweigern.
    Mögen die Beteiligten in die Beschwerde gehen.

    Dass das obergerichtlich mal in die Hose gehen kann , ist in Kauf zu nehmen.

    Vor einigen Jahren war der Fall bei mir mal so, dass ich die Genehmigung verweigert habe; Landgericht hat Genehmigung erteilt ( und mich aufgehoben ) .
    Sechs Monate nach der LG-Entscheidung stellt sich heraus, dass der Betreute doch 30.000,00 EUR ca. geerbt hätte , wenn man damals meinen Argumenten gefolgt wäre.:cool:

  • Oh ja, Nachlassakten beiziehen ist eine gute Idee, da hätte ich selbst drauf kommen können. :)
    Hab mir auch überlegt bei der ARGE nachzufragen, eventuell hat der Verstorbene dort Leistungen bezogen.

    Ansonsten wüsste ich nicht, wo und wie ich weiter ermitteln soll, Vermögenswerte können theoretisch ja deutschlandweit verstreut sein. :gruebel:

    Angenommen die Nachlassakte gibt zu Gläubigeranfragen nichts her (Schuldnerkartei ist ja ohne Anfragen), der Betreute erklärt aber seine Zustimmung zur Ausschlagung, was mache ich dann?

    Dann muss ich doch auch ohne sichere Kenntnis der Überschuldung genehmigen, oder etwa nicht?

  • Wenn der Betroffene ausschlagen will und das auch (noch) kann, kann er das gerne tun. Wenn es aber - wie vorliegend - der Betreuer macht, interessiert mich die "Zustimmung" (abgesehen vom rechtlichen Gehör) recht wenig, ich entscheide unter rein monetären Gesichtspunkten.

  • Wie Grisu. Ich würde allerdings -um Zeit zu sparen- telefonisch Kontakt mit dem Nachlassgericht aufnehmen und erfragen, ob dort Hinweise auf Überschuldung vorliegen. Wenn nicht, Antrag schnellstens ablehnen und dem Betreuten mitteilen, dass er selbst ausschlagen kann.

    Einmal editiert, zuletzt von uschi (20. Oktober 2011 um 16:14)

  • Bin grad etwas verwirrt :confused: wegen der Ausschlagungsfrist.

    Die Mitteilung vom Nachlassgericht, dass er zum Kreis der Erben zählt, hat er am 25.08. erhalten. Die Betreuerin hat am 08.09.die Ausschlagung erklärt. Damit ist ja die Frist für das Genehmigungsverfahren gehemmt.
    Angenommen ich lehne die Genehmigung jetzt ab, läuft dann damit die Frist für ihn weiter und er könnte tatsächlich noch selbst ausschlagen oder ist die Frist für ihn bereits am 25.08. + 6 Wochen schon abgelaufen?

  • Die Fristhemmung tritt ein mit dem Eingang des "Antrages" auf Genehmigung. Ausschlagung allein nutzt nichts.

    Die Frist war mit Wirkung für und gegen den Betreuten gehemmt. Es ist nicht so, dass sie für den Betreuer gehemmt ist, für den Betreuten aber die Frist weiter läuft, weil er selber wg. Geschäftsfähigkeit ausschlagen könnte.
    Mit Zugang der negativen Entscheidung beim Betreuten tickt die Uhr weiter.

    Für das Nachreichen der erteilten Genehmigung gilt § 206 BGB entsprechend. Dann kann man auch § 209 BGB anwenden.

  • Bin mir schon bei so mancher familiengerichtlichen Genehmigung wegen Erbausschlagung wie Dick Tracy vorgekommen :eek:. Da hilft oft nur Recherche und ein wenig Gespür. Oft kommt man da über die eine Info zur nächsten und so weiter...Habe bei meiner letzten Akte 6 Monate recherchiert...zwischendurch sah es so aus, als sei Vermögen da...letzten Endes dann doch nicht...aber wie meine Vorredner genehmige ich nur, wenn Überschuldung da ist. So z.B. habe ich mal zurückgewiesen, weil der Verstorbene "nur" Hartz IV Empfänger war...sonst war er aber völlig schuldenfrei :)

  • Tja, dann ises nix mit Ausschlagung durch den Betreuten.

    Eigentlich ist es doch Aufgabe der Betreuerin, ein paar Fakten zum Nachlass beizubringen. Also neben Nachlassakten einsehen, weitere Auskünfte von der Betreuerin einholen.

  • Zitat von uschi

    Also neben Nachlassakten einsehen, weitere Auskünfte von der Betreuerin einholen.

    Ob die mehr Informationen hat, als sie aus der Nachlassakte ersichtlich sind, bleibt abzuwarten.

    Es ist allerdings schon erstaunlich, mit welcher Hingabe sich manche Betreuungsgerichte damit beschäftigen, von einem Betreuer Auskünfte zu erhalten, die er oft nicht haben und auch nicht ermitteln kann. Ebenso erstaunlich ist es, mit welcher Hingabe manche Betreuungsgerichte sich mit Eigenermittlungen beschäftigen und versuchen, die Nachlassgerichte einzubeziehen. Kürzlich gab es sogar eine Bitte, trotz nicht vorhandener Mittel einen Nachlasspfleger zu bestellen, um den Wert eines Grundstücks als einzigem Nachlassgegenstand zu ermitteln, das jedoch nicht einmal in einem vorherigen Insolvenzverfahren zu verwerten war.

    Die Betreuungsgerichte sollten sich gelegentlich etwas besser bewusst machen, dass sie an einen Betreuer nicht erheblich größere Anforderungen für dessen Entscheidungsfindung stellen können, als man sie bei einem normalen Erbberechtigten erwarten könnte. Besonders wenn näher oder gleich stehende Erbberechtigten die Erbschaft bereits wegen angenommener Überschuldung ausschlugen und vielleicht auch schon Gläubigeranfragen beim Nachlassgericht vorliegen, würde der normale Erbberechtigte nach der Information vom Erbanfall die Erbschaft ebenfalls ausschlagen. Das beinhaltet immer die Möglichkeit von vorhandenem Nachlass. Betreuungen und die Genehmigungspflichten haben jedoch nicht den Grund, jeder etwaigen nachteiligen Lebenswahrscheinlichkeit zu begegnen.

    Zitat von saddle80

    So z.B. habe ich mal zurückgewiesen, weil der Verstorbene "nur" Hartz IV Empfänger war...sonst war er aber völlig schuldenfrei

    Hoffentlich wurden dabei auch die Bestattungskosten und das evtl. fortlaufende Mietverhältnis enschließlich Renovierungs- und Räumungskosten und noch andere typische Ausgaben berücksichtigt.

  • Tja, dann ises nix mit Ausschlagung durch den Betreuten.

    Eigentlich ist es doch Aufgabe der Betreuerin, ein paar Fakten zum Nachlass beizubringen. Also neben Nachlassakten einsehen, weitere Auskünfte von der Betreuerin einholen.


    Ganz klares Nein!!!!!!!!!!

    Es gilt das Amtsermittlungsprinzip des § 26 FamFG.

    Auch ist der Antrag auf Genehmigung der Erbausschlagung kein echter Antrag, sondern eine Anregung, von Amts wegen fürsorglich tätig zu werden.

    Natürlich ist die Betreuerin eine maßgebliche Quelle an Erkenntnissen, man befragt sie von Amts wegen. Versiegt diese Quelle aus irgendwelchen - meinethalben banalen - Gründen, muss das Gericht eben sonstwo graben. Oben wurde schon erwähnt, dass man Schritt für Schritt weiterkommt.

  • Hoffentlich wurden dabei auch die Bestattungskosten und das evtl. fortlaufende Mietverhältnis enschließlich Renovierungs- und Räumungskosten und noch andere typische Ausgaben berücksichtigt.

    Mensch, wo du es sagst- DAS habe ich übersehen *Ironiemodus aus* :mad:

  • Zitat von uschi

    Also neben Nachlassakten einsehen, weitere Auskünfte von der Betreuerin einholen.

    Ob die mehr Informationen hat, als sie aus der Nachlassakte ersichtlich sind, bleibt abzuwarten.

    Es ist allerdings schon erstaunlich, mit welcher Hingabe sich manche Betreuungsgerichte damit beschäftigen, von einem Betreuer Auskünfte zu erhalten, die er oft nicht haben und auch nicht ermitteln kann. Ebenso erstaunlich ist es, mit welcher Hingabe manche Betreuungsgerichte sich mit Eigenermittlungen beschäftigen und versuchen, die Nachlassgerichte einzubeziehen. Kürzlich gab es sogar eine Bitte, trotz nicht vorhandener Mittel einen Nachlasspfleger zu bestellen, um den Wert eines Grundstücks als einzigem Nachlassgegenstand zu ermitteln, das jedoch nicht einmal in einem vorherigen Insolvenzverfahren zu verwerten war.


    Da vom Betreuer meist nicht viel an Auskünften zu erwarten sein wird, ist es doch erst recht nicht erstaunlich, dass umfangreiche Amtsermittlungen betrieben werden (müssen).

    Wo sollen sonst die zur Entscheidung nötigen Erkenntnisse herkommen? :gruebel:

  • Zu viel ermittelt? Ich habe eher den Eindruck, dass oft zu wenig ermittelt wird. Das Beste ist eine Akte, die ich wegen der Übernahme auf dem Tisch habe. Am Tag des Eingangs des Antrags auf Genehmigung der Wohnungskündigung wurde ein Stempel "Genehmigung erteilt" draufgeknallt ... :gruebel:

  • Vllt. findest Du die erteilte Genehmigung in formvollendeter Schönheit nebst dem ganzen anderen Klumpatsch ... im Sonderheft "Wohnungskündigung".
    Ich kenne das ein oder andere Gericht, das für jede Unmöglichkeit Sonderhefte anlegt ... :cool:

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

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